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Ausgabe:

1903 Nr. 16

Spalte:

443-444

Autor/Hrsg.:

Kittel, Rudolf

Titel/Untertitel:

Die Bücher der Chronik 1903

Rezensent:

Löhr, Max

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Seite 1

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443

Theologifche Literaturzeitung. 1903. Nr. 16.

444

fich recht in dasfelbe verfenkt, kommt zu der Ueber- j fie im Dagontempel an.
zeugung: ,wie der Teufel nicht die lichte Welt Gottes 1 Als aber ganz Jabes in
fchaffen kann, fo hat ein Fälfcher nicht das Deuterono- j Gilead alles hörte, was die
mium fchaffen können'. In §4 hat Stofch die gekünftelte | Philifter dem Saul angethan,
Disponirung des Deut, nach dem Dekalog, die Schroeder machten fich alle waffen-
im Anfchlufs an Fr. W. Schultz annahm, mit Recht < fähigen Männer auf und
aufgegeben. In § 5 ift das Literaturverzeichnifs gekürzt ! nahmen den Leichnam
und durch Angabe neuerer Literatur ergänzt; charakte- 1 Sauls und die feiner Söhne
riftifch ift, dafs von neueren Commentaren nur derOettli's
genannt wird, dafs aber felbft der von Schroeder noch
angeführte Commentar Knobel's, an deffen Stelle der
Dillmann's hätte genannt werden müffen, einfach ge-

und brachten fie nach Jabes.

fie an der Mauer von
Bethfan auf. Als aber
die Bewohner von Jabes über
ihn hörten, was die Philifter
dem Saul angethan, da machten
fich alle waffenfähigen
Männer auf und gingen die
ganze Nacht und nahmen
denLeichnamSauls und
den feiner Söhne von der
Mauer von Bethfan und
kamen nach Jabes.

ftnchen ift Es ift ja auch beffer wenn der Lefer von Nach Chron wandern Rüftung und Haupt Saul's als

moderner Wiffenfchaft nichts erfahrt, als was Stofch j Xrophäen in philiftäifche Tempel, der Leichnam bleibt
ungefährlich machen zu können glaubt Die Ueberfetzung , auf dem Schlachtfeld, von wo ihn die Jabefchiten heim-
ift, obwohl Stofch ihre unerträglich mechanische Art holen Nach Sam_ kommt die Ruftung in den Aftarte.
gefühlt hat faft unverändert geblieben . Aenderungen , t£m . der Leichnam wird gefchändet, indem der Kopf
find beifpielsweife das fchon erwähnte .diesfeit für ,jen- abgetrennt und der Rumpf an die Stadtmauer von Beth-
feit« und (vereinzeltes) ,Haingotzen für,Baummaler (rTtt»), i fan genagelt wird. Von dort holen letzteren die Männer
die doch wohl kaum Verbefferungen heifsen können. : von Jabes hinweg. _ Das find m. E. wenigftens klipp und
Relativ ftarke Aenderungen weifen die exegetifchen Er- j kiar zwei Erzählungs-Varianten. Die müffen methodifcher-
lauterungen in einzelnen Teilen auf; gänzlich neu ge- wejfe jn ihrer ßefonderheit beftehen bleiben. Nun hat
ichrieben find z. B. die zu 1 1-5 6 4-2.5. In den meiften fchon s das Bedürfnifs gehabt, hier zu harmonifiren

Fällen wird der alte Text ziemlich unverändert mitge-
theilt, aber durch zufammenfaffende und antikritifche Bemerkungen
ergänzt. Der Raum für diele wird gewonnen
durch gelegentliche Streichungen, die oft willkürlich find

er fetzt in v. 10b an Stelle von ,und seinen Schädel
nagelten sie im Dagontempel an' aus Sam. ein ,tind seinen
Leichnam hingen sie an der Mauer von Bethsan auf'. Eine
textkritifche Verwerthung diefer Verfion für unfere Stelle

und notwendige Einzelerklarungen befeitigen Relativ j ift fchon en der yon g Fraenkel, Jahrbücher f. prot.
gering find die Aenderungen in den ,Theologifche Grund- Theo] lg s „ nachgewiefenen Benutzung des Targum
gedanken' überRhnebenen Abfchnitten. Die Neube- | unftatthaft. Man beachte aber zugleich auch den Unfinn,
arbeitung der Homiletifchen Andeutungen' befchrankt [ den djefe Textänderung zu Wege bringt: v. 9 erzählt,
fich auf ein fehr kleines Mafs von Nachtragen aus der 1 dafs fie K f und Rüftung mitnehmen, den Leichnam

neueren homiletifchen Literatur (zu Cap. i—6 habe ich
nur 3 Nachträge bemerkt!), fowie einige, im allgemeinen
ziemlich werthlofe Predigtdispofitionen von Stofch felbft,
z. B. zu 6 4—25. Im Ganzen dürfte der Schroeder'fche
Commentar durch die Neubearbeitung manche von feinen

alfo fich felbft überlaffen. V. io (in ,corrigirter' Geftalt)
fpricht von dem Verbleib der Rüftung, fchweigt über das
Schickfal des (mitgenommenen) Kopfes und redet ftatt
deffen plötzlich von dem Schickfal des Leichnams, der
nach v. 9 auf dem Schlachtfeld zurückgelaffen war. Man

?"^5lf!fuf^haft€l1 verloren und nur wenig Gutes ge" I mufs m. E. hier zugeben, dafs die ,Correctur' von v. 10

nichts anderes ift als eine Verballhornung, und die ur

wonnen haben

Halle a. S. Steuernagel.

