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Ausgabe:

1903 Nr. 15

Spalte:

432-433

Titel/Untertitel:

Polemica de S. S. Eucharistiae Sacramento inter Bartholomaeum Arnoldi de Usingen, eiusque olim in Universitate Erphurdiana discipulum Martinum Lutherum 1903

Rezensent:

Cohrs, Ferdinand

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Theologifche Literaturzeitung. 1903. Nr. 15.

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III. La crise novatienne: IV. Penitenciers et penitents;
V. Discussion tlieologique. Im erften Capitel giebt er
gut und richtig die Anfchauung von Hermas über die
Frage wieder. Im zweiten ift es auffallend, wie B. das
Edict des Kailift einzig aus der Lage der Sache zu erklären
verfucht und jeden hierarchifchen Gedanken und
jede Rückfichtnahme auf die perfönliche Lage jenes
römifchen Bifchofs ausfchaltet. Im dritten Capitel ftellt
B. Cyprian's Verhalten und die Praxis Roms in der De-
cianifchen Verfolgung und unmittelbar nach derfelben dar.
Hier vermifst man am meiften eine Auseinanderfetzung
mit Karl Müller, mit dem er übrigens in manchen Punkten
zufammentrifft. Sehr intereffant ift das vierte Capitel:
Es zeigt, wie in Rom und Konftantinopel das Amt des
penitencier aus der Hand des Bifchofs in die der Priefter
übergeht, während es im Welten fonlt dem Bifchof verbleibt
, beziehentlich wie in Conftantinopel das Beicht-
inftitut erlifcht, wie die Bufspraxis noch weit entfernt von
einer tarifmäfsigen Regulirung war, wie mit den Wiedergefallenen
und dem Klerus verfahren wurde, und endlich
wie fich die öfterliche Beichte entwickelte. Das letzte
Capitel bringt eine Auseinanderfetzung mit dem grofsen
Werke von Lea: A history of auricular confession and
indulgences in the latin Church, 1896 (vgl. darüber diefe
Zeitfchrift, 1897, Sp. 463 ff.) und deffen Kritiker: Boudinhon,
Brucker, Vacandard, Harent und Hogan. Das Ganze ift
eine Arbeit, die ficher die Beachtung der Kirchen-
hiftoriker verdient.

,La Hierarchie primitive1, lautet die Ueberfchrift des
dritten Auffatzes (p. 223—275). B. giebt zunächlt, geo-
graphifch geordnet, einen Ueberblick über die älteften
Zeugnifse der Gemeindeverfaffung. Dabei behauptet er
auch für Rom bereits von Anfang an das Vorhandenfein
des monarchifchen Epifkopats. Darauf giebt er einen
im Ganzen zutreffenden und vollftändigen Ueberblick
über die verfchiedenen Erklärungsverfuche der urchrift-
lichen Verfaffungsentwicklung. B. fchliefst diefe Ueber- j
ficht ab mit dem Satz: ,Ces divers systemes evolutionistes
supposent tous que le besoin cree Porgane, et ce postulat
suffirait a mettrc entrc eux et nous une mesintelligence
radicale' (p. 257). Seine Meinung fafst er etwa folgen-
dermafsen zufammen: Die urfprüngliche ürganifation der
Gemeinden hatte i. für die miffionarifchen Aufgaben die j
Apoftel, die Propheten und die Lehrer; 2. einen ordo,
der nur Ehrenrang verlieh, den Presbyterat; 3. für die
liturgifche und gemeindliche Thätigkeit den Diakonat;
4. für die liturgifche, gemeindliche und Predigt-Thätigkeit
den Epifkopat und den mehrköpfigen Epifkopat; und
endlich 5. von dem Augenblick an, wo die Apoftel ver-
fchwanden. den monarchifchen Epifkopat des Bifchofs
und die ihm untergeordnete Priefterfchaft: der monarchi-
fche Epifkopat und die Priefterfchaft erwachfen aus dem I
Jpiscopat plurat. Endlich fetzt fich B. mit der Kritik
auseinander, die feine Anfchauung in dem Werk von
Michiels: L'origine de Pepiscopat (Louvain icjoo; vgl. 1
darüber Theol. Litztg. 1902, col. 45—48) gefunden hat.
B. verfucht auch hier einige wiffenfchaftliche An-
fchauungen mit dem katholifchen Dogma von der
apoftolifchen Succeffion der Bifchöfe zu vereinigen.
Aber es heifst doch einfach den Knoten eines fchwierigen
Problems mit dem Schwerte zerfchlagen, wenn B. fagt:
,Les textcs ne disent pas comment Le passage d'un regime
a l'autre (von der apoftolifchen Autorität zur bifchöf-
lichen) s'est opere, mais ils permettent de constater que
Pepiscopat monarcliique s'est trouve avoir en mains cette
autoriie despotique, par droit de succession' (p. 263). Die
fchweren Fragen, mit denen die Entftehung des monarchifchen
Epifkopats, wie überhaupt die urchriftliche Ver-
faffung belaltet ilt, find mit fo wenigen Bemerkungen,
wie fie B. bietet, nicht gelölt. Niemand wird ernltlich
mit feinen Aufltellungen rechnen.

