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Ausgabe:

1904 Nr. 13

Spalte:

385

Autor/Hrsg.:

Synnerberg, C.

Titel/Untertitel:

Randbemerkungen zu Minucius Felix ,II 1904

Rezensent:

Knopf, Rudolf

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385

Theologifche Literaturzeitung. 1904. Nr. 13.

386

Synnerberg, C, Randbemerkungen zu Minucius Felix, II. Kämpfe und der amtlichen Durchführung der Reforma

(Öfversigt af Finska Vetenskaps - Societetens För
handlingar, XLV. 1902—10/33. N:o 7.) Helfingfors
1903. (Berlin, Mayer & Müller.) (21 S. gr. 8.) M. 1.—
Die Randbemerkungen', die Synnerberg vorlegt, zerfallen
in zwei Teile: auf den erften 14 Seiten ftehen text-
kritifche Bemerkungen, die übrigen Seiten füllen literar-
kritifche Beobachtungen, die Abfaffungszeit des Dialogs
betreffend. 165 will S. nec fortuna nanctos sed natura
insitam (ft. insitos) gelefen fehen; 277 foll quos longe in

tion mit einer Gründlichkeit dargeftellt werden konnte,
wie fie keine andere deutfche Stadt für die entfprechende
Zeit aufzuweifen hat.

Roth zeichnet mit fcharfen Strichen die politifche
Lage, die die Augsburger zunächft abhielt, dem Vorbild
der Schwefterftadt Ulm zu folgen und in den Schmal-
kaldifchen Bund einzutreten. Dann fchildert er die drei
Parteien, die fich kekämpften, die Altgläubigen mit
mehreren der größten Kaufleute, die Lutheraner, unter
denen fich auch viele Kaufleute befanden, die aber ,zu-

coetibus per vos lacessabant beibehalten werden; 349 kann | meift mehr Kaufleute als Lutheraner waren', und die auf
derWortlaut der Handfchrift ebenfalls unverändert bleiben, j die Zünfte fich ftützenden Zwinglianer. Roth gibt von
eine retractatio von Obscrv. crit. p. 26; 34 10 elementorum j den Führern diefer Parteien, wie von ihren Vertretern
custodia braucht nicht in elem. custodi verbeffert zu unter den Predigern kurze, fcharf gezeichnete Charakterwerden
. Der Ausdruck ift zu erklären ,unter der Obhut bilder, unter denen neben der Schilderung von Wolfg.
der Elemente' oder bildlich von dem Verwahrungsraum j Musculus, S. 47, und Bonifacius Wolfart, S. 48, deffen

für die Stoffe der aufgelöften Körper; 3411 saeculo in
sepulcro zu emendieren, ift unnötig, saeculutn gibt guten
Sinn in der Bedeutung: die Zeitlichkeit, diefe Welt; 371
kann inadeat ftehen bleiben, hingegen foll ftatt cum
strepitum mortis et hon-orem carnificis incripiens teils
umgeftellt teils emendiert werden zu cum strepittim carnificis
et horrorem mortis ineipientem. Das fehlerhafte
stultat ift nicht in insultat zu ändern, S. fchlägt vor, ein
fchwereres Verderbnis anzunehmen und mit Berufung
auf Tert. Apol. 50 etwa gratias agens exu/tat zu lefen;
38 8 hat die Handfchrift vor beiden sentienti ein non.
Das erfte davon ift beizubehalten, das zweite zu ftreichen,
die Erklärung der fo zurechtgerückten Stelle gibt S. —
In der Entfcheidung über die Abfaffungszeit tritt

wiffenfchaftliche Tüchtigkeit neben Musculus nicht zu
verkennen ift, dasjenige des einflußreichen Stadtarztes
Gereon Sailer, S. 9, Beachtung verdient.

Sehr fcharf tritt die ftark politifch-agitatorifche Tätigkeit
der Prädikanten, befonders Mich. Kellers, und ihre
PCinmifchung in weltliche Angelegenheiten hervor, die dem
Rat mehr und mehr unbequem wurde. Aber ftolz
nannten fie fich zum Unterfchied von den als hader-
füchtig verfchrieenen Lutheranern, deren hohem Ernft in
der Vertretung ihrer Überzeugung auch Roth die Achtung
nicht vertagen kann (S. 14), Lieblehrer (S. 55), wozu
freilich der derbe Ton in dem Kampf gegen ihre Gegner
nicht ftimmte. Für die Verhältnifle der Großftadt ift
überaus bezeichnend, welche Rolle das ,Auseflen' der

S. mit guten Gründen der Abfaffung vor 180 entgegen. Prädikanten, d. h. ihre Teilnahme an Gaftmahlen fpielte,
312 ift viel leichter verftändlich, wenn Fronto bereits tot ' zu denen fie eingeladen wurden, und die ihnen Gelegen-
ift, und 96 fpricht nicht gegen diefe Annahme. Fronto j heit gaben, ihrer Meinung noch auf andere Weife als auf
ftarb aber erft zwifchen 175 und 180. Da anderfeits I der Kanzel Ausdruck zu geben, fo daß fich der Rat zu

