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Ausgabe:

1904 Nr. 15

Spalte:

428-431

Autor/Hrsg.:

Grenfell, Bernhard P.

Titel/Untertitel:

New Sayings of Jesus and fragment of a lost gospel 1904

Rezensent:

Heinrici, Carl Friedrich Georg

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Theologifche Literaturzeitung. 1904. Nr. 15.

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zigenswerte Worte, wenn auch Verf. vielleicht den Ein- j und Krankheit auf magifche Weife vermittelt, während
fluid Babyloniens zu tief und den Wert des fprachlichen : Chriftus das Böfe durch feine Entfagung, feine Gottes-

Momentes etwas zu hoch einfchätzt. Er felbft hat durch
feine Schrift eine treffliche Anregung gegeben, den in-
tereffanten Stoff des altbabylonifchen Gefetzes kultur-
und religionsgefchichtlich auch im einzelnen noch weiter
zu verfolgen.

Leonberg. P. Volz.

und Menfchenliebe und feinen freiwilligen Tod überwindet
, und alles Gewicht auf die fittliche Erneuerung und
Umgeftaltung gelegt wird' (S. 62).

Ich hielte diefe ,chriftocentrifche' Anlage der Schrift
Hehns nur dann für berechtigt, wenn der Hauptaccent
bei einer Vergleichung zwifchen babylonifcher und bi-
blifcher Anfchauung auf die Beziehungen Babels zum

Hehn, Priv.-Doc. D. Dr. Johannes: Sünde und Erlösung. ; Neuen Teftament fallen dürfte; aber das Alte hat hier
Nach biblifcher und babylonifcher Anfchauung. j ejn ganz anderes Anrecht. Aus der Verkennung diefer

Leipzig 1903, J. C. Hinrichs'fche Buchhandlung. (VII,
62 S. gr. 8.) M. 1.60

Es ift an fleh fehr zu begrüßen, daß man, des
ewigen Kampfes um die allgemeine Frage der Abhängigkeit
der Bibel von Babel endlich müde, ein fpezielles

Tatfache ift es offenbar auch abzuleiten, daß uns Hehn
nicht völlige Klarheit darüber gibt, wie die Berührungen
zwifchen babylonifcher und biblifcher Auffaffung im
einzelnen konkreten Fall zu verliehen find. Er fagt gelegentlich
(S. 35): ,Eine Abhängigkeit der biblifchen
von der babylonifchen Tradition ift damit (seil, mit

Thema herausgreift, um an ihm den Unterfchied der j ihrer Übereinftimmung) aber keineswegs behauptet, viel-
beiderfeitigen Auffaffung klarzulegen. Hehn hat dazu | mehr find fo tief einfehneidende Verfchiedenheiten zu
die Anfchauungen von Sünde und Erlöfung gewählt, beobachten, daß die Erklärung der Ähnlichkeiten auf
Ich kann nicht fagen, daß ich ihn in der Art, in der er j einem andern Wege gefucht werden muß'. Diefen Weg
feine Aufgabe zu löfen verfucht hat, befonders glück- deutet er an (S. 40): ,Die Übereinftimmung ift ein Beiich
finde, abgefehen davon, daß er uns über das, was weis von der tiefen, in der Menfchenbruft ruhenden,
Zimmern und Gunkel (letzterer namentlich zu dem in Überzeugung von dem Gegenfatze, der zwifchen dem
Hehns viertem Abfchnitt behandelten Endgericht) geboten 1 göttlichen Gefetz und dem menfehlichen Handeln befteht,
haben, kaum wefentlich hinausführt. j fowie von der Hoffnung, daß die göttliche Weisheit

Der Verfaffer trägt zweifellos viel Richtiges vor diefen Zwiefpalt löfen werde'. Das ift an fich fehr fchön
und bringt babylonifches Material in reichem Ümfang 1 und richtig; aber wir verlangen bei den beftimmten
bei. Aber wenn ich nach der Lektüre feiner Schrift ! Berührungen der biblifchen Änfchauungswelt mit der

mich zum Beifpiel frage, um einmal die eine der verglichenen
Größen für fich zu nehmen, was denn nun
eigentlich Sünde im A. T. fei, und wie der Ifraelit davon
erlöft werde, fo ift es jedenfalls nicht feine Schrift,

babylonifchen denn doch nach einer greifbareren Auskunft
. Mehr Sinn für das Wirkliche wünfehte ich auch
hier. Immerhin will ich es als ein fehr erfreuliches
Zeichen begrüßen, wenn es auch von katholifcher Seite

die mir davon ein klares Bild gegeben hat. Was ift, als felbftverftändliche Vorausfetzung jeder Schrifter-
um nur Eines zu erwähnen, für die altifraelitifche Auf- I klärung bewußt ausgefprochen wird, daß man die heili-
faffung II Sam. 13, 12 lehrreich! Sünde ift, was man in j gen Bücher betrachten müffe im Lichte des gefchicht-
Ifrael nun einmal nicht tut, was gegen allen Brauch und liehen Entwicklungsganges des hebräifchen Volkes und
alles Herkommen ift. Und des gefamten ifraelitifchen ' mit Berückfichtigung der Kulturwelt, in die Ifrael hinein-
Opferinftitutes, fofern es die Ungnade des zürnenden j geftellt war (S. III), daß man demgemäß das A. T