Kittel, Prof. D. Rudolf, Die Bücher der Chronik überfetzt
und erklärt. (Handkommentar zum Alten Teftament.
In Verbindung mit anderen Fachgelehrten herausgegeben
von W. Nowack. I. Abteilung, Die hiftorifchen
Bücher, 6. Band, 1. Teil.) Göttingen 1902, Vanden-
hoeck & Ruprecht. (XVI, 180 S. Lex. 8. m. 1 Tafel.)

M. 4.—

Der Verf. hat im Nowack'fchen Sammelwerk fchon
die Königsbücher behandelt. Er widmet darum nur dem
Reg. gegenüber Neuen eine ausführliche Erklärung, bezüglich
des mit Reg. Gleichlautenden wird auf den früheren
Commentar verwiefen. Ich habe in diefer Zeitfchrift 1901
Nr. 23 Sp. 609—612 den Benzinger'fchen Chronik-Commen-
tar angezeigt. Ich kann nicht umhin, Einzelnes aus jener
Anzeige zu wiederholen.

Kittel's Auffaffung von Chron a 10, 8—12 mufs ich
ablehnen. Der Thatbeftand ift folgender:

Chron. Sam.

Am nächften Morgen
kamen die Philifter, um die
Erfchlagenen auszurauben,
und fanden Saul und feine

drei Söhne......Da raubten

fie ihn aus und fchleppten
feinen Kopf und feine

Rüftung fort...... Seine

Rüftung legten fie im Tempel
ihres Gottes nieder und
feinen Schädel nagelten

Am nächften Morgen
kamen die Philifter, um die
Erfchlagenen auszurauben,
und fanden Saul und feine

drei Söhne......dafchnit-

ten fie ihm den Kopf
ab und raubten feine
Rüftung......Seine Rüftung
legten fie im Tempel
der Aftarte nieder und feinen
Leichnam hingen

fprüngliche Textgeftalt der Chronik ,fällt' nicht ,dem Zufall
zur Laft*, wie Kittel meint, fondern ift allein vernünftig
und richtig. — Bei der Behandlung von « 21 vermiffe ich
eine genügende Berückfichtigung der Schwierigkeit von
v. 13—15 neben v. iöff. Der Jerusalem verheerende Engel
erhält den Befehl aufzuhören, v. 15. Diefer Befehl ergeht
v. 27 wieder, als wäre er vorher gar nicht gegeben.
F"erner v. 15 ift der Engel anfcheinend in der Stadt, v. 16
in der Luft hoch über der Stadt; auch erfcheint er v. 16.
27 bewaffnet, v. 15 offenbar ohne Waffen. — Mit Recht
wendet fich Kittel zu a 3, 18 gegen Ed. Meyer's Identi-
ficirung von jtJ und DO im Namen nSS3l», ebenfo gegen
Rothftein's Gleichfetzung von Pedaja mit Senazzar. Zu-
ftimmend äufsert er fich dagegen zu dem von Rothftein
verfuchten Nachweis, dafs Serubbabel Pedaja's Sohn fei.
Ich kann die Anfechtung fämmtlicher Haggai-Stellen, in
denen Serubbabel als Schealtiel's Sohn erfcheint, wie fie
Rothftein gegeben hat, nicht für gänzlich ftichhaltig erachten
, vgl. auch diefe Zeitfchrift 1903 Nr. 3 Sp. 67—69.
Mit Recht betont der Verf. den hiftorifchen Werth vereinzelter
Notizen der Chronik, wie z. B. über Uffia's
Regierung ß 26. — Des Längeren befchäftigt er fich noch
m't ß 35i 25: Sachlich laffen fich die dort erwähnten Kinöth
gar nicht mit dem kanonifchen Buche der Thrcni gleichfetzen
, aber thatfächlich kann der Schreiber fie identi-
ficirt haben; war er dann vielleicht ein fpäter Gloffator? —
Alfo v. 25 b ein fpäterer Zufatz? — Was bedeutet: man
erhob sie (die Klagelieder [auf Josias)) zu einer Sitte in
Israel? —Ift damit eine Verwendung der (kanonifchen?)
Threni im Cultus gemeint? — Oder Poll es nur fagen, dafs
man den Todten Klagelieder zu fingen pflegte? — Kittel
äufsert fich darüber nicht.

Breslau. Max Lohr.