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Ausgabe:

1903

Spalte:

155-156

Autor/Hrsg.:

Kästner, Alexander (Hrsg.)

Titel/Untertitel:

Die Kinderfragen. Der erste deutsche Katechismus 1903

Rezensent:

Knoke, Karl

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Seite 1

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iS5

Theologifche Literaturzeitung. 1903. Nr. 5,

'56

fchaftsbegriffe ,als durchaus unbeftimmt und daher nichts j
tagend oder geradezu irreführend ausfchliefst'. — Wichtig
ift dem Verf. die Engellehre und befonders auch die
Satanalogie. Beide, findet er, würden heutzutage in
der Dogmatik zu Unrecht vernachläffigt. Nicht zwar
foll von einem Glauben an den Teufel und an Engel die
Rede fein, da man nur an Gott und Chriftus glauben

kann. ,Aber fowohl der „Chriftus für uns"........

als der „Chriftus in uns"........weckt mit innerer

Folgerichtigkeit in uns die Ueberzeugung, d. h. die
Glaubensgewifsheit, dafs es einen Teufel und ein Reich
des perfönlich Argen giebt, von Chriftus für uns bekämpft
und erlöfungskräftig überwunden; und dafs wir
als Chriften kraft des Geiftes des ,,in uns" lebenden und
wirkenden Herrn und Heilands fort und fort, in täglichem
heifsem Kampf, die fatanifch verführende Macht des
Böfen niederzuringen und niederzubeten haben' (II, I, 460).
Vom Standpunkt des Verf.'s aus ift feine ,Glaubensgewifsheit
' in Beziehung auf das Dafein des Teufels nur
durchaus confequent. — Der Verfuch ,mancher Heifs-
fporne der Orthodoxie', die Jungfrauengeburt ,zum Fundament
und Eckftein der Chriftologie zu erheben', erregt
dem Verf. ,ernfte Bedenken' (II, 2, 113). Wenn er in-
deffen auch nicht beftreiten will, dafs Gott auch auf
anderem Wege feinen Sohn hätte in die Welt fenden
können, fo will doch er felbft ,Gottes gnadenreiches My-
fterium' nicht durch ,klügelndes Nörgeln entweiht' wiffen.
— In Beziehung auf den confeffionellen Charakter der
lutherifchen Kirche und Lehre lehnt es der Verf. mit
Nachdruck als eine ,monftröfe Anmafsung' ab, ,dafs
nur die Lutheraner wahre Chriften feien oder dafs jeder
wahre Chrift fich zum Lutherthum bekennen müffe'
(II, 2, 503). ,Aber', heifst es auf der folgenden Seite,
.wie jede ehrliche und glaubensfreudige Confeffionsge-
meinfchaft, fo darf auch die lutherifche Kirche der Zuverficht
leben, dafs fie durch Gottes Gnade — und in
diefem Sinne jure divino — die Sonderkirche des wahren,
weil [quid] fchriftgemäfsen und chriftocentrifchen Bekennt-
nifses ift. Nur unter diefer Vorausfetzung hat fie auch
das Recht und die Pflicht, ihren evangelifch-apoftolifchen
Charakter in „reiner Lehre" zu bewahren und von ihren
amtlichen Vertretern diefe Bewahrung zu fordern; — aber
nicht wie ein todtes Capital, in deffen Befitz man fich
gefichert weifs, fondern wie eine im Kampf fich bewährende
geiftige Lebensmacht, die fich fort und fort
zu entfalten und zu entwickeln hat, um nicht in todten
Formeln zu verfchrumpfen'. — In der fehr ausführlichen
Eschatologie endlich ift dem Verf. die Hadologie, die
den allerdings ,mit dem Schleier des Geheimnifsvollen
umhüllten Zwifchenzuftand der abgefchiedenen Seelen
im Reich der Todten' behandelt, von grofser Wichtigkeit.

Ihre ,univerfelle Bedeutung.....beruht auf der That-

fache (!) der Erfcheinung und Predigt des lebendigen
Chriftus im Reiche der Todten' (II, 2, 668).

Bonn. O. Ritfchl.

Die Kinderfragen. Der erfte deutfche Katechismus. M. D.
XXI. Herausgegeben und mit einer Einleitung und
einem Abrifs der Brüdergefchichte verfehen von
Alexander Käftner. (Neudrucke pädagogifcher
Schriften. XVII.) Leipzig 1902, F. Brandftetter. (VIII,
77 S. 8.) M. —.80

Unter ftarker, zum Theil wörtlicher Benutzung der
eingehenden Unterfuchungen von Zezfchwitz, die Katechismen
der Waldenfer und Böhmifchen Brüder. Erlangen
1863, Jofeph Müller, die deutfchen Katechismen der
Böhmifchen Brüder. Berlin 1887 und Cohrs, die evan-
gelifchen Katechismusverfuche vor Luther's Enchiridion I.
Berlin 1900 giebt der Verf. in der Einleitung des kleinen
Heftes (S. 1—14) einen Ueberblick über die Gefchichte
der ,Kinderfragen' und ihrer Ausgaben bis 1530. Seite

