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Ausgabe:

1901 Nr. 22

Spalte:

598-600

Autor/Hrsg.:

Aus dem Tagebuche des D. H. Hoffmann, Pastor zu St. Laurentii Halle

Titel/Untertitel:

nach Miterlebten fortgeführt von M. Hart 1901

Rezensent:

Eck, Samuel

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Theologifche Literaturzeitung. 1901. Nr. 22.

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als griechifches «o«c, liefs es deshalb weg, und überfetzte
nur das in der Quelle folgende 1&9 33» n»X. Eine derartige
Erklärnng richtet fich felbft. — Ein Wortfpiel foll
Vers 14 vorliegen. Jefus fordert ,Levi' auf, ihm nachzufolgen
', weil tTb .begleiten' heifst. — Brauchbarer ift die
Bemerkung zu Vers 15. rfiaPfOQ jtokkoi xui tjxokov&ovv
avTcp foll zurückgehen auf YHITM trbfein Wl EfOl '»3, etwa
mit Dittographie des 1 von Vil. Dies ift eine mögliche
Erklärung, die aber das Aramäifche auch erlauben würde.
— Vers 21 f. Das zweifache sl de (itj fei auf )t> zurückzuführen
. Auch dies wäre denkbar; aber das aramäifche
bttJSS'H liefse fich ebenfowohl brauchen. — Vers 23.
Der Ausdruck uöov noiuv foll beruhen auf hebr. TTtb ,zu
treten' (auf die Saat), was als befonderes Vergehen gedacht
wäre neben dem Aehrenpflücken. Aber der Zu-
fammenhang weift gar nicht auf ein anderes Vergehen
als das Effen von Verbotenem, und oöov jtouiv befagt
nur, dafs das Pflücken beim Gehen gefchah, wie es z. B.
der' Bauer aus Muchmas that, der den Ree. vor zwei
lahren von dort nach Beitin geleitete. — Unwiderfprochen
darf nicht bleiben das S. 36 behauptete intime Verhält-
nifs des Chriftenthumes zur effenifchen Schule. Dies ift
eine in jüdifchen Kreifen gewöhnliche Behauptung, für
die aber noch nie ein haltbarer Beweis geliefert worden
ift. Der Effenismus beruht auf einer Ueberfpannung der
gefetzlichen Forderung levitifcher Reinheit, während Johannes
der Täufer ebenfo wie Jefus in diefer Richtung
nicht das minderte Intereffe haben und deshalb nicht
als Effäerfchüler zu begreifen find. Auch den Behauptungen
von Ch. (S. 60), dafs Jofua und Eleafar gewöhnliche
Effäernamen gewefen feien, fehlt der nöthige
Beweis, da bei den von ihm genannten Perfönlichkeiten
nicht einmal die Wahrscheinlichkeit ihrer Angehörigkeit
zu den Effäern erhärtet werden kann. Dafs die Effäer
ohne jegliche Verproviantirung zu reifen pflegten (S. 39),
ift ebenfalls eine blofse Vermuthung. — Der Verf. fagt
felbft im Vorwort, dafs manche feiner Hypothefen mit
gröfster Referve vorzubringen feien. Es wäre in feinem
und der Lefer Intereffe gewefen, wenn er folche Dinge
vor der Herausgabe aus feiner Schrift entfernt hätte.

Leipzig. G. Dalman.

IIEPKOBHOE nPEJAHIE, npyccKaa Öoroc.ioBCKan
jHTepaTypa. KpimpiecKoe conocTaiMeme. (Bio nc-BOAy
KpirniKH na KHnry „0 iiepKBii".) [Die kirchliche Ueber-
lieferung und die ruffifche theologifche Litteratur. Eine
kritifche Gegenüberftellung. (Aus Anlafs der Kritik des
Buches „Ueber die Kirche".)] Freiburg i. B., Herder,
1898. (VII, 584 S. gr. 8.) M. 4.—

Kritiken ruffifcher Theologen über eine 1888 zu Berlin
anonym erfchienene Schrift ,Von der Kirche. Ein
gefchichtlicher AbrilV haben das vorliegende Werk veranlagt
. Jenes mir unbekannt gebliebene Werk offenbar
eines katholifchen Verfaffers hatte das Recht der römifchen
Kirche und des Papftthumes zu erweifen gebucht, die Pro-
fefToren der Petersburger und Kafanfchen Geiftlichen
Akademie, Katanskij und Beljaev, hatten darauf erwidert,
und etwa gleichzeitig hatten zwei ruffifche Gelehrte,
Lebedev und Sufchkov, die Anfprüche der römifchen
Kirche und des Papftthumes auf die Herrfchaft über die
Gefammtkirche bekämpft. DerVerfaffer des vorliegenden
Werkes will nun darthun, dafs die Schrift,Von der Kirche',
und nicht ihre Kritiker und Gegner, im Rechte fei. Selbft
feine Arbeit zu veröffentlichen, ward ihm nicht mehr zu
theil; aber gemäfs feinem Wunfche ift fie, fo wie er fie
hinterlaffen, herausgegeben worden. Man kann nicht
lagen, dafs fie inhaltlich zur Frage nach dem Rechte des
Papftthumes und der römifchen Kirche etwas Neues
brächte. Aber die ftrittigen Punkte aus der Gefchichte
des Papftthumes werden an der Hand tüchtiger Gewährsmänner
mit Gefchick behandelt, auch die Liberius-,

