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Ausgabe:

1902 Nr. 12

Spalte:

361-363

Autor/Hrsg.:

Bach, Ludwig

Titel/Untertitel:

Der Glaube nach der Anschauung des Alten Testaments 1902

Rezensent:

Lobstein, Paul

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Theologifche Literaturzeitung. 1902. Nr. 12.

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einen grofsen Theil der nicht werthlofen, in Primneffus
fpielenden Erzählung als Dichtung Preis, fucht aber
durch mühfame Nachweife einen echten Kern zu retten.
Ich habe diefen Theil noch nicht genau genug geprüft,
um mir ein ficheres Urtheil zu geftatten. Die Schwierigkeit
, auch nur jenen Kern hiftorifch unterzubringen —
bei jeder Kaiferregierung treten Bedenken ein — macht
Alles verdächtig. Das Kaiferedict ift ein befonders
intereffanter Theil des Ganzen; es fcheint mir aber von
Anfang bis zu Ende eine, die Edicte des Daza vorausfetzende
und auf die Erzählung des Fabulanten zuge-
fchnittene Fälfchung zu fein. Der Schlufs lautet: ei zig
OxEJcdcei zivct XoiOxiavbv xal fit/ cpavEQcoOEi, rjxoi vsov
Tj vtav, i] ytQovra 1} xcuöiov, o zoiovzoq £,i<pEi ziucoQtjöEzai,
?/ de vnoöxaöig avzov xoig zov zaueiov Xoyoiq eIöxoui-
O&tjöezcu, zbv de utpvovza top öixaoxvQicp za ygripiaza
zov unvvQ-EVxoq ex deoxozixov zizXov XvipEG&ai xeXevoixev
ÖTjvaQia zEZQaxboia.

Das dritte Stück bietet den Originaltext der Legende
des h. Eleutherius mit einer gelehrten Einleitung. Diefe
Legende ift hiftorifch ganz werthlos, und ich laffe fie daher
bei Seite. Sorgfältige Indices fchliefsen den Band ab.

S. 72 im Texte ift Z. 6 die Capitelangabe (18.) ausgefallen
. S. 33 Text Z. 8 v. u. lies ,c. 9'. Auf derfelben Seite
fleht byxcoiJivzoq xal öiaoaxivxoq [fo erwartet man auch],
im Texte aber S. 66, 32 öiaGanEvxoq xal byxco&Evroq.
Berlin. A. Harnack.

Bach, Lic. Ludwig, Der Glaube nach der Anschauung des
Alten Testamentes.

Sommer, Vikar Chr., Die Ehe nach der Lehre des römischen
Katechismus.

Beides in: Beiträge zur Förderung chriftlicher
Theologie. Herausgegeben von A. Schlatter und H.
Cremer. 4. Jahrgang 1900. 6. Heft. Gütersloh, C. Bertelsmann
. (VI, 147 S. gr. 8.) M. 2.80

Diefes Heft der unter Schlatter's und Cremer's Leitung
herausgegebenen ,Beiträge zur Förderung chriftlicher
Theologie' bringt zwei Auffätze von fehr ver-
fchiedenem Inhalte.

1) Lic. Bach fchreibt über ,den Glauben nach der
Anfchauung des Alten Teftamentes'. Zur Löfung der
von ihm in Angriff genommenen Aufgabe giebt er eine
.Unterfuchung über die Bedeutung von ■paxri" im alt-
teftamentlichen Sprachgebrauch'. Den Werth diefer
Unterfuchung für die chriftliche Theologie charakerifirt
der Verf. in folgenden Worten: ,Sofern das Wort ein
Gefäfs ift, das feinem Inhalt entfpricht, das Befprochene
abbildet und dadurch anfchaulich macht, mufs der Ausdruck
des Alten Teftamentes einen Blick in die in
Ifrael verwirklichte Geftalt des Lebens mit Gott eröffnen
. Soweit der Inhalt des hebräifchen Wortes von
feiner griechifchen Ueberfetzung aufgenommen und bei
deren Verwendung im Neuen Teftament bewahrt worden
ift, mufs die Erkenntnifs von 'p'Etfn auch auf jeiözevsiv I
und dadurch auf den inneren Zufammenhang der Religion
Ifraels mit dem Chriftenthum ein Licht werfen'. Um
feine Unterfuchung in den gefchichtlichen Zufammenhang
der bisher geleifteten Arbeit einzufügen, thut B.
zunächft einen Rückblick auf das, was feit Reuchlin zur
Erkenntnifs von •pftxn feftgeftellt worden ift. Er prüft
demnach die von den Rabbinen abhängigen Erklärungen
(Reuchlin, S. Münfter, Pagninus, J. Buxtorf), die Erklärungen
der durch die Reformation angeregten felbft- |
Händigen Forfcher (Flacius, J. Forfter), die unter fprach-
vergleichendcn und dogmatifchen Einflüffen flehenden
Erklärungen (Avenarius, Schindler, Caftellus, J. Gerhard),
die auf erneuter Unterfuchung des Sprachgebrauches
beruhenden Erklärungen des 17. und 18. Jahrhunderts
(Cocceius, Guffetius, Löfcher), die Erklärungen der ratio-

naliftifchen Zeit (J. D. Michaelis, Eichhorn, Gefenius), die
Erklärungen der neueren Zeit (Delitzfch, Hofmann, H.
Schultz, üehler, Schlatter, Cremer). — Die nun folgende
von dem Verf. unternommene philologifche Unterfuchung
fieht davon ab, die einzelnen Bücher des Alten
Teftamentes oder ihre Quellen nach zeitlich verfchiede-
nen Sprachftufen zu ordnen, und verzichtet von vornherein
auf den Verfuch, danach die Entwickelung der
Bedeutung von 'ptaXri feftzuftellen, falls fich eine folche
überhaupt annehmen läfst. Sie befchränkt fich darauf,
den Sprachgebrauch des Wortes möglichft genau zu er-
forfchen, um fo feinen Inhalt klar zur Anfchauung zu
bringen, und ftellt deshalb den Sprachgebrauch der einfachen
Erzählung (S. 31—41) von dem der kunftvollen
Dichtung (S. 43—49) gefondert dar und fügt den der pro-
phetifchen Schriften (S. 41—43), die ja eine Mittelftellung
einnehmen, zwifchen fie ein. Die Verwendung des Wortes
"pttKri für Verhältnifse des gewöhnlichen Lebens
fcheidet fie von der für das Verhältnifs des Lebens mit
Gott und ftellt jene als den gemeinen Sprachgebrauch
(S. 31—52), diefen als dem heiligen Sprachgebrauch
(S. 52—81) voran. — Ob der hier eingefchlagene Weg und
die demnach angewandte Methode einwandfrei find, wagt
Ref. nicht zu entfcheiden. Auch über das gewonnene
Ergebnifs erlaubt er. fich kein Urtheil. Diefes Ergebnifs
lautet, für den ,gemeinen Gebrauch' des Wortes dahin,
dafs die Bedeutung ,einen Halt, nämlich für das
Leben, haben' die eigentliche Bedeutung von 'pttXri
ift (S. 52). Was den ,heiligen Gebrauch von "pttitn
betrifft, fo läfst fich die gleiche Bedeutung nachweifen:
was fich aus dem einen Sprachgebrauch ergeben hat,
gilt auch für den andern. Nirgends ift der befondere
Lebensftand, der durch das Wort bezeichnet wird, zu
verkennen. Durch den heiligen Sprachgebrauch, bef.
durch Ex. 4, läfst fich dazu noch feftftellen ,wie der
Halt des Lebens durch die Betheiligung an fremder
Feftigkeit erlangt wird: nämlich fo, dafs er von dem,
was ihn gewährt, mitgetheilt wird, dafs mithin dem, der
ihn gewinnt, nur die Hinnahme übrig bleibt. . . . Die
Hinnahme des gewährten Haltes wird demnach als der
gefunde Zuftand, als die innerlich nothwendige Folge
angefehen'. (S. 80). Den Ertrag diefer philologifchen
Unterfuchung für die Charakteristik des Neuen Bundes
in feinem Zusammenhange mit dem alten (88—90) dürfte
der Verf. überfchätzt haben.

2) Die Darfteilung und Beurtheilung der Lehre des
römifchen Katechismus über die Ehe führt Sommer nach
folgender, dem wefentlichen Inhalte entfprechenden Ordnung
durch: die Einfetzung der Ehe (S. 103—113), das
Wefen und der Zweck der Ehe (S. 113—131), die Ehe als
Sakrament (S. 131—141), die Enthaltung von der Ehe (S. 141
— 145), dieEhefcheidung(S. 145—146). Im Einzelnen enthalten
die Ausführungen des Verf. manche zutreffende
Bemerkungen, wenn auch die letzten Seiten eine gewiffe
Flüchtigkeit verrathen und der Schlufsparagraph aufser-
ordentlich dürftig ausgefallen ift. Dagegen beruht das
Gefammturtheil, das S. über die römifche Lehre aus-
fprichr, auf einem allerdings häufig begangenen, nichts
destoweniger völlig irreführenden Mifsverftändnifs. Die
Beurtheilung der Ehe im römifchen Katechismus foll
eine .durchaus unfichere' (S. 146) fein. ,Die Lehre der
römifchen Kirche befindet fich in einem auffallenden
Widerfpruch mit fich felbft, indem fie einerfeits die Ehe
als ein Sakrament fafst und andererfeits von ihren Prie-
ftern, welche innerhalb der Kirche das Chriftenthum
erften Ranges vertreten, den Cölibat verlangt.' (S. 102)
Diefe fo oft vernommene Einwendung der landläufigen
proteftantifchen Polemik verkennt den eigentlichen Grundgedanken
der katholifchen Ethik. Die Verherrlichung
der Virginität und die Einreihung der Ehe unter die
Sakramente, weit entfernt fich zu widerfprechen, fordern
und bedingen fich gegenfeitig. Hat doch die Hoch-
fchätzung des Cölibats als eines feiigeren Standes und