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Ausgabe:

1902

Spalte:

49-50

Autor/Hrsg.:

Egelhaaf, Gottlob

Titel/Untertitel:

Gustav Adolf in Deutschland 1630-1632 1902

Rezensent:

Köhler, Walther

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Seite 1

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Theologifche Literaturzeitung. 1902. Nr. 2.

einmal die Toleranzgrundfätze den Unterthanenlanden ! Betracht (vgl. S. 85 und 79). Die Grundzüge der Politik
ein, aber feit 1560 bekam die reactionäre Partei treffliche Guftav Adolfs, vor allem die enge Verknüpfung des reli-
Stü'tzen an dem Papfte Pius IV., der früher Erzpriefter giöfen und politifchen Momentes, und als End ziel nicht die
zu Mazzo im Veltlin gewcfen war, und dem Erzbifchof | Tyrannifirung üeutfchlands, vielmehr nur die Begründung
Carlo Borromeo Das Veltlin war das einzige Gebiet in des corpus evangehcorum unter königlichem Protektorat,
Italien aus dem reformatorifche Strömungen Unter- flehen jetzt allgemein feft. Sehr hoch fchätzt E. den
ftützung bekommen konnten, und daher richtete Borro- Leipziger Convent ein, und das wenigflens wird man
meo um die Gegenreformation im Süden der Alpen zu ; ihm zugeben müffen, dafs ,durch den fo oft als werth-
fiche'rn befondere Aufmerkfamkeit auf die Zerftörung , los befpöttelten Leipziger Convent die Dinge unaufhalt-
des Ketzerneft.es. Das Tridentinum hatte die Entfen- fam ins Rollen gekommen waren' (S. 76). Bez. der Erdung
von Vifitatoren befchloffen, die das tief geiunkene , oberung Magdeburgs hätte vielleicht der Werth der Stadt
Leben der Katholiken und die Zucht im Klerus wieder ! für Guftav Adolf als Beherrfcherin des Mittellaufes der
herftellen follten Der erfte Vifitator im Veltlin 1578 Elbe und Sperrfort zwifchen den unteren und oberen
war der Bifchof Buonomi von Vercelli, der aber I Quartieren der Kaiferlichen (vgl. Lenz a. a. O. 24548fr.)
nicht viel ausrichtete Erft die Pilgerfahrt Borromeo's ftarker herausgehoben werden können; diefen Werth er-
nach Tirano fein Befuch in Diffentis und Misox, die kennend wird Tilly mit der Belagerung nicht locker geunter
dem Deckmantel der Hexenproceffe ftattfindende laffen haben, wahrend Guftav Adolf vergeblich fich beVerfolgung
der Reformirten führten zu zahlreichen Con- ; müht, ihn durch Diverfionen abzuziehen (zu S. 52 und 53).
verfionen Das Werk Borromeo's fetzte dann der Bifchof j Das berühmte Landungsgebet des fchwedifchen Herrfchers
von Como. Feliciano Ninguarda, ein geborener Bündner, aber das E. als ,doch der Lage entfprechend' noch fcft-
fort Camenifch behandelt dann noch die Landesfchule 1 halt (S. 34), ift nach Droyfen s eingehender Unterfuchung
zu Sondrio die als eine paritätifche Schule errichtet, ! in: Mitt. des Inftit. für öfterr. Gefchichtsforfchung Bd. 22
fchon is86 nach Chur verlegt werden mufste, den Auf- S. 269«". als aus einem von dem fchwedifchen Feldpropft
rühr zu Sondrio und die Verfchwörung des Tettone und j zufammengeftellten Tafchengebetbuche entnommenes urfeiner
Genoffen' zum Ueberfall des Veitlins. C. führt t fprüngliches Lagergebet nach der Landung, das man fpäter
auf Grund der Quellen den Beweis, dafs Borromeo bei j zum Landungsgebete des Königs (temperte, als unhiftorifch
diefer mifslungenen Verfchwörung feine Hand im Spiele i zu ftreichen, wenn auch Droyfen's Argumentation m. E.
gehabt hat In einem Appendix find eine Reihe von | nicht in allen Punkten nachhaltig ift (es ift nicht ein-
Urkundenbeilagen abgedruckt. ■■ Die Arbeit verdient leuchtend dafs die im ,Manifeft' von 1530 gegebene
volle Anerkennung, fie zeugt von einer trefflichen hifto- Faffung des Gebetes ein Auszug fein foll; allerdings ift
rifchen Methode und ift ein werthvoller Beitrag zur Ge* das Manifeft anderweitig verdachtig),
fchichte der Gegenreformation und zur Charakteriftik Giefsen. W. Köhler.

