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Ausgabe:

1902 Nr. 3

Spalte:

91-92

Titel/Untertitel:

Brockhaus‘ Konversations-Lexikon 1902

Rezensent:

Schürer, Emil

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Theologifche Literaturzeitung. 1902. Nr. 3.

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fo wichtiger, als man bisher annahm, dafs dies abend-
ländifche Bekenntnifs dem Orient ftets unbekannt geblieben
fei. — Auch in einer fo fpäten Schrift wie den Canoties
des Bafilius finden fich Anklänge an den Anfang der
Didache. Man fleht wieder einmal, wie lange fie den
Verfaffern von Kirchenordnungen als Norm vorgefchwebt
hat. — Der grofse Codex canonum der Aethiopen, den
Ludolf benutzte, befindet fich jetzt in der Propaganda:
cod. aethiop. LV 3; die Handfchrift des Abul Barakat
ebendort (Riedel S. 16 n. 4) trägt die Signatur III 18
tnss. arab. — Nachzutragen ift ferner bei der arabifchen
Didaskalia S. 164 die Abhandlung C. Schmidt's in den
Göttinger Nachrichten 1898 Heft 2; und ich darf fchliefs-
lich nicht unterlaffen zu bemerken, dafs mir das Fehlen
eines Regifters bei einem Nachfchlagebuche, wie es das
Riedel's doch ift, faft wie ein Mangel vorkommt. Wer
fich z. B. über die Apoftolifche Kirchenordnung oder die
Theile der Apoftolifchen Conftitutionen, die von den
Arabern übernommen find, orientiren will, hat es nicht
leicht, wenn er nicht etwa fchon vorher weifs, in welchem
Zufammenhange die Stücke im Arabifchen überliefert
find.

Königsberg i. Pr. H. Achelis.

Brockhaus' Konversations-Lexikon. 14. vollftändig neubearb.
Aufl. Neuerev. Jubiläums-Ausgabe. i.Bd. A — Athelm.
2. Bd. Athen — Bifenz. 3. Bd. Biferta — Cesnola.
4. Bd. Cefpedes — Deutfehes Theater. Leipzig 1901.
Brockhaus. (1042, 1042, 1042 und 1058 S. Lex. 8.)

Geb. in Halbfrz. je M. 12.—

Brockhaus'Konverfations-Lexikon ift in weiten Kreifen
ein alter Bekannter. Seine Anfänge reichen mehr als
hundert Jahre zurück. Schon im J. 1796 wurde es (wie
wir dem Artikel ,Brockhaus' entnehmen) von Dr. Löbel
und Advocat Francke begründet; ging dann nach und
nach an vier weitere Befitzer über, die das Werk aber
nicht über den Buchftaben S hinausbrachten. Im J. 1808
kaufte es Friedrich Arnold Brockhaus, der es nun ver-
ftand, ihm eine folche Geftalt zu geben, dafs es ein weit
verbreitetes, für Viele unentbehrliches Volksbuch wurde.
Die erite Auflage wurde 1809—1811 vollendet. Seitdem
hat es 14 Auflagen erlebt. Die 14., vollftändig neu bearbeitete
Auflage erfchien in 17 Bänden 1891 —1897. Eine
Revifion derfelben ift die nun im Erfcheinen begriffene
Jubiläums-Ausgabe'. Mit jeder neuen Auflage ift das
alte Werk wieder jung geworden. Vier Generationen
haben an demfelben gearbeitet, denn die jetzigen Befitzer
und Leiter der Firma find die Ur-Enkel des Begründers.
Durch diefe fortwährende Verjüngung ift es im Stande
gewefen, auch die Concurrenz ähnlicher vortrefflicher
Werke fiegreich zu beftehen. Die Bereicherung, die das
Werk im Laufe der Jahre erfahren hat, ift eine ganz ungeheure
. Selbfl wenn man eine der mittleren Auflagen
mit der neueften vergleicht, ift der Vorgänger in dem
Nachfolger kaum wieder zu erkennen. Aber noch ein
anderer Eindruck drängt fich beim Durchblättern diefer
Bände auf. Sie fpiegeln den gewaltigen Fortfehritt wieder,
den unfere Cultur auf allen Gebieten des Lebens im
Laufe von hundert Jahren gemacht hat. Wie viel neue
Stoffe und wie viel hunderte neuer Stichworte find dem
Werke nur durch den Umftand zugeführt worden, dafs
das Culturleben felbft neue Bahnen eingefchlagen, neue
Werthe und neue Formen gefchaffen hat. Die Fortfehritte
der Wiffenfchaft in ihrer mannigfaltigen Verzweigung
treten dabei nicht einmal am ftärkften in den Vordergrund
, fo bedeutend fie find. Noch viel mehr fällt in das
Auge die Entwickelung der Technik, der Induftrie, des
ganzen Verkehrslebens, der Politik und Volkswirthfchaft,
des Rechtes und des öffentlichen Lebens überhaupt.

