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Ausgabe:

1901 Nr. 23

Spalte:

617-621

Autor/Hrsg.:

Diefenbach, Johann

Titel/Untertitel:

Der Zauberglaube des sechzehnten Jahrhunderts nach den Katechismen Dr. Martin Luthers und des P. Canisius 1901

Rezensent:

Köhler, Walther

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Theologifche Literaturzeitung. 1901. Nr. 23.

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nicht nur aus zweiter Hand gearbeitet hat. Der Titel werk ad acta legen, ohne ein Wort darüber zu verlieren,
des Buches ift irreführend. Nicht nur wird das Zeitalter aber das könnte doch auf der Gegenfeite einen falfchen
Karl's des Grofsen bis zu Nikolaus L ausgedehnt, fon- ■ Anfchein hervorrufen, zumal angefichts des mit Emphafe
dem der Verf. erzählt die Gefchichte der weltlichen | vom Vf. ausgefprochenen blumenreichen Satzes: ,Venn
Kirche ab ovo wobei ihm gelegentlich einige Wieder- der Hafs amWebftuhl der Zeit das Kleid der Gefchichte
holun^en paffiren ff. S. 55 und 345 die doppelte Cha- will weben, dann mufs die Wahrheit unverweilt in Pene-
raktenftik von Columban). Die Eingangscapitel wären ; lopes Fufsftapfen treten' (S. 71). Zudem hat D., wenn
wohl beffer fortgeblieben oder zu einer wirklichen Ein- auch an gänzlich unrichtiger Stelle, ein Thema ange-
leituncr zufammengefafst worden. So wird Niemand fchnitten, das für die Kirchen- und Dogmengefchichte
etwas Rechtes mit ihnen anfangen können. Auch find von Wichtigkeit ift. So wird, denke ich, die verhältnifs-
Uneenauigkeiten in diefem Theile des Buches nicht ver- j mäfsig umfangreiche Befprechung fich rechtfertigen. Ich
mieden während mir der eigentliche Haupttheil recht ftelle die ,Ergebnifse' D.'s zu kurzen Sätzen zufammen,

um alsdann Erläuterungen daran zu knüpfen.

1. Die Hauptthefe des Vf.'s, die, obwohl fie nicht
allein im Buche behandelt wird, demfelben den Titel

exact gearbeitet zu fein fcheint. Es findet fich
eine gute Erörterung über die Kaiferkrönung. Auch die
Ausführlichkeit, mit der Documente wie die Admomtio
generalis von 798 herangezogen werden, ift zu loben. , gegeben hat, ift diefe: Der Zauberglaube im 16. Jh.
S sc- den le<zendarifchen Angaben über Fridolin fleht geht auf Luther, insbefondere feineKatechismen,
der Verf. zu ^vertrauensvoll gegenüber; 70: die zweite zurück, während die Katechismen des Canifius
Romreife B.'s fällt 722, nicht 723; 73: dafs Bonifaz nach den Satan als eine lediglich rein geiftige Macht

feiner Rückkehr von Rom 718 unter den Baiern gewirkt
hat ift mir unbekannt; 87: die Briefe Gregors II. an
Leö III. hält W. mit Unrecht für gefälfcht; 275: Paderborn
war Köln unterftellt.

Sehr gut lieft fich van Dyke. Wiederum fuhrt der
Titel irre. Man mufs bei der Beurtheilung den Unter

bekämpfen lehren. Beginnen wir mit der Prüfung
des letzten Satzes. Es ift richtig, dafs Canifius in feinen
Katechismen die Hexerei nicht befonders erwähnt (f. die-
felben); aber folgt daraus, dafs fie ihm nicht wichtig war,
oder dafs er den Satan lediglich als geiftige Macht ge-
fafsthat, die das Seelenheil durch Verfuchungen gefährdet,

titel: An outline sketch of thc history of the Papacy from , aber keine Macht über den menfchlichen Leib und die

the return from Avignon to the sack of Korne (1377—1527)
wohl im Auge behalten. In der That ift die Papftge-
fchichte die Grundlage der Darftellung, und infofern bildet
das Buch eine Fortfetzung zu dem (a. a. O. befprochenen)
von Locke: T/w age of the great westem schism

erfchaffenen Dinge befitzt? Einen Beweis für feine Behauptung
hat D. nicht erbracht; denn aus dem Schweigen
der Katechismen etwas erfchliefsen zu wollen, geht
nicht an. Es wäre einzigartig, wenn Canifius den allgemeinen
Glauben feiner Zeit an die Realität fatanifcher

Andererfeits hat fich der Verfaffer — und dies mag den j Hexenkünfte nicht theilte; ganz ift die Oppofition geTitel
rechtfertigen — zur eigentlichen Aufgabe den | gen jenen Glauben ja nie gefchwunden (vgl. Hänfen:
Nachweis deffen geftellt, was die Renaiffance für die ' Zauberwahn Inquifition und Hexenprozefs im Mittel-
Reformation geleiftet hat, und in diefer Richtung bietet 1 alter. 1900), aber, ohne Quellenbelege aufzuweifen. darf
fein Buch manche treffliche Bemerkung. Die Vorrede, man Niemanden auf die Seite diefer Minorität ftellen.

