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1904 Nr. 10

Spalte:

301

Titel/Untertitel:

Fisher, The grounds of theistic and christian belief 1904

Rezensent:

Lobstein, Paul

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Theologifche Literaturzeitung. 1904. Nr. 10.

302

Fisher, The Grounds of theistic and Christian belief. New

York, Charles Scribner's Sons, 1902. (463 p. gr. 8.)

Diefe durchgefehene und (tark vermehrte Auflage
eines bereits im Jahre 1883 erfchienenen Buchs enthält
eine Reihe von Beiträgen zur Apologetik, welche die fog
äußeren und inneren Beweife für die Wahrheit der thei-
flifchen und der chrifllichen Weltanfchauung in der hergebrachten
Weife zu verbinden fuchen. Die drei erften
Kapitel handeln vom Theismus, tragen die traditionellen
Argumente für das Dafein Gottes vor und fetzen fich mit
den pantheiftifchen, pofitiviftifchen, materialiflifchen und
agnoftiziftifchen Theorien auseinander. Den Ubergang
zur Betrachtung des Chriftentums bildet der Nachweis
der inneren Übereinftimmung der chrifllichen Religion mit
den tiefften Bedürfniffen des menfchlichen Wefens, ein
Nachweis, der an die von Pascal vertretene Methode der
Apologie erinnert. Hieraufgeht der Verf. zu den fozialen
und ethifchen Wirkungen des Chriftentums über, zieht
die Grundanfchauungen der hauptfächlichften Syfleme der
griechifchen Philofophie zum Vergleiche heran, und verweilt
dann bei einzelnen Fragen, die in den Bereich der
biblifchen Wiffenfchaften gehören. Die Realität der Wunder
, in erfter Linie der Auferftehung Jefu Chrifti, die
Glaubwürdigkeit der Evangelien, die Echtheit des Johannesevangeliums
, das Verhältnis des Glaubens zur Bibel
und zur biblifchen Kritik erfahren die aus der landläufigen
Apologetik wohl bekannte Behandlung. Die zwei letzten
Kapitel haben wieder einen allgemeineren Charakter: fie
haben es mit den verfchiedenen Stufen der gefchichtlich
fich entfaltenden Gottesoffenbarung und mit den Beziehungen
des Chriftentums zu andern Religionen zu tun. Die
23 längeren Anmerkungen, die einen ftattlichen Appendix
bilden (387—460) bringen wertvolle Ergänzungen und
Erläuterungen, meift literarifchen und bibliographifchen Inhalts
. Das Buch zeichnet fich durch reiche Belefenheit, lichtvolle
Darfteilung, fachlich gehaltene Prüfung der gegner-
ifchen Anflehten aus. Bei dem ungeheueren Stoff, der
aus der Philofophie, der Religionsgefchichte, den biblifchen
Disziplinen hier zufammengetragen ift, fteht zu erwarten,
daß der Vertreter jedes Einzelfaches fich über Mangel an
Gründlichkeit und Vollftändigkeit befchweren wird; diele
an fich nicht unbegründeten Vorwürfe find indeffen durch
die Erwägung zu befchränken, daß der Verf. fich damit
begnügen wollte, den Lefer auf den Gebieten zu orientieren
, die nach feiner Anficht zu einer religiöfen, philo-
fophifchen und hiflorifchen Begründung der chrifllichen
Weltanfchauung tragfähige Beiträge liefern. Auf die Einwürfe
, die fowohl vom erkenntnistheoretifchen als vom
hiftorifch-kritifchen Gefichtspunkt gegen diefes Verfahren
geltend zu machen wären, kann hier nicht eingegangen
werden. — Das Buch ift dem bekannten Oxforder Theologen
W. Sanday gewidmet, zv/iose writings are an ex-
ample to contemporary scliolars of thorough investigation
and faultness candor.

Straßburg i. E. P. Lobftein.

J. E. Mc Fayden, Old Testament Criticism and the Christian
Church. New York, Ch. Scribner's Sons. 1903. (376 p.
gr. 8).

,This volume has in view the man wlwse faith has
been perplexed by current criticism, or by the rumors and
representations of it. It tri es to show htm zuhat that
criticism is, and hozu it not only in no way imperils his
faith, but even helps htm to bridge the gulf that too often
yazvns between faith and reason. So beftimmt der Verf.
felber den Zweck, den er in feiner Schrift verlolgt, und
den Dienft, den er feinen Lefern leiden möchte. Der
von ihm in Angriff genommenen Aufgabe ift Prof. Mc
Fayden mit einer inneren Teilnahme nachgekommen,
welche die dankbare Pietät gegen die Überlieferung und
die innere Wahrhaftigkeit und Freiheit zu verbinden

