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Ausgabe:

1903

Spalte:

193-195

Autor/Hrsg.:

King, E. G.

Titel/Untertitel:

The Psalms. In three collections translated with notes. Part II, second collection 1903

Rezensent:

Beer, Georg

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Theologische Literaturzeitung

Herausgegeben von D. Ad. Harnack, Prof. in Berlin, und D. E. Schürer, Prof. in Göttingen.
Jährlich 26 Nm. Verlag: J. C. Hinrichs'fche Buchhandlung, Leipzig. Jährlich 18 Mark.

Nr. 7. 28. März 1903. 28. Jahrgang.

King, The Psalms, P. II (Beer).

Harper, The Song of Solomon (Beer).

Kenyon, Handbook to the textual criticism of
the New Testament (von Gebhardt).

Jordan, Die Theologie der neuentdeckten
Predigten Novatians (Grützmacher).

Reville, Vigilance de Calagurris (Grützmacher
).

Scheel, Die Anfchauung Auguftins über Chrifti
Perfon und Werk (Kattenbufch).

Gottfchick, Auguftins Anfchauung von den

Erlöferwirkungen Chrifti (Kattenbufch).
Lorenz, Die kirchlich-politifche Parteibildung

Schwarze, Neue Grundlegung der Lehre von

der chriftlichen Gewifsheit (Reifchle).
Sogemeier, Der Begriff der chriftlichen Er-

in Deutfchland vor Beginn des dreifsigjährigen j fahrung hinfichtlich feiner Verwendbarkeit in
Krieges (Virck). der Dogmatik (Beiträge zur Förderung chrift

Blennerhaffett, Chateaubriand. Romantik
und die Reftaurationsepoche in Frankreich
(Seil).

Kraus, Cavour, die Erhebung Italiens im neunzehnten
Jahrhundert (Seil).

licher Theologie VI, 2] (Derf.)
Dieckmann, Die chriftliche Lehre von der

Gnade (Reifchle).
Kühn, Skizzen aus dem fittlichen und kirchlichen
Leben einer Vorftadt (Drews).

King, E. G., D. D., The Psalms. In three collections trans-
lated with notes. Part II second collection. (Books
II and III, Pss. XLII—LXXXIX.) Cambridge 1902,
Deighton, Bell and Co. (XVI und S. 171—375 Lex.
8.) 5 s.

Nach fahriger Paufe hat King dem I.Band feiner
Pfalmenerklärung den 2. folgen laffen. Es fleht noch
der, hoffentlich nicht erft nach abermals 4 Jahren er-
fcheinende Schlufsband, Pf. 90—150 enthaltend, aus.
Ueber Anlage und Tendenz des Werkes habe ich in
diefer Zeitung 1898 Nr. 20 referirt und kann das damals
Gefagte im Allgemeinen für den 2. Band wiederholen:
auch in der Fortfetzung bietet King einen lesbaren kri-
tifchen und erbaulichen Commentar, bei dem wir das
Tüfteln und Spintifiren gern miffen würden, das freilich
für manchen Lefer vielleicht den Reiz des in der Gegenwart
beliebten Intimen haben wird, falls er nicht durch
eine Dofis rabbinifcher Myftik verfchnupft wird.

So ift z. B. für King bedeutungsvoll, dafs Pf. 49
der 7. der Korahpfalmen ift — Henoch aber ift der 7.
von Adam her (Juda 14) — and this Seventh Kor ah
Psalm might well be callcd an Enoch Psalm (S. 210).
Der Dichter ftelle gegenüber die Völker der Welt, die
wie das liebe Vieh leben und fterben, und Israel, das
mit Gott wandelt, und das darum wie einft Henoch den
Tod nicht fchmeckt. Gewifs hat der Dichter das Schick-
fal Henoch's zum Vorbild für die Frommen in Israel
genommen (c/. Gen 5 24 den term. technicus npb und Pf.
49i6 b isnp; ebenfo ift Ps. 732* ^rlDin od. Jef. 53s npb
zu deuten). Aber dafs wie Henoch der Siebente unter
den Erzvätern Pf. 49 der Siebente unter den Korahpfalmen
ift, fcheint reiner Zufall. Denn fonft müfste in
den Ps. 42/3 bis 48 eine ähnliche Beziehung zu den Urahnen
Adam bis Jered vorliegen. Und warum fteht der
Aflaphpfalm 73, der auch an die Henochmythe knüpft,
nicht als Siebenter unter den Affaphliedern 73—83, fondern
als Erfter, bezw. als Zweiter, da ja eigentlich Pf. 50
die Reihe beginnt? Pf. 4911 übrigens tNOST mit K.
durch die Lesart ,Gottlofe' zu erfetzen, ift ganz unnöthig

und die Mutter eine Hetiterin war, fcheint felbft K. zu
ftark — er macht daher feiner Brautpaarhypothefe zu
Liebe die Ausflucht: Thcre is no need to gross every ward
in the application of an allegory, but Zion had much to

forget and forsake before she could enter lipon that new
life of married joy which the Second Isaiah had foretold

for her.

