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Ausgabe:

1904 Nr. 15

Spalte:

437-438

Autor/Hrsg.:

Herzog, Johannes

Titel/Untertitel:

Der Begriff der Bekehrung im Lichte der heiligen Schrift, der Kirchengeschichte und der Forderungen des heutigen Lebens 1904

Rezensent:

Niebergall, Friedrich

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Seite 1

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437

Theologifche Literaturzeitung. 1904. Nr. 15.

438

jenem alle hol bis auf einen welcher vor dem altar be- Die Bekehrung ift als allgemein-menfchliche Sache die

tende geiftl. darftellt' — fo wörtlich zu lefen S. 12! Aufwärtsbewegung im Sinn des Guten. Das A. T. zeigt

Daß trotz diefen nicht unerheblichen Mißfländen aus uns die B., die Wendung zum lebendigen Gott, als Über-

dem Buche mancherlei zu lernen ift, fei ausdrücklich an- tritt in ein anderes Sein und als langfames Hineinwach-

erkannt. Ob die Nachrichten alle richtig find, kann ich fen in den ererbten Befitz, als eine mehr religiös und als

freilich nicht kontrollieren, dazu müßte man an Ort und
Stelle fein. Verf. gibt zunächft eine Lifte von 150 Lübecker
Erftdrucken aus der Zeit von 1464—1525. Die
Drucker bez. Faktoren find Johan Coelhoff, Lukas Brand,
Mathäus Brand, Bartholomäus Ghotan, Steffen Arnd,
Jürgen Richolff. Alle haben die Genannten in der
Druckerei der Schwertern vom gemeinfamen Leben (begründet
1464) gearbeitet (vgl. S. 66—79). D'e aufgeftellte
Lifte ift jedenfalls wertvoll, es findet fich manches, das
Hain und Copinger entgangen ift (das Umgekehrte ift

eine mehr ethifch beftimmte Wandlung. Am klarften
tritt fie im N. T. heraus, wo das höchfte Gut die völlige
Umwertung aller Werte und das abfolute Strebeziel mit
fich bringt. Sie ift notwendig im Sinn einer radikalen
Neugeburt. Auf ihren typifchen Wert zur Erkenntnis
der B. unterfucht H. nun folgende Gruppen: Jünger,
Sünder, pharifäifche Fromme, Zwifchenftufen und Totliegendes
, mit dem Ergebnis, daß die Bekehrung nicht
Entwicklung, fondern das Wunder der Neufchöpfung
durch Gottes Gnade bedeutet, was auch durch das Bei-

freilich auch der Fall, ein genauer Vergleich feiner Lifte j fpiel Pauli beftätigt wird. — Kirchengefchichtliche Beifpiele
mit Hain und Copinger ift vom Verf. offenbar unterlaffen I von ganz verfchiedenem Charakter geben dann ihren
worden). Ein weiterer Auffatz (S. 84—99) befchäftigt | Beitrag zur Klärung des Problems: Auguftin zeigt den
fich mit dem Lübecker Buchhandel bis 1700. In den j ethifchen Kampf um einen ewigen Lebensinhalt nach
alten, dunkeln Krambuden am Markte find die älteften ( dem Durchkoften niedriger Güter, Franz von Affifi den
Bücher verkauft worden, groß war der Ausfuhrhandel I beften Weg zu folchem Lebensinhalt im Anfchluß an
nach auswärts (Mainz, Nürnberg, Dänemark u. a), Kolpor- Chriftus, A. H. Francke den plötzlichen Übergang aus
teure brachten Bücher von auswärts oder verkauften folche | der Zerfahrenheit eines nur intellektuell und gewohnheits-
dorthin. Dankenswert hat Verf. nach den Meßkatalogen j mäßig beftimmten rel. Lebens in die Gefchloffenheit
eine Lifte der lüb. Buchhändler zufammengeftellt, auch j eines chriftlichen Charakters, Mofer den Chriften als den in
zur Gefchichte der Lübecker Zeitfchriften (die ältefte:
1698) bringt er Material. Ein weiterer Auffatz S. 99—108
handelt von der Lübecker Dombibliothek. Am inter-
effanteften find die verfchiedenen Studien des Verf. über
den Drucker Ghotan, fein eigenartiges Mohnfignet und

die rechte Ordnung gebrachten Menfchen, Wesley Vorzüge
und Gefahren der methodiftifchen Praxis, Finney den
mächtigen und doch befonnenen modernen Evangeliften.