14—16 bringt er eine Analyfe ihres Gedankenganges.
Dann folgt S. 17—43 ein Abdruck des Textes der Ausgabe
von 1530. Den Schlufs bildet ein ,Kurzer Abrifs
der Brüdergefchichte' S. 44—77. — Erwünfcht ift an der
Arbeit, dafs fie den Text der Kinderfragen in einer
äufserft billigen Ausgabe bringt. Der Verf. verfichert
S. 13: ,Unfer Abdruck ift forgfältig und genau nach
dem Originale gemacht'. Ich bin z. Zt. nicht in der Lage,
die Richtigkeit diefer Angabe zu prüfen, da ich das
Original nicht zur Hand habe. Möglich wäre immerhin,
dafs dem Herausgeber trotz aller Sorgfalt doch kleinere
Verfehen paffirt fein könnten. Ich rechne mit diefer
Möglichkeit, da dergleichen Verfehen in der Schrift
mehrfach vorkommen. Ich notire die folgenden: S. 8
letzte Zeile: Seite ,223' ftatt ,260'; .Althammer' ftatt .Althamer
' S. 14; auf S. 9 ift in der 4. Zeile nicht zu fchreiben
,zü erkennen', fondern ,züerkerien' und nach diefem
Worte nicht ein | , fondern ein , zu fetzen; bei dem
auf S. 9 unten abgedrucktem Titel fehlen hinter den
Silben vat und nutz die Bindezeichen, die zu den folgenden
Zeilen überleiten, auch ift dort nicht zu lefen
.tzulernen', fondern ,tzülernen'; in demfelben Titel mufs
es S. 10 nicht heifsen .Chriftlichen', fondern ,Chriften-
lichen'. — Die Beifpiele werden genügen, um zu zeigen,
dafs diefe neue Ausgabe der .Kinderfragen' für wiffen-
fchaftliche Benutzung nicht forgfältig genug hergeftellt
ift. Der Herausgeber hat zudem meinen Äuffatz ,Aus
der evangelifchen Katechismusliteratur bis 1525' in .Halte
was du haft' 1901. S. 506 ff. nicht gekannt, fonft würde er
bemerkt haben, dafs aufser den von ihm angeführten
Ausgaben der .Kinderfragen' noch mehrere andere
exiftiren, von denen eine undatirte vielleicht älter ift als
diejenigen, deren Titel er nach feinen Gewährsmännern
Zezfchwitz, Müller und Cohrs anzuführen weifs.

Göttingen. K. Knoke.

Eine neue jüdisch-griechische Inschrift.

Eine für die Gefchichte der Juden in Aegypten
wichtige Infchrift ift im vorigen Jahre an der Stelle des
alten Schedia, etwa 20 Kilometer von Alexandria, gefunden
worden (mitgetheilt von Th. Reinach, Revue
des etudes juives t. XLV, 1902, p. 162, und von U.
von Wilamowitz, Sitzungsberichte der Berliner Akademie
1902, S. IO94). Sie lautet: 'Fjcsq ßaöiltmq IItoXs-
(laiov xdi ßaoMoorjq BeQevixtjq adsXqirjq xdi yvvaixbq
xal zcöv texvcov rrjv jtQootvrrjv 01 jovöaloi. Name und
Titel der Königin laffen keinen Zweifel darüber, dafs
die Infchrift aus der Zeit des Ptolemäus III Euergetes
(247—222 vor Chr.) (lammt, was auch durch paläographi-
fche Gründe beftätigt wird. Damals exiftirte alfo bereits in
Schedia eine griechifch-gebildete Judengemeinde, welche
eine eigene Synagoge baute und zwar ,zu Ehren des
Königs und der Königin'. Wenn dies fchon für das
kleine Schedia gilt, wie viel mehr für die benachbarte
Weltftadt Alexandria. Die Infchrift ift alfo recht unangenehm
für Diejenigen, welche die Exiftenz der jüdifchen
Diafpora in Aegypten und fpeciell in Alexandria in das
zweite Jahrhundert v. Chr. herabdrücken wollten. Bemerkenswerth
für die Stellung der Juden zu den erften
Ptolemäern ift auch die Widmung vjisq ßaöiltmq xdi
ßaöillöörjq x. r. 1.

Schürer.

Bibliographie

von Lic. theol. Paul Pape, Zehlendorf bei Berlin.
jCcutfcbc üitcratut.

Freydank, B., Buddha u. Chriftus. Eine buddhist. Apologetik. Leipzig
1903, Buddhiftifcher Miffionsverlag. (VIII, 187 S. 8.) 3 —; geb. 4 —

Zeitfchrift, biblifche. In Verbindg. m. der Red. der ,Bibl. Studien' hrsg.
v. J. Göttsberger u. J. Sickenberger. 1. Jahrg. 4 Hefte. Freiburg i. B.,
Herder. (1. Heft. 112 S. gr. 8.) 12—; I. Heft einzeln 3 —