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Ausgabe:

1902 Nr. 20

Spalte:

546-547

Autor/Hrsg.:

Blecher, C.

Titel/Untertitel:

Die Lehre von der Gnadenwahl 1902

Rezensent:

Lobstein, Paul

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Theologifche Literaturzeitung. 1902. Nr. 20.

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Welt, des Chriftenthums, der Beurtheilung der Chriflen Blecher, Pfr. C, Die Lehre von der Gnadenwahl. Ein

durch die Heiden. Eine Unterfuchung der Glaubwürdigkeit
von Lucian's Schrift, eine Darftellung des wahren
Lebenslaufes von Peregrinus Proteus, die fich als eine
Ehrenrettung des von Lucian angegriffenen Kynikers

Beitrag zum Verftändnis des II. Artikels der Kon-
kordienformel mit befonderer Berückfichtigung der
Lehrflellung der Miffouri - Synode. Gütersloh 1902,

ergiebt, bilden den Abfchlufs. C- Bertelsmann. (V, 139 S. gr.8.) M. 2.25; geb. M. 3.—
D. fchliefst fich verftändiger Weife der Anfchauung Bekanntlich hat die verfchiedene Auffaffung des
an, dafs Lucian in feinem Peregrinus einen Angriff auf ; XI. Artikels der Konkordienformel ,von der ewigen Vor-
die Kyniker, nicht etwa auf die Chriften gemacht habe, j fehung und Wahl Gottes' einen Zwiefpalt in der lutheri-
ebenfo der andern, dafs die Schrift keine Gefchichts- ; fchen Kirche Amerikas hervorgerufen. Die Miffouri-
erzählung im ftrengen Sinne fei, fondern als tendenziöfes Synode, die fich rühmt, den wahren und ganzen Luther
Pamphlet das Charakterbild des Peregrinus fpöttifch zu verftehen und den genuin lutherifchen Sinn des
verzeichne. Es find im Wefentlichen die Ergebnifse umftrittenen Artikels wieder zur Geltung gebracht zu
von Bernays und Croifet, die fich D., freilich nach um- haben, hat die gefammten lutherifchen Parteien der Verfichtiger
Erwägung, aneignet. einigten Staaten gegen fich und mufs fich der AbMarburg
i. H. RudolfKnopf. weichung von der rechtgläubigen Lehre bezichtigen

laffen. Des Verf.s Schrift fucht nachzuweifen, dafs die

Geizer, Heinrich, Der Patriarchat von Achrida. Gefchichte Miffouri-Synode und ihre Gegner fich gleicher Weife
und Urkunden. (Abhandlungen der Königl. Sächf. j auf falfchen Bahnen bewegen und dafs die Uneinigkeit

Gefellfchaft der Wiffenfchaften. Philologifch-hiftorifche
Claffe. XX. Band. Nr. 5.) Leipzig 1902, B. G. Teubner.
(231 S. Lex. 8.) M. 7.20.

Die Kirchengefchichte der Balkanhalbinfel fleckt

beider Parteien in einer ,falfchen Einigkeit' ihren Grund
hat. ,So gewifs als alle auf der Konkordienformel fufsen-
den Lutheraner fowohl der Miffouri-Synode als ihres
Widerpartes nur eine Einigung im Geifte wollen, weil
jede andere Einigkeit fehr bald zur Trennung fuhrt, fo

noch voll von Problemen. Sie ift nicht überall im hoch- gewifs find fich beide Theile in einem dem Grundprin
ften Sinn intereffant, aber auch fcheinbar Geringfügiges cip der Konkordienformel nicht gemäfsen, ja wider-
ifl für die Confeffionskunde oft belangreich. Die Ge- fprechendem Princip einig, und zwar einem Principe,
fchichte der bulgarifchen Kirche ift befonders beladet i welches fo geartet id, dafs es eine Ausbildung der
mit Unficherheiten. Schon die .Beiträge zur Gefchichte Gnadenwahlslehre nach zwei entgegengefetzten Richtungen
der bulgarifchen Kirche' von Zachariä v. Lingenthal gedattet, und, je nachdem es angewandt wird, mit innerer
(Memoires de Vacad. imp. des Sciences de St. Petersburg, Nothwendigkeit zu zwei entgegengefetzten Lehren führt,
VIIe serie, toine VIII, Nr. j; 1864) bemühten fich in die weder mit der Konkordienformel noch auch mit
fehr gelehrter Weife um mehrere damit zufammenhängende I einander harmoniren können'(S. 2). Demnach dellt fich

