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Ausgabe:

1902

Spalte:

518-519

Autor/Hrsg.:

Wendland, Paul

Titel/Untertitel:

Die hellenistischen Zeugnisse über die ägyptische Beschneidung 1902

Rezensent:

Schürer, Emil

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Theolögifche Literaturzeitung. 1902. Nr. 19.

518

Banngelübdes im voraus der Gottheit verfprochen, um j die von Schw. gegebene Erklärung des Bannes unter-
fie zum Helfer zu haben. Falten ilt ähnlich dem Pur- zubringen, und wenn blutdürltige Wütheriche wie Me-
giren ein Mittel, Unreinheit fernzuhalten und cultifche | nahem ganze Ortfchaften fchlachteten, fo thaten lie

Reinheit zu erzeugen. Der in 1. Sam. 117ff. befchriebene
Vorgang (teilt ein Eid-Opfer dar, d. h. dasGefpannOchfen
ilt ein Opfer; wem ein Stück des zerhauenen Opferthieres
zugefchickt wird, der wird dadurch eidlich verpflichtet,
an dem kriegerifchen Unternehmen fich zu betheiligen;
das Weib in Ri. 19 ift wie ein Opferthier. Wafferfchöpfen,
Waffergiefsen I. S. 7 6 ilt nach dem Verf. hervorgegangen
aus einem urfprünglichen Ritus der Wülte, dem Waffer-
opfer; daraus hat (ich die Sitte erhalten, dafs die Krieger
vor dem Kriege durch gemeinfames Waffergiefsen einen
Bund vor der Gottheit fchloffen und durch gemeinfames
Waffertrinken fich verpflichteten, während des Krieges
Nafiräer (dem Weine gegenüber) zu-fein. Wie die Krieger
Weinnafiräer waren, fo waren lie auch Haarnafiräer z. B.
Ri. 52; nach dem Kriege wurde wohl das Haar verbrannt,
urfprünglich, nicht um es zu opfern, fondern um das
heilige Haar vor dem Eintritte in den Profanftand zu
vernichten. Es ift alfo im allgemeinen zu beobachten,
dafs die Kriegslitte alte religiöfe Bräuche (Effen des
rohen Opferfleifches 1. S. 1432 facrale Blutbrüderfchaft,
Wafferbund und Wafferopfer, lange Haartracht und
Haarverbrennen) confervirt hat. Und da Nafiräat und
Nebiim urfprünglich kriegerifche Erfcheinungen waren,
fo läfst fich ermelfen, welche Bedeutung der Krieg für
die Religion Israels gehabt hat. — Beigegeben ift eine
gründliche Auslegung des Kriegsgefetzes Deut. 205—s,
in deffen Beftimmungen werthvolles Alterthum ftecke:
die Beftimmung Vers 7 habe ihren Grund darin, dafs
der jung verheirathete Mann von dämonifchen Mächten
befonders bedroht fei; ebenfo die von Vers 6 darin,
dafs der Weinbergpflanzer vor der Weihe des Weinberges
den Angriffen böfer Dämonen ausgefetzt war, oder dafs
er während der Rodungsceremonien Dämonendienft trieb,
alfo unrein war für Jahwe, und wenn er in unreinem Zu-
ftande am heiligen Kriege theilnahm, verfiel er Jahwe's
Rache; ähnlich ift der Fall mit dem Bau eines neuen
Haufes Vers 5. Diefe Gefetze hätten alfo nicht humanitäre
, fondern abergläubifch-religiöfe Gründe; das ,Um-
kommen im Kriege' wäre durch böfe Dämonen verur-
facht zu denken.— Erwähnenswerth ift endlich noch, dafs
Schw. in Ri. 716 fr. drei jetzt zufammengefloffene, alter-
thümliche Verfionen findet: 1. die mit Schwert und Fackel,
2. Schwert und Pofaune, 3. Schwert und (Zauber-?) Topf.

das wohl kaum um Gottes willen. —■ Die in Num. 3121fr.
berichtete Reinigung ift keine Weihe vor dem Kriege
(S. 47), fondern eine Reinigung von der Befleckung
durch den Krieg.

Leonberg. P. Volz.

Wilcken, Ulr., Die ägyptischen Beschneidungsurkunden(Archiv
für Papyrusforfchung und verwandte Gebiete, hrsg. von
Ulr. Wilcken, IL Bd., 1. Heft. Leipzig 1902, B. G.
Teubner, S. 4—13).
Gunkel, 11., Ueber die Beschneidung im Alten Testament

(ebendaf. S. 13—2l).
Wendland, Paul, Die hellenistischen Zeugnisse über die
ägyptische Beschneidung (ebendaf. S. 22—31).

