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Ausgabe:

1903 Nr. 10

Spalte:

296-298

Autor/Hrsg.:

Mommert, Carl

Titel/Untertitel:

Aenon und Bethania, die Taufstätten des Täufers 1903

Rezensent:

Schürer, Emil

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Theologifche Literaturzeitung. 1903. Nr. 10.

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Eine Ausnahme bilden darunter diejenigen Artikel, in
welchen ein Gegenftand von den älteften Zeiten an bis
ins Mittelalter und die Neuzeit hinein verfolgt wird, z. B.
Atonement (Verhöhnung und Verföhnungstag), Baptism,
Benedictions, Betrothai (Verlobung), Birth day, Blessing
(Priefterfegen), Burial (Beerdigung), Calendar, Capital
punishment, Cemetery. Bei den biblifchen Perfonen
werden in der Regel auch die fpäteren Legenden über
fie mitgetheilt (z. B. Balaam). — Aus dem Gebiete der
nachbibli fchen Gefchichte und Literatur feien bei-
fpielsweife genannt: Bar Kokba, Betkar (beide von S.
Kraufs, der fich nicht entfchliefsen kann, die Schreibung
in tTO als die richtige anzuerkennen), Apocryplia, Aquila,
Aristeas, Aristobulns (diefe beiden von P. Wendland),
Asenath, Barlaam and Josaphat, Baruck (griech. Apo-
kalypfe, fyr. Apokalypfe und apokr. Buch).

Mit der talmudifchen Zeit betreten wir dasjenige
Gebiet, für welches diefe Encyclopädie Informationen
bietet, die nicht fo leicht anderswo zu finden find. Allen
Tractaten des Talmud find befondere Artikel gewidmet
(Arakin, Baba batra kama mezia, Bekorot, Berakot, Beza,
Bikkurim); ebenfo allen Midrafchim (Bemidbar rabba, Be-
reschit rabba). Ueberwiegend auf die talmudifche Zeit
bezieht fich auch der Art. Babylonia (II, 401—415). Sehr
ausführlich ift der Art. Cabala (III, 456—479, mit reicher
Bibliographie). In die nachtalmudifche Zeit führen uns
die Artikel über die Pflege der Wiffenfchaften und der
fchönen Literatur bei den Juden (Astronomy, Arabic-
Jewish Philosophy, Arabic Literature of the Jews, Arabic
Poetry, Aristotle in Jewish Literature, Averroes, Averroism,
Botany). Zur Ergänzung, namentlich in bibliographifcher
Beziehung, dienen folche Artikel wie Bodleian library,
]iomberg[xduhu{c\rt Drucke), Catalogucs of Hebrew boo/cs.
Der letztere giebt ein reichhaltiges Verzeichnifs gedruckter
Kataloge der hebräifchen Bücher in öffentlichen und Privatbibliotheken
. In dem Artikel Bodleian library war mir
die Notiz neu, dafs die von der Bibliothek erworbenen
hebräifchen Fragmente aus der Genifa zu Kairo jetzt in
etwa 180 (!!) Bänden zufammengeftellt find. — Unter den
Verfaffern der Artikel über die talmudifche und nachtalmudifche
Literatur begegnet man leider nur feiten W.
Bacher.. Wir hätten dagegen gerne auf einige Artikel des
phantafiereichen S. Kraufs verzichtet.

Der Schwerpunkt des Werkes liegt in den Artikeln,
welche der Gefchichte der Juden im Mittelalter und
in der Neuzeit gewidmet find. Unter diefen treten zwei
Kategorien befonders hervor: 1) die über die Länder
und Städte, in welchen Juden wohnen, und 2) die über
einzelne Perfonen. Unter den geographifchen haben
einige den Charakter kleiner Monographien, z. B. über die
Gefchichte der Juden in Oeflerreich (Austria II, 321—335).
Es giebt aber kaum ein Land der Welt, das hier nicht
vertreten wäre (vgl. Apulia, Arabia, Arkansas, Armenia,
Asia, Aitstralia, Bavaria, Belgium, Beni-Israel in Indien,
Bcssarabia, Bohemia, Brazil, Bulgaria, California, Canada,
Caucasus). Unter den Städten nimmt Berlin einen hervorragenden
Platz ein (III, 66—77). Vgl. aufserdem z. B.
Avignon, Bagdad, Baltimore, Barcelona, Basel, Bayonne,
Baireuth, Beirut, Belgrade, Besancon, Bokliara, Bonn,
Bordeaux, Boston, Brest-Litoosk, Bristol, Bucharest, Budapest
, Calcutta, Cassel. — Befonders danktnswerth ift es,
dafs die Artikel über einzelne Perfonen in fo reicher
Fülle gegeben werden. Man könnte hier faft von Voll-
ftändigkeitfprechen, denn es wird nicht leicht vorkommen,
dafs man in diefer Hinficht in dem Werke vergeblich Auskunft
fucht. Es behandelt nicht nur alle jüdifchen Männer,
die in der Gefchichte irgendwie hervorgetreten find, fon- j
dem auch viele Chriften, die fich mit jüdifchen Dingen,
infonderheit mit jüdifcher Literatur befchäftigt haben,
z. B. Aflruc, Bartolocci, Basnage, Benedict (Päpfte), Bickell,
Bochart, Breithaupt, Buxtorf, Byron; felbft der Reichs- j
kanzler Fürft Bismarck ift nicht vergehen. Unter den
Männern jüdifcher Herkunft find aufser den unzähligen,

