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Ausgabe:

1901 Nr. 2

Spalte:

46-48

Autor/Hrsg.:

Thurnhofer, Franz Xaver

Titel/Untertitel:

Bernhard Adelmann von Adelmannsfelden, Humanist und Luthers Freund (1457 - 1523). Ein Lebensbild aus der Zeit der beginnenden Kirchenspaltung in Deutschland 1901

Rezensent:

Köhler, Walther

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Theologifche Literaturzeitung. 1901. Nr. 2.

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Quentin, R. P. Henri, O. B., Jean Dominique Mansi et les
grandes collections conciliaires. Etüde d'histoire litte-
raire suivie d'une correspondance inedite de Baluce
avec le cardinal Casanate et de lettres de Pierre
Morin, Hardouin, Lupus, Mabillon et Montfaucon.
Paris, E. Leroux, 1900. (272 S. gr. 8.)

Die Sacrorum Conciliorum nova et amplissima colli
ctio des Giovanni Domenico Manfi (31 Foliobände
1759—1798) ift die in Deutfchland bekanntefte und allgemein
benutzte Ausgabe der Concilsacten. Die Welter'-
sche Buchhandlung in Paris kündigt feit einiger Zeit einen
Neudruck diefer Ausgabe in getreuer Facfimile-Repro-
(iuetion an und wirbt für diefen Neudruck, deffen Ge-
fammtauflage auf 250 Exemplare feftgefezt ift, Subfcri-
benten. In dem Augenblicke, da gewifs mancher Forfcher
den Gedanken erwägt, ob er nicht die freilich theure
Gelegenheit ergreifen foll, die für Quellenftudien bisher
unentbehrliche Ausgabe für fich anzufchaffen, erfcheint
die Schrift eines franzöfifchen Benediktiners, die die
Aufmerkfamkeit auf die fchweren Mängel des Manfi'fchen
Werkes lenken will. Indem ich für Specialiora auf meinen
ausführlichen Bericht in der Beilage zur Münchener Allgemeinen
Zeitung (1900, No. 198 vom 30. Auguft) ver-
weife. begnüge ich mich an diefer Stelle mit einigen
Notizen, die ein allgemeines Intereffe beanfpruchen dürfen.

Quentin beginnt mit einem, fo viel ich urtheilen
kann, bibliographifch und kritifch forgfältigen Ueberblick
über die älteren Sammlungen der Concilsacten von
Merlin (2 Foliobände, Paris 1524, Köln 1530, Paris 1535),
Krabbe(2 Bde.Köln 1538,1551), Surius (4 Bde. Köln 1567),
Nicolini-Bolani (; Bde. Venedig 1585 [1587]), Bini (4 Thle.
in 5 Bdn.Köln 1606; 4bezw. 9 Bde. Köln 1618; 9 bezw. IO
und 11 Bde. Paris 1636), die iog. Editio Romana (Rom 1608),
die fog.Louvre-Ausgabe (37 Bde. Paris 1644), Labbe-Coffart
(17 Bde. Paris 1671.72), Baluze (nur ein Band, Paris 1683
{1707] erfchienen), Hardouin (i2Bde. Paris 1715 bezw. 1714),
endlich Coleti (23 Bde. Venedig 1728—1733). Er verweilt
längere Zeit bei der kritifchen Bedeutung der Sammlung
Hardouin's S. J., der der Revifion der Texte auf Grund
erneuter Durchficht fehr zahlreicher Handfchriften feine
Aufmerkfamkeit gewidmet hat und deffen Verdienft dadurch
nicht gefchmälert wird, dafs nach unferen heutigen
kritifchen Begriffen feine Arbeit in diefer Beziehung
immer noch keineswegs vollkommen war. Hardouin gegenüber
bedeutete das Unternehmen der Brüder Coleti
einen Rückfehritt: irgend welche Kritik bei der Auswahl
der Texte oder ihrer Wiederherftellung liefs es vermiffen.

Nach Quentin's Nach weifen im zweiten Theile feiner
Studie (foeuvre de Mansi) gilt diefes Urtheil von der
Manfi'fchen Collection noch mehr als von der der Coleti.
Manfis Unternehmen war vor Allem ein buchhändlerifcher
Coup. Der venetianifche Drucker Antonio Zatta, der
durch den ungewöhnlichen Erfolg der Coleti'fchen Sammlung
gereizt war, ift fein eigentlicher Urheber. Manfi,
damals Erzbifchof von Lucca, feiner Vaterftadt, wurde
zur Leitung des Unternehmens auserfehen, das unter
dem Protectorat des angefehenen Cardinais Paffionei
ftand. Er und einige Andere fungirten fozufagen als
Zufchneider, Zatta forgte für die äufsere Ausftattung
durch fchönen Druck und, wenigftens in den erften
3°o Exemplaren, vorzügliches Papier. Den Subfcribenten
wurden die fchönften Verfprechungen, auch in Bezug auf
Inedita gemacht. Aber diefe Verfprechungen wurden
nur zum kleinften Theil gehalten. Quentin fchreibt
w- 83): ,Manü verpflichtete fleh nur, in dem Exemplar
der Coleti, das der Arbeit zu Grunde gelegt wurde, die
Stellen zu bezeichnen, wo die Stücke feines Sufplementum

