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Ausgabe:

1904 Nr. 12

Spalte:

351-353

Autor/Hrsg.:

Fries, S. A.

Titel/Untertitel:

Die Gesetzesschrift des Königs Josia 1904

Rezensent:

Steuernagel, Carl

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Theologifche Literaturzeitung. 1904. Nr. 12.

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Anderfeits ift G.s Kommentar ausgezeichnet durch ] artige Paffahfeier zur Folge; 5) das zu Jofias Zeit gefun

fehr eingehende und reichliche Sacherklärung. Eine ftatt
liehe Reihe von fachlichen Fragen ift in größeren Ex-
kurfen in umfaffenderer Weife behandelt, z. B. das Alter
der Namenliften von P, die Zahl der Ifraeliten, Leviten,
Gottesurteile, Nafiraeer, Behandlung des Haares, Heiligkeit
, Schlangenkult, Urfprung und Motiv der Bileam-
gefchichte, Gefchichte der Fefte etc. (vergl. den Index
S. XI f.). G. hat es fich befonders zur Aufgabe gemacht,
den Inhalt des Buches unter das Licht moderner anthro-
pologifcher und religionsgefchichtlicher Forfchung zu
ftellen. Er hat das auch in reichem Maße getan unter
Benutzung der Arbeiten von Tylor, Frazer, W.R.Smith,
Baudiffin und vieler anderer. Was ihm dabei aber zu
befonderem Ruhme anzurechnen ift, das ift, daß er nicht
nur, wie fo viele .Moderne' es tun, dem letzten erkennbaren
Urfprung eines Brauches nachgeht, fondern daß
er auch ftark hervorhebt, wie er unter dem Einfluß der
Jahwaereligion für ifraelitifches Denken einen andern
Sinn bekommen hat, daß er fleh dabei aber wohl hütet,
in ihn etwas hineinzulegen, was zwar erbaulich wäre,

dene Gefetz war Ex. 34. Im Schlußabfchnitt legt F. feine
fleh wefentlich an Kloftermann anfchließende Anficht
über den Urfprung des Deut, dar (S. 61—78). Ich kann
F. an keinem Punkte zuftimmen. Ad 1) beruft fleh F.
darauf, daß Dtn. 12, 15. ie. 2off. das |-QT in allen Ortfchaften
geftattet werde; es fei aber unberechtigt, diefem n5T den
Opfercharakter abzufprechen. Für einen folchen beweife
das Gebot, das Blut auszugießen; gegen ihn fpreche nicht,
daß auch Unreine von dem rDT effen dürfen, auch nicht
der Vergleich mit dem Effen von Hirfch und Gazelle.
Das Erftere bedeute nur, daß für diefe Privatopfer nicht
fo flrenge Vorfchriften gelten, wie für die Tempelopfer;
zum Letzteren bemerkt F., daß auch Hirfch und Gazelle
wohl geopfert fein könnten. Selbft die fcheinbar abfo-
luten Gebote 12, cf. etc. brauchten nicht ftreng aufgefaßt
zu werden, fodaß das Darbringen diefer Opfer an andern
Orten verboten wäre. — Gegen das Letztere dürfte der
Hinweis auf v. 17f. (...CS . . . Sb) genügen. Gegen das
Erftere aber ift zu bemerken, daß der Zufammenhang des
Ganzen den Gegenfatz des Opferns an jeder beliebigen

aber auf Phantafie beruhte. Desgleichen ift den topo- j Stelle und an der Zentralftelle ftark betont, erfteres ver-
graphifchen Fragen, zu deren befferem Verftändnis eine j bietet und letzteres fordert, ohne zunächft anzudeuten,

Kartenfkizze beigegeben ift, große Sorgfalt gewidmet;
zu jedem Ortsnamen gibt G. eine kurze Überficht über
die Identifikationsverfuche, bringt ihnen aber ein genügendes
Maß von Skepfis entgegen, wie auch das Fehlen
faft aller alten Namen auf der Karte fchon zur Genüge
zeigt. In fehr reichem Maße ift auch die rabbinifche
Exegefe berückfichtigt. Endlich fei noch hervorgehoben,
daß G. in ausführlichen Unterfuchungen, die in § 15 und
16 der Einleitung zufammengefaßt find, über den hifto-
rifchen Wert der Erzählungen ein Urteil zu gewinnen
fucht. Daß er betreffs der Einzelprobleme fich vielfach

daß das nur von nicht privaten Opfern gelte; ja das bc
in v. 11. 14. fordert ausdrücklich die Darbringung aller
Opfer am Zentralheiligtum. Wenn dann das nCT zum
Zweck des Fleifcheffens überall geftattet wird in ausdrücklichem
Gegenfatz gegen das Darbringen von CEnp
und 01113 (v. 2off. 2Öf.), wenn diefes Effen weiter ausdrücklich
nur in der Form geftattet wird, wie man Hirfch
und Gazelle ißt (v. 22), fo ift klar, daß es eben deutlich
nicht bloß als weniger ftrenges Opfer, fondern als etwas
vom Opfer fcharf zu Unterfcheidendes hingeftellt werden
foll. Das Ausgießen des Blutes aber dient nicht dem

auf das Referieren über die verfchiedenen geäußerten 1 Zweck, diefem HCT den Opfercharakter zu wahren, fon-
Anfichten befchränkt, wird ihm gewiß niemand ver- I dern nach v. 23 dem Zweck, das Genießen der ©B5 zu
argen. I verhindern; zudem wird dem Blutausgießen zu allem Über-

