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Ausgabe:

1903 Nr. 15

Spalte:

429-432

Autor/Hrsg.:

Batiffol, Pierre

Titel/Untertitel:

Études d‘histoire et de théologie positive 1903

Rezensent:

Drews, Paul

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429 Theologifche Literaturzeitung. 1903. Nr. 15. 430

byterat, das Diakoniffenthum dem Diakonat. Das gilt
jedoch nur für einige Provinzen des Oftens, während in
Aegypten und im Abendland das Diakoniffenamt
garnicht exiftirte. Später haben im Orient die Diako-
niffen einen Theil der früheren Wittwendienfte übernommen
, bis fie auch hier durch das Mönchthum ihre
Bedeutung verloren. Der Stand der Jungfrauen hat mit
diefen Frauenämtern nichts zu thun. Das find m. E.
wichtige und geficherte Refultate, auch wenn man diefe
oder jene Quellenftellen anders auslegen mag. Auch
dürfte Zfch. Recht haben, wenn er die Härefie, die Hierarchie
und das Mönchthum als die drei Feinde bezeichnet,
die dem Frauendienft der alten Kirche gefchadet und
ihm fchliefslich ein Ende bereitet haben.

In dem letzten Abfchnitt (II) widmet dann Zfch.
dem Dienft der Frau in den gnoftifchen und montani-
ftifchen Gemeinden noch ein befonderes Capitel. Hier
haben, eben weil die freie charismatifche Thätigkeit überhaupt
länger dauerte, auch die Frauen eine viel gröfsere
Rolle gefpielt, und das hat nicht wenig dazu beigetragen,
ihre Thätigkeit in der Kirche zu discreditiren. Es fällt
aber von hier aus auch ein Licht auf die Rolle der Prophetinnen
in den älteren Zeiten der Kirche, und es ift
von Neuem zu bedauern, dafs Zfch. nicht den Verfuch
gemacht hat, einige lebendige Bilder aus dem Leben
ausführlicher nach den Quellen zu zeichnen. Auf Einzelheiten
kann ich nicht mehr eingehen. Nur fei noch erwähnt
, dafs auch Zfcharnack, dem Widerfpruch von
Hilgenfeld und Jülicher zum Trotz, in den cenones heilige
Frauen der Montaniften fleht, die als Nachfolgerinnen

der Satz: ,/'Institution du catechumenat a donne naissance
a cette discipline observee desormais dans la liturgie et
dans l'homiletiquc vis-a-vis des catechumenes' (p. 29). B.
erneuert alfo die von Mosheim, Rothe, v. Zezfchwitz
vorgetragene Erklärung der Entftehung und des Charakters
der Arkandisciplin. Er tritt den Beweis an,
dafs in den erften zwei Jahrhunderten die Arkandisciplin
unbekannt gewefen fei. eine Behauptung, die uns Pro-
teftanten nichts Neues fagt, fondern mit der bei uns faft
allgemein anerkannten Anfchauung übereinftimmt, fie
alfo nur neu beftätigt. Allerdings trägt B. damit eine
der katholifchen gelehrten Tradition widerfprechende
Anfchauung vor. Denn diefe hielt bisher daran feft,
dafs die Arkandisciplin fo alt fei, wie die Kirche. Das
behauptete man, um fo das Alter katholifcher Dogmen
und Riten, die fich im kirchlichen Alterthum nicht durch
deutliche Belege erweifen liefsen, möglichft erhöhen zu
können. Giebt B. dem gegenüber den gefchichtlichen
Thatfachen die Ehre, fo ift er doch nicht ohne dogmati-
fches Intereffc bei feiner Thefe. Er will damit der Anfchauung
entgegentreten, dafs die Arkandisciplin der
Kirche aus dem antiken Myfteriencult und deffen Ein-
flufs auf den kirchlichen Cult zu erklären fei, eine für
das katholifche Dogma allerdings fehr gefährliche Thefe.
Aber der Beweis ift B. nicht gelungen. Denn einmal
läfst fich nicht erweifen, dafs die Arkandisciplin mit
dem Katechumenat aufkommt. Sodann wird man nicht
fo leicht, wie B. meint, mit der Thatfache fertig, dafs
fich der Sprachgebrauch der Myfterienculte in fo reichem
Mafse in der Kirche einbürgert. Endlich aber, und diefe

der Prophetinnen Priska und Maximilla zu gelten hätten, wichtige Seite der Sache läfst B. ganz aufser Betracht,
Loofs wird wohl Recht behalten (Theol. Lit. Ztg. 1903, haben fich Riten, Formeln und Dinge, die im antiken
Nr. 6), wenn er glaubt, dafs diefe weiblichen xoivcovoi | Cult eine Rolle fpielen, und nicht zum wenigften die ganze
wieder von der Bildfläche verfchwinden müffen. Denn in 1 Beurtheilung des Cultus einfach auf chriftlichen Boden

dem Schreiben der gallifchen Bifchöfe find wie der Satz
,iutra tectum cellolae sitae si quis ad cohabitandum habere
voluerit etc. zeigt virgmes subintroductac zu verftehen und
die Stellung der xoivcovoi vor den Bifchöfen im Codex
Justianeus beweift ficher nicht, dafs es eine heilige Suc-
ceffion für die montaniftifchen Prophetinnen gab.

