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Ausgabe:

1903

Spalte:

257-260

Titel/Untertitel:

Theologische Abhandlungen 1903

Rezensent:

Schürer, Emil

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Theologische Literaturzeitung.

Herausgegeben von D. Ad. Harnack, Prof. in Berlin, und D. E. SchÜrer, Prof. in Göttingen.
Jährlich 26 Nrn. Verlag: J. C. Hinrichs'fche Buchhandlung, Leipzig. Jährlich 18 Mark.

Nr. 9. 25. April 1903. 28. Jahrgang.

Theologifche Abhandlungen, Fcftgabe für Holtz- | des XVI. Jahrhunderts, I. Abth. 1. Hälfte

mann i Schürer). (Cohrs).

Hölfcher, Paläftina in der perfifchen und ; Grützmacher, Wort und Geift, eine hiflo-

helleniftifchen Zeit (Schürer). rifche und dogmatifche Unterfuchung (Lob-

Chapman, Les interpolations_ dans le traite de , ftein).

S. Cyprien sur 1'unitlt de l'Eglise (Harnack). | Wahrmuth, Wiffen und Glauben bei Pascal

Kaitz er, Die Sentenzen des Petrus Lombar- '. (Lobflein).

dus (Loofs). Vif eher, Ift die Wahrheit des Chriftentums

Sehling, Die evangelifchen Kirchenordnungen j zu beweifen? (Lobftein).

Dreyer, Zur undogmatifchen Glaubenslehre
(Tröltfch).

Bonus, Religion als Schöpfung (Tröltfch).

Tasker, Spiritual religion (Loofs).

Braafch, Der Wahrheitsgehalt des Darwinismus
(K. W. Mayer).

Dietz , Die Reftauration des evangelifchen
Kirchenliedes (Ebeling).

Zur Verftändigung (v. Oettingen).

Erwiederung (Ritfchl).

Theologische Abhandlungen. Eine Feftgabe zum 17. Mai 1902 j herrfchen, fo liegt dies nach N. daran, dafs man noch zu
für Heinrich Julius Holtzmann. Dargebracht von ' wenig mit der Thatfache der Ueberarbeitung der pro

W. Nowack, P. Lobftein, F. Spitta, E. Lucius, J. Smend,
J. Ficker, E. Mayer, G. Beer, G. Anrieh. Tübingen 1902,
J. C. B. Mohr. (V, 297 S. gr. 8.) M. 8.60

phetifchen Texte durch fpätere Redactoren rechnet.
Arnos (S. 38—41) verkündigt das Gericht und zwar als
Vernichtung Israels. Daher ift die Heilsweiffagung
Am. 9, s-ir, eine Ergänzung von fpäterer Hand. Anders

Die neun Abhandlungen, welche die Strafsburger I Hofea (S. 41— 47). ,1hm wird jedes Gericht Läuterungs-
Collegen Holtzmann's ihm zum 70. Geburtstag gewid- ! gericht, die über Israel kommenden Schläge find ihm
met haben, behandeln folgende Themata. Aeufserungen der erziehenden Liebe' (S. 42). Auszu-

1 Beer, Der biblifche Hades (S. 1—29). Die fcheiden find hier: 1,7. 2,1-3. 11,8-11. Vom Buche Je-
Ausführung greift weiter, als es die Ueberfchrift ver- faja behandelt Nowack nur c. 9 und Ii (S. 47— 58),
muthen läfst; denn es werden nicht nur die Vorftellungen deren Abfaffung durch Jefaja eingehend erwogen und
vom Todtenreich, fondern die Anfchauungen vom Zu- ! trotz mancher Bedenken doch für uberwiegend wahr-
ftand nach dem Tode überhaupt im Alten Teftament fcheinhch erklart wird (S. 54, 58). Das fchöne Wort
und im Judenthum erörtert. B. geht aus von dem Satze, ! Jefaicitat', mit welchem N. uns hier befchenkt (S. 57),
dafs Scheolglaube und Jahwismus urfprünglich nichts wlrd hoffentlich nicht einbürgern. Micha (S. 58 f.)
mit einander zu thun haben. ,Der Scheolglaube ift ein '■ lft ,mit feiner ausfchliefshchen Gerichtsandrohung mit
Reft chthonifchen Kultes' (S. 7), d. h. die Geifter der Ver- [ Arnos in Parallele zu fetzen'. Die im Buche vorkommen-
ftorbenen werden vorgeftellt als den unterirdifchen Dä- den Heilsweiffagungen find als Interpolationen zu be-
monen gleichartig, und man wendet ihnen daher auch trachten.