In der Gegenwart ift um ihres Relativismus und ihrer
Willenslofigkeit willen die Predigt der B. notwendig als
feine Beziehungen zu Rußland. Er wurde dorthin ge- einer Neugeburt zu einem Leben in Gott, auch in dem

rufen 1488 im Intereffe der Verfolgung der Unionsbe
ftrebungen zwifchen orthodox-anatolifcher und römifcher
Kirche: er follte lateinifche Ritualien drucken. Er wurde
jedoch ein Opfer der den Unionsbeftrebungen feindlichen
Priefter, 1492 wurde er ertränkt. Zu den Nachrichten,

beften Leben, und zwar gibt es hauptfächlich drei Linien,
die auf das Ziel hinführen, die ethifche, die intellektuelle
und die religiöfe. Die B. vollzieht fich verfchieden, je
nachdem das göttliche agens oder die menfehliche Vermittlung
hervortritt. Zu dem großen Zweck der B. haben

Doch Loyolas Jünger,
wie Guanodünger,
machtlos nur verfuchen,

die Verf. über den Druck ältefter ruffifcher Kirchenbücher wir in der Verkündigung alle biblifchen Typen und
gibt, ift jetzt zu vergleichen Soloyiev, A.: Lkötel de /'im- Spuren des B.-Vorgangs auszubauen und fruchtbar zu
pritnerie royale et la typograpliic synodale de Moscou, machen, fowohl die paulinifchen als auch die evangelifchen
1903 [ruffifch]. Formen anzuwenden. Ihre Möglichkeit liegt in der

Wie fchon erwähnt, hat Verf. allerlei aktuelle Be- ; Vergewifferung über den höchften Lebensinhalt, das
trachtungen in fein Buch eingeftreut. Er ift ein guter Reich Gottes, alfo in reicherer Offenbarung, die unferer
Reichsdeutfcher und guter Proteftant, jedenfalls beffer Glaubensfchwäche aufhilft. Der neue Lebensinhalt er-
als feine Verfe gegen die Jefuiten: hält fich gegen die Flut des Relativismus nur durch

Arbeiten an fich felbft, durch Opfern und den innigen
Zufammenhang mit dem Gott, der das Wunder der
Lebensumwandlung zuftande gebracht hat. —
Keucr ta verfluchen! (! ! S. 222.) Bei dem gedanken_ und zitatenreichen Buch haben

Immer wieder vertritt er mit Begeifterung den Ge- gute Geifter Pate geftanden: Carlyle, Hilty, Lhotzky,

danken eines .Kaiferlich Deutfchen Reichsbücherfchatzes' Monod kehren mit Gedanken und Ausfprüchen immer
d h. eines großen Archivs, in dem ein Exemplar aller ; wieder. Zu den' Vorzügen rechne ich auch den Verfuch,

Preßerzeugmffe für die Nachwelt erhalten wird — ein die Gefchichte für die Predigt fruchtbarer zu machen,

Gedanke, der, wie jüngft in den Blättern zu lefen war, als fie es jetzt ift. Ein Kirchenhiftoriker hat mir einmal

einer Anregung von Breitkopf und Härtel zufolge wenig- von einem proteftantifchen Heiligenkalender gefprochen,

ftens für die Mufikalien feiner Verwirklichung entgegen- und den müffen wir bekommen, denn schließlich wirken

zugehen fcheint. Der moderne Sortimenter aber verrät die Kräfte und Anfchauungen mehr als unfere Gedanken,

fich darin, daß die Herren Verleger die Bücher nicht Das charakteriftifche Hauptverdienft der Schrift indeffen

etwa umfonft liefern follen! Eine Viertelmillion würde beruht in der Verbindung von moderner Theologie und

das Reich auf diefe Weife jährlich für Bücher ausgeben beftern Pietismus, in der wir den Beweis fehen, daß man

(S. XXII) — und, fo fragen wir, die Archivbeamten, das Pietift fein kann, ohne orthodox zu sein, und modern

Gebäude, die laufenden Ausgaben etc.? Für eine folche fein kann, ohne die Kraft zu verlieren. Die wertvolle

Summe wird fich im Bundesrat und Reichstag fchwerlich Tatfache diefer Perfonalunion läßt über allerlei Mängel

eine Majorität finden! und Unklarheiten der begrifflichen Entwicklung hin-

p. n Köhler. wegfehen, wenn z.B. das Verhältnis von Bekehrung und

Wiedergeburt, das von Entwicklung und Neufchöpfunc

Herzog, Pfr. Johannes, Der Begriff der Bekehrung im St fen^JeWiffS °* Vermittlung
Lichte der heiligen Schrift, der Kirchengefchichte und Heidelberg

der Forderungen des heutigen Lebens. Eine Unter- Niebergall.

fuchung. Gießen 1903, J. Ricker. (120 S. gr. 8.) M. 2.—

Zunächft gibt H. eine Darfteilung der Anfchauungen
von der Bekehrung, die fich im A. und N. T. finden.