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Ausgabe:

1904 Nr. 8

Spalte:

235-240

Autor/Hrsg.:

Loofs, Friedrich

Titel/Untertitel:

Symbolik oder christliche Konfessionskunde. Erster Bd 1904

Rezensent:

Kattenbusch, Ferdinand

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Theologifche Literaturzeitung. 1904. Nr. 8.

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Rom klar Erkennenden. Ich verliehe dies Urteil fehr
wohl, meine aber doch, daß es einer Harken Einfchrän-
kung bedarf. Man darf doch nicht vergeffen, daß die
Lutheraner die in ihrem Befitzftand durch diefe ,Brüder'
beftändig Bedrohten waren, und daß eben die Behauptung
der Reformierten, Anhänger der Augsburger Kon-
feffion zu fein, der Verbuch, fich mit Luthers Namen zu
decken, die ganze in den kryptocalviniftifchen Kämpfen
beobachtete Taktik auf reformierter Seite das Luthertum
fo in Harnifch gebracht hatte. Und die Friedfertigkeit,
mit der fie für fich Anerkennung begehrten, ging doch
durchaus nicht fo weit, daß fie da, wo fie die Macht in
den Händen hielten, die lutherifchen Eigentümlichkeiten
geduldet haben würden. Man darf fich doch nicht wundern,
daß nachdem der Calvinismus in Mitteldeutfchland in
Kurfachfen (vorübergehend) und in Anhalt Landesherren
gewonnen und deren obrigkeitliche Gewalt fich zu nutze
gemacht hatte, feine neue Eroberung in Kurbrandenburg
das ganze Luthertum in die höchfte Erregung verfetzen
mußte. — S. 2 polemifiert der Verf. gegen ,Möller' ohne
nähere Bezeichnung, wen und welche Schrift er damit
meint. Man wird an Möllers Kirchengefch. III denken,
aber dort befindet fich 2 286 diefelbe Darfteilung der
Dinge wie bei Kniebe. Noch überrafchender ift, daß
S. 22 u. 28 er einen Artikel ,Confessio Sigimundi1 ,in 3. u.
2. Aufl.' aus der Real-Encykl. zitiert, auch ihm ohne Begründung
,manches Falfche fowohl die Ereigniffe als auch
die Schriften betreffend' nachfagt. Aber einen folchen
Artikel gibt es gar nicht; und der von mir verfaßte über
Joh. Sigismund, den er wohl meint, ift in der 3. Aufl. noch
gar nicht erfchienen! Das find doch ftarke Flüchtigkeiten
! Von Fehlern in diefem Artikel wüßte • ich aber
nur die Ungenauigkeit anzugeben, daß der 29. Sept. 1614
nicht der Tag der Berliner Disputation felbft, fondern
der der Ankunft der Geiltlichen zu diefer Disputation war.

Breslau. G. Kawerau.

Loofs, Prof. D. Friedrich, Symbolik oder christliche Konfessionskunde
. ErflerBand. (Grundriß der theologifchen
Wiffenfchaften. Vierter Teil, vierter Band.) Tübingen
1902, J. C. B. Mohr. (XV, 430 S. gr. 8.)

M. 6.60; geb. M. 7.60

Loofs fchließt die Vorrede, die vom 12. Mai 1902
datiert ift, mit den Worten: ,Die zweite Hälfte hoffe ich
im Laufe eines Jahres zum Abfchluß bringen zu können'.
Ich habe gezögert, das Werk zu befprechen, da ich
daraufhin dachte, es fogleich im ganzen vornehmen zu
können. Aber L. ift in der angegebenen Zeit nicht
fertig geworden, und nachdem ich noch eine beträchtliche
Frift darüber hinaus gewartet habe, will es mir
nun doch als eine Pflicht erfcheinen, den ,Erften Band'
für fich zur Anzeige zu bringen. Er enthält nach einer
,Gefchichtlichen und methodologifchen Einleitung', die
als ,Erfter Teil' bezeichnet ift, vom ,Zweiten Teil' d. i.
der .Darftellenden Symbolik' die beiden erften ,Bücher',
die die Überfchrift tragen ,Die orientalifchen Kirchen',
S. 77—186, und ,Der abendländifche Katholizismus',
S. 187—418. Ein gründliches Regifter, S. 419—430,
macht den Schluß.

Wie alle Arbeiten von Loofs ift auch diefes Werk
von gediegenfter Gelehrfamkeit. Es ift kein leichtes
Buch, fondern wird den Studenten, auf die es als ,Grundriß
' doch eigentlich berechnet ift, den Kopf heiß machen.
Aber das ift ja kein Schade.

