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Ausgabe:

1902 Nr. 4

Spalte:

103-104

Autor/Hrsg.:

Maass, Ernestus

Titel/Untertitel:

Analecta sacra et profana 1902

Rezensent:

Dobschütz, Ernst

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Theologifche Literaturzeitung. 1902. Nr. 4.

104

Maass, Prof. Erneftus, Analecta Sacra et profana. Marburg Ein buntes Mancherlei, worin viel entlegener Stoff

1891, apud N. G. Elwertum. (16 S. gr. 4.) M. —.80 ! mit Gelehrfamkeit zufammengetragen ift, zuweilen mit über-
„. . ,. . 1.. ft. 1 •/• ~ grofsem Scharffinn auch zweifelhafte Deutungen gegeben

Der Tite diefes Programmes durfte heifsen: ,Zur werden. Der kunftvoll verfchnörkelte lateinifche Stil ift
Aftrologieimchnuhch^^ für moderne Lefer ebenfo unbequem wie die neue

ift der Gedanke, der die 5 kleinen Analektenzufammenhält. philologifche Mode des Jota adscriptum.

Die erfte, gröfste Studie giebt in o Paralleltexten mit
Commentar einen berühmten, meift vernachläffigten Be- Jena. von Dobfchütz.

rieht über die Entftehung der Hagia Sophia, die 427 Bildfäulen
in oder an dem Conftantinifchen Bau, welche vor
dem Juftinianeifchen Neubau befeitigt wurden. Wer je
einmal mitKonftantinopelsTopographie undHeiligthümern
zu thun gehabt hat, weifs, wie wichtig diefe Quellen, die
IIaQa.GTa6Hq Gvvxouot ynovixal, die Üdrgia xyq jioXtcoq
u. ä. find und wie unbequem ihre Benutzung in den bisherigen
Ausgaben ift. Findet man auch bei Krumbacher
werthvolle Orientirung, man wird es dankbar begrüfsen,
wenn der Verfuch gemacht wird, durch überfichtliche
Nebeneinanderftellung der Texte volle Klarheit zu fchaffen.

Die hl, Charles, Justinien et la Culture Byzantineau Vle siede.

Paris 1901, E. Leroux. (XL, 695 S. 4.) Fr. 25.—

Es mag auffallend genannt werden, dafs wir eine
wiffenfchaftlichen Anforderungen genügende, umfaffende
Biographie des Kaifers Juftinian bisher nicht befafsen.
Und doch ift es angefichts der Schwierigkeit des fehr
verzweigten Themas begreiflich genug. Wer über Juftinian
fchreiben will, hat fleh in der politifchen und in der Cultur-
gefchichte, befonders in der Rechts- und Kirchengefchichte,

^eoeneinanaeriteiiungaer 1 exre vone rviarneir zu icnanen aber auch jn def Kunftgefchichte gleichmäfsig umzufehen.
Leider ift das hier nicht gegluckt Maafs ftutzt fleh auf , Die Regierung des Kaifers bildet wirklich einen Mitteiden
Apparat Bandun s; er fcheint felbft keine der Hand- j punkt wichtiger Beftrebungen auf mannigfachen Gebieten,
fchnften eingefehen zu haben- fonft wurde er nicht nur Dazu kommf ein grofser Reichthum von nicht leicht zu
die alter, Zahlen geben. Dabei ftellt er zu Spalte I einen ! verarbeitenden, auch nicht immer leicht zu erreichenden
Apparat, der vielmehr zu Ivb gehört. Alle auf die Quellen

Uebereinftimmung von I und IVb gegründeten Behaup- ^ Wir freuen uns heute mittheilen zu können, dafs die

tungen fallen damit hm. Die nagaGxaGuq find foeben foeben bezeichnete Arbeit nunmehr in der glücklichften

unter den Scnptores originiim Constanänopohtanarum Weife erledigt worden ift Der allen Mitforfchern durch

fasc. I m der Bibliothcca feubnerzana von Th. Preger in fdne vortrefflichen Unterfuchungen zur byzantinifchen

München neu bearbeitet worden. Diefe Ausgabe konnte
Maafs noch nicht benutzen, wohl aber ihren Vorläufer
im Programm des Maximiliansgymnafiums zu München

Gefchichte wohlbekannte Profeffor Charles Diehl, Cor-
respondant de VInstitut, Charge de Cozirs a la Faculte des
Lettres de Paris, hat eine erfchöpfende Monographie

