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Ausgabe:

1902 Nr. 24

Spalte:

651-652

Autor/Hrsg.:

Kögel, Gottfried

Titel/Untertitel:

Rudolf Kögel. Seln Werden und Wirken. II. Band 1902

Rezensent:

Eck, Samuel

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Seite 1

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651 Theologifche Literaturzeitung. 1902. Nr. 24. 652

Kögel, Reg.-Rath Gottfried, Rudolf Kögel. Sein Werden
und Wirken. II. Band. 1854 bis 1872. Mit einem Bild-
nifs. Berlin 1901, E. S. Mittler & Sohn. (VI, 332 S.
gr. 8.) M. 6.— ; geb. M. 7.50

Diefer zweite Band der Kögelbiographie — vgl. ThLZ.
1900, Sp. 154 — bietet des unmittelbar theologifch und

Complex von Dogmen, die modern pietiftifcher Frömmigkeit
befonders am Herzen liegen. Auf die in dem
Haager Kreife auftauchende Frage nach dem Verhält-
nifse von Schrift und Wort Gottes giebt K. die Antwort
: ,alle Schrift eingegeben von Gott, das bleibt mein
ceterum censeo'. Darum kann er trotz leifen Unbehagens
den fchwärmerifchen Hoffnungen des Judenchriften Ifaak

kirchlich Intereffanten weniger als der erfte. Man verfolgt da Cofta keinen Widerfpruch entgegen fetzen: Rom. 11
mit Theilnahme die eifrige, treue und aufopferungsvolle ! gilt als göttliche Offenbarung; ,die Wiederannahme Israels

Wirkfamkeit des jungen Geiftlichen, zuerft in Nakel in
der Provinz Pofen, dann im Haag, endlich feit De
cember 1863 am Dom in Berlin. Für Freunde und Verehrer
des Verftorbenen, auf die das umfangreiche Werk

ift im Rathe Gottes eine befchloffene Sache, in der hl.
Sehr, ein erfchloffenes Geheimnifs'. Durch v. Hofmann
läfst er fich einprägen, dafs die Schrift ein Organismus
und dafs fie Geift und Leben ift. Wenn er in Bad Ems

jedenfalls in erfter Linie berechnet ift, wird die ziemlich fich von Apok. 22 zu Thränen rühren läfst, fo folgert er;
breite Darfteilung wohl auch ihren Zweck erfüllen. Andere ,dafs diefem Buche (der Bibel) diefer Schlufs gegeben
werden fich aus diefen Brief- und Predigtauszügen die j ward, fchon das ift Beweis und Siegel für göttlichen
fich oft nur chronikartig aneinander reihen, den Stoff I Urfprung und göttliche Leitung'. Aber wie die Fxegefe
herausfuchen zur Beobachtung der Art, wie K. ,zur er- j ausfieht, die fich auf diefer Grundlage aufbaut, erkennt
folgreichen Beftehung der auf ihn wartenden kirchlichen i man aus der Behauptung einer Predigt, dafs die Diffe-
Kämpfe' ausgerüftet wird oder fich felbft ausrüftet. Die I renzen in der Abendmahlslehre keinen Grund zur Tren-
Frage ift, wie fich der Schüler der Vermittelungstheologen, : nung für diejenigen abgeben, ,die fich zu den Vorberei-
Tholuck's, Müllers, Nitzfch's, zum fpäteren Parteiführer 1 tungsregeln aus 1. Kor. 11 bekennen'. Aus Joh. 844 wird
entwickelt. Da ift nun zunächft der Gegenfatz zwifchen i das tröftliche Theologumenon von der Erlöfungsfähigkeit
dem ,lutherifchen' Nakel und dem ,reformirten' Haag zu I des Menfchen gefolgert, weil die Sünde bei ihm nicht
erwähnen. Dort hält fich das Pofener Confiftorium für wie beim Teufel zu feinem Wefen gehöre. Nicht erft
verpflichtet, in der Vocationsurkunde die ,lutherifch ge- j 1877 in Berlin hat K. das Apoftolikum zur Demonftration
gründete' Kirchengemeinde gegen etwaige Willkur des benutzt (Beyfchlag, Aus m. Leben 2, 443). Schon 1862

Geiftlichen in ihrem Rechte auf Augustana und Katechismus
Lutheri zu fchützen, während K. ,in der von
Grund aus verkommenen Gemeinde confeffionelle Zu-
fpitzungen durchaus nicht brauchen' zu können erklärte.
Hier, im Haag, fetzt fich die neugegründete deutfehe
unirte Gemeinde zum gröfsten Theile aus Gliedern zu-
fammen, die an reformirte Denk- und Cultweife gewöhnt
find. Und K. ift fich bewufst, bei der Einführung litur-
gifcher Formen aus der preufsifchen Heimath — Altar.

auf dem Brandenburger Kirchentag hat er es eine
gleiche Rolle fpielen laffen, ,das ftarke Band, welches
zwifchen Jenen (Katholiken) und uns befteht'. — Vgl. dazu
Reichenberg und Bellarmin bei Loofs, Symbolik 1,65.