Eben diefer Umftand giebt uns das Recht, des Werkes
auch an diefer Stelle zu gedenken; denn ein Theologe,

[ der ein offenes Auge für das Leben hat, wird ein Werk
diefer Art nicht wohl entbehren können. Es ift freilich
nur ein Nachfchlagebuch und vermittelt nur ein ency-
klopädifches Wiffen. Aber die Orientirung, die es bietet,
ift doch in jedem einzelnen Falle eine folide und zuver-
läffige. Die Redaction hat es offenbar verftanden, auf
allen Gebieten der Wiffenfchaft und des modernen Lebens
Fachmänner als Mitarbeiter zu gewinnen. So wird man
kaum je das Buch auffchlagen, ohne ausreichende Belehrung
zu empfangen. Seinen modernen Charakter bewährt
es auch durch die reiche Beigabe von Karten und
Abbildungen. Der erfte Band enthält 71 Tafeln und
104 Textabbildungen, der zweite 58 Tafeln und 214 Textabbildungen
, der dritte 40 Tafeln und 250 Textabbildungen,
der vierte 50 Tafeln und 196 Textabbildungen. Die Gebiete
, welchen diefer Bilderfchmuck am meiften zu Gute
gekommen ift, find: Geographie, Naturwiffenfchaften,
Technik und Kunftgefchichte. Es fei hier nur in erfterer
Hinficht auf folgende Artikel verwiefen: Afrika, Aegypten,
Alexandria, Algerien, Alpen, Amerika, Amfterdam, Antillen
, Antwerpen, Afien, Athen, Atlantifcher Ocean,
Auftralien, Baden, Balkanhalbinfel, Bayern, Belgien,
Berlin, Bombay, Bosnien, Bosporus, Brandenburg, Brafilien,
Bremen, Breft, Brüffel, Budapeft, Buenos-Aires, Byzan-
tinifches Reich, Centraiamerika, Chemnitz, Cherbourg,
Chicago, China, Colombia, Dänemark, Danzig. Sie alle
find durch Karten und Pläne illuftrirt. In wichtigeren Fällen,
wie bei Aegypten, Alexandria, Athen ift auch die Geographie
und Topographie des Alterthums durch Karten
und Pläne berückfichtigt.

Bei der reichen Fülle, die hier geboten wird, ift es
für deutfehe Zuftändc, wir dürfen vielleicht fagen: für
deutfcheBedürfnifse,charakteriftifch,dafsdentheologifchen
Artikeln ein verhältnifsmäfsig befcheidener Raum zuge-
wiefen ift. Das Nothwendige wird zwar auch hier gegeben
und-im Ganzen gut gegeben (z. B. Ablafs, Apo-
kalypfe, Apoftelgefchichte, Bibel, Bistum, Brüdergemeinde,
Bugenhagen, Chriftentum, Chriftenverfolgungen, Chriftus,
Chronik, Clemens, Crucifix). Aber wir glauben fagen zu
dürfen, dafs bei einer in England oder America er-
fcheinenden Encyklopädie diefes Gebiet einen breiteren
Raum einnehmen würde als hier. Als dürftig find uns
z. B. aufgefallen (um einige über das theologifche Gebiet
hinausgreifende Rubriken zu nennen) die Artikel ,Affyrien'
und ,Befchwörung'. Letzterer betrifft doch ein Gebiet,
welches für die Gefchichte aller Religionen und Zeiten
von eminenter Wichtigkeit ift. Bei ,Agrippa' hätten auch
die beiden im Neuen Teftamente vorkommenden jüdifchen
Könige diefes Namens genannt werden dürfen. Unter
,Corvinus' fehlt der Reformator Antonius Corvinus.

Angefichts des hohen und anerkannten Werthes des
Unternehmens können wir fchliefslich nicht unterlaffen,
unfer Bedauern auszufprechen über die gefchmacklofe Art
der Reclame, die von einem Agenten dafür gemacht wird.
Hoffentlich fleht es in der Macht der Verlagsbuchhandlung
, diefelbe künftig zu verhindern. Sie gefährdet ernft-
lich den Ruf, welchen das Werk mit vollem Rechte geniefst.

Göttingen. E. Schürer.

Notiz.

In meiner Anzeige von Burkitt's Ephraim'! Quotation! No. 1
Sp. 20 hätte ich erwähnen Collen, dafs die Jängft bekannte1 Stelle der
Rabbulasbiographie von Neftle entdeckt worden ift, der daran fchon
1885 die Vermuthung anknüpfte, dafs Rabbulas ,eine Revifion der fyr.
Ueberfetzung nach irgend einer griech. Hdfch. vornahm, deren Refultat
man in Sc iyr. cur.], bezhw. S [Pesch.] zu fuchen geneigt fein könnte1.
RE2XV 195.

Jena. von Dobfchütz.

Erklärung.

Zu dem eingehenden Referat des Herrn Geh. Kirchenrats Prof. D.
Kattenbufch über meine Studie .Niedergefahren zu den Toten1 in Nr. I
diefer Zeitung erlaube ich mir folgendes zu bemerken: