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Ausgabe:

1902 Nr. 7

Spalte:

197-199

Autor/Hrsg.:

Aall, Anathon

Titel/Untertitel:

Der Logos. II. Geschichte der Logosidee in der christlichen Literatur 1902

Rezensent:

Krüger, Gustav

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Theologifche Literaturzeitung. 1902. Nr. 7.

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Wiederholung in derfelben Weife und mit denfelben
Wirkungen, wie Jefus die hl. Euchariftie zum erften Male
gefeiert, vorzunehmen. Diefe Gründe machen es gewifs,
dafs Jefus beim letzten Abendmahle einen ausdrücklichen

erfle chriftliche Logofophie (Paulinismus. Anfänge der
Beziehungen zum Alexandrinismus. Apollo. Kolofferbrief.
Hebräerbrief. Johannesapokalypfe). 2. Das Johannesevangelium
. 3. Die Logoslehre der aufserkanonifchen chrift-

Befehl zur Wiederholung, wenn auch nicht fprechen mufste, 1 liehen Literatur vor den Apologeten. 4. Die Apologeten
fo doch gefprochen hat' (143 f.). ,Die Abendmahls- j 5. Die Logoslehre bei den ketzerbekämpfenden Schrift
berichte laffen fich jedenfalls am beften durch die Tradition | theologen der aUkathoJifchen^Kirche. 6. Die chriftlich
erklären'1159). .Unfere vier Abendmahlsberichte fordern
als Quelle eine Tradition, die in recitirender Form die
ganze Abendmahlsfcene umfafste, die die Einfetzungs-
worte dem Herrn felbft in den Munde legte und die
vorhergehenden Acte berichtete' (163). Jefus hat that

e

Logoslehre in Alexandrien (Clemens. Origenes.) 7. Die
chriftliche Logoslehre nach Origenes. Der Schwerpunkt
des Werkes liegt entfehieden in der erften Hälfte. Was
auf den 30 Seiten des letzten Capitels, das noch Ausblicke
in die mittelalterliche Lehre bis zu Luther um-
fächlich am Abend vor feinem Tode das gefetzliche I fafst, gefagt wird, ift dürftig und hätte, wenn es nicht
Paffahmahl gefeiert. Der vierte Paffahbecher war der j ganz wegbleiben konnte, nicht als befonderes Capitel,
euchariftifche . . . Wenn der Bericht des Lucas hinficht- j fondern einfach als .Ausblick' oder ähnlich auftreten
lieh der hiftorifchen Stellung der Entlarvung des Verräthers • müffen. Hoffentlich findet Aall Zeit, eben diefes Capitel
kein ficheresUrtheil zuläfst, dagegen alle übrigen Evangelien noch einmal durchzuarbeiten. Es wird fich ihm dann
diefes Ereignifs deutlich genug vor die Einfetzung der vielleicht doch, trotz feiner Bemerkung im Vorwort,
hl. Euchariftie verlegen, fo haben wir allen Grund, der dafs ihn die ausführliche Erörterung der fpäteren Zeitlicheren
Tradition diefer zu folgen, dafs nämlich Jefus abfehnitte von dem Gange feiner Darftellung abgelenkt
im Verlaufe des Paffahmahles vor dem Abendmahle den haben würde (f. darüber weiter unten), die Nothwendig-
Verräther gekennzeichnet und diefer darauf fortgegangen keit aufdrängen, zu feiner Gefchichte der chriftlichen
fei' (235. 239. 254). Logosidee bis auf Origenes einen zweiten Theil zu

Dafs aus diefer hiftorifch-kritifchen Unterfuchung der fchreiben. Jetzt ift das Mifsverhältnifs zu grofs, als dafs
Lehre vom heiligen Abendmahle inhaltlich keinerlei Förde- , man auf feine Ausführungen einzugehen gegründeten
rung erwachfen ift, kann uns nicht befremden. Steht doch Anlafs hätte. Uebrigens findet fich auch in dem Capitel
dem Vf. von vornherein feft, dafs in der katholifchen ! über Clemens und Origenes nicht allzuviel Neues oder
Kirche ,die Lehre von der hl. Euchariftie einen allen j auch nur Bedeutfames. Ich halte jedenfalls die Theile
Wechfel der Zeit überdauernden Beftand hat' (17). ,Wir , des Buches, die fich mit der Literatur der erften beiden
wollen die Traditionen der älteften Chriftenheit bis auf | Jahrhunderte befchäftigen, für beachtenswerther und werde
unfere Tage als ein heiliges Erbftück betrachten und als 1 vermuthlich auch beim Verfaffer mit diefer Anficht nicht
folches behandeln. Die Berichte im Neuen Teftamente j auf Widerfpruch ftofsen.

find ja die Grundlagen, von denen feit der Kirchenväter ! VorallemiftdietrefflicheliterargefchichtlicheSchulung
Zeiten die Erörterungen über die hl. Euchariftie ausgingen, des Verfaffers hervorzuheben. Verftöfse find mir in diefer
aus denen fich die wichtigften Beweife für die Wahrheit ■ Beziehung überhaupt nicht begegnet, weder in den Grund-
der Abendmahlslehre ergeben' (19). Unter diefen Voraus- 1 noch in den Einzelfragen. Dafs man in diefen gelegent-
fetzungen hat der Vf. das geleiftet, was von einer in I lieh verfchiedener Meinung fein kann, verfchlägt nichts
diefen Bahnen fich bewegenden und an diefe Norm ge- und braucht nicht illuftrirt zu werden. Ich möchte den
bundenen Wiffenfchaft zu erwarten war.