Pf. 72 ift für K. wie für die Rabbinen der König
,the ideal Ruler of men just as in Ps. XXI and XL V —
das trifft m. E. für den jetzigen, aber nicht für den ur-
fprünglichen d. h. noch nicht überarbeiteten Pfalm zu.

Von einem wiffenfchaftlichen Pfalmcommentar darf
man verlangen, dafs er nicht blofs den urfprünglichen
Sinn der Lieder, fondern auch ihre durch die religions-
gefchichtliche Entwicklung bedingte Umdeutung im Zeitalter
des N. T.s, die am bellen aus Targum und Midrafch
erhellt, darlege — aber man mufs fich hüten, nach der
letzteren für das Verftändnifs des anfänglichen Sinns
zu fchielen: in diefen Fehler fcheint mir K. zu oft gefallen
zu fein.

Ein Prüfftein für den hiftorifchen Sinn des Exegeten
bleibt nach wie vor die Frage nach makkabäifchen
Pfalmen. Ich greife für diefen Zweck den von Vielen
für makkabäifch gehaltenen 74. Pfalm heraus. King
deutet diefen Pfalm auf eine Zerftörung Jerufalems ca.
450, die freilich nur durch Neh. 1 3 angedeutet fei. Aber
das ganze Nehemiabuch, das fo eingehende Angaben
über die Wiederherftellung der zerftörten Stadtmauern
macht, weifs von einer Zerftörung und Verbrennung des
Tempels in jener angenommenen Zeit fchlechterdings
nichts. Auch in dem königlichen Begleitfchreiben an
Esra Es. 711—26 ift nichts davon zu lefen. Das argumentum
e silentio zeitgenöffifcher Schriftfteller ift gra-
virend. Nun wendet K. ein, in Pf. 747 bedeute üipta
nicht fpeciell den Tempel, fondern allgemein ,the God-
chosen home of the Nation' und weift auf Ex. 1517 Jef. 601.3
und 63 is. In den Parallelftellen ift diefe Deutung möglich
— wurzeltdoch in folchen und ähnlichen Stellen der fpätere
Name Jerufalems d-quds — aber in 744fr. ift diefe Deutung
höchft unwahrfcheinlich. Denn wenn es 741 heifst:

rlriinci TT" H U ; 1 1 „ 1 „ „, ; i. J_--- J _ !____71 /T t 7 1 n. _ 11 i. _

Der Dichter meint mit den Weifen ,die Weifen diefer deine Feinde brüllten inmitten deines Mded, und Hellten
Welt'. Für die, bekanntlich auch rabbinifche, Anficht, ; ihre Zeichen als Zeichen auf, fo wird man nicht an die
dafs in Pf. 45 der Held = Israel d. i. der Knecht Jahwe's Häufer, Strafsen und Plätze von Jerufalem als Schauplatz
von Jef. 40fr. und die Braut—Zion fei, wird King wenig der Gräuel denken dürfen, fondern allein an den Tempel,
Nachfolger finden. Denn wenn er fich auf Jef. 625 be- 1 deffen Profanirung das himmelfchreiendfte Verbrechen
ruft, dafs Israel der Bräutigam Zions fein könne, fo gilt, lein mufste, ohne welches fich der Dichter um fein
dafs das dort mit -prtlK correfpondirende *p33 nicht Jp_33
fondern !p:a zu lefen ift (cf. Duhm und Marti z. St.).
Wer foll denn übrigens das Volk und das Vaterhaus
fein, die die Braut vergeffen foll ? Den Text etwa nach
Ez. 163 zu deuten, wonach Israel's Vater ein Amoriter

*93 194

ftärkfles Motiv zur Erregung des göttlichen Zornes gegen
die Heiligthumsfchänder bringen würde. Wie auch im
Einzelnen 745. e zu deuten fein mag, fo viel ift klar,
dafs hier die Belchreibung des Tempelfrevels fich fortfetzt
, der in dem Inbrandftecken feinen Höhepunkt er-