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Ausgabe:

1904 Nr. 9

Spalte:

265-266

Autor/Hrsg.:

Sdralek, Max (Hrsg.)

Titel/Untertitel:

Kirchengeschichtliche Abhandlungen. Erster Band 1904

Rezensent:

Ficker, Gerhard

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Seite 1

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Theologifche Literaturzeitung. 1904. Nr. 9.

266

Begleitern der Presbyter überkommenen) Ausfagen der
Presbyter, nämlich was Andreas ufw. tagte, mit dem
was die Herrnfchüler Ariftion und der Presbyter Johannes
tagen, verglichen'. Die beiden letzteren hat Papias felbft
gehört. Mit ihren Ausfagen hat er diejenigen Ausfagen
der Presbyter verglichen, welche ihm durch deren Begleiter
zugekommen waren. Die Presbyter find die Apoftel

Zeit und Ort der Abfaffung, nach Tendenz und Quellen
ihrer Verfaffer; befonders ausführlich die erfte baluzia-
nifche Vita, deren Verfaffer, Johann von St. Viktor, er
als einen leidenfchaftlich für Philipp den Schönen und
gegen Clemens V. Partei nehmenden Autor nachweift.

Franz Schütte (S. 77—149) bietet ,Studien über den
Schriftftellerkatalog (de viris illustribus) des hl. Ifidor von

felbft und andere unmittelbare Herrnfchüler (S. 90). Der j Sevilla'. Nach ihm foll die längere Form, in der diefer
Verkehr mit Ariftion und Johannes fällt in die Jugendzeit j Schriftftellerkatalog (46 Kap.) erhalten ift, erft im I5.jahr-
des Papias. In fpäterer Zeit hat er, fo oft Begleiter der ! hundert hergeftellt worden fein durch Vereinigung zweier
Apoftel zu ihm kamen, jedesmal die Gelegenheit er- i Hauptteile, des Katalogs eines afrikanifchen Bifchofs
griffen, um fich nach den Ausfagen derfelben zu erkun- j Pontian und des durch Braulio rezenfierten Katalogs
digen. Und die fo erkundeten Ausfagen hat er, um fie 1 Ifidors. Es wären aber auch fchon früher Veränderungen

vorgekommen: fo follen 2 vitae aus dem ürfprünglichen
Kataloge Pontians im 10. Jahrh. in das Werk des hl.
Ifidor übertragen worden fein ufw. So richtig es
erfcheint, die längere Faffung nicht als das Werk ifidors

zu kontrolieren, mit den von ihm felbft einft gehörten
und treu im Gedächtnis bewahrten Mitteilungen feiner
Lehrer Ariftion und Johannes, die wohl noch am Leben
waren, verglichen (S. 94). Auf diefe Weife erklärt fich

die zweimalige Nennung des Johannes, denn der Apoftel 1 zu betrachten, fondern nur die kürzere Faffung in
und der Presbyter find identifch; der eine wie der andere ■ 33 Kapiteln auf ihn zurückzuführen, fo wenig überzeugend
wird ja als xvgiov /ia&TjTTjC; charakterifiert (S. 119). Papias ift Schüttes komplizierte Auffaffung. Insbefondere wird

nennt ihn zweimal, weil er feine Ausfagen teils von

der Hypothefe ein zu großer Raum gewährt. Die Anfeinen
Begleitern erkundet, teils von ihm felbft gehört nähme, Pontian fei der Verfaffer des einen Katalogs, ruht
hat. Irenäus ilt alfo im vollen Rechte, wenn er den auf den fchwächften Füßen. Entgangen ift Schütte Ih ms
Papias 'Icoavvov äxovözfji; nennt (V, 33,4). — Das Alles Anzeige von Dzialowski in den Gotting, gelehrten An

wäre ja apologetifch äußert! wertvoll, wenn es nur haltbare
wäre. Aber die Autorität des Syrers ift viel zu
fchwach, um die Lesart ßwhtQivoV zu ftützen; und mit
ihr fällt das ganze Gebäude.

Ich glaube damit die Hauptpunkte hervorgehoben zu

zeigen 1899 (und deffelben Auffatz: Zu Ifidors viri
illustres in der Feftfchrift zu Otto Hirfchfelds fechzigftem
Geburtstage).

Johannes Plinski (S. 153 — 249) hat feine Arbeit betitelt
: ,Die Probleme hiltorifcher Kritik in der Gefchichte

haben, welche in dem Buche neu find. Ausführlich wird [ des ernten Preußenbifchofs. Zugleich ein Beitrag zur
auch über den ephefinifchen Aufenthalt des Johannes , Gefchichte des deutfchen Ritterordens.' Er hält daran
(S. 97 ff.) und über das Alter des Polykarp und die Be- j fett, daß der Zifterzienfer Chriftian der erfte Bifchof von
Ziehungen des Irenäus zu ihm gehandelt (S. 125 —148). — j Preußen gewefen fei, und zwar fchon feit 1212, nicht
Der lateinifche Prolog zum Johannesevangelium, demzu- j Gottfried von Lekno. Er zeigt, an der Echtheit der befolge
Papias die Abfaffung des 4. Evangeliums durch I züglichen angefochtenen Urkunden fefthaltend, daß pol-
Johannes bezeugt haben foll, wird in feiner erften Hälfte j nifcherfeits dem Deutfehritterorden fowohl Preußen wie
für glaubwürdig erklärt (S. 171). — Ein merkwürdiger I das Culmerland bedingungslos übergeben worden fei,

Druckfehler ift das dreimal vorkommende ßgeaßvzsQoi
(S. 77 zweimal und S. 81).