Borromeo's. Wir erhalten auch in der Einleitung inte-__

reffante Nachrichten über die eigenthümlich unfertigen

confeflionellen Verhältniffe in Graubünden während der | Brück, Bifchof Dr. Heinrich, Geschichte der katholischen
erftcn Jahrzehnte der Reformation, und wir werden dank- Kjrcne jm neunzehnten Jahrhundert. IV. Band: Gefchichte
bar fein, wenn der Verfaffer auf Grund noch ungedruckter der katholifchen Kirche in Deutfchland, IV. Band: Vom
Quellen auch dies Gebiet einmal bearbeiten wurde. .,„„:__I/V,u_ r-„_-ji ,a„„ Ui______n_________. -

Einen Wunfeh möchten wir ausfprechen, dafs der Ver
faffer die Charakteriftik der führenden Perfonen noch
fchärfer herausarbeiten und verhältnifsmäfsig breite Ex

vaticanifchen Concil 1870 bis zur Gegenwart. 1. Abtheilung
. Das vaticanifche Concil und der fogenannte
Culturkampf in Preufsen bis zur Anknüpfung von Ver-

curfe, die nur Bekanntes wiederholen wie z. B über die handlungen mit Rom. Mainz 1901, F. Kirchheim. (XIV
Jefuiten und Capuciner und über den itahenifchen Pro- . g g) v '

teftantismus kürzer zufammenfaffen möchte. 33 ' ' °-ö°

u ., Rfütjmarher Der Standpunkt, von dem Dr. Brück die Gefchichte

Heidelberg. des Culturkampfes darfteilt, ift der ftreng katholifche, d. h.

ultramontane, wie man dies auch von einem Bifchof der

Egelhaaf, Gymn.-Rekt. Dr. Gottlob, Gustav Adolf in Deutsch- katholifchen Kirche von vornherein nicht anders erwarten
Iand1630 1632. (Schriften des Vereins für Reformations- kann> und man fucht deshalb in dem ganzen umfang-
..... „, Ar.« i_,_______ . e^-i.-A u„n„ reichen Werke vergebens nach einer auch nur einiger-

gefchichte Nr. 68 [18. Jahrgang. 3. Stück].) Halle 1901,
M. Niemeyer. (III, 145 * V- W M- lM

mafsen gerechten Würdigung der Motive der preufsifchen
Staatsregierung. Nur ganz gelegentlich hört man aus

.Nur in den beiden letzten Jahren feines Lebens hat einer kurzen Skizze einer Rede Bismarcks u. A. (fo z. B.

Guftav Adolf im Vordergrunde der Gefchichte geftanden, S.8üf. 220 f. 23if. 397Q, welche Gründe für dieRegierung

aber in diefer kurzen Spanne Zeit ift er der Träger weit- beftanden haben, um aber ftets fofort darüber belehrt
hiftorifcher Ereignifse geworden und hat fich als ein Held t zu werden, dafs die wahren Gründe in ganz anderen

erwiefen, der durch Jahrhunderte hin kaum feines Gleichen Dingen zu finden feien, nämlich in dem Hafse des Libe-
findet', fchreibt Max Lenz in feinem knappen, klaren ! ralismus und der Freimaurer gegen alles pofitive Chriften-

Artike'l ,Guftav Adolf in Bd. 7 der Hauck'fchen Realen- thum und in der Theorie von der Staatsomnipotenz, die

cyklopädie11 (S. 24ofF.). Diefen .denkwürdigen Abfchnitt Bismarck rückfichtslos durchgeführt wiffen wollte (a.a.O.

unferer Gefchichte, der fich an den Namen Guftav Adolfs S. 177. 263. 155). So ift denn auch das Buch durchzogen

knüpft' gemeinfafslich darzuftellen, hat fich E. zur Auf- von den oft gehäffigften Ausfällen gegen den ungläubigen

gäbe crefetzt, und ihre Löfung ift vortrefflich gelungen. Liberalismus, der in diefem Kampfe feine eigenen Prin-

Es liegt eine aus dem Vollen gefchöpfte Darftellung vor. eipien fchmäblich verleugnet habe und gegen Bismarck,

Die fouveräne Beherrfchung des Stoffes manifeftirt fich dem es nicht nur Unkenntnifs der katholifchen Lehre

wohl am deutlichften in der plaftifchen Herausarbeitung und Verfaffung, Willkür, Lüge u. dgl. vorwirft, fondern

der Figur des .Löwen aus Norden', in der gefchickten gegen den es auch indirect die Befchuldigung erhebt, er

Verwerthung von Detailzügen, der anfehaulichen Schil- habe den Krieg mit Frankreich frevelhaft heraufbe-

derung der Schlachten. Neues will E. nicht bieten — fchworen (S. 263).

und darum wohl ift auf Quellenbelege Verzicht geleiftet —; j Im erften Abfchnitte ,das allgemeine Concil im Vati-

das aus dem Ulmer Stadtarchiv neu entdeckte Material, can' (S. 1 —59) bemüht fich Brück vor Allem die Gegen-

werthvoll für die Beziehungen Guftav Adolfs zu den Reichs- nätze, die vor und auf dem Concile zu Tage traten, zu

ftädten, kommt bei vorliegendem Gefammtaufrifs kaum in verwifchen und miteinander auszugleichen, ohne dafs ihm