Ziemlich reichlich ift auch die fprachliche Erklärung, fluß der Opfercharakter abgefprochen durch den ausdrück-
In der Hauptfache ift fie getrennt von der Sacherklärung i liehen Zufatz ,wie Waffer'. Nur ein gewaltfames Ver-

und folgt diefer in Anmerkungen zu den einzelnen Ab-
fchnitten. Sie enthält teils textkritifche Bemerkungen,
in denen G. ein weifes Maß hält, teils grammatifche, die

renken der Textglieder ermöglicht F. feine Auffaffung.
Ad 2): F. findet darin, daß Jofia die müS abfehaffte,
nur eine Befeitigung der Fremdkulte, jedoch nicht die der

manche neue Beobachtungen enthalten, teils lexikalifche j lokalen Jahwaekulte. Das ift doch eine etwas kühne Be-
und etymologifche, teils ftatiftifche, diefe letzteren be- ; hauptung angefichts der Tatfache, daß mehrfach bezeugt
fonders reichlich. Im allgemeinen zeichnet fich der : ift, daß auf niHÜ auch Jahwae geopfert wurde (z. B. I Sam.
Kommentar durch Reichhaltigkeit verbunden mit großer 9, 12fr. I Reg. 3, 4. II Chron. 33, 17). Was gibt da das
Klarheit felbft in der Darlegung verwickelter Probleme Recht, die mzia nicht bloß in II Reg. 23, 13, fondern auch
und durch große Zurückhaltung in der Entfcheidung für die in v. 8 auf Götzenkultusftätten zu befchränken? Was
die eine oder die andere Auffaffung aus, fodaß er nur der Verfaffer von Reg. unter dem Abfchaffen von man
feiten Gelegenheit zum Widerfpruch bietet. Der deutfehe verfteht, ergibt fich deutlich genug aus dem Vergleich von
Lefer wird gewiß das Bedauern nicht unterdrücken, daß 1 II Reg. 18, 4 mit v. 22. — Die unter 3)—5) aufgeftellten

unfere neueren Kommentare fich faft fämtlich die Kürze
fo fehr zum Prinzip gemacht haben, daß wir mit Bezug
auf die fachliche Auslegung faft nichts haben, was wir
einem Kommentar wie dem G.s an die Seite ftellen
könnten.

Halle a. S. C. Steuernagel.

Fries, D. S.A., Die Gesetzesschrift des Königs Josia. Eine
kritifche Unterfuchung. (Überfetzt vonTh. Faulwaffer,
durchgefehen von Paul Blankenburg.) Leipzig 1903,
A. Deichert Nachf. (VII, 78 S. gr. 8.) M. 1.80

Nachdem Fries im erften Abfchnitt (S. 1—9) berichtet
hat, auf welchem Wege und unter welchen Ein-
flüffen er zu feiner Anficht gekommen ift, begründet er
fie in Abfchnitt II—IV (S. 10—60). Sie läßt fich kurz in
die Sätze zufammenfaffen: 1) das Deut, fordert eine Kultuskonzentration
nicht; 2) auch Jofia hat eine Kultuskonzentration
nicht eingeführt; 3) die Reform Jofias war nicht
durch die Auffindung des II Reg. 22 erwähnten Gefetzes

veranlaßt; 4) diefes Gefetz hatte vielmehr nur eine neu- j noferl JH. Da ich fürchte, daß nicht jeder imilande fein

Behauptungen find nur möglich, wenn man die Darfteilung
der Chronik der der Königsbücher vorzieht. Ein Eingehen
darauf erübrigt fich fo lange, als F. nicht eine ausführliche
Begründung feiner Schätzung der Chronik liefert. Wer
das Königsbuch der Chronik vorzieht, muß die Reform
Jofias als Folge der Auffindung des Gefetzes betrachten
und dementfprechend auch die neuartige Paffahfeier aus
dem Deut, erklären. Dagegen führt F. folgendes aus:
Bei dem Paffah des Jofia fällt nach der Chron. das Gewicht
darauf, daß auch die npn-Opfer vor Einbruch der
Nacht beendigt waren. Das widerfpricht dem Deut. Denn
Dtn. 16, 4 fetzt durch die Worte ,das Fleifch, das du am
Abend opferft' voraus, daß es auch folches gab, das in
der Nacht geopfert wurde. Da nun v. 4 [cf. v. 5) vom
Fleifch des Paffah lamm opfers handelt, fo folgt, daß das
Tpa-Opfer in der Nacht ftattfand. Daß das eine fophiftifche
Beweisführung ift, die einer Widerlegung gar nicht erft
bedarf, dürfte jedem unbefangenen Lefer klar fein. Daß
aber Ex. 34 gerade das Gefetz ift, aus dem fich die
Eigentümlichkeit der Paffahfeier Jofias erklärt, beweift F.
aus Ex. 34, 25; hier fei zu punktieren nhT "lp3b yfy] Xbl