Als K. zu diefer Sofortigen That' aufforderte, waren
die Fäden fchon gefponnen, die ihn nach Berlin zogen. Aus
der vorliegenden Darfteilung wird die Angabe R. F.:i 10,
611,50 dahin berichtigt, dafs nicht der Oberhofprediger Hoffmann
, fondern der Minifter v. Mühler felbft die Berufung

Agende. Abendmahlsritus — alle mögliche Vorficht 1 eingeleitet und durchgefetzt hat. Man wird das im Blick
üben zu'müffen. In beiden Fällen alfo findet die von | auf die Folgezeit nicht als bedeutungslos anfehen: der
Halle her lebendige Begeifterung für die Union prak- ' Minifter hat fich den Streiter an die Seite gerufen, der die
tifche Nahrung. Ueber dem Wenigen, was uns fcheidet, j Niederlage, die er felbft 1872 erlitt, 1879 wieder wett zu
will K. das Viele, was uns eint, nicht überfehen. Er ver- ; machen wufste. Ob zum Segen der preufsifchen Landes-
fäumt es dann nicht, bei Begegnungen mit confeffionellen i kirche, ift eine andere Frage. Aber dem Urtheil Rietfchel's
Heifsfpornen, auch wenn fie ihm übrigens noch fo fym- i (a. a. O. S. 61435fr.) über K.'s Charakter wird man bei
pathifch find, ihre ,fehr lutherifche' oder ,englutherifche' 1 allem theologifchen und kirchenpolitifchen Gegenfatze
Art hervorzuheben. Nach folchem Umgang ,ruft ihn ; nur zuftimmen können. — Für Matamoros hat K. zwar
nicht umfonft der weite Liebeshorizont der Alliance'. j einen Aufruf an Niederlands Katholiken veröffentlicht,
In ihrem Sprechfaal oder Garten in Amfterdam (1867) aber in näherem perfönlichem Umgange hat er ,nach
fühlt er fich heimifch. Und der Gefinnung offenbar, die i dem uns vorliegenden Material' mit ihm nicht geftanden.
in diefen Kreifen herrfcht, begegnet das Wort: ,Union j S. 129 und Regifter lies Landerer ft. Londerer. S. 120
wird nicht durch Subtraction der Extreme gefunden, j Z. 15 Flufs ft. Fleifs.

fondern durch die Rückkehr zur Schrift, welche der < Offenbach. S Eck

Fortfehritt in Erkenntnifs und Liebe ift'. Frau Kögel
hat wohl eine deutliche Empfindung von der Verfchieden-
heit der Frömmigkeit, die ihr begegnet: in dem Haager
Kreife chriftlicher Freunde wird mehr, als fie es gewohnt
war, auf Gewifsheit des Gnadenftandes und volles Be-
wufstfein der Bekehrung gedrungen, Aber dies genaue
Berechnen des neuen Lebens, dies beftimmte Angeben
eines Geburtstages, ja einer Geburtsftunde, hat für anders
geführte Gemüth er etwas Beängftigendes, Zurückfchrecken-
des. In früheren Jahren hat es ihr einen gewiffen poeti-
fchen Reiz geboten, das Dunkle und Trübe des Lebens

Bibliographie

von Lic. theol. Paul Pape, Zehlendorf bei Berlin.
jDcutfcbc Literatur.

Kauffmann, F., Balder. Mythus u. Sage nach ihren dichter, u. reli-
giöfen Elementen unterfucht. (Texte u. Unterfuchungen zur altger-
manifchen Rcligionsgefchichte, hrsg. v. Frdr. Kauffmann. Unterfuchungen
. 1. Bd.) Strafsburg 1902, K. J. Trübner. (XI, 308 S.
gr. 8.) 9 _

Budde, K., Das Alte Teftament u. die Ausgrabungen. (Vorträge der
aufzufuchen; jetzt hafcht und fehnt fie fich nach einem j theologifchen Konferenz zu Giefsen. 18. Folge.) Giefsen 1902,

fröhlichen, heitern Kinderglauben, der täglich bittet und ]• Ricker. (39 S. 8.) — 80

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täglich geniefst (1, 164). Aehnlich deutliche Kritik begegnet
aus K.'s eigner Feder kaum. Nicht, dafs ihm
die Frömmigkeit fremd gewefen wäre, die feine Frau
als dutherifch gefärbt' rühmt. Aber der gemeinfame
Gegenfatz gegen den ,Rationalismus' läfst diefe Unter-
fchiede faft verfchwinden. Diefem Feinde gegenüber
bedeutet die Union Rückkehr zur Schrift. Aber auf
dem Boden der evangelifchen Allianz ift das alsbald

Blau, L., Studien zum althebräifchen Buchwefrn u. zur biblifchen Litte-
ratur- u. Textgefchichte. 1. Thl.: Studien zum althebr. Buchwefen
u. zur bibl. I.ittcraturgcfchichte. Strafsburg 1902, K. J. Trübner.
(III, IV, 203 S. gr. 8.) 4. 40

Kahle, P., Der maforetifche Text des Alten Teftaments nach der Ueber-
lieferung der babylonifchen Juden. Leipzig 1902, J. C. Hinrichs'fche
Buchh. (IV, 108 S. gr. 8.) 3. 50

Ley, J., Das Buch Hiob nach feinem Inhalt, feiner Kunflgeftaltung u.
religiöfen Bedeutung. Für gebildete Lefer dargeftellt. Mit e. Vorwort
v. E. Kautzfeh. Halle 1902, Buchh. des Waifenhaufes. (V,

Rückkehr zum Infpirationsdogma und mit ihm zu dem 1 153 s. gr. 8.) 2