Strafsburg i. E. P. Lobftein.

Aall, Dr. Anathon, Der Logos. Gefchichte feiner Entwicklung
in der griechifchen Philofophie und der
chriftlichen Litteratur. II. Geschichte der Logosidee in
der christlichen Litteratur. Mit Unterftützung der
Stiftung Fritjof Nanfen's zur Förderung der Wiffen-
fchaften veröffentlicht. Leipzig 1899, O. R. Reisland,
(XVII, 493 S. gr. 8.) M. 10,—

Als Heinze im Jahre 1872 fein Buch über die Lehre
vom Logos in der griechifchen Philofophie fchrieb, bemerkte
er im Vorwort, dafs die johanneifche und pa-
triftifche Lehre zu behandeln nicht in feiner Aufgabe
liege, fondern Sache der Theologie fei, analog wie
etwa Chrift in der erften Auflage feiner griechifchen
Literaturgefchichte die chriftlichen Schriftfteller ex professo
zu behandeln nicht für die Aufgabe des Philologen hielt.
Eine folche Scheidung ift heutzutage eine Unmöglichkeit
geworden, und fo hat auch Aall recht daran gethan,
wenn er feiner 1896 erfchienenen, in diefer Zeitung
1897 Nr. 15 Sp. 401 ff. von Wendland befprochenen .Gefchichte
der Logosidee in der griechifchen Philofophie'
eine folche in der chriftlichen Literatur nachfolgen liefs.
Dafs fein Buch erft jetzt zur Befprechung gelangt, ift
lediglich meine Schuld. Ich mufs mich auch heute
kurz faffen, was mir um fo leichter werden wird, als
meine Befprechung im Wefentlichen nur eine nachdrückliche
Aufforderung zu aufmerkfamer Leetüre des ! hier deutlich bemerkbar, noch mehr in der etwas ftark

Verfaffer nur gegen den von Lüdemann (Theol. Jahresbericht
19, 525) erhobenen Vorwurf in Schutz nehmen,
dafs er fich den richtigen Einblick in die Entwickelung
von vorne herein dadurch unmöglich gemacht habe, dafs
er die kanonifche Literatur gefondert behandelt und fie
in ihrer Gefammtheit ins erfte Jahrhundert hinauf gedrängt
habe. Das wäre freilich ein fchwerer Mifsgriff, aber er ift
thatfächlich nicht vorhanden. Nur die mifsverftändliche
Ueberfchrift des 3. Capitels (.aufserkanonifch1) legt die
Vermuthung nahe, die dann durch einen Blick etwa auf
S. 205, wo von Titus- und zweitem Petrusbrief die Rede
ift, widerlegt wird. Freilich hätten diefe Schriften in
der Oekonomie des Capitels ftärker hervortreten und
hätte jene Ueberfchrift vermieden werden follen. Im
Uebrigen entfpricht die Anlage der erften Capitel durchaus
der gefchichtlichen Entwickelung. Dem Johannesevangelium
einen befonderen Abfchnitt zuzuweifen, rechtfertigt
fich ohne Weiteres, und, wenn auch manche der
im dritten Capitel befprochenen Schriften vom Evangelium
ganz unberührt fein mögen, ja die eine oder andere zeitlich
vor dasfelbe fallen mag, fo ift doch eben diefem
Verhältnifse in einer allgemeinen Darfteilung kaum ein
allfeitig befriedigender Ausdruck zu geben. Dafs der
Verf. hier oder anderswo in Vorurtheilen befangen fei,
habe ich nicht bemerkt. Insbefondere habe ich die
johanneifche Frage, fowohl die literar- wie die ideenge
fchichtliche, kaum irgendwo anders überfichtlicher
und einfacher — vielleicht zu einfach — behandelt
gefunden. Der Einflufs Jean ReVille's, deffen Aall im
Vorworte dankend Erwähnung thut, macht fich gerade

inhaltreichen Buches fein foll, mit deffen wiffenfchaft- 1 zugefpitzten Hervorhebung Philo's von Alexandrien, der
licher Methode und Ausführungen ich weitgehend ein- .felbft der Logos gewefen ift, der es unternommen' hat,
verftanden bin. jüdifchen Glauben in griechifche Wahrheitserkenntnifs zu

Aall theilt feinen Stoff in fieben Capitel: 1. Die übertragen', und der dabei ,ein religionsgefchichtliches