Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1902

Spalte:

151

Autor/Hrsg.:

Savonarola , Hieronymus

Titel/Untertitel:

Predigten 1902

Rezensent:

Deutsch, Samuel Martin

Ansicht Scan:

Seite 1

Download Scan:

PDF

Theologifche Literaturzeitung. 1902. Nr. 5.

152

von v. Arnswaldt, Hannover 1848, zu vier Schriften
herausgegebene cölnifche Text S. 24 hat jedoch blyuende
wocninghe der kertzen, wie denn auch Surius überfetzt:
cordc perseveränter inhaerere und diefer Sinn wird fo fehr
von dem Zufammenhange gefordert, dafs er jedenfalls
der urfprüngliche ift. Wahrfcheinlich hat R. gefchrieben:
blijflike. Warum S. 73 ynnigher mit .neuer' überfetzt ift,
warum S. 44 hinter ,da begegnet fie Chriftus', die Worte
,i:n Lichte des Glaubens' ausgelaffen find und warum
S. 44 in ,dies ift der erfte Ausgang', das ,erfte' fehlt, vermag
ich nicht zu fagen.

Aehnliche Fehler oder Verfehen werden fich noch
öfter finden, denn Ref. hat nicht Satz für Satz mit dem
Grundtexte verglichen, indeffen handelt es fich dabei
doch nur um eine Anzahl einzelner Stellen, und des-
ungeachtet kann die Ueberfetzung fehr wohl dazu dienen,
in die Gedankenwelt R.'s einzuführen. Wir wünfchen,
dafs Herrn Lambert bald durch die Nothwendigkeit,
eine zweite Auflage zu veranftalten, Gelegenheit gegeben
werden möge, feine Arbeit einer genauen Revifion unter
fteter Rückficht auf den cölnifchen Text und auf die Ueberfetzung
des Surius zu unterwerfen, denn fie ift jedenfalls
eine dankenswerthe und nützliche Unternehmung.

Berlin. S. M. Deutfch.

Savonarola, Hieronymus, Predigten. Ausgewählt und
überfetzt von Hiltgart Schottmüller. Mit dem
Bildnifse Savonarola's nach dem Gemälde des Fra
Bartholomeo della Porta. Berlin 1901, B. Behr's Verl.
(XII, 132 S. gr. 8.) M. 3.-

Das vorliegende Büchlein ift wefentlich ein Auszug
aus dem 1898 zu Florenz erfchienenen Werke Scelta di
prediche e scritti di Fra Giov. Savonarola, von Villari
und Cafanova. Aus der dort gegebenen reichen Sammlung
von Predigten S.'s ift hier eine kleine Zahl befon-
ders charakteriftifcher Stücke herausgehoben, nebft den
von Villari zur gefchichtlichen Orientirung ihnen vorausge-
fchickten Bemerkungen (nach Einl. S. XII hat Villari felbft
dabei feine Unterftützung gewährt). Auch S.'s Brief an
feinen Vater nach dem Entweichen aus dem elterlichen
Haufe und zwei Briefe an feine Mutter von 1485 und
1490 werden mitgetheilt, und den Schlufs bildet ein
Auszug aus der berühmten kurz vor S.'s Tode gefchrie-
benen Betrachtung über den Pfalm miserere mei Dens.
Die Predigten, fchon in der italienifchen Sammlung meift
nur mit Auslaffungen gedruckt, find hier z. Th. noch
mehr verkürzt, und man wird das nicht mifsbilligen
können, da das Buch für einen weiteren Leferkreis be-
ftimmt ift, den gröfsere Ausführlichkeit leicht ermüden
könnte. Die Ueberfetzung lieft fich fehr gut; gegen die
Genauigkeit liefsen fich an einzelnen Stellen wohl Einwendungen
erheben. Wenn S. I che faccia bene mit ,der
auf dem Wege des Heils wandelt und ein gottesfürchtiges
Leben führt', wiedergegeben wird, fo ift das mehr erklärende
Paraphrafe als Ueberfetzung, S. 25 möchte
quellt di secolo richtiger mit .Weltleute' als mit .Laien'
zu überfetzen fein u. A. — Um denen, die S. nicht
im Grundtexte lefen können, in kurzem einen Eindruck
von dem Wirken des gewaltigen Predigers auf der Kanzel
zu vermitteln, find diefe Auszüge wohl geeignet und
daher zu empfehlen.

Berlin. S. M. Deutfch.

