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Ausgabe:

1901 Nr. 20

Spalte:

550-553

Autor/Hrsg.:

Zahn, Theodor

Titel/Untertitel:

Forschungen zur Geschichte des neutestamentlichen Kanons und der altkirchlichen Literatur. VI. Theil 1901

Rezensent:

Jülicher, Adolf

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Theologifche Literaturzeitung. 1901. Nr. 20. 550

nuskel (Scriv^j 489 ift nach meinenUnterfuchungen (a.a.O.) I Zahn, Theodor, Forschungen zur Geschichte des neutestament-
mit K II eng verwandt und ein Hauptzeuge diefer auch liehen Kanons und der altkirchlichen Literatur. VI. Teil:

andere Minuskeln umfaffenden Gruppe, deren Heimath
vielleicht durch eine Unterfuchung des Menologions in
KM. 262. 274 (Scholz Nov. Test. I, S. 474 ff.) zu erkennen
wäre. Eine befonders wichtige Minuskel fcheint mir

I. Apoftel und Apoftelfchüler in der Provinz Alien.

II. Brüder und Vettern Jefu. Leipzig, A. Deichert
Nachf., 1900. (IV, 372 S. 8.) M. 10.—

Ew. Paris nat. Gr. 97 Gregory N. 579 zu fein. Martin, Der erfte Theil diefes 6. Bandes der Zahn'fchen

der auf den Werth diefer Minuskel aufmerkfam machte, Forfchungen, der 224 Seiten umfafst, fucht endgültig
gab ihr die Nummer 743 (nicht 573, wie es bei Gregory , feftzuftellen, was wir von Apoftelfchülern und Apofteln
S. 205 heifst, das richtige in den Prolegomena). Gregory jn der afiatifchen Provinz nach dem Zuftande unferer
notirt, dafs fie den doppelten Markusfchlufs bietet. Er Quellen wiffen können. Sehr gefchickt wird von S. 3—6
hätte auch nach Martin {Jntroduction ä la critique textuelle die hohe Wichtigkeit der Frage, in wie weit die
du N. T. II) angeben können, dafs 579 die einzige Mi- i afiatifche Kirche als treue Zeugin apoftolifcher Tradition
nuskel ift, in welcher die Verfe Luk. 22 43—44 fehlen. | gelten könne, herausgehoben; aufserdem definirt Z. in
Martin veröffentlicht (a. a. O.) zwei Blätter der Handfchr. ; der Einleitung noch den Begriff ,Apoftel' und ,Apoftel-
(1. c. II, S. 167 —170). Aus ihnen geht hervor, dafs 579 einen , fchüler' und giebt dann knappe chronologifche Unter-
fehr werthvoilen Bs? verwandten Text bietet. Seit etwa 1 Eichungen über die hier mafsgebenden Quellenfchriften.
fünfzehn Jahren ift das bekannt, oder konnte es wenigftens I die Werke Juftin's, den Leucius, die Phihppusacten und
bekannt fein. Warum ift diefe