r v,at-tC den Janren I74^—52 ein folches in 6 Bänden
erfcheinen laffen] eingefügt werden follten; an den Rand
kamen die Varianten feiner Manufkripte, zwifchen die
Seiten wurden die Abfchriften der Dokumente gelegt,

die in den Supplementbänden noch nicht aufgenommen
waren. Jeder dergeftalt vervollftändigte Coleti-Band
wanderte zu Zatta, und erft in Geftalt der grofsen Bände
der neuen Ausgabe erhielt M. fein Werk zurück, auf das
er felbft mit zwei, fpäter drei Exemplaren fubferibirt
hatte'. Wie unkritifch das ganze Verfahren war, wie dadurch
fogar die früheren Anfätze zur Kritik, befonders
der Handfchriften, wieder zerftört wurden, das mufs man
bei Quentin (oder auch in meinem Referate) nachlefen.
Jedenfalls befteht das Urtheil zu Recht, dafs die Collcctio
Manfi's nicht das ,Zeugnifs gründlicher hiftorifcher
Forfchung' ift, als welches es (f. z. B. den Artikel Manfi
in der zweiten Auflage unferer Realencyklopädie) immer
wieder bezeichnet wird. Nicht einmal der Titel: amplissima
collcctio trifft vollftändig zu. Denn die Sammlung
ift nicht zu Ende geführt worden, vielmehr ging
dem Verleger das Geld aus — Manfi lebte nicht mehr
— und das Unternehmen ift inmitten in den Acten des
Concils von Florenz flecken geblieben. Nach Quentin's
Berechnungen wären noch wenigftens 6 oder 7 Bände
erforderlich gewefen, um auch nur das von Coleti und
dem Supplementutn gebotene Material aufzunehmen.
Auch findet fleh weder ein Inhaltsverzeichnifs noch ein
Verzeichnifs von Namen und Sachen.')

Unter diefen Umftänden ift es ein mehr als zweifelhaftes
Unternehmen, dem kommenden Jahrhundert damit
ein Gefchenk zu machen, dafs man ihm den Manfi unverändert
in die Wiege legt. Für meine Perfon vermag
ich freilich Manfi's und Zatta's Verfahren nicht fo
fcharf zu beurtheilen, wie Quentin es thut. Er fcheint
mir die Fehler und Schwächen des grofsen Werkes zu
grell auszumalen und Herausgeber und Drucker auch
folche Dinge übelzunehmen, die er anderen Concils-
fammlern in feiner Ueberficht nicht oder wenigftens nicht
in diefem Mafse verübelt. Daraus folgt aber nicht,
das wir nicht dagegen Proteft erheben follten, dafs uns
im Zeitalter der gefteigerten philofophifch-kritifchen
Thätigkeit, da man überall darauf aus ift, fich nur an
dem Beften begnügen zu laffen, ein blofser Abklatfch
völlig unzulänglich gedruckter, zum grofsen Theile
durch Unkritik oder Nachläffigkeit verderbter Texte geboten
wird. Es ift ja nicht ausgefchloffen und ein fehr
fachverftändiger Beurtheiler glaubt es mir verfichern zu
können, dafs bei einem kritifchen Neudruck nicht foviel
herauskommen würde, als man erwarten möchte. Deshalb
bleibt jenes Verfahren doch zu bedauern, und es
ift mir eine grofse Freude, an diefer Stelle verrathen zu
dürfen, dafs der Aufruf zur Arbeit, mit dem Quentin
feine Schrift abfchüefst, nur ein befcheidener Hinweis
darauf fein foll, dafs er felbft und feine Confratres in
Solesmes mit einer Neubearbeitung der Concilsacten be-
befchäftigt find, deren erfte Bände fie in nicht allzulanger
Zeit der gelehrten Welt zu übergeben hoffen.

Giefsen. G. Krüger.

Thurnhofer, Franz Xaver, Bernhard Adelmann von Adelmannsfelden
, Humanift und LuthersFreund(i457—1523.)
Ein Lebensbild aus der Zeit der besrinnenden Kirchen-
fpaltung in Deutfchland. (Erläuterungen und Ergänzungen
zu Janffens Gefchichte des deutfehen Volkes.
Herausgegeben von Ludwig Paftor. II. Band, 1. Heft.)
Freiburg i. B., Herder, 1900. (VII, 153 S. gr. 8.)

M. 2.20

Oer Humanift Bernhard Adelmann von Adelmannsfelden
verdiente eine Monographie; ift er auch kein

1) Inzwifchen hat die Firma Welter einen I'rofpekt verfendet, worin
fie ihre Abficht kundgiebt, in dem zu veranftaltenden Neudruck wenigftens
diefen Mängeln abzuhelfen. In 5 weiteren Bänden (Vol. 32—36)
foll die Collcctio bis 1672 fortgeführt werden, wo die Coleti aufhörten.
Auch foll am Schluffe von Band 36 der in Band 12 der Bibliothtco.
Gracca von Fabricius-Harles enthaltene Index eingefügt werden.