Gottes wieder befchwichtigen follte, wird kaum Erwähnung
getan. Aus Stimmungen in Ifrael, wie fie z. B
aus Mich. 6, 6 f. in ergreifender Weife zu Tage treten

auch vom Mutterboden der babylonifchen Kultur nicht
loslöfen dürfe, um es auf den Ifolierfchemel eines ein-
feitigen Supranaturalismus zu fetzen —, natürlich bei

wäre viel zu lernen gewefen! Aber den hiftorifchen Re- aller Vermeidung falfcher Überfchätzung diefes fremden
alitäten ift der Verfaffer überhaupt viel zu wenig nach- I Einfluffes (S. IV).

gegangen. Im Grunde hat er, fo wenig er fich deffen Im einzelnen hätte ich noch manche Einwendung,

felber bewußt gewefen fein mag, im Banne einer dog- | z. B. gegen die Bemerkung des Verfaffers über die Para-
matifchen Betrachtungsweife gefchrieben. Dafür fcheint | diefesfchlange (S. 34). Seine Etymologien der babylo-

mir fchon charakteriftifch fein Ausgangspunkt: Die erfte
babylonifche Weltfchöpfungserzählung einerfeits, Gen.
1—3 andererfeits. Was ergibt fich darnach für die babylonifche
Anfchauung als Sünde? Hehn antwortet:
,In der Empörung Tiämats und der Chaosmächte haben
wir das babylonifche Urbild der „Sünde", Marduk dagegen
ift der babylonifche Gott-Überwinder' (S. 7). Und
der Vergleich des biblifchen Sündenfalles führt zum
Urteil (S. 35): ,Die babylonifche und die biblifche
Tradition ftimmen alfo überein in der Kenntnis einer
Empörung gegen Gott, hier geht fie von der Schlange,
dort von dem Drachen aus; zugleich kennen beide
Traditionen den Überwinder des Böfen: in der Bibel
die Weisheit — das Wort Gottes, der Sohn, Chriftus,
bei den Babyloniern Marduk, der babylonifche Weisheits-

%0i?reb?0nvTu*]S- 'S°hn' bef iCunfTuWird- UAd dmAh Grenfell, Bernard P., D. Litt, M.A., and Arthur S. Hunt,
das Wort der Befchworung wie durch Uberwindung der

nifch-affyrifchen Worte für Sünde, wonach fie als Empörung
gegen die rechte Ordnung, als Verkehrung,
Umfturz und Verwirrung gefaßt worden wäre (S. 9—Ii),
würden fich feiner Gefamtauffaffung gut eingliedern;
aber fie bleiben z. T. doch recht fragwürdig. Hi. n"P
,regnen laffen' und ,lehren' foll eines Stammes lein, fd-
fern das Waffer als Symbol der Weisheit erfchien (den
angeführten Stellen wäre aus dem mifchnifchen Schrifttum
z.B. P. Chagiga I, 1, Aboth I, 4. 11 etc. anzufügen);
ich halte die bekannte Zufammenftellung mit ITY1 werfen
(fei es das Werfen der Lofe, fei es der Wahrfagungs-
fteinchen; Wellhaufen, Reite arab. Heidentums2 143)
immer noch für ungleich viel natürlicher.

Bafel. Alfred Bert holet.

dämonifchen Mächte fich als Gott-Heiland erweift'.
Man entdeckt hier unfehwer, wie für den Autor der Er-
löfer Chriftus feinen Schatten ins A. T. zurückwirft:
auf die Parallele Marduk-Chriftus, die bekanntlich fchon
Zimmern ausgeführt hat, fcheint ihm denn auch das
Meide anzukommen. Er urteilt hier wohl richtig: ,Der
Hauptunterfchied zwifchen dem biblifchen und dem babylonifchen
Erlöfergott liegt darin, daß die babylonifche
Auffaffung naturalidifch ift und die Befreiung von Sünde

D. Litt., M.A., New Sayings of Jesus and fragment of a
lost gospel from Oxyrhynchus. Edited, with translation
and commentary. With one plate and the text of
the 'Logia' discovered in 1897. (Egypt Exploration
Fund. Graeco-Roman branch.) London 1904, H.
Frowde. (45 p. gr. 8.) 1 s.

Die mit Spannung erwarteten neuen Herrenfprüche
liegen nunmehr vor, mit ihnen zugleich ift ein wertvolles