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Ausgabe:

1902 Nr. 23

Spalte:

615-616

Autor/Hrsg.:

Lea, Henri-Charles

Titel/Untertitel:

Histoire de l‘inquisition au moyen-age 1902

Rezensent:

Mueller, Karl

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Theologifche Literaturzeitung. 1902. Nr. 23.

616

evangelifchen Kirche, Canifiusfeier, Giltigkeit akatholifcher
Taufen, Ablafs für Gebet um Bekehrung der Proteftanten,
die Fragen, ob evangelifche Seelforger zu fterbenden
Häretikern zuzulaffen feien, die in katholifchen Spitälern
oder Privathäufern verpflegt werden und trotz aller
Bemühungen fleh nicht zum Katholicismus haben bekehren
laffen, ob amputirte Glieder von Katholiken wie
die der Akatholiken im Nothfall verbrannt und in
ungeweihter Erde begraben werden dürfen, ob bei
fchwerer Geburt die Kraniotomie am Kind geftattet fei,
ob man an den Tagen, da thierifches Fett verboten,
Butter aber erlaubt ift, Margarine gebrauchen dürfe.
Endlich folgen im Anhange Quellen über die heutige
Stellung des Katholicismus im Deutfchen Reich, über
die öfterreichifche und franzöfifche Los-von-Rom-Bewegung
, den Altkatholicismus, Auszüge aus jefuitifchen
Moraliften, dem Pontificale, Rituale, Breviarium Ro-
manum, ein Verzeichnifs der ökumenifchen Concilien
nach römifcher Zählung fowie der Päpfte nach der Ge-
rarchia Cattolica und Funk.

So ift das Buch aufserordentlich bereichert worden
und nunmehr auch das Mifsverhältnifs verfchwunden, in
dem in der 1. Auflage der Umfang ausgedehnter und
doch leicht zugänglicher Quellen, wie des Tridentinums
zum übrigen Inhalte ftand. Die Arbeit diefer Revifion
ift, wie ich ausdrücklich bemerken möchte, ficher viel
gröfser gewefen, als mancher denken möchte. Aber um
fo gröfser ift der Dank, den nicht nur die, die keine
grofsen Bibliotheken in der Nähe haben, fondern auch
wir Glücklicheren dem Herausgeber fchulden, die wir
nun ein bequemes Quellenbuch zu Haufe haben und zugleich
in der Vorlefung darauf verweifen, im Seminare
davon Gebrauch machen können.

Breslau. Karl Müller.

Lea, Henri-Charles, Histoire de l'inquisition au moyen-äge.

Ouvrage traduit sur l'exemplaire revu et corrige de
l'auteur par Salomon Reinach. Tome II. L'inquisition
dans les divers pays de la chretiente. Avec un
portrait de l'auteur. Paris 1901, Societe nouvelle de
librairie et d'edition. (XIX, 682 S. 8.) Frs. 3.50

Der zweite Band diefer Ueberfetzung des englifchen
Originals enthält die Gefchichte und das Wirken der
Inquifition in den einzelnen Ländern: Languedoc bis zur
Einverleibung in Frankreich, fodann Frankreich, Spanien,
Italien, den flavifchen Ländern, Deutfchland, Böhmen
und Huffiten. Er behandelt alfo zugleich das Gefchick
der Katharer, Waldenfer, der pantheiftifchen und quie-
tiftifch-enthufiaftifchen Secten und eine Reihe deutfeher
Erfcheinungen, den Procefs Hüffens und das Schickfal
der Huffiten, der Utraquiften wie der böhmifchen Brüder.
Die Stärke des Buches befteht jedoch nicht in der Auf-
faffung diefer Secten und häretifchen Erfcheinungen —
da wäre im Gegentheil manches zu wünfehen, was auch
fchon zur Zeit der amerikanifchen Ausgabe hätte beffer
gemacht werden können —, fondern in dem, was den
eigentlichen Gegenftand des Werkes bildet, in der Gefchichte
der Inquifition als kirchlichen Inftituts. Hier ift
man immer wieder überrafcht über die gewaltige Fülle
von Material, über die der Verf. verfügt. — Da ich in-
deffen hier nicht das Werk Lea's, fondern nur feine
Ueberfetzung anzuzeigen habe, fo genüge es zu wiederholen
, dafs die Ausgabe einer Ueberfetzung zu fo billigem
Preife höchft willkommen ift. Dem Bande ift ein Bild
des Verfaffers beigegeben, deffen feine fympathifche
Züge auch bei diefer nicht gerade glänzenden Wiedergabe
jedermann erfreuen und interefliren werden.