In der neuen Auflage meiner Gefch. des jüd. Volkes
Bd. I S. 678 f. habe ich zur Erläuterung des hadrianifchen
Verbotes der Befchneidung einige neuentdeckte Papyrustexte
erwähnt, aus welchen hervorgeht, dafs diefes Verbot
auch für Aegypten gegolten hat. Nur den Prieftern
war die Befchneidung geftattet. Es bedurfte aber dazu
in jedem einzelnen Falle einer befonderen Genehmigung
durch die Behörde; und diefe wurde nur
ertheilt, wenn 1. die priefterliche Abftammung des Knaben
urkundlich beglaubigt, und 2. feine körperliche Makel-
lofigkeit, alfo feine Tauglichkeit zum Priefterdienft con-
ftatirt war. Erftere mufste durch die ftaatliche Behörde
(den Strategen der Heimath oder deffen Stellvertreter)
befcheinigt werden. Mit diefer Befcheinigung begaben
fich Vater und Sohn zum römifchen Oberpriefter von
ganz Aegypten, der durch feine priefterlichen Beamten
den Knaben unterfuchen liefs und darauf hin (wenn con-
ftatirt war, dafs der Knabe aar/uog, fehlerlos, war) die
Erlaubnifs zur Befchneidung ertheilte. Die ältefte Urkunde
, welche uns dies lehrt, flammt aus der Zeit des
Antoninus Pius (fie ift erft von Reitzenftein 1901 publi-
cirt worden); zwei andere Texte (von Krebs 1893 und
1894 herausgegeben) lind datirt vom J. 171 (diefer mit
zwei gleichzeitigen Urkunden) und 185 n. Chr. Bei dem
hohen Intereffe, welches an diefe Texte fich knüpft, ift es
fehr dankenswerth, dafs Wilcken in der zuerft genannten
Der offene religionsgefchichtliche Sinn, der aus dem j Arbeit auf Grund der Originale eine neue Lefung mit
ganzen Schriftchen fpricht und der der altteftamentlichen j manchen Berichtigungen im Einzelnen darbietet.
Forfchung einen gefunden frifchen Zug giebt, ift freudig Die Urkunden haben aufs neue die alte, viel venti-

zu begrüfsen. Das ift die Hauptfache. Einzelne Bedenken j lirte Frage angeregt, ob die Befchneidung in Aegypten
und Zweifel find gering gegenüber der Fülle des lehr- j bis zum Eingreifen Hadrian's allgemein oder auch fchon
reichen Stoffes, den der wohlunterrichtete Verf. dar- j in diefer früheren Zeit auf die Prielter befchränkt war.
bietet. Die Gefahren der religionsgefchichtlichen Me- j Die Entfcheidung ift deshalb fchwierig, weil die Zeugnifse
thode find freilich nicht überall vermieden. Sie erzeugt | des Alten Teftamentes verfchiedener Deutung fähig find
eine Sucht, Natürliches ins Religiöfe zu ziehen (vgl. S. 104 I und die Zeugnifse der griechifchen Schriftltellcr ficu
David's Verrücktheit 1. S. 21 uff. fei religiöfer Natur, eine widerfprechen (f. die kurze Zufammenftellung in meiner
Form der kriegerifchen Ekftafe), das Beftreben überall Gefch. des jüd. Volkes I, S. 676). Reitzenftein hat den
Parallelen aufzuftöbern mit Bräuchen anderer Völker und j Nachweis verbucht, dafs fie von Anfang an eine Präroga-
Verfchiedenartiges als gleich zu nehmen (vgl. Jof. !Oi2f. tive des Priefterftandes war, Gunkel und Wendland

als Sonnenzauber, wie er bei den Wilden vorkommt),
und endlich hat fie häufig die Folge, dafs Israels religiöfe
Eigenart verkürzt oder der Schwerpunkt in Aeufser-
liches gefetzt wird. Die nebiim z. B. find wohl Kriegs-
ekftatiker gewefen, wie fie auch fonft fich finden, aber
die Propheten Israels find etwas Anderes und keine einfache
F"ortfetzung diefer .wunderlichen Käuze1. Am
meiften hat fich in mir Widerfpruch geregt beim Abtreten
für die andere Auffaffung ein. Ich glaube, dafs
weder die eine noch die andere in diefer Einfeitigkeit
fich durchführen läfst. Gunkel felbft vermag feine Auffaffung
bei der Hauptftelle Jeremia 925 nur durch eine
gewaltfame Text-Aenderung durchzufuhren (S. 16: Der
Schlufsfatz mufs urfprünglich gelautet haben: Denn alle
die Völker find befchnitten [während im überlieferten
Texte das Gegentheil fteht]). Er giebt damit indirect

fchnitt über den Bann. Sollte nicht das Moment der denjenigen Auslegern Recht, welche in der Jeremia-
Weihung an die finfteren Mächte des Unterganges wefent- ! Stelle ein Zeugnifs für die Unbefchnittenheit der Aegypter
lieh fein für den urfprünglichen Begriff des Bannes? Auch ' fehen. Aber fie wird freilich auch von angefehenen Ausin
diefem Falle ift, wer ein Stück Gebanntes berührt, j legem anders verftanden. Völlig klar ift dagegen, dafs
mit hineingezogen in die Fiuchmacht des Bannes. Jeden- von den helleniftifchen Zeugen einige im Sinne der Allge-
falls find Acte wie Saul's Rache an Nob nicht unter i meinheit der Befchneidung bei den Atgyptern fich äufsern,