Göttingen. E. Schürer.

Kirchengeschichtliche Abhandlungen. Herausgegeben von
Prof. Domkapit. Dr. M. Sdralek. (Feftfchrift zur
XXVI. Generalverfammlung der Görres-Gefellfchaft,
abgehalten in Breslau, den 7. und 8. Oktober 1902.)
Breslau 1902, G. P. Aderholz. (VII, 252 S. gr. 8.) M.4.—

Diefe kirchengefchichtlichen Abhandlungen find eingeleitet
durch ein kurzes Vorwort des Herausgebers
Sdralek, das die wiffenfehaftliche Berechtigung für die
Wahl der behandelten Themata vorlegt. Die beiden

und fchließt mit einer Rehabilitierung Chriftians, der ein
eifriger, tatkräftiger, nicht erfolglofer, wenn auch nicht
glücklicher Glaubensprediger gewefen fei. Der päpftliche
Legat Wilhelm von Modena fei für die Mißftimmung
Gregors IX. und Innocenz' IV gegen ihn verantwortlich.
Aber liegt diefe nicht in den politifchen Abfichten der
Päpfte begründet?

Halle a. S. G Ficker.

Sommerlad, Priv.-Doz. Theo, Das Wirtschaftsprogramm
der Kirche des Mittelalters. Ein Beitrag zur Gefchichte
der Nationalökonomie und zur Wirtfchaftsgefchichte
des ausgehenden Altertums. Leipzig 1903, J. J. Weber.

erften Themata find wohl von Sdralek geftellt worden, (-ÄV> 223 ö- 4-J M. o.—

und bei der Behandlung des dritten denken wir uns den Diefe gelehrte und anregende Arbeit, über deren

Leiter des kirchenhiftorifchen Seminars der katholifchen I Bedeutung für die Wirtfchaftsgefchichte und die GeFakultät
der Univerfität Breslau als Förderer. So legen fchichte der Nationalökonomie ich mir felbftverftändlich
die drei Abhandlungen Zeugnis ab für den Eifer und die ein Urteil nicht anmaßen werde, behandelt die wirtfehaft-
Methode, die in dem Breslauer Seminar herrfchen. Und liehen Anfchauungen der alten Kirche bis auf Auguftin.
es ift gar kein Zweifel, daß hier mit Sorgfalt und Energie j Denn diefer ift es (S. 216), welcher ein Wirtfchafts-
gearbeitet wird. Allerdings fcheint mir der große Zug - programm gefchaffen hat, das bis auf die Tage des
in der Behandlung der Gegenftände, wie ihn die hiftorifche j Thomas von Aquino der Kirche des Mittelalters gedient
Methode erfordert, noch in etwas zu fehlen, und das 1 und gedauert hat. Der Verfaffer erklärt (S. XIII), daß
Schema der Methode tritt in den 3 Arbeiten noch zu i es ihm bei feinen Studien immer klarer geworden fei,
unverhüllt hervor. Aber wir haben es eben mit Erft- daß die mittelalterliche Wirtfchaftsgefchichte . . . vom
lingsarbeiten zu tun. Eine ausgefprochen päpftliche j Altertum her, vom Ausgang der römifchen Welt und
Tendenz habe ich nicht gefunden, wohl aber die Geneigt- j Weltkultur aus aufgebaut werden müffe. Darum nimmt
neit, die päpftlichen Händlungen nachfichtiger zu beur- i er mit Recht durchweg Bezug auf die wirtfehaftlichen
Wid 63 zuläffl§ erfcheint. j Verhältniffe des Altertums, und wir freuen uns, hier

Waldemar Otte (S. 1—73) befpricht den ,hiftorifchen wieder einen neuen Beweis zu finden für die Zufammen-
Wert der alten Biographien des Papftes Clemens' V.' und : gehörigkeit von Altertum und Mittelalter, ohne den die
hetert damit ,eine quellenkritifche Vorftudie für die Ge- kirchlichen Bildungen des Mittelalters ja überhaupt nicht
fchichte des erften Papftes im Exil von Avignon'. Er 1 denkbar wären. Weiter betont der Verfaffer mit Recht,
unterfucht die 6 von Baluze abgedruckten Vitae nach ! daß wir bei den meiden kirchlichen Schriftftellern nicht