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Ausgabe:

1903

Spalte:

405-406

Autor/Hrsg.:

Schwab, M. Moise

Titel/Untertitel:

Le Manuscrit hébreu No. 1388 de la Bibliothèque nationale 1903

Rezensent:

Schürer, Emil

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Ueber die Alterthümer von Malta ift in der letzten
Zeit eine Specialarbeit erfchienen: A. A. Caruana, Ancient
pagan tonibs and cliristian cemeteries in the islands of
Malta explorcd and survcycd front the year 1881 to tltc
year 1897. Malta 1898. 129 S., 33 Tafeln. Die Grundriffe,
die es giebt, werden als genau und reichhaltig gerühmt,
der Text als nicht fehr eingehend bezeichnet. Leider ift
das Werk nur Wenigen zugänglich; auch die Kgl. Bibliothek
in Berlin befafs es, als ich vor Kurzem dort anfragte
, noch nicht. Schon vor feinem Erfcheinen hatte
der Verfaffer des vorliegenden, inftructiven Berichtes
Malta befucht und einige Cömeterien dort einer genaueren
Berichtigung unterzoger], fodafser im Stande ift, die Arbeit
Caruana's nach allen Seiten zu würdigen und fie in ihren
Angaben über die chriftlichcn Katakomben zu ergänzen.
Die vielen kleinen, auf den beiden Infein Malta und Gozzo
zerftreuten Gräber gehören ebenfo wie die beiden
gröfseren Cömeterien S. Paolo und L'Abbatia, die als die
chriftlichen Friedhöfe der alten Hauptftadt Citta vecchia
gelten können, erft der fpäteren Kaiferzeit an; älter als
das vierte Jahrhundert fcheint keins zu fein. Ihre Con-
ftruction ift eigenartig durch kleine Grabcellen, faft immer
für zwei Perfonen beftimmt, die Mayr zutreffend als Fortbildung
punifcher Grabanlagen erklärt; daneben find jene
,Baldachingräber', die Führer zuerft in Sicilien beobachtete,
auch hier häufig. Die decorative Ausftattung ift durchweg
dürftig; nur eine figurliche Malerei mit altchriftlichem
Charakter ift gefunden. Die Ausbeute an Infchriften und
Sarkophagen ift äufserft gering. Bis etwa Neues und
Wichtigeres gefunden werden follte, kann man das Er-
gebnifs der Katakombenforfchung auf Malta in den Worten
zufammenfaffen, dafs fie architektonifch nicht unintereffant,
im Ganzen aber doch unwefentlich und ertraglos ift. Dagegen
verdient der Verfaffer alles Lob für die Sachlichkeit
und Einfachheit feines Berichtes.

Königsberg i. Pr. H. Achelis.

Schwab, M. Moise, Biblioth., Le Manuscrit hebreu No. 1388
de la Bibliotheque nationale (une haggadah pascale) et
l'iconographie juive au temps de la renaissance. (Tire
des Notices et extraits des manuscrits de la Bibliotheque
nationale et autres bibliotheques t. XXXVIII).
Paris 1902, Klincksieck. (25 p. 4.)
Dafs es hebräifche Manufcripte mit Illuftrationen, und
zwar nicht nur Ornamenten, fondern auch Darftellungen
von Thieren und Menfchen giebt, wird angefichts des
jüdifchen Bilderverbotes gewifs manchem unferer Lefer
überrafchend fein. Und doch ift die Zahl diefer Hand-
fchriften aus den letzten Jahrhunderten des Mittelalters
fo erheblich, dafs. D. Kaufmann eine Gefchichte der
jüdifchen Handfchriften-Illuftrationen fchreiben konnte
(in einem Excurfe des Werkes von Dav. Heinr. Müller
und Julius von Schloffer, Die Haggadah von Sarajevo,
eine fpanifch-jüdifche Bilderhandfchrift des Mittelalters,
1898). Die Macht der Cultur, in deren Mitte und unter
deren Einflufs die Juden lebten, hat fich auch hier als
ftärker erwiefen, als das reügiöfe Verbot. Befonders
reich illuftrirt find manche Handfchriften der fog. Paffa-
Haggada, d. h. der Befchreibung des Rituales der häuslichen
Paffafeier, wie es fich feit der Zerftörung des
Tempels allmählich ausgebildet hat. Man kennt jetzt
mehr als ein Dutzend illuftrirte Handfchriften diefer
Haggada. Sie find alle, foweit fie bis 1898 bekannt
waren, in dem oben genannten Werke von Dav. Heinr.
Müller und J. v. Schloffer befchrieben; denn dasfelbe
handelt nicht nur über die Haggada von Sarajevo, fondern
auch über die andern bis 1898 bekannten. Ueber
eine dort noch nicht befchriebene hat Dav. Kaufmann
berichtet in der Revue des etudes juives t. XXXVIII,
1899, p. 74—102. Wieder eine neue und intereffante ift
die in der obigen Publication von Schwab befchriebene.