denfelben Cultus zu wie diefen. Unter diefem Gefichts- j 3. Spitta, Das Magnifikat, ein Pfalm der
punkt find die Trauergebräuche zu erklären (S. 16 ff.). | Maria und nicht der Elifabeth (S. 61—94). Die An-
Diefer Glaube wurde aber verdrängt durch den Jahwis- i ficht, dafs Luc. 1, 46 nicht MaQta/i fondern ElKSaßer zu
mus (S. 19 fr.) und zwar durch die Ausdehnung des Ver- j lefen fei, alfo das Magnificat der letzteren angehöre, ift
geltungsglaubens auf den Zuftand nach dem Tode, j vor einigen Jahren faft gleichzeitig von mehreren, offen-
Denn in Folge deffen haben nun die Todten keine eigene j bar unabhängig von einander arbeitenden Gelehrten aus-
Macht mehr, vielmehr ift es Jahwe, der ihr Gefchick i gefprochen und begründet worden (mit Zurückhaltung:
beftimmt: die Guten werden belohnt, die Böfen beftraft. Fr. Jacobe, Revue d'kistoire et de litterature religieuses
Dem entfprechend erfährt auch die Vorftellung vom II, 1897, P- 424—432; entfehiedener: Conrady, Die
Todtenreiche felbft eine Umbildung. In diefer Con- Quelle der kanonifchen Kindheitsgefchichte Jefus' 1900,
ftruetion fcheint mir namentlich eine Thatfache zu S. 48—51; Harnack, Sitzungsberichte der Berliner Aka-

wenig beachtet: neben der Vorftellung, dafs die Geifter
der Verdorbenen auf das Gefchick der Lebenden einwirken
, findet fich im A. T. auch die andere, dafs in
der Scheol alles Wiffen und Leben, alfo auch alles
Wirken aufhört; und man wird wohl Charles beiftim-

demie 1900, S. 538—556). Gegen diefelbe ift zwar bereits
mehrfacher Widerfpruch laut geworden (Hilgenfeld
, Zeitfchr. für wiffenich. Theol. 19/01, S. 204—215;
Bardenhewer, Biblifche Studien VI, 1—2, 1901, S. 187
bis 200). Man wird aber Spitta zugeben müffen, dafs

men dürfen, dafs letzteres die jüngere, im Prophetismus diefe Entgegnungen die Sache nicht befriedigend erledigt
wurzelnde ift (Charles. A critical history of the doctrine haben und ein neuer Verfuch, die herkömmliche Lesart
of a future lifc etc. 1899, vgl. Theol. Litztg. 19/00, 168). zu vertheidigen, wohl am Platze ift. Spitta findet nun
Die Verhältnifse find alfo doch complicirter, als es die allein befriedigende Löfung darin, dafs das ganze
nach der einfachen Conftruction Beer's der Fall zu fein Magnificat unter Fefthaltung der Lesart Magicc/i als
fcheint. Auch fonft hätte das disünguere m. E. von Beer | fpäterer Einfchub in das Lucas-Evangelium zu betrachten
mehr geübt werden follen: altteftamentliche, apokryphi- | fei. Damit erkennt er aber ein Haupt-Argument Har-
fche und fpätrabbinifche Quellen werden promiscue neben ! nack's indirect als beweiskräftig an. Wenn es nämlich
einander benützt. Aufserdem werden fich manche Lefer 1 nach dem Magnificat 1, 56 heifst: efieivev de MctQiafi övv
nicht angenehm berührt fühlen durch den oft etwas j «urfj die, firjvag rpefc, fo zeigt das avry, dafs im Vor-
burfchikofen Ton bei der Behandlung eines fo ernften I hergehenden die Elifabeth Subject fein mufs. Dies ift
Gegenftandes. allerdings der Fall, wenn man 1, 46-55 ausfchaltet.

2. Nowack, Die Zukunftshoffnungen Israels ! Viel einfacher und näher liegend ift es aber, i,4g 7?7t-
in der affyrifchen Zeit (S. 31 — 59). Wenn über diefes 1 oäßer zu lefen, was durch mehrere alte Textzeugen und
Thema noch immer fo verfchiedene Anfchauungen j auch durch andere innere Gründe empfohlen wird. Be-

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