die der Bruder des Verfaffers, Henry van Dyke, geliefert
hat. der auch an der eigentlichen Arbeit grofsen An-
theil hat, entwickelt gleichfalls gute Gefichtspunkte. Ein

Wir befitzen jedoch einen Brief des Canifius an den
Ordensgeneral Jakob Laynez vom 20. Nov. 1563, der ihn
unzweifelhaft der Majorität beigefeilt. D. erwähnt

befonderer Werth ift auf die Charakteriftik der führenden diefen Brief auch (S. 40), aber nur, um, da Riezler es war,

Perfönlichkeiten gelegt,

Clark möchte mit feiner Darftellung der englifchen
Reformationsgefchichte, die er bis zur Revolution des
17. Jahrhunderts ausdehnt, in unparteiifcher Weife allen
Parteien gerecht werden. Das Buch bietet neben den
bekannten gröfseren Darftellungen kaum Neues, mag
aber als eine knappe und dabei vollftändige Ueberficht
gute Dienfte leiften.

Giefsen. G. Krüger.

Diefenbach, Infp. Johann, Der Zauberglaube des sechzehnten
Jahrhunderts nach den Katechismen Dr. Martin Luthers
und des P. Canisius. Mit Berückfichtigung der Schriften
Pfarrers Längin-Karlsruhe und des Prof. Riezler- I gegen ihre entfetzlichen Künfle und Kräfte' (vgl. Hoens

der den Brief in die rechte Beleuchtung gerückt hatte,
mit Achfelzucken darüber hinwegzugehn. Canifius aber
fagt Folgendes: .Ueberall beftraft man die Hexen, die
fich auffallend vermehren. Ihre Frevelthaten. find ent-
fetzlich. Sie beneiden die Kinder um die Gnade der
Taufe und berauben fie derfelben. Von einigen Kindern
haben fie das Fleifch aufgezehrt, wie fie eingesehen.
Man fah früher in Deutfchland niemals die Leute
fo fehr dem Teufel ergeben und verfchrieben
Unglaublich ift die Gottlofigkeit, Unkeufchheit, Graufam-
keit, die unter Satans Anleitung diefe verworfenen
Weiber offen und insgeheim getrieben haben. ... Sie
fchaffen viele durch ihre Teufelskünfte aus der Welt,
erregen Ungewitter----nichts fcheint gefichert zu fein

München dargeftellt. Mainz, F. Kirchheim, 1900L broech: Das Papftthum m feiner fozial-kulturellen Wirk-

(X1T ?nn<; or R m , _ lamkeit ft S. 480; die Sperrungen rühren von mir her).

(All, 209 b. gr. 8.) 3- Irgend ein Zweifel an der Realität jener durchaus auf

We nn man angefichts der vortrefflichen Arbeiten eines i das leibliche Gebiet übergreifenden Teufelskünfte wird
Nie. Paulus, Geny, Thurnhofer u. a. die Hoffnung faffen nicht ausgefprochen; im Gegentheil, nur Facta werden
zu dürfen vermeint, dafs auch auf dem Gebiete der Re- conftatirt — und damit fällt D.'s Behauptung dahin. Wenn
formationsgefchichte unter Befeitigung Janffen'fcher Ge- 1 alfo Canifius in feinen Katechismen vom Kampfe gegen den
fehichtsfälfehung Katholiken mit den Proteftanten Schul- Satan redet, fo find die fatanifchen Hexenkünfte ftilllchwei-
ter an Schulter leidenfchaftslos der Erforfchung hifto- gend darunter einbegriffen — nicht mehr und nicht
rifcher Wahrheit allmählich werden dienen können, fo j weniger als bei Luther auch. Denn jener an"eb
kann ein Buch wie das Diefenbachs die Freude gründlich liehe Gegenfatz zwifchen den Katechismen Lu"
verderben. Hier feiert der alte Janffen noch einmal ; ther's und des Canifius in der Frage der Macht
einen Triumph, wie er ihn fich nicht beffer wünfehen j des Satans befteht thatfächlich nicht man- »..-i.

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könnte, es ift ein Tendenzwerk unangenehmfter Art, an j felbft Riezler (Gefell, der Hexenprozeffe in BayenTs i-cf
Vertufchungen und Verzerrungen überreich, dabei, um denfelben conftatiren. Allerdings erwähnt I uther Im
den Anfchein der Wiffenfchaftlichkeit zu wahren, mit Catcchismus maior gelegentlich' der Erläuterung des
Citaten aus allerlei Werken gefchmückt — nach berühm- ; erften Gebotes Uli, qui omnem modum hisce in rebus ex
tem Multen Am liebften möchte man folch ein Mach- | cedunt ac cum diabolo joedus ineunt ut eos ampliter

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