Loofs nennt fein Werk ,Symbolik', der Nebentitel
jedoch, den er ihm gibt, deutet an, daß er weit davon
entfernt ift, nur den Inhalt der Symbole der verfchie-
denen Kirchen vorzuführen. Die Wiffenfchaft der
Symbolik hat fchon wiederholt ihre Aufgabe erweitert.
Als fie zu einer komparativen Disziplin wurde, galt noch
die Vorausfetzung, daß die verfchiedenen Kirchen nach

ihrem offiziellen Lehrbegriff ausreichend charakterifiert
werden könnten. Diefe Vorausfetzung ift, wie L. meint,
heutzutage allgemein als irrig erkannt. So vindiziert L.
der Symbolik jetzt vielmehr die Aufgabe, alles das an
den Kirchen zur Darftellung zu bringen, was zu ihrem
wefentlichen dermaligen Beftande gehört. L. will nur
die Tradition fefthalten, die den Titel .Symbolik' fank-
tioniert habe. Er meint, der lebendigen Entwicklung der
Vorftellung von den Aufgaben der Disziplin nachgehend,
dem Titel einfach den für die Gegenwart empfohlenen
fachlichen Sinn einer ,chriftlichen Konfeffionskunde'
unterlegen zu dürfen, indem er von leinem Wortlaute
nur Anlaß nimmt, vorab eine fehr gründliche Erläuterung
des kirchlichen Sinns des Terminus Symbol im Altertum
und in der Zeit feit der Reformation anzuflehen und
vor allem eine felbftändige gefchichtliche Erörterung der
fogen. oekumenifchen Symbole zu geben. Ich komme
auf diefe Symbole fogleich etwas näher zu fprechen.
Hier möchte ich nur vorerft die Gelegenheit wahrnehmen,
einen kleinen Irrtum betreffs meiner felbft, den auch L.
weiterleitet, zu korrigieren. S. 72 bemerkt L., daß
Nippold neben der Symbolik die .vergleichende Konfeffionskunde
' als die Zukunftsaufgabe der interkonfeffio-
nelltn Forfchung bezeichnet habe, während ich .unabhängig
von ihm' die Symbolik felbft als vergleichende Konfeffionskunde
zu behandeln begonnen hätte. Ich fehe,
daß L. die Anmerkung, die ich auf S. 62/63 nieines
Buchs gemacht habe, freundlich berückfichtigt hat. Dort
habe ich getagt, daß ich mich mit Nippold in dem
Titel, den ich für die Symbolik vorfchlüge, getroffen
hätte. Loofs zitiert ganz genau die Seite, auf der
Nippolds Sendfehreiben an Döllinger in der Schrift
.Katholifch oder Jefuitifch' feine Überfchrift hat, er hat
jedoch offenbar fo eilig und ungenau gelefen, wie ich
feinerzeit felbft. Denn N. bietet den Titel: ,Die Zukunftsaufgabe
der interkonfeffionellen Forfchung als vergleichender
Konfeffionsgefchichte'. Eine Augentäu-
fchung ließ mich, wie ja auch Loofs, das letzte Wort
des Titels als ,Konfeffionskunde' lefen. Will Loofs N.s
Abhandlung noch einmal vornehmen, fo wird er mir
recht geben, daß ich einiges Intereffe daran habe, feft-
zuftellen, daß N. und ich uns auch im Titel nicht begegnet
find.

Man kann zweifelhaft fein, wie weit in eine Konfeffionskunde
im modernen Sinne (um mich in der Kürze
fo auszudrücken) eine kritifche Erörterung der hmtftehung
und urfprünglichen Zufammenhänge der .oekumenifchen
Symbole' hineingehöi t. Denn keine der Kirchen kümmert
fich im Ernfte praktifch darum, was diefe Symbole im
Sinn ihrer Zeit oder ihrer Autoren bedeutet haben.
Allein es freut mich doch, daß Loofs kein Bedenken
gehegt hat, diefe Symbole wie felbftverftändliche Objekte
der .Symbolik' hinzunehmen und die mit ihnen verbundenen
hiftorifchen Probleme in einem befonderen Teile
zu behandeln. Denn was er auf dem fehr knappen Räume
von kaum fünfzig Seiten zur Forfchung über diefe
Symbole beifteuert, ift von hohem Werte, fehr felbftändig
und in jeder Beziehung bedeutfam. Wer wirklich eine
Vorftellung davon hat, wie kompliziert und dunkel vielfach
das in Betracht kommende Material ift, wird die
Sicherheit und Überfichtlichkeit der Linienführung bewundern
, die er trifft. In gewiffem und nicht geringem
Maße ift ja fchon eine Konvergenz aller auf diefem Gebiete
kompetenten Forfcher zu konftatieren. Auch nur
das hier herauszuheben, was fchon mehr oder weniger
Gemeingut geworden ift, würde jedoch zu weit führen.
L. gibt einen Einblick in alle Probleme und fördert fie
im großen und im einzelnen erheblich. In Hinficht des
altkirchlichen Symbols urteilt L., daß es feinen Urfprung
wohl nicht in Rom gehabt habe. Die altrömifche Formel,
R, fei nur für das Abendland die Mutter der Provinzial-
fymbole, fie hänge ihrerfeits zufammen mit einer älteren,
die in Kleinafien fchon ,vor 130' freilich mehr zu kon-