Vigilius- und Honoriusfrage. Honorius z. B. foll nicht
fowohl als Häretiker verurtheilt worden fein, als vielmehr
j wegen Nichterfüllung feiner oberhirtlichen Obliegenheiten.
Nicht als Gefchichtsforfcher, fondern als Sachwalter des
Papftthumes, überzeugend daher nur für den, der von
vornherein überzeugt zu werden wünfeht, und ohne den
freien Blick, die Dinge zu fehen, wie fie find, hat der
Verfaffer gefchrieben. Aber er hat, obwohl offenbar
nicht Fachmann, fich in die Sache nicht übel einzulefen
verftanden, fich wohl auch gut berathen laffen. Ueber
Einzelnes wird bei dem Gegenfatze zur Gefammtauffaffung
niemand mit ihm rechten. Charaktcriftifch ift, wie ihm
proteftantifche und orthodoxe Theologen dadurch prin-
cipiell zufammengehören, dafs fie eine kirchliche Ent-
wickelung verwerfen, während dagegen der römifche Ka-
tholicismus das Princip des Fortfehrittes vertritt.

Göttingen. N. Bonwetfch.

Kahler, D. Martin, und Hering, D.Hermann, D. Heinrich
Hoffmann, Paftor zu St. Laurentii in Halle a. S. Sein
Leben, fein Wirken und feine Predigt. Halle a. S.,
R. Mühlmann, igoo. (V, 133 S. 8. m. Bildnifs u. Ab-
bildgn.) M. 2.— ; geb. M. 2.75

Aus dem Tagebuche des D. H. Hoffmann, Paftor zu St. Laurentii
in Halle, nach Miterlebtem fortgeführt von M.
Hart. Halle, R. Mühlmann, 1900. (V, 251 S. 8. m.
Bildnis,) M. 2.80

Die Mittheilungen ,aus dem Tagebuche' des D. H.
Hoffmann tragen wenig Tagebuchartiges an fich. Erft
gegen den Schlufs verläuft fich die zufammenhängende
Darflellung in abgeriffene Notizen, bis 1878 liegt eine
vollftändige Selbftbiographie vor. Wie liebenswürdig, wie
, anziehend, wie durchfichtig ift diefe Zeichnung! Gegen
folche Selbftdarftellungen ift viel einzuwenden. Es wird
nur wenig Schriften der Art geben, in denen der Schreiber
die eigene Perfönlichkeit in ihrem Werden und Ge-
wordenfein fchildert, ohne fie gleichzeitig aufdringlich zu
Markte zu tragen. Hier ift davon nirgends etwas zu fpüren.
Und doch wächft dem Lefer fo ficher die Ueberzeugung
heran, dafs er es mit einem ausgereiften chriftlichen
Charakter zu thun hat. Und auch wer diefen .modernen
Prediger', wie ihn Jülicher genannt hat, nicht von der
Kanzel her gekannt, nicht aus feinen Predigtfammlungen
kennen gelernt hat, gewinnt ihn aus diefen Blättern für
immer lieb. Wenn feiner .homiletifchen Hinterlaffenfchaft'
noch eine lange Lebensdauer befchieden fein foll, wie
Hering mit Recht hofft, fo möchte ich beides wünfehen,
dafs der Mann, wie er fich hier felbft zeichnet, Viele
einladet, feine Predigtweife kennen zu lernen, und dafs
die Predigten umgekehrt das Verlangen wecken, fich die
Perfönlichkeit zu vergegenwärtigen, die fo geredet hat.
Denn auch zum Verftändnifse feiner homiletifchen Art
können diefe Blätter nicht wenig beitragen. .Immer fub-
! jectiver, individueller werden nach Ton und Stimmung
feine Predigten' (Chriftl. W. 1899, S. 941). In Hering's
Darfteilung des Predigers Hoffmann (Kähler-Hering S.
77—I24)j fo eingehend nach Inhalt und Form diefe
I Analyfe ift, tritt diefer Zug doch nicht in feiner ent-
t fcheidenden Bedeutung hervor, wie denn überhaupt die
| von Kahler (R. E.3 8, 221) als möglich angedeutete Verfolgung
der Entwickelung des Predigers ,an den gedruckten
Sammlungen' von Hering nicht fo genau ins Auge ge-
fafst worden ift, wie es wünfehenswerth wäre. Die Bemerkungen
auf S. 101 u. I20f. genügen diefer Forderung
kaum. Er fchildert den Prediger auf feiner Höhe und
, wirft nur gelegentlich einen Seitenblick auf fein Werden.
Das rührt wohl mit daher, dafs der allgemeine religiöfe
und theologifche und kirchliche Entwickelungsgang Hoff-
mann's in der vorausgehenden Schilderung des ,Paftors
an St. Laurentii' von Kahler (S. I—76) fchon dargeftellt