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Ausgabe:

1903 Nr. 8

Spalte:

237-238

Autor/Hrsg.:

Hort, Fenton John Anthony

Titel/Untertitel:

Notes introductory to the Study of the Clementine Recognitions 1903

Rezensent:

Knopf, Rudolf

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237

Theologifche Literaturzeitung. 1903. Nr. 8.

238

wir, dem Verfaffer noch öfter auf diefem Gebiete zu
begegnen.

Heidelberg. Grützmacher.

Hort, Prof. D. D. Fenton John Anthony, Notes introduc-
tory to the Study of the Clementine Recognitions. A course
of lectures. London 1901, Macmillan and Co., lim.
(XV, 158 p. gr. 8.) 4 s. 6 d.

Da in dem Buche eine pofthume Publication vorliegt
, fo wird es geziemend fein, wenn ich mich bei
diefer Befprechung im Wefentlichen auf ein Referat be-
fchränke. Das Buch giebt einen Curfus von Vorlefungen,
die Hort im Winter 1884/85 in Cambridge hielt. Die
Herausgabe des unter den Papieren des Verflorbenen
gefundenen Manufcripts hat J. O. F. Murray übernommen.
Dabei hat er H.'s Text unverändert gelaffen, nur hie
und da in eckigen Klammern knappe Zufätze gemacht,
ferner ein Inhaltsverzeichnifs zufammengeftellt und eine
fortlaufende Textanalyfe an den Aufsenrand der einzelnen
Seiten gefetzt.

Der Titel des Buches ift zu eng. Was wir auf den
erften 132 Seiten erhalten, ift bedeutend mehr als eine
Einführung in das Studium der Recognitionen; Urfprung
und Entftehungszeit der pfeudoclementinifchen Literatur
überhaupt {Hont., Ree, Epitome) werden behandelt. H.
giebt erftens eine Ueberficht über die Ausgaben und die
Handfchriften der Pfeudoclementinen, nebft einigen
Literaturangaben, unterfucht dann das ergänzende Material
, das aus den Titeln gewonnen werden kann, die
die einzelnen Schriften der Gruppe in den Texten felber
oder in den Ueberfchriften der handfchriftlichen Ueber-
lieferung tragen, und weiter das Material, das die Tefti-
monien der Väter an die Hand geben. Die Refultate,
zu denen H. kommt, find diefe: Ende des IV. Jahrh.
beliehen Horn, und Ree. nebeneinander. Die enge Beziehung
der beiden zu einander ift nicht durch gegen-
feitige Benutzung zu erklären, fondern durch gemeinfame
Abhängigkeit von einem älteren Werke, den IleQiodoi
IlirQov, das auch fchon die Verbindung des lehrhaften
Stoffes mit dem Familienroman des Clemens enthielt.
Die ÜsqIoÖoi flehen nun aber in enger Verbindung mit
dem Buche des Elxai, einem Producte effenifchen Ebi-
onitismus. In denfelben Kreifen und zu derfelben Zeit
find Elxaibuch und IltQWÖoi entftanden, nämlich 200 bis
220 im Often (Syrien). Die Horn, und die Ree. find Abkürzungen
der hsgioöoi, die Horn, find im Often, die
Ree. in Rom entftanden. Gab es ein Werk, ,Kt]QVYnara
IJetqov', das den Lehrftoff der Clementinen, aber noch
losgelöft von der Verbindung mit dem Clemensroman,
enthielt? Die Frage nach der Exiftenz eines folchen
fehr alten Buches verneint H.: weder die ep. Petri ad
Jae., noch die AiafiaQtvnia, weder die Inhaltsangabe
Ree. III 75, noch die Animofität gegen Paulus, die an
einigen Stellen der Clementinen zu Tage tritt, nöthigt
zur Annahme einer älteren Vorlage der LJegiodoi in Ge-
ftalt der KrjQvyfiaza. Im Anhang an diefe Ausführungen
bekämpft H. die Anfchauung, dafs der Simon Magus
der Pfeudoclementinen durchweg ein verkleideter Paulus
fei, und dafs es in Wahrheit keinen Simon gegeben habe.
— Der Schlufstheil des Buches endlich bringt eine Darlegung
der von den Ree. gebotenen Lehre (S. 133—142;
ausgegangen wird von der rationaliftifch-ftoifchen Bafis
der Pfeudoclementinen: Willensfreiheit und Verantwortlichkeit
des Menfchen, der wiffen muPs, was gut ift; dann
folgt die Lehre vom Gefetz, von Chriftus, von der
Schöpfung, insbefondere der des Menfchen, von der
Taufe, von der Trinität, vom Sündenfall, von den Dämonen
). Als Appendix angehängt ift eine vergleichende
Analyfe von Horn. I—III und Ree. I—III.