Mit der Correctur erhalte ich nun zugleich den
dritten und Schlufsband (V, 898 S. 8., Fr. 3.50). Er enthält
die Gefchichte der häretifchen Bewegungen im Mi-
noritenorden, fowie deren Ausläufer, Joachimismus, Dol-

cino, Fraticellen, die Anwendung des Härefiebegriffs auf
politifche Vorgänge und die Ausnutzung der Inquifition
für politifche Intereffen durch Papftthum und politifche
Mächte, die Stellung zur Magie und Zauberei und die
Härefie in der fcholaftifchen Theologie. Hervorheben
möchte ich noch, dafs der Ueberfetzer des erften
Bandes S. Reinach bei den beiden letzten Bänden einen
jungen Gelehrten, A. Crehange, als Mitarbeiter gehabt
hat.

Breslau. Karl Müller.

Albers, Dom Bruno, O. S. B., Une nouvelle edition des
Consuetudines Sublacenses. Extrait de la Revue Bene-
dictine, 1902, n°- 2. Bruges, Desclee, de Brouwer et Cie.
(26 S. gr. 8.)

Zur Vorbereitung einer kritifchen Ausgabe der Consuetudines
des Klofters Subiaco unterfucht Albers das
ihm zugängliche Handfchriftenmaterial. Die Consuetudines
wurden durch einen Deutfchen Nicolaus Seyringer, oder, wie
er nach feinem Geburtsorte genannt wird, Nicolaus von
Matzen, in Deutfchland zur Zeit des Conftanzer Concils
bekannt. Nicolaus von Matzen war um 1403 Mönch im
Klofter Sacro speco zu Subiaco geworden, 1412 wurde er
zum Abt von St. Scholaftica gewählt, zog fleh aber von
dort vertrieben in das Priorat St. Anna de Mondragone
in Kampanien zurück. Dort erhielt er den Auftrag, den

1 Benediktinerorden in Polen zu reformiren. Es kam aber
nicht zur Ausführung diefes Auftrages, da Nicolaus zuCon-

i ftanz vom Herzog Albrecht V. von Oefterreich mit der Reform
der Benediktinerklöfter feiner Erblande betraut wurde.
1418 begann er mit der Vifitation der öfterreichifchen
Klöfter und wurde im gleichen Jahre Abt des Klofters
Melk. Der von ihm begründeten Reformation von Melk

j legte Nicolaus von Matzen die Consuetudines Sublacenses
zu Grunde. Von diefen Consuetudines haben Albers

I zwei Manufcripte italienifcher Klölter von St. Scholaftica

zu Subiaco und St. Peter zu Perugia und 60 Manufcripte
aus deutfchen und öfterreichifchen Klöftern vorgelegen.
Seine Unterfuchung kommt zu dem Refultate, dafs den
älteften Text, der wahrfcheinlich direct aus dem Klofter

| Sacro speco zu Subiaco ftammt, die Codices St. Gallenses
lat. 928 und 932 enthalten. Alle anderen Texte find von

! diefen abhängig, indem man fpätere Zufätze über die

j Functionen der Händigen Beamten wie des Abtes, Priors,
Kellermeifters etc. machte. Diefes Refultat fcheint volle
Zuftimmung zu verdienen, abfchliefsend wird man aber

| erft urtheilen dürfen, wenn die neue Ausgabe vorliegt.

Heidelberg. Grützmacher.

Kügelgen. Lic. Conftantin von, Die Ethik Huldreich Zwingiis.

Leipzig 1902, R. Wöpke. (V, in S. kl. 4.)

M. 4.-; geb. M. S.Haben
fich die früheren Veröffentlichungen des Vf.
j um die Neugeftaltung der hergebrachten Dogmatik auf
[ Grund des evangelifchen Heilsglaubens bemüht, fo möchte
| die vorliegende Arbeit der proteftantifchen Ethik einen
| ähnlichen Dienft leiften. ,Wie es fruchtbringend wirkt,
von der Schulweisheit Melanchthon's zu der religiöfen
Urfprünglichkeit Luther's zurückzukehren, fo dürfte es
gleichfalls nicht fruchtlos bleiben, wenn man fleh von der
ftatutarifchen Pflichtenlehre des ,Epigonen Calvin" zu der
in den meiften Punkten ungleich freieren und moderneren
Ethik Zwingli's wendet' (S. V). In diefem Beftreben, die
ethifchen Anfchauungen des Zürcher Reformators für
; die Gegenwart fruchtbar zu machen, liegt die charakte-
riftifche Eigenthümlichkeit der aus dem Vollen fchöpfen-
! den, mit gut gewählten Belegen reich ausgeftatteten, auch
i die Zwingli-Literatur gewiffenhaft und felbftftändig ver-
l werthenden Schrift. Die Gliederung derfelben ift nicht