[ lucht. Man fpürt es dem Verfaffer an, daß er felbft
! durch kritifche Kämpfe und Anfechtungen hindurchge-
J gangen ift und daß er fich eine unabhängigere Stellung
zu den hergebrachten Vorftellungen erkämpfen mußte.
Mit herzlichem Mitgefühl fchildert er die gegenwärtige
Notlage, will aber, daß die Kirche felbft die Pflicht der
Aufklärung und Befreiung der unter dem Banne der
Verbalinfpiration noch flehenden Laien in die Hand nehme.
Der Emil und die Aufrichtigkeit, die ihn bei diefem
Unternehmen befeelen, verdienen alle Anerkennung.
Seine Ausführungen über das Gefchäft der Kritik, über
die Anwendung der hiflorifchen Methode, über den im
■ Wefen des Proteftantismus begründeten Beruf der
j biblifchen Wiffenfchaften werden dazu beitragen, manche
Vorurteile zu zerftreuen, manche fegensreiche Wahrheiten
zu verbreiten und felbft den furchtfamen Gemütern
einleuchtend zu machen. In den Kapiteln Criticism and
Christ, Criticism and the supernatural, Criticism and
Inspiration, vertritt er Grundfätze, die zuweilen die nötige
Schärfe vermiffen laffen, die aber in der von ihm beobachteten
Allgemeinheit religiös und hiftorifch unanfechtbar
find. The real miracle of Israel is the unique-
ness of her history and religion. Die im Alten Teftament
nachweisbaren babylonifchen Uberlieferungen über die
Schöpfung, über die Flut, find durch die aus dem Bewußtfein
der Propheten hervorbrechenden göttlichen
Infpirationen religiös vertieft und geläutert worden. Auch
hängt die Wahrheit des Chriftentums nicht von der Ge-
fchichtlichkeit der Überlieferungen über die Patriarchen
ab. Im Schlußkapitel, the Old Testament in the Church,
weiß der Verf. die bleibende Bedeutung des alten Tefla-
ments für den chrifllichen Glauben fchön und eindringlich
darzutun. Faydens Schrift ift nicht frei von Halbheiten
, Unklarheiten und Inkonfequenzen; fie bietet aber
| gerade durch folche Mängel ein befonderes Intereffe dar;
in ihrem Streben und Ringen, in ihrem Verfuch, zwifchen
,den Gefahren des Traditionalismus und des Radikalismus'
das Schifflein der Kirche hindurchzuileuern, llt fie ein
Denkmal der von dem Verf. felbft charakterifierten Übergangszeit
, und fie will mit Abficht eine vermittelnde
Aufgabe erfüllen. Daß es ihm in weitem Maße gelingen
wird, darf wohl zum voraus gefagt werden. Our zuork
is not final: truth advanecs zvith the centuries.

Straßburg i. E. P. Lob fie in.

König, X., Histoire sainte d'apres les resultats acquis de la
critique historique (Ancien Testament). Paris 1903, Fischbacher
. (189 p. gr. 8.) Fr. 1.25

Die in einem bereits hier angezeigten (1903, Nr. 19)
Vortrag in Ausficht geftellte biblifche Gefchichte alten
Teftaments hat der Verf. einige Monate nach feinem
religionsgefchichtlichen und pädagogifchen Programm
veröffentlicht. Das Büchlein zerfällt in zwei Teile: die
Urfprünge (les origines, 1—46) und die Gefchichte
(fhistoire, 47—182). Jeder Teil umfaßt zwei Unterabteilungen
. Im erften Teil behandelt K. in fünf Stunden
die fagenhaften Erzählungen, nämlich die Patriarchenge-
fchichten der Genefis (1—16); hierauf widmet er acht
Stunden dem Epos, d. h. den Überlieferungen über Mofes,
Jofua, die Richter, Samuel und Saul (16—46). Da der
Verf. auch im.EposIfraels' fagenhafteBellandteile annimmt,
ift die zwifchen den recits legendaires und der epopee
gezogene Grenzlinie notwendigerweife eine unfichere. In
dem zweiten Hauptteil handelt der Verf. von dem
Prophetentum (47—127) und von dem Judentum (128—182);
auf das erfte diefer Kapitel kommen 22, auf das zweite
15 Stunden. Die Aufgabe, die fich der Verf. ftellt, foll
demnach in 50 Unterrichtsftunden erledigt werden.

Die Anlage der einzelnen Stunden ill folgende. An
die Spitze ftellt K. einen Bibelfpruch, der foviel als möglich
den Inhalt zufammenfaffen oder den Geift des Ganzen
zum Ausdruck bringen foll. Hierauf folgt eine fumma-