Endlich der vierte Auffatz, der der Agape gewidmet
ift (p. 279—311)! Hier fetzt fich B. vor allem mit der

I Schrift von Keating, The agape and the eucharist in the
early Church (London 1901) auseinander. Er will zunächlt
zeigen, dafs von einem befonderen, dydstrj genannten
Mahle in den erlten drei Jahrhunderten nicht
die Rede fein könne. Ignatius, Tertullian und Clemens
I Alex, bezeichneten mit dydscrj die Euchariltie. Aufser-
dem meint Tertullian mit diefem Ausdruck die bei der
Euchariltie gefammelte Collecte; und wenn man chrilt-
liche, aber nicht liturgifche Mahlzeiten fo nannte, fo erhob
dagegen Clemens Alex. Proteft. Die Mahle an den
Gräbern, gegen die Ambrofius und Augultin vorgehen,
find nicht aine deformation des pretendues agapes litur-
giques1, fondern fie find ,un essai de christianisation des
parentalia' (p. 303); die analoge Sitte läfst fich auch im
4. Jahrhundert im Ölten nachweifen. Reden die Lateiner
von agape, fo meinen fie damit nur das Almofen,
I fchlechterdings nicht eine Mahlzeit. Eine eigene Entwicklung
zeigt der Ölten. Hier erfcheinen zuerlt im
3. Jahrhundert unter dem Namen dydjcai Mahlzeiten, die
i reiche Gemeindeglieder den Armen, fpeciell den von
j der Gemeinde unterltützten Witwen gaben. Sie ver-
fchwinden wieder im 5. Jahrhundert. Aufserdem behauptet
B., dafs das Abendmahl nie in der Form einer
wirklichen Mahlzeit gehalten worden fei. B.'s Aus-
[ führungen haben bereits durch Funk (L'agape in: Revue
d'histoire ecclesiastique IV, 1903) eine energifche Kritik
erfahren. In der That, foviel Geiltreiches diefer Auffatz
auch enthält, er wird kaum jemanden überzeugen. Der
fchwächlte Punkt ilt wohl, dafs Tertullian, Apolog. 39
von der Euchariltie, und zwar nur ,fymbolifch' wie von
einer Mahlzeit rede. Jedenfalls verdient die Frage nach
den cultifchen Mahlzeiten der alten Chriften eine neue
Unterfuchung.

Giefsen. Drews.

Polemica de S. S. Eucharistiae Sacramento inter Bartholomae-
um Arnoldi de Usingen, O. E. S. A., ejusque olim in
Universitate Erphurdiana discipulum Martinum Lutherum,

anno 1530. Manuscripto ,De Sacramentis Ecclesiae'
extracta acintroductione variisque commentariis necnon
imagine illustrata a Dominico Fr. X. P. Duijnstee,
ord. erem. St. Aug. Wirceburgi MCMIII, Stahel. (VIII,
98 p. gr. 8.) M. 2.50

Ein Ordensgenoffe des Bartholomaeus Arnoldi von
Ufingen bietet uns hier eine bisher ungedruckte Abhandlung
diefes Lehrers und Gegners Luther's über das heilige
Melsfacrament dar, auf die Nik. Paulus in feiner Biographie
des Barth. Arnoldi (Strafsburger theol. Studien I
Heft 3, Freiburg i. Br. 1893) zuerlt aufmerkfam gemacht
hat. Sie bildet ein Stück der bei Paulus in feinem forg-
fältigen Verzeichnifs der Ufinger'fchen Schriften (S. 132)
unter Nr. 23 aufgeführten, auf der Würzburger Univerfitäts-
bibliothek auf bewahrten Schrift ,De Sacramentis Ecclesiae'
(1530) und ilt auch von Paulus als einer der intereffanteren
Abfchnitte diefer Schrift hervorgehoben (S. 121 f.).

Wenn die Abhandlung auch nichts Neues bietet —
fie wiederholt einfach die Kirchenlehre in mehr oder
minder fcharfer Polemik gegen den Neuerer —■, fo ilt fie
als Document aus der Reformationszeit und als Probe
römifcher Kampfesweife doch auch uns heute noch
intereffant. Nach der von Paulus gegebenen Inhaltsüber-
ficht (S. 123) hätten wir freilich lieber noch den Abfchnitt
über das Bufsfacrament reproducirt gefehen; vielleicht
läfst der Herr Herausgeber diefen feiner jetzigen Pu-
blication noch einmal folgen.

Paulus rühmt Ufingen fein reges Intereffe an den
gegnerifchen Schriften nach und lobt befonders, dafs er
von dem Religionsgefpräch in Marburg Kenntnifs genommen
. Er hat über diefes eine eigene — verloren
gegangene — Schrift gefchrieben. Auffallend ift da, dafs