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Ausgabe:

1903 Nr. 24

Spalte:

659

Autor/Hrsg.:

Troelstra, A.

Titel/Untertitel:

Stof en Methode der Catechese in Nederland vóór de Reformatie 1903

Rezensent:

Knoke, Karl

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659

Theologifche Literaturzeitung. 1903. Nr. 24.

660

Troelstra, Dr. A., Stof en Methode der Catechese in Neder-
land vöör de Reformatie. Groningen 1903, J. B. Wolters.
(XII, 356 blz. gr. 8.)

Der Verf. hat in feiner vor zwei Jahren veröffentlichten
Promotionsfchrift (proefschrift), De toestand der
catechese in Nedcrland gedurendc de vöor-reformatorische
ceuw. Groningen ipoi fehr forgfältige Unterfuchungen
über die katechetilche Literatur der Niederlande vor
dem Beginne der Reformation veröffentlicht. Die damals
bereits in Ausficht geftellte weitere Arbeit, auf Grund
jener Literatur eine fyftematifche Darfteilung der kirchlichen
Unterweifung der Jugend nach Inhalt und Form
in jener Zeit zu geben, ift nunmehr erfchienen. Auch
diefe Arbeit, die jetzt zur Belprechung fteht, mufs als
eine fleifsige und forgfältige bezeichnet werden. Die
leitenden gefchichtlichen Gefichtspunkte find von dem
Verf. aus der von Zezfchwitz'fchen Katechetik herübergenommen
, die Belege im Einzelnen flammen dagegen
aus der einfchlägigen Literatur feiner Heimath, der
gedruckten, wie der handfchriftlich vorhandenen. So
kommt es, dafs wir neben vielem Bekannten hin und
wieder auch Einzelbemerkungen erhalten, die zwar nicht
an fich Neues bringen, aber befonders geeignet find,
unfere Aufiaffung von der vorreformatorifchen Katechefe
zu beftätigen und lebendig zu illuflriren. Die Zeit, mit
welcher Troelftra fich bcfchäftigt, mufs mit Recht als
eine folche angefehen werden, welche fich dem Werden
des Luther'fchen Katechismus entgegenbewegt, aber fie
unterfcheidet fich doch wieder von der Reformationszeit
dadurch wefentlich, dafs fie für den Katechumenenunter-
richt als Ziel die Vorbereitung zur erften Beichte anfleht,
während die Reformatoren diefen Unterricht als Mittel
der Erziehung für einen würdigen Genufs des Abendmahles
und der Herausbildung einer felbftändigen chrift-
gläubigen Perfönlichkeit zu genalten wünfchten. Indem
Troelftra diefen Unterfchied richtig beachtet hat, gliedert
fich ihm der ,Stoff' der Katechefe, von welchem der
I. Theil S. 1—311 handelt, nicht nach der Kategorie der
5 Hauptftücke, fondern fo, dafs er zuerft von den Sünden
fpricht, wobei die IO Gebote wefentlich als Sündenfpiegel
in Betracht kommen, dann von den Tugenden (die heben
Tugenden, die Gaben des Geiftes, die Seligkeiten, die
Werke der Barmherzigkeit). Weiter wird gehandelt vom
Gebet (Vaterunfer, Ave Maria, heben Bufspfalmen), vom
Glauben (das Credo, das Leben Jefu und die vier letzten
Dinge) und zuletzt von der Kirche, wobei auch die Lehre
von den Sacramenten, den mandatis ecclesiae und dem
Cultus befprochen wird. Der zweite kürzere Theil
handelt von der katechetifchen Methode S. 312—346.
Hier wird gezeigt, welchen Antheil das Haus, die Schule
und die Kirche an der Katechumenenunterweifung in
jener Zeit hatten, und wie der Unterricht wefentlich im
Vorfagen, Abfragen und predigtartigem Vortrage für die
idtere Jugend beftand. Mit Recht wird aber auch erwähnt
, dafs diefer Unterricht hch des Mittels der Ver-
anfchaulichung bediente. Ich habe darauf bereits vor
faft 30 Jahren in meiner Methodik der Biblifchen Ge-
fchichte, Hannover 1875 S. 246 fr. eingehender aufmerk-
fam gemacht, als es von Troelftra gefchieht. FT erwähnt
diefe Schrift nicht. Das beeinträchtigt jedoch den
Werth feiner trefflichen Arbeit nicht.

Göttingen. K. Knoke.

