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Ausgabe:

1902 Nr. 16

Spalte:

458

Autor/Hrsg.:

Leinz, A.

Titel/Untertitel:

Die Simonie 1902

Rezensent:

Frantz, Adolf

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Seite 1

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457

Theologifche Literaturzeitung. 1902. Nr. 16.

458

Ausficht ftellen, der den früheren Veröffentlichungen W.'s
in weiteren Kreifen zu Theil geworden ift.

Strafsburg i. E. P. Lobftein.

Ebeling, D. Dr. Auguft, Historisch-kritische Ausgabe von
M. Luthers kleinem Katechismus. Urtext mit den Abweichungen
bis 1580, nebft Anmerkungen und Vor-
fchlägen zu fprachlichen Aenderungen. Zweite unveränderte
Ausgabe mit einem Anhange über die
Ausgaben des Katechismus mit Nachträgen und mit
dem vorlutherifchen Texte. Hannover 1901, C. Meyer.
(64 S. gr. 8.) M. 1.20

Das Buch ift eine unveränderte Neuausgabe der vor
elf Jahren erfchienen Schrift: ,D. Martin Luthers kleiner
Katechismus', nur mit anderem Titel und vermehrt um
einige Anhänge.

Der Zweck jener Ausgabe war, unter möglichfter
Schonung des Lutherifchen Textes Vorfchläge zu kleinen
Aenderungen an den Stellen zu machen, die den Kindern
heute ohne eingehende Worterklärung nicht mehr ver-
ftändlich find; nicht etwa mit dem Anfpruche, dafs
diefe Vorfchläge gleich praktifch verwerthet und wirklich
in die im Gebrauche befindlichen Katechismen aufgenommen
werden follten. Dazu war der Zeitpunkt des erften
Erfcheinens des Buches wenig angethan. Vor wenigen
Jahren erft (1884) hatte die Eifenacher deutfche Kirchen-
Conferenz einen fetten Text des Enchiridions hergeftellt,
der ein allgemein gültiger werden follte, und war in
diefem gerade zu Ungunften mancher moderner Aenderungen
auf den urfprünglichen Wortlaut zurückgegangen
; und in der hannoverschen Landeskirche — der
heimathlichen Kirche des Herrn Verfaffers, die er bei
feinem Buche in erfter Linie im Auge hatte — war kurz
vorher (am 19. März 1890) der Eifenacher Text mit
wenigen, durch die provincielle Tradition gebotenen
Aenderungen für den Gebrauch in Kirche und Schule
empfohlen.

Aber Ebeling wollte durch fein Buch die Frage in
Flufs bringen und auch andere zu ähnlicher Arbeit anregen
, um fo vielleicht allmählich dem Ziele näher zu
kommen.

Diefen Zweck hat fein Buch erreicht. Jedes Jahr
hat uns mehrere Beiträge zur Textgeftaltung und Texterklärung
des Enchiridions gebracht, von denen keiner
an Ebeling's Vorfchlägen vorübergeht. So z. B., wenn
H. Malo in der Erklärung des erften Artikels zu ändern
räth: ,wider allerlei Fährlichkeit befchirmet' (Zeitfchr.
f. evang. Rel.-Unterr. VI, S. 484fr.), oder wenn er fowohl
(a.a.O. IV, S. 149fr.), wie K. Ahrens (a. a.O. S. 228ff.) und
R. Springer (a. a. O. V, S. 220ff.) um die Erklärung der
Worte: ,abfpannen, abdringen oder abwendig machen'
fich bemühen, oder wenn Knoke (in der Befprechung
von Th. Kaftan's Auslegung des luth. Katechismus'
2. Aufl. 1894: Theolog. Litt. Blatt XVI, S. 153f.) mit der
Bedeutung von ,verforget', Fr. Düfterdieck (Th. Stud. u.
Krit. 1890, S. 592 ff.) und Bertheau (a. a. O. 1891, S. 161 ff.)
mit der Auslegung der vierten Bitte fich beschäftigen.
Am eingehendften hat Superintendent D. Steinmetz im
Hann. Volksfchulboten (1890, Nr. 19—21) in feiner Re-
cenuon des Ebeling'fchen Buches die von diefem angeregte
Frage behandelt.

Auf feine Arbeit hat Ebeling im Anhange unferer
zweiten Ausgabe ausführlich Bezug genommen; wir
hätten gewünfcht. er hätte eine Ueberficht über die
fämmtlichen — oder wenigftens wichtigften —, die beregte
Angelegenheit behandelnden Artikel gegeben; er
würde feiner Sache vielleicht noch mehr genützt haben.