Tertullian im Apologeticum den Octavius benützt, fo
grenzt fich damit deffen Entftehungszeit auf 180—197
ein. Auf Abfaffung des Octavius erft unter Commodus
weift auch feine Verwandtfchaft mit Athenagoras, den
Minucius Felix ficher, und mit Theophilus, den er fehr
wahrfcheinlich kennt. 186, was das Gepräge eines

Verboten veranlaßt fah. Man darf wohl fagen, die mancherlei
Predigerwirren hatten in dem Mangel eines überlegenen
Geiftes nach Urb. Rhegius' Abgang ihren Grund.
So einfichtige Politiker, wie Sailer, erkannten die Berufung
eines Superattendenten als Bedürfnis. Aber der
Mann, der fich vermöge feiner wiffenfehaftlichen Bildung

rhetorifchen Gemeinplatzes, einer declamatio trägt, kann am eheften zu diefer Stellung hätte auswachfen können.

fehr woht auch bald nach Ablauf der Regierung Mark
Aurels gefchrieben fein, und die allgemeinen Zeitverhält-
niffe, die der Dialog vorausfetzt, die für die Chriften
friedlichen Tage, fprechen ebenfalls für die Zeit des
Commodus.

Marburg i. H. Rudolf Knopf.

Roth, Friedrich, Augsburgs Reformationsgeschichte. Zweiter
Band. 1531 —1537 bezw. 1540. München 1904, Th.
Ackermann. (VII, 494 S. gr. 8.) M. 8.—

In der Befprechung der neuen Bearbeitung von
Roths Augsburger Reformationsgefchichte 1517—30 (Th.
Ltz. 1902, Nr. 8) hatte Ref. eine Weiterführung des
Werks bis in die Zeit der Gegenreformation und des
Kalenderftreits für wünfehenswert erklärt. Zunächft liegt
nun die Fortfetzung von 1531—1537. bezw. 1540 vor,

die Roth in der verhältnismäßig kurzen Zeit von 3 Jahren j ,Todesftoßes gegen die Pfaffen' im Januar 1537, der iii aller

Joh. Forfter, war eine allzu herbe, gallige Natur, welche
keine zentripetale Kraft in die divergierenden Geifter
bringen konnte. Es ift nicht mehr überrafchend, daß
immer wieder Butzer, der große Unionsmann, zu Hilfe
gerufen werden mußte, um die Gegenfätze zu glätten,
und endlich Blarer, ein ,Mann von beftrickender Liebenswürdigkeit
' und großer Organifationsgabe nach Forfters
Abgang von Konftanz erbeten wurde; aber beiden wurden
die Dornen in ihrer Wirkfamkeit nicht erfpart.

Überaus dramatifch fchildert R. das Vorgehen des
Rates am 23. Juni 1534, als den altgläubigen Predigern
ihre fernere Wirkfamkeit verboten und die kleineren
Kirchen gefchloffen wurden, fowie die Szene am Himniel-
fahrtsfeft 1533, als der Zechpfleger Marx Ehern das alte
,Puppenfpiel' der Auffahrt verhinderte, nachdem die
Fugger, die Häupter der katholifchen Partei, zum Erfatz
des weggenommenen Chriftusbildes ein neues befchafft
hatten. Nicht minder lebendig ift die Darfteilung des

fertig gebracht hat, wobei ihm verfchiedene Arbeiten
der letzten Jahre wie die von Wolfart ,Die Augsburger
Reformation in den Jahren 1533/34' und von W. Hans

Stille vorbereitet und dann mit überrafchender Schnelligkeit
und Pünktlichkeit ausgeführt wurde und zur Auswanderung
des Domkapitels führte. Die alte Kirche

,Gutachten und Streitfchriften über das jus reformandi erweift fich auch in Augsburg hilflos, fobald ihr der

des Rates vor und während der Einführung der offiziellen
Kirchenreform in Augsburg 1534 bis 1537'. Germanns
Monographie über Joh. Forfter und die von Wolfart
ihm zur Verfügung geftellten Auszüge aus Reformatorenbriefen
des Thesaurus Baumiamis zu gute kamen. Vor
allem aber boten die Archive in Augsburg und das
bifchöfliche Archiv neben den Augsburger Chroniken
fo reiches Material, daß jetzt die Zeit der entfeheidenden

weltliche Arm verfagt, wenn es ihr auch nicht an tüchtigen
geiftigen Kräften fehlt, wie Kafpar von Kaltenthal.
Aber es ift fchon auffallend, daß fich die Kurie auf fo
ausfichtslofe Reunionsbeftrebungen wie die Barthol. Fon-
zios und des Betrügers Palazzolo einlaffen und glauben
konnte, Männer, die für ihren Glauben zu fterben bereit
waren, würden für 50 oder 100 Scudi und die Ausficht
auf eine gute Pfründe ihre religiöfe Überzeugung preis-