welche im Bereiche des Judenthums felbft fich hervor-
gethan haben, auch alle namhafteren Gelehrten, Schrift-
fteller, Dichter, Schaufpieler, Bankiers jüdifcher Herkunft
! (mit Einfchlufs der Convertiten) aufgenommen, z. B. Auerbach
(Berthold), Bamberger (Politiker), Barnay (Schau-
1 fpieler), Benfey (Sanskritift), Bernays (Jacob und Michael),
j Bernheim, Bernftein, Bettelheim (verfchiedene Schrift-
fteller), Bleichröder, Biowitz (der Times-Correfpondent),
Blumenthal (Oskar), Börne, Brandes (dänifcher Literar-
hiftoriker), Breal (franzöf. Philologe), Büdinger (Hiftoriker),
Cantor (Mathematiker).

Die illuftrirten Beigaben find nicht nur ein
Schmuck, fondern dienen vielfach wirklicher Belehrung,
j Die Facfimiles von Drucken und Handfchriften in den
Artikeln Bible editions, manuscripts, translations find oben
fchon erwähnt. Aus der bunten Fülle der übrigen feien
beifpielsweife noch hervorgehoben: Aqtiila (Palimpfeft aus
1 der Genifa von Kairo), Ark of the law (Synagogen-
I Schränke zur Aufbewahrung der Gefetzesrollen aus ver-
fchiedenen Zeiten), Ass-worship (das Spottcrucifix auf
dem Palatin), Atonement, day of (Feier des Verföhnungs-
tages), Autographs (Autographe von 57 jüdifchen Cele-
britäten; die Tafel ift am Schlufse des Buchftabens A eingebunden
; das Stichwort Autographs, unter welchem man
fie fuchen würde, fehlt im Texte), Badge (,Kennzeichtn',
welches die Juden nach den Vorfchriften des Lateran-
concils von 1215 an ihren Gewändern tragen mufsten),
Berlin (verfchiedene Synagogen dafelbft), Betrothai (Ver-
lobungs-Scenen und eine Ketubah in Farbendruck), Bomberg
(Facfimile der Bomberg'fchen Talmud-Ausgabe),
Borders (Facfimile eines Soncino'fchen Druckes mit Rand-
Verzierung),/)«/'/<7/(Beerdigungsfeierlichkeiten), Candlestick
(verfchiedene Abbildungen des fiebenarmigen Leuchters),
Caro (Titelblatt der ed. princ. des Schulchan Aruch),
Catacombs (Katakomben-Infchriften und Grundrifs der
Katakombe in Venofa), Cemetery (jüdifche Kirchhöfe),
Censorship (Facfimile einer vom Cenfor bearbeiteten Seite
eines Soncino'fchen Druckes).

Wir haben mit diefen kurzen Mittheilungen nur eine
dürftige Vorftellung von dem reichen Inhalt der beiden
Bände zu geben vermocht.

Göttingen. E. Schürer.

Mommert, Dr. theol., Ritter des Hl. Grabes, Pfr. Carl, Aenon
und Bethania, die Taufstätten des Täufers. Nebft einer
Abhandlung über Salem, die Königsftadt des Melchi-
fedek. Leipzig 1903, E. Haberland. (V, 97 S. m. 1
Abbildg. u. 3 Karten.) M. 2.—

Der um die Paläftinaforfchung mehrfach verdiente
Verf. giebt hier einen neuen Beweis feiner Gelehrfamkeit
und feines felbftändigen Urtheils. Hinfichtlich des Alvcov
eyyvq zov JSaZeiu, wo Johannes der Täufer nach Ev. Joh.
3, 23 in feiner fpäteren Zeit taufte, hält fich M. an Eufe-
bius, der im Onomafticon bemerkt (ed. Lagarde p. 229):
öCixvvzcu tlq tzi vvv o zosioq asto rj örjuelcov 2xv0ojio-
Xecoq JCQoq vözov stXrjOiov Saluu xal zov 'iooöavov. Hiernach
ift zur Zeit des Eufebius jener Taufort S mtl. pass.
füdlich von Skythopolis gezeigt worden, in der Nähe eines
Ortes 2faXti{i und des Jordan. Viele neuere Forfcher verwerfen
aber diefe Identificirung, weil der von Eufebius
genannte Ort in Samarien, weftlich vom Jordan, gelegen
haben müfste, wohin Johannes fchwerlich gekommen fei.
Dem gegenüber fucht nun Mommert zu zeigen, dafs die
Angabe des Eufebius keineswegs die Lage weftlich vom
Jordan fordere. ,Südlich von Skythopolis' könne auch
gefagt werden, wenn der Ort auf der anderen Seite des
Fluffes alfo öftlich von demfelben gelegen habe, in Peräa,
dem Gebiete des Herodes Antipas. Dafs diefe Anfetzung
die richtige fei, fucht M. durch eine Reihe von Gründen
zu beweifen, die auf den erften Blick beftechend find, bei
näherer Prüfung jedoch fich m. E. nicht als ftichhaltig