vor, 1898, das ich bedauere für meine .Chnftusbilder' noch über den Kaifer und feine Zdt lkfert Das Werk
nicht benutzt zu haben. Auf die Emendation des ftark erfcheint als ein ßeftandtheil der Monuments de /'Art
verderbten Textes einzugehen, ift hier nicht der Ort. Nur ß, m Hüs S(ms /es auspkes dll ministere de
die Vermuthung mochte ich aufsern, dafs xatRanov rov rinstructio* publique et des beaux arts und ift nicht
szaxQOiov AioxlrtxiavGV ferne Stellung an diefem un- nur mit zahlreichen vortrefflichen Illuftrationen ausge-
gehongen Platz zwifchen lauter Gotterb,ldern der irrthum- ftat fondern fchenkt de den kunftgefchichtliclfen
liehen Lefung eines undeutheh gewordenen Archetypus ; F efae befondere Beachtung. UebFigens aber ift
verdankt, wo urfprunghch xat Ilpaqxac HaUaöoq xai es fo angelegt, dafs der Kaifer überall beherrfchend
JxoZXmvos ftand, ahnheh, wie m der von Maafs an- ; im MittelJungte bleibt Diehl giebt zunachft in einer
geführten Stelle des Juhanos-Romans. Diefer beweif^: m. langeren riinieitung einen gut unterrichtenden Ueber-
E._auch dafs man nicht mit Preger xae xov Aioz neben bljck uber dje Qudlen unter eingehender Behandlung
rov TS Zsv als Gloffem ftre.chen darf. So verunglückt , der durch dje ^chriften Prokop'sb geftellten Probleme,
die Textconftitution fo anfprechend ift die von Maafs : wobd des Verfaffers Ergebnifse zumeift mit denen
vorgetragene Vermuthung, dafs diefe Statuen nicht, wie ; Hau -s zufamrnentreffen Das erfte Buch behandelt
Burckhardt noch annahm, allerlei unbefehen zufammen- ; dk uniter Juftinian's Regierung hervortretenden Perfön-
gefchleppte Gotterb. der fondern die für das Horoskop lichkeiten, in erfter Linie den Kaifer und die Kaiferin.
der Gründung der Stadt bedeutfamen Geftirne feien. Dabd wi;d wie das jetzt zur R d den m? von
An 2. Stelle wird als Beleg für die den Sternen Prokop's Schmähungen über Theodoras Vorleben ein
beigelegte Wichtigkeit der Kaiferhche Prunkmantel an- gut Theil weggeftrichen, m. E. zu viel, da ich den Widergeführt
, der mit Sternbildern beftickt war. Solche erkennt fpruch zwirchen dem in gemeiner Sinnlichkeit verlorenen
Maafs auf dem Bilde des Conftantius Gallus im Chrono- Jugendleben der Kaiferin und ihrer fpäteren Lebens-
g-raphen von 354. Strzygowski fpneht nur von mythifchen füm-ung nicht fo ftark zu empfinden vermag, wie es die
Figuren. Der Kaifer, führt Maafs aus, ift an die Stelle meiften neueren Darfteller thun. Mit befonderer Vor-
des Solmvictusgetreten, deffen Purpurmantel Ovid befingt. ijebe und mit grofser Anfchaulichkeit zeichnet Diehl
Die letzten 3 Stücke befaffen fleh mit Arat, dem viel- den kaiferlichen Hof. Das zweite Buch bringt unter
gelefenen, vielcommentirten Sänger der Aftronomie, dem dem Titel: L'oeuvre de Justinien eine treffliche Schil-
Maafs fchon fo viel Fleifs gewidmet hat. Hier fucht er ; derung der äufseren Politik, der Kriege, der Gefetz-
den Nachweis zu erbringen, dafs der Julian, dem der gebung, der Verwaltung, der Religionspolitik, der diplo-
alexandrinifche Aftronom Theo feiner, Arat-Commentar matifchen Operationen, um mit einem Blicke auf das
widmete, eben der Kaifer ift, deffen Eifer für die Philo- wenig glänzende Ende der Regierung abzufchliefsen.
fophie Maafs an einer bisher nicht hinlänglich erklärten Den Kirchenhiftoriker intereffirt hier vor Allem das
Stelle feiner Schrift gegen die Chriften illuftrirt. fiebente Capitel: Loeuvre religicuse. Ich habe hier zu-
Die Hypothefe ftützt (4.) der zweite, von Nöldeke weilen den Eindruck nicht ganz los werden können, als
publicirte Julianos-Roman, der einen (chriftlichen!) Philo- habe Diehl nicht tief genug gegraben oder richtiger
fophenTheon unter Julian's Lehrern nennt. Um die Beweis- vielleicht, als ftehe er zu fehr auf dem landläufigen
kraft diefer Quelle zu erhärten, zeigt Maafs, dafs der Ver- Standpunkte der Beurtheilung von ,Orthodoxen' und
faffer fich bei allen feinen Fabeleien doch mehrfach als ,Ketzern'. Aehnlich hat fich fchon Strzygowski in
wohlunterrichtet erweift. feiner Befprechung des Diehl'fchen Werkes in der
Schliefslich wird (5.) die ,heilige Weisheit' in dem Deutfchen Litteraturzeitung (Sp. 2977) geäufsert. Der-
Marcusbilde des Rossanensis auf die Urania der Arat-Dar- felbe Kritiker hat darauf hingewiefen, dafs überhaupt
ftellungen zurückgeführt. Die Uebereinftimmung ift aller- bei dem Bilde der byzantinifchen Civilifation, das Diehl
dings frappant. im dritten Buche (La Zivilisation byzantine azi VI' siede.