i Sie flammt aus der Bibliothek Luzzatto's und ift erft
' kürzlich von der Parifer Bibliothek erworben worden. Obwohl
fie erft dem 16. Jahrh. angehört, nimmt fie doch
durch die Eigenartigkeit ihres Textes und ihrer Illuftra-
I tionen neben den andern einen ebenbürtigen Platz ein.
Schwab fchickt zunächft S. 4—Ii die Befchreibung einer
andern, im Befitze des Baron Edmund von Rothfchil 1
befindlichen Handfchrift voraus, welche ebenfalls eine
illuftrirte Paffa-Haggada enthält (vgl. über diefelbe Handfchrift
D. H. Müller und Schloffer a. a. O. S. 199—207).
Dann befchreibt er S. 11—16 den Text der neuen Parifer
Handfchrift unter befonderer Hervorhebung der eigenartigen
Stücke desfelben, und S. 16—25 die Illuftrationen
. Ich bemerke hierzu, dafs Schwab eine Befchreibung
derfelben Handfchrift kürzlich auch in der
Revue des etudes juives t. XLV, 1902, p. 112—132 gegeben
hat. Diefe Befchreibung bietet theils weniger,
theils mehr als die in den Notices et extraits des Manuscrits
: weniger, infofern fie keine Befchreibung des Textes
| giebt; mehr, infofern fie die Illuftrationen nicht nur be-
j fchreibt, fondern auch in Reproductionen widergiebt. Die
Befchreibung ift in beiden die gleiche. In den Notices
et extraits werden 39 Illuftrationen gezählt, in der Revue
des etudes juives find es in Folge etwas anderer Ein-
theilung 43 Nummern. Als bemerkenswerth, weil befonders
ftark von altjüdifcher Anfchauung abweichend,
möchte ich die Darfteilung einer völlig nackten männlichen
und weiblichen Figur hervorheben {Notices n. 24,
Revue n. 19). Die Formen zeigen den Einflufs italienifcher
Kunft des 16. Jahrh. Die Haltung der Frau ift ähnlich
der der medieeifchen Venus. Schwab nimmt an, dafs der
Künftler damit den Vers Ezechiel 16,7 illuftriren wollte.

Schliefslich fei hier auch noch auf zwei neuere Be-
fchreibungen hebräifcher Bibelhandfchriften mit Vignetten
und Ornamenten aufmerkfam gemacht, welche der oben
I genannten Arbeit Kaufmann's zur Ergänzung dienen:

1) Gaffer, Hebrew illuminated MSS of the Bible of
1 the IX"1 and X' centuries {Proceedings of the Society

of Biblical Archaeology vol. XXIj 1900, p. 226—239).

2) Schwab, Une Bible manuscrite de la Bibliotheque de
Besancon (Revue des etudes juives t. XLII, 1901, p. 111
bis 118).

Göttingen. E. Schürer.

Reville, Jean, Le protestantisme liberal, ses origines, sa na-
ture, sa mission. Paris 1903, Fischbacher. (X, 182 p. 8.)

Fr. 2.50

Es war kein leichtes Unternehmen, ,die Urfprünge,
das Wefen und die Ziele' einer in mancher Beziehung
vielgeftaltigen und oft auch unbeftimmten Erfcheinung.
wie fie in dem liberalen Proteftantismus' vorliegt, in
klaren, feften Zügen zu fchildern. Man wird es dem Verf.

[ nachrühmen dürfen, dafs er diefe Aufgabe in den ihm
durch die Verhältnifse gezogenen Grenzen glücklich ge-
löft hat. Das Buch enthält fünf Vorträge, die R.&in
Genf vor einem zahlreichen, fehr gemifchten Publicum
gehalten hat. Es ift fomit nicht in erfter Linie für Fach-
theologen beftimmt, fondern richtet fich an gebildete
Laien, deren religiöfes Intereffe vertieft und aufgeklärt
werden foll. Vor Allem verfolgt der Verf. einen apolo-
getifchen Zweck, der fich nach zwei Seiten hin geltend zu
machen fucht. Den in confervativen Anfchauungen und
orthodoxen Vorurtheilen befangenen Vertretern einer in

; feinen Augen überwundenen religiöfen Lebens- und Welt-
anfehauung will er darthun, dafs der liberale Proteftantis-

| raus den Anfpruch erheben darf, wirklich Religion zu
fein, ja dafs er der dem modernen Menfchen ent-
fprechende Ausdruck des reinen Chriftenthums, des

j Evangeliums Jefu, fowie des reformatorifchen Princips genannt
zu werden verdient. Andererfeits verfucht es R.,

I den Verfechtern einer Cultur, die mit jeder Religion ge-