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Ausgabe:

1903

Spalte:

33-36

Autor/Hrsg.:

Schrader, Eberhard

Titel/Untertitel:

Die Keilinschriften und das Alte Testament. 3. Aufl. I. Hälfte 1903

Rezensent:

Volz, Paul

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Seite 1, Seite 2

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Theologische Literaturzeitung.

Herausgegeben von D. Ad. Harnack, Prof. in Berlin, und D. E. Schürer, Prof. in Göttingen.

Erfcheint

Preis

alle 14 Tage. Leipzig. J. C. Hinrichs'fche Buchhandlung. jährlich 18 Mark.

Nr. 2. 17. Januar 1903. - 28. Jahrgang.

Schräder, Die Keilinfchriften und das Alte
Teftament, 3. Aufl. bearb. von Zimmern
und Win ekler, 1. Hälfte (Volz).

Riedel, Alttedamentliche Unterfuchungen (Volz).

Engel, Der Kampf um Römer 7 (Clemen).

Hoennicke, Die Chronologie des Lebens des
Apoftels Paulus (Clemen).

Dobfchütz, v., Die urchriftlichen Gemeinden
(v. d. Goltz).

Hjelt, Die altfyrifche Evangelienüberfetzung
und Tatians Diateflaron (Neftle).

Carleton, The part of Rheims in the making

of the English Bible (Nestle).
Patres apostolici, textum recensuit etc. Funk,

2 voll. ed. II (Jülicher).
Funk, Die apoftolifchen Väter (Derf.).
Corpus scriptorum ecclesiasticorum latinorum,

vol. XXXVI; Aureli Augustini retracta-

tionum libri duo rec. Knöll (Julicher).
Dasfelbe, vol. XXXXII: Aureli Augustini de

de gratia Christi et de peccato original!, de
nuptiis et coneupiscentia rec. Vrba etZycha
(Derf.).

Hoensbroech, Das Papftthum in feiner fozial-
kulturellen Wirkfamkeit, 2. Bd. (Tfchackert).

Rei fehle, Chriftliche Glaubenslehre (Lob-
flein).

Pdtavel-Olliff, Le plan de Dieu dans Revolution
(Lobftein).

perfectione justitiae hominis, de gestis Pelagii, Reville, Religiöfe Reden (Lobftein).

Schräder, Eberhard, Die Keilinschriften und das Alte Testament
. Dritte Auflage, mit Ausdehnung auf die Apokryphen
, Pfeudepigraphen und das Neue Teftament
neu bearbeitet von Prof. Dr. H. Zimmern und Priv.-
Doz. Dr. H. Winckler. I. Hälfte. Berlin 1902, Reuther
& Reichard. (VII, 342 S. gr. 8.) M. 13.—

In voUftändig neuer Geftalt tritt das bekannte Werk
Schrader's wieder in die Oeffentlichkeit, fo dafs der bisherige
Titel nur wie eine alte Infchrift an einem umge

Orient von babylonifcher Cultur überfchwemmt war, dafs
felbtt die nomadifirenden Völker, alfo auch die Hebräer,
von diefer Cultur berührt waren, noch ehe fie in den
Culturftaat fich eindrängten; er fpricht über die ver-
fchiedenen Grundformen, in denen fich die politifche
Entwickelung überall und immer wieder vollzog, hält
es für einen Grundirrthum, das alte Leben Israels in
Kanaan aus den Anfchauungen des Stammeslebens
heraus erklären zu wollen, ftatt aus der Cultur und den
Lebensbedingungen des Landes; endlich zeigt er die verbauten
Haufe anmuthet. Das Werk hat jetzt zwei Heraus- | £chje7e,!.en Arte"' 9berftaat die Unterftaaten in

geberund zwei Bände; der erfte, von Winckler bearbeitete, fich -ffafste, wie der Oberkomg im abhangigen Staat