Hegler, Prof.D. Alfred, Sebastian Francks lateinische Paraphrase
der deutschen Theologie und feine holländifch
erhaltenen Traktate. Tübingen 19OI, G. Schnürlen.
(122 S. 4.) M. 3.20

Bereits im J. 1892 hat Hegler in der Schrift ,Geift
und Schrift bei Sebaftian Franck', der gründlichften Dar-

I ftellung der Geiftesrichtung des merkwürdigen Mannes,
auf deffen zu Amfterdam handfchriftlich vorhandene
Paraphrafe der ,deutfchen Theologie' hingewiefen (S. 57ff.)
und fie benutzt. Gegenwärtig giebt er eine fehr eingehende
Charakteriftik derfelben mit Abdruck der langen Vorrede
Franck's, die u. a. über deffen Bildung wichtige Auffchlüfse
giebt, und der Capp. 20 und 56. Fr. hat den Text feiner
Vorlage nicht blofs lateinifch wiedergegeben, nicht blofs
durch erweiternde Sätze klarer zu machen gefucht, fondern
ihn auch durch eine Menge von Zufätzen, bibli-
fchen Sprüchen und Beifpielen, claffifchen Citaten und
! Reminiscenzen, namentlich aber auch durch eigene Ge-
| danken vermehrt (f. die ausführlichen Nachweife S. 47 ff.).
Wie er am Anfange feiner fchriftftellerifchen Laufbahn
die Darlegung feiner eigenen Anfchauungen an die Dial-
1 läge des Lutheraners Althamer, dann, in den Kron-
I büchlein, an Schriften des Erasmus und des Agrippa von
1 Nettesheim angeknüpft hat, fo jetzt, gegen Ende feines
Lebens, an jenes myftifche Buch des ausgehenden Mittelalters
, womit zugleich die drei Hauptfactoren feiner
Bildung, Reformation, Humanismus und Myftik, bezeichnet
find. Am nächften flehen feine eigenen reli-
giöfen Anflehten der letzten, und fo hat er fich nach den
mancherlei fchmerzlichen Erfahrungen, die feine Sonder-
ftellung im Kampfe der die Zeit beherrfchenden Richtungen
ihm eingetragen hatte, zuletzt in die Befchäftigung mit
ihr geflüchtet. Um fo begreiflicher, dafs fein Grundgedanke
, die Entgegenfetzung des Inneren und Aeufseren
in der Religion und die einfeitige Betonung des Innerlichen
in feinen Zufätzen immer wieder durchklingt. Daneben
fpricht er feine Ideen über Gott und Chriftus,
über die Sünde, über das Verhältnifs von Gnade und
freiem Willen und Anderes aus.

Die eingehende Befchäftigung mit der .deutfehen
Theologie' fcheint aber auch auf Fr.'s eigene Schrift-
ftellerei in ihrer letzten Periode noch einen bedeutenden
Einflufs geübt zu haben, denn eben diefer Zeit gehören
einige Schriften an, die fich nach Gedankeninhalt und
Form an die ,deutfche Theologie' und ihre Paraphrafe an-
fchliefsen. Sie find, fo viel bekannt, erft lange nach Fr.'s
Tode, und zwar in holländifcher Ueberfetzung, gedruckt
worden (f. die genauen bibliographifchen Angaben S. 76ff).
Es ift 1. der Tractat vom Reiche Chrifti, dem zwei Anhänge
beigegeben find: Von den Verheifsungen des N. T.
und vom Reiche Chrifti (gegen buchftäbliches Verftändnifs
der Weisfagungen und chiliaftifche Anflehten gerichtet)
und: Von der Erkenntnifs Gottes. 2. Von der Welt, des
Teufels Reich, mit dem die beiden: Vom Pöbel, und:
Von der Gemeinfchaft der Heiligen, verbunden find.
Von allen diefen Schriften giebt der Verf. genauere In
haltsangaben; wir verweilen nur einen Augenblick bei
den gröfseren. Dem Tractate vom Reiche Chrifti liegt
die Definition zu Grunde, dafs diefes Reich Gottes Regiment
durch Chriftus in unferem Geifte und Herzen fei.
In den verfchiedenften Wendungen und Anwendungen
kehrt diefer Gedanke wieder; er wird entgegengeftellt
fowohl dem Trachten nach weltlichem Wohlftin und
Anfehen, denn des Chriften Leben ift vielmehr Kampf,
Kreuz und Schmach, wie auch dem blofsen Vertrauen
auf den Chriftus für uns. Die Gnade wird ebenfo ge-
| mifsbraucht durch Vertrauen auf die Werke bei den
1 Papillen wie durch falfches Vertrauen auf die Gnade
! bei den vermeinten Evangelifchen. Als Mittel, zum Reiche
j Gottes zu gelangen, ift auch das äufsere Wort in der
h. Schrift nicht zu verachten, aber man foll mit eigener
Bemühung lefen, nicht mit der Menge von Erklärungen,
die von Alters her gefchrieben worden find und jetzt
wieder gefchrieben werden, wo der eine grau und der
andere blau fagt. ,Man fehe Buceri Elvangeliften gegen
die Poftilla Lutheri und die Pfalmen des Pomeranus
gegen die Lutheri, fo fieht man, wie fie uns um den
Dreck leiten' (S. 93). Viel wichtiger als das äufsere ift
aber das innere Wort, und Gott ift nicht an das äufsere