Fragen (das Verhältnifs der Diöcefe von Achrida zu
derjenigen der Justiniana prima, die Entwickelung der
Bisthümer der bulgarifchen Kirche, zuletzt befonders

der Verf. die Aufgabe, ,diefes falfche Princip, welchem
die Miffouri-Synode und ihre Gegner gemeinfam huldigen,
famt feinen falfchen Konfequenzen aufzudecken und

den Patriarchat des zweiten bulgarifchen Reichs). Geizer : ihm den Grundfatz der Konkordienformel und feinen
knüpft zum Theil bei diefen Unterfuchungen an. Es I Konfequenzen gegenüber zu ftellen'. ,Das gemeinfame
handelt fich für ihn fpeciell um Achrida und feine Ge- j falfche Princip' (S. 3—33), in welchem beide Parteien

fchichte bis zur definitiven Befeitigung des Patriarchats
1767. Die Unterfuchung verläuft zunächft an der Hand
einiger Liften der älteren Patriarchen und Erzbifchöfe,
dann an der einer Reihe von Urkunden, die einem ach-
ridenifchen Codex entflammen und die Geizer in einer
Abfchrift auf der Bibliothek der theologifchen Schule zu

einig find, bringt B. auf folgenden Ausdruck: ,Die Lehre
von der Gnadenwahl, auch wie fie geoffenbart ift, ift
nur für die Gläubigen, und hat nur den einen Zweck,
den Gläubigen einen befonderen Troft zu geben. Die
Konkordienformel dagegen lehrt: Die Lehre von der
Gnadenwahl, fofern fie geoffenbart ift, ift für die Aus-

Halki entdeckte. Die Arbeit berührt alle Verfaffungs- [ erwählten und hat den Zweck, die Menfchen auf befon

verhältnifse, beleuchtet aber zugleich das Leben, die
Zuftände in Achrida mit fehr vielem conkreten, fitten-
und culturgefchichtlich wichtigen Material. Befonders
lehrreich find die Abfchnitte: ,Die zwei Richtungen im
Clerus von Achrida (Autochthonen und Phanarioten)',
,Die Finanzen des Stuhles von Achrida', ,Die officielle
Terminologie der Canzlei von Achrida', ,Die Patriarchen-
und Bifchofswahlen'. Es ilt hier nicht der Ort, auf Einzelnes
einzugehen. Im erften Theile nimmt der Verf.
Studien wieder auf und führt fie vollends zum Ziel, die
er in der zweiten Abhandlung über ,Ungedruckte und
wenigbeachtete Bistümerverzcichniffe der Orient. Kirche'
Byzant. Zeitfchr. II, 1893, f. fpeciell S. 40ff.) begonnen
hatte. Ganz kurz nur berührt er zum Eingang die Wan

dere wirkfame Weife zur Bufse zu ermahnen, zur Gott-
feligkeit anzuhalten, ihren Glauben zu ftärken und fie
ihrer Seligkeit zu vergewiffern'. .Gläubige' und ,Auserwählte
' find für die Konkordienformel durchaus nicht
identifche Begriffe, und zum anderen ift auch der Troll
der Auserwählten nicht zu enge zu faffen, wie fowohl
die Miffouri-Synode als deren Gegner thun. Die exe
getifche Begründung diefer Ausfagen entnimmt der Verf.
der in der Konkordienformel vertretenen Deutung der
Stellen Rom. 820.30; Matth. 22; Eph. n—5 in ihrem Verhältnifse
zu Rom. 9—11. Das zweite Kapitel (S. 34—76)
beleuchtet ,die Konfequenzen des falfchen Gnadenprin
cipe.v. Der Streitpunkt in der Kontroverfe läfst fich in
folgender Frage formuliren: ,Fliefst der von Gott vor-

derungen des bulgarifchen Patriarchats, ehe er nach Ach- ! hergefehene Glaube aus der Wahl oder fliefst die Gnaden-
nda kam. Er erwähnt hier, dafs er zuerft in Drfter (Si- j wahl aus dem vorhergefehenen Glauben? Beruht die

liftria) errichtet wurde. Ich habe in der Confeffionskunde t
S. 182 als erften Ort des Patriarchats Preslaw genannt.
Das war veranlafst durch Jirecek, Gefch. der Bulgaren
1876, S. 168, bedarf aber ficher jetzt der Correctur. Doch
zeigt Zachariä, S. 10, dafs Preslaw in der älteften Pa

Gnadenwahl allein auf Gottes Barmherzigkeit und Chrifli
Verdienft, oder auch auf dem von Gott vorausgefehenen
Verhalten des Menfchen?' Die Miffourier vertreten das
erde Glied der Alternative, ihre Gegner das zweite. Der
Verf., der die Lehre der Miffouri-Synode ,eine calviniftifche'

triarchatsgefchichte eine Rolle gefpielt hat die noch nicht nennt (S. 36—37), fucht den Schlüffel' zur Löfung der

ganz geklärt ift und über die ich gern bei Geizer eine
Aeufserung gefunden hätte. Zu einer Kritik der penibelen
und gelehrten Arbeit von Geizer halte ich mich indefs
nicht befähigt.

Giefsen. F. Kattenbufch.

Schwierigkeit in einer eigenthümlichen Deutung des
intiätu fidei, welche fowohl den calviniftifchen als den
pelagianifchen Irrthum überwinden foll. ,Auch der noch
nicht im Glauben Stehende wird gelehrt, dafs der Glaube
allein aus der Wahl fliefse, und aus diefem Grunde

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