Zum Schlufs fei trotz des nothwendigen Widerfpruchs
gegen einige Partien des Buchs dem Verf. gedankt für
feinen unbedingt werthvollen Beitrag zur Gefchichte des

verpflanzt (vgl. Anrieh, Myfterienwefen S. 168 f.). Wenn
man nun auch zur Erklärung diefer Thatfachen vor
heute fehr beliebten voreiligen Schlüffen ernftlich
warnen mufs, fo wird dadurch doch erwiefen, dafs ein
ftarker Einftrom aus dem antik-myfleriöfen Cult ftatt-
gefunden hat. Dabei find fich die Chriften des Unter-
fchiedes zwifchen chriftlichem und heidnifchem Cult durchaus
bewufst gewefen. Sie haben nicht unbefehens
entlehnt und nachgeahmt, fondern nur das wurde aufge-

kirchlichen Lebens im Alterthum. nommen, was fich biblifch legitimiren konnte. Dies aber

Berlin. Ed. v. d. Goltz.

aufzunehmen, war dann Pflicht. Denn die herrfchende
Anfchauung war, dafs die Dämonen cultifche Geheim-
nifse den Heiden verrathen hatten, die von Rechtswegen
Batiffol Rect. Pierre, f-tudes d'histoire et de theologie den Chriften gehörten (vgl. Juftin I. Apol. c. 66). Die
nnsitive La Discipline de l'arcane; les origines de deutfehe Literatur zur Sache ift B. nicht vollkommen be-

v i ____ kannt. So nimmt er z. B. auf die eingehenden Aus-

la nenitenre- la hierarchie primitive 1 agape. Paris r;U,„„„ ... » , ,. . ,. ,. & v , " auä

1a penuence, i<» v > t> r tuhrungen über die Arkandisciplin, die fich bei Katten-

1902, V. Lecoffre. (VIII, 311 S. 8.) Prs. 3.50 bufch) Apoftol. Symbol II, 97m; 105 ff. u. 176fr. finden

Diefe Studien' bieten vier felbftändige Auffätze: j keinen Bezug. Ausdrücklich fei auf fie hier hingewiefen.
über die Arkandisciplin, über die Anfänge der Hierar- Der umfänglichfte und zugleich werthvollfte Auffatz

chie über die Anfänge der Bufsdisciplin und über die ift der nun folgende: ,Les origines de la penitencel(p.a2—222).
Agape Der erfte Auffatz war bereits im Dictionnaire B. giebt hier einen geiftvollen Aufrifs der Entwicklung der
de theologie 1901, der zweite in der Revue biblique 1895 Bufsdisciplin von Hermas an bis ins S.Jahrhundert. Schritt
erfchienen; doch erfcheint diefer jetzt mit wichtigen Er- für Schritt verfolgt B. den Procefs, in dem die kirchliche
gänzungen. Der Zweck, dem die Unterfuchungen B.'s Bufse dem Sünder immer leichter gemacht wird. Obwohl
dienen, ift der, der kirchlichen anerkannten Lehre beffere auch hier zuletzt das Streben dem Autor die Feder geStützen
zu geben. Dabei fchlägt er felbftändige Wege j führt hat, den kirchlichen Brauch nicht nur begreiflich
ein die ihn oft von der herrfchenden katholifchen ge- zu machen, fondern zu rechtfertigen — es ift zuletzt die
lehrten Anfchauung abfuhren und ihn ein gutes Stück Barmherzigkeit der Kirche, bez. der Bifchöfe mit der
mit proteftantifchen Gelehrten gehen laffen. Es ift be- menfehhehen Schwachheit, die die Pforten der Bufse immer
kannt, dafs B. ein trefflicher Kenner der altkirchlichen weiter macht —, fo ift doch manches intereffante und
Literatur ift und dafs es ihm nicht an wiffenfehaft- für einen Katholiken freimüthige Urtheil ausgefprochen.
lichem Scharfblick fehlt Mit Intereffe verfolgt man da- : Auffallend und zu bedauern ift, dafs B., der die haupt-
her auch diefe feine, in gewandtefter Sprache und in fächlichften deutfehen Veröffentlichungen fonft beachtet,
durchfichtigem Aufbau gefchriebenen Auffätze. den werthvollen Auffatz von Karl Müller: Die Bufsinfti-

Der erfte Auffatz: L'arcane (p. 1—42) fetzt fich zum tuy.on Karthago unter Cyprian (in Zeitfchr. f. Kirchen

Ziel, zu erweifen, dafs die Arkandisciplin nur eine kate^
chetifche Mafsregel fei. ,Une regle catechetique, l'arcane
est cela, rien que cela, et il est cela partout1 (S. 32). Daher

gefch. XVI, 1896, S. iff. u. 187 ff) nicht zu kennen fcheint.
B.s Studie zerfällt in mehrere Capitel: I. Hermas et le
Probleme moral au second siede; II. Le decret de Callistc-