An einigen Stellen hat Ebeling die in der erften
Auflage vertretene Auslegung aufgegeben. So ergänzte
er dort z. B. zu den Worten in der Erklärung des erften
Artikels: .dazu Kleider und Schuh .... alle Güter'

I wieder das ,gegeben hat' aus dem vorigen Satze und
fchob dann vor ,verforget' ein ,mich' ein; jetzt nimmt
er von ,dazu Kleider und Schuh' an alles als Objecte
zu ,verforget', ebenfo wie Kaftan in feiner Auslegung',
Knoke (a. a. O.), Bornemann (,Zur katechetifchen Behandlung
des erften Artikels' im Jahrb. des Pädagogiums
zum Klofter Unfer Lieben Frauen in Magdeburg 1893
S. 15) u.a. Seine bisherige Auslegung der vierten Bitte:
,dafs er uns erkennen und mit Dankfagung empfangen
laffe unfer täglich Brot' behält Ebeling aber bei, in Abweichung
z. B. auch von Kawerau (in Luther's Werken
für das chriftliche Haus III, S.94 Anm. 1), der den ganzen
vorhergehenden Satz als Object zu .erkennen' nimmt.

In einem zweiten Anhange zieht Ebeling einige vor-
lutherifche Faffungen der drei erften Hauptftücke heran
und giebt damit einen Beitrag zu ihrer Textgefchichte. Bei
der hohen Bedeutung, die die Hauptftücke von jeher für
den chriftlichen Unterricht gehabt haben, wäre es keine
unnütze Aufgabe, diefer Textgefchichte einmal eine eingehende
Studie zu widmen. Einige Materialien habe auch
ich in dem eben erfchienenen IV. Bande der .Evangeli-
fchen Katechismusverfuche vor Luther'sEnchiridion' (Mon.
Germ. Paed. XXIII) S. 290 fr. zufammengetragen.

Wir möchten Ebeling's Buch in der Hand eines
jeden Katecheten fehen; es ift ein treffliches Hilfsmittel
zur Vorbereitung auf den Unterricht und veranlafst den
Lehrer, die Kinder vor allem erft zum rechten Wortver-
ftändnifse des klei nen Katechismus zu führen, das nur zu
oft als felbftverftändlich vorausgefetzt wird.

Möge das Buch unter dem neuen Titel viele neue
Freunde finden.

Efchershaufen i. Brfchw. Ferdinand Cohrs.

Leinz, Divifionspfr. DD. A., Die Simonie. Einekanoniftifche
Studie. Freiburg i. B. 1902, Herder. (VII, 154 S. gr. 8.)

M. 2.-

Verf. bezeichnet in der vorliegenden, mit der Approbation
des Erzbifchofs von Freiburg verfehenen Unter-
fuchung die feit der Gloffe in Uebung gekommene und
der Hauptfache nach heute noch übliche Definition der
Simonie als ,studiosa voluntas emendi aut vendendi aliquid
spirituale vel spiritualt annexum' als weder formell noch
materiell genügend und definirt feinerfeits die Simonie
als die geäufserte Abficht, über ein bonum supernaturale
refp. folchem annexes naturale für ein natürliches Gut
oder dem Kirchengefetze zuwider rechtsverbindlich verfügen
zu wollen. Er gliedert, was übrigens im Inhalts-
verzeichnifse nicht zum Ausdrucke gebracht ift, fein Werk
in einen allgemeinen und einen fpeciellen Theil. In
erfterem werden Ausführungen mehr allgemeiner Natur
gemacht und vor Allem auch die gefchichtliche Ent-
wickelung des Begriffes der Simonie gegeben. Im fpeciellen
Theile werden dann die einzelnen Arten der Simonie
ziemlich eingehend behandelt. Sämmtliche Ausführungen
laffen erkennen, dafs Verf. nicht blofs alsjurift, fondern
auch vom Standpunkte des Theologen aus fein Thema
behandelt. Ich will gern anerkennen, dafs Verf. durch
feine eindringenden Unterfuchungen dazu beigetragen
hat, die Kenntnifs von Begriff und Wefen der Simonie
zu fördern. Wenn er aber im Vorworte fagt, die Simonie
habe bis jetzt eine Bearbeitung noch nicht gefunden, die
dem heutigen Stande des Rechtes und der Rechtswiffen-
fchaft entfpräche, fo mufs eine Bezugnahme diefes Satzes
auf Hinfchius entfehieden zurtickgewiefen werden. Die
gründlichen Unterfuchungen von Hinfchius über Simonie
in Bd. 5 feines Kirchenrechtes, deren Refultate übrigens
vom Verf. wiederholt bekämpft werden (fo S. 29, 98, 126),
zeugen, wie überhaupt das ganze Werk, von fo hervorragender
Wiffenfchaftlichkeit, dafs ihre Stellung auf der
Höhe der Wiffenfchaft füglich nicht bezweifelt werden kann.

Kiel. Frantz.