Zelle, Dr. Friedrich, Das älteste lutherische Haus-Gesangbuch
(Färbefafs-Enchiridion) 1524. Mit Einleitung
(Gefchichte der lutherifchen Gefangbücher) und text-
kritifchem Kommentar herausgegeben. Göttingen 1903,
Vandenhoeck & Ruprecht. (127 S. gr. 8.) M. 4.—

Der Verf., welcher fich bereits durch feine Auffätze
über ,Die Singweifen der älteften evangelifchen Lieder'

(Beilagen zu den Programmen der 10. Berliner Real-
fchule 1899 und 1900) als tüchtiger Hymnologe bewährt
hat, giebt S. 77—126 einen diplomatifch genauen Abdruck
der Ausgabe des Enchiridions (geiftlicher Gefänge
und Pfalmen), .gedruckt zu Erffurd / yn der Permenter
gaffen / zum Ferbefafs. M. D. XXiiij'. Sie ift gleichzeitig
mit der andern Ausgabe: .gedruckt zu Erffordt
zum Schwartzen Hornn / bey der Kremer brücken.
M. D. xxiiij. Jar.' in Druck gegeben, aber, wie es fcheint.
früher als diefe fertig geftellt (S. 6.), wefshalb Zelle fie
das .ältefte' luth. Gefangbuch nennt. Der Herausgeber
begnügt fich aber nicht mit einem blofsen Neudruck des
vorgefundenen Textes, fondern er hat diefen auch mit
einem Commentar verfehen, deffen Werth vor allem in
der forgfältigen Vergleichung der Textredaction der
26 Lieder des .Färbefafs-Enchiridions' mit der Faffung der
fämmtlichen übrigen Drucke bis 1545 befteht, in welchen
diefe Lieder vorkommen. Um nun eine Unterlage zu
diefer Vergleichung und ihrer richtigen Werthung zu
gewinnen, ftellt Zelle dem Neudruck eine literarhiftorifche
Unterfuchung über die lutherifchen geiftlichen Liederbücher
voran, welche zu Luther's Lebzeiten erfchienen.
Selbftverftändlich benutzt er dabei die bekannten hymno-
logifchen Arbeiten von Wackernagel und was feitdem
noch anderweit an einfchlägligen Auffätzen erfchienen ift.
Es find nicht weniger als 34 Originaldruckc, welche auf
diefe Weife mehr oder weniger eingehend unterfucht
und befprochen werden, abgefehen von denjenigen, deren
Titel der Verf. nur im Vorbeigehen nennt. Bei diefen
Befprechungen findet Zelle zugleich Gelegenheit, Wacker-
nagel's Auffaffungen in einzelnen Punkten zu verbeffern.
So fucht er nachzuweifen, dafs das fogen. ,Achtliederbuch
', Wittemberg (falfche Angabe) 1524, keineswegs
älter als die beiden Ausgaben des Erfurter Enchiridions
ift, wie Wackernagel annahm, fondern als ein Auszug
aus jenem angefehen werden mufs (S. 9). Ebenfo be-
anftandet er Wackernagel's Abneigung gegen den Text
der ,Schwarzen-Horn-Ausgabe' des Enchiridions (S. 1),
den wir in der faefimilirten Nachbildung von Reithaler 1848
befitzen. Beachtung verdient, dafs Zelle S. 3 vermuthet,
Julius Jonas fei von Luther mit der Herausgabe des
Enchiridions in Erfurt beauftragt; er meint, es ,dürfte
auch wohl die gröfste Wahrfcheinlichkeit haben, dafs
Jonas die Vorrede zu ihr gefchrieben' (S. 4). Aehnlich
urtheilte übrigens fchon Wackernagel. Beachtenswerth
ift ferner, dafs der Verf. die Vermuthung ausfpricht,
Luther's Lied: ,Ein fefte Burg' fei bereits 1528 gedruckt
(S. 47). Bekanntlich begegnet uns dasfelbe in dem zu
Leipzig von Michael Blum gedruckten Enchiridion. Von
diefem Buche ift das Druckjahr nicht angegeben. Da in
ihm fich Luther's deutfehe Litanei findet, die Anfang 1529
als Einzeldruck erfchienen war, fo verlegt Zelle die Herausgabe
des Blum'fchen Enchiridion .kurz vor oder nacli
Neujahr 1529' (S. 40). Das erwähnte Lied findet fich
ferner in dem Roftocker Gefangbuche von Slüter 1531.
j Dies Buch erweift fich als ein niederdeutfeher Nachdruck
j der .Geiftlichen Lieder, aufs neu gebeffert', die ohne
Angabe des Jahres von Hans Weifs (bezw. Weyffe) in
Wittenberg gedruckt find. Von diefem Buche exiftirt
nur ein defectes Exemplar, welches das Lied nicht enthält
. Ein Nachdruck von Jof. Klug Wittenberg 1529
diefes Buches konnte 1788 noch von G(eorg) E(rnft)
W(aldau) in dem Journal von und für Deutfchland be-
fchrieben werden; das damals vorhandene Exemplar ift
feitdem verfchollen. Ebenfo ift ein anderer Nachdruck
der .Geiftlichen Lieder' von Raufcher Erfurt 1531 verloren
gegangen. Es läfst fich alfo nicht mit abfoluter
Sicherheit conftatiren, ob Luther's Lied fchon in den
I Weifs'fchen .Geiftlichen Liedern' geftanden, aber es ift
doch wahrfcheinlich. Da nun Georg Rhaw in einem
I Briefe vom Februar 1528 erwähnt, dafs Hans Weifs ein
' ,Sangbüchlein' drucken laffe, ift anzunehmen, dafs die
| ,Geiftlichen Lieder', wenn fie mit dem .Sangbüchlein'