H.'s Buch beleuchtet, wenn auch nicht volfftändig
und fyftematifch, eine Reihe von Fragen, die mit dem

dunklen und fchwierigen Gebiete der pfeudoclementinifchen
Literatur zufammenhängen. Freilich hat die bald
20 Jahre alte Vorlefung lange nicht den Werth, den eine
bis zum gegenwärtigen Stande der Wiffenfchaft fortgeführte
Unterfuchung eines fo trefflichen Gelehrten hätte.
Eine die ganze Frageftellung, den Werth der Documente
verfchiebende Anfchauung, wie es die Harnack'fche ift
(Dogmengefch. I8 293 ff.), findet gar keine Berückfichti-
gung, ebenfo find natürlich die Arbeiten von Bigg und
Langen nicht benutzt u. a. m. Dennoch war es recht,
dafs zu der Reihe pofthumer Veröffentlichungen aus
H.'s Nachlaffe auch die Publication diefer, wahrfcheinlich
von H. felber für die Oeffentlichkeit hergerichteten
Lectures gefügt wurde. Es ift von Werth, zu erfahren,
welche Anfchauungen ein Forfcher wie H. fich in diefen
Problemen erarbeitet hat. Auch behalten Abfchnitte,
wie die über die Teftimonien und über die Lehrbegriffe,
auf jeden Fall ihren Werth.

Marburg i. H. Rudolf Knopf.

Macholz, Waldemar, Spuren binitarischer Denkweise im Abendlande
seit Tertullian. Diff. Jena 1902. (57 S.)

Der Verfaffer diefer Licentiatendiffertation, die von
der Halle'fchen Facultät approbirt worden, ift ein Schüler
von Loofs. Die Terminologie fchon im Titel zeigt das.
Denn Loofs ift es, der den Ausdruck ,Binitarismus' in die
Dogmengefchichte eingeführt hat, nicht ohne Bedenken,
wie er fagt, aber weil er für die Sache keinen befferen
gefunden habe. Er glaubt nämlich unter den ursprünglichen
Formen der Chriftologie eine zu erkennen, für die
weder Trinitarismus, noch Monarchianismus (Unitarismus)
die richtige Bezeichnung wäre, eine Lehre, für die Gott
und der heil. Geift, welch letzterer als in dem gefchicht-
lichen Chriftus incarnirt oder offenbart gedacht wurde,
hypoftatifch unterfchiedene Gröfsen bedeuteten, zwei
Gröfsen, die doch keinen ,pluraliftifchen Monotheismus'
begründeten, weil es nicht fchwierig erfchienen fein könne,
Gott und ,feinen Geift' als Einheit zu denken. In dem
Artikel ,Chriftologie, Kirchenlehre' PRE3 IV hat Loofs
zuerft von folchem Binitarismus, der immerhin fchon relativ
eine .überlegte Anfchauung' repräfentire, gefprochen; in
feinen Specialartikeln ift er dann noch öfter darauf zurückgekommen
, zuletzt in dem über Marceil von Ancyra, Bd.XII,
wo er in gewiffer Weife zufammenfaffend mittheilt, was
er über die ziemlich lange Gefchichte diefer chriftologifchen
Idee feftgeftellt habe. Marceil von Ancyra ift ihm erft
verftändlich geworden, als er ihn in den Zufammenhang
der .binitarifchen' Ueberlieferung einftellte. Die deutlichfte
Form des Binitarismus in der Frühzeit ift ihm die Chriftologie
des Hermas. Er findet denfelben auch bei Barnabas,
in R, in II Clemens, zumal auch bei Tertullian. Er glaubt,
dafs es .nicht unvorfichtig' ift, wenn man diefe Tradition
,in ihrer genuinen Geftalt in Kleinafien localifirt'. Das fei
die Erklärung dafür, dafs fie noch den Marcell beherrfche.
Sie ift ihm hervorragend repräfentirt durch Ignatius (den
er für einen Kleinafiaten hält) und durch Irenaeus (durch
den fie nach feiner Anfchauung wohl im Abendland be-
fonders einfiufsreich geworden). Im vierten Jahrhundert
erfcheint nach Loofs der Binitarismus im Abendlande noch
bei Hilarius und Phoebadius. Derfelbe mufs hier noch ein
gutes Anfehen befeffen haben, denn daraus allein erklärt
es fich, dafs Marcell im Abendlande Schutz fand, als er
der neuen Orthodoxie des Morgenlandes verdächtig geworden
war. Der Binitarismus verträgt fich mit einem
oekonomifchen Trinitarismus, d.h. derTheorie, wonach
freilich feit Chrifti Erhöhung der Geift als eine dritte
,Perfon', die in der Kirche wirke, angenommen wird,
doch fo, dafs der Geift in diefer Geftalt und Chriftus nach
feiner menfehlichen Seite als zuletzt wieder in der göttlichen
Monas, der der Logos oder das Pneuma an fich
immer immanent fei, wieder aufgehend gedacht werden.
Herr Macholz, zur Zeit Studieninfpector am Königl.