behandelt die Gefchichte und die Geographie, der zweite,
aus der Hand Zimmern's, die Religion und die Sprache.
In der Einleitung fprechen fich die jetzigen Herausgeber
über die Anlage und Einrichtung der neuen Ausgabe aus.
Wie fchon Schräder erwogen hatte, wird das keilin-
fchriftliche Material nicht mehr in der Form von blofsen
Gloffen zu den einzelnen Stellen des A.T. vorgelegt, fondern
der durch die Infchriften neugewonnene Stoff, foweit er
für das A. T. wichtig ift, foll in zufammenfaffender fyfte-
matifcher Darfteilung vorgeführt und mit dem entfprechen-
den altteftamentlichem Material zufammengeftellt werden.
Durch ein ausführliches Stellenregifter am Schlufs des
zweiten Bandes wird dafür geforgt, dafs der Lefer fich
trotzdem leicht über die jeweiligen Bemerkungen zu
jeder einzelnen Bibelftelle orientiren kann. Ein weiterer
wichtiger Fortfehritt ift, dafs die Darttellung auch auf
apokryphifches, pfeudepigraphifches und neuteftament-
liches Material ausgedehnt wurde, fo dafs die Neubearbeitung
auch für die Forfchung auf dem Gebiete des
fpäteren Judenthums uud des N. T. ein Hilfsbuch bildet.
Dabei will diefe dritte Auflage dem gediegenen wiffen-
fchaftlichen Geift des erften Herausgebers die Treue
wahren und insbefonderedenUnterfchied zwifchen urkundlichen
Thatfachen und den Combinationen ftreng hervortreten
laffen. Von den beiden Herausgebern übernimmt
jeder nur für die eigene Abtheilung die Verantwortung.

Die Dispofition des vorliegenden erften Bandes ift
folgende: in einer fehr beachtenswerthen Einleitung erklärt
der Vetf. feine Methode und feine Auffaffung der
Gelchichtswiffenfchaft und zeichnet ein allgemeines Bild
von dem altorientalifchen Völkerleben. Sodann giebt er
einen Ueberblick über die vorderafiatifche Gefchichte in
Bezug auf Kanaan, wobei Babylonien, Mefopotamien und
(befonders ausführlich) Affyrien,das neubabylonifcheReich,
die perfifchen Könige, der Hellenismus, Tyrus und Damaskus
und endlich Mufri-Arabien behandelt werden. Es folgt
ein Abfchnitt über Staat und Verwaltung; mit Nachdruck
betont der Verf. in diefem Capitel, dafs der ganze

überall feine Parteigänger hatte, wie im alten Orient
zwifchen herrfchenden und unterworfenen Ländern ein
überaus reger Verkehr und Wiffensaustaufch blühte;
nichts wäre verkehrter, als Israel von diefem allgemeinen
culturellen, commerziellen, religiöfen, politifchen
Kreislauf ausfchliefsen zu wollen, weder bis zum Exil
noch auch nach dem Exil. Das nächite Capitel ift der
politifchen Geographie gewidmet, mit befonderer Be-
rückfichtigung der politifchen Geographie Kanaans in
ihrer Entwickelung. Es folgt das Capitel Tel Amarna,
in dem die Verhältnifse der Tel Amarnazeit befchrieben
werden und die Gleichfetzung Habiri = i*Q£ befürwortet
wird. Der nächfte Abfchnitt ift der wichtigfte,
er giebt eine knappe, überfichtliche und feffelnde Dar-
ftellung der Gefchichte Israels von dem Moment an, wo
überhaupt Gefchichte möglich ift, bis Hadrian; von den
342 Seiten des Buchs nimmt die Gefchichte Israels den
dritten Theil ein. Der Schlufsabfchnitt behandelt die
Zeitrechnung (die verfchiedenen Datirungsarten, Kalender-
und Zeitberechnungen), endlich Maafs und Gewicht; Verf.
zeigt, wie diefe Dinge im orientalifchen Alterthum an
die religiöfe Weltanfchauung, fpeciell an das aftronomi-
fche Syftem, gebunden waren und wie Israel gerade in
diefen Gebieten mitten drin fleht in der allgemeinen
babylonifchen Cultur.

Auf alles Einzelne einzugehen, verbietet der Stoff;
nicht Weniges ift aus bisherigen Veröffentlichungen des
Verf.s bekannt {Musri = Arabien, in der Bibel zuweilen
als Aegypten mifsverftanden; die geringe Werthfehätzung
der israelitifchen Gefchichtfchreiber bis auf die Zeit des
Abimelek; die mythifche Einkleidung der Saul-David-
Salomogefchichte, die freie Stellung zu den biblifchen
Quellen u. f. w.); auch kann die Recenfion bei einem
lolchen Buch nur zur Leetüre aufmuntern, nicht die
Leetüre erfetzen. Die Eigenart Winckler's, die aus
feinen früheren Arbeiten bekannt ift, hat der Forfchung
im A. T. manchen kräftigen Stöfs gegeben, fie hat auch
aus diefem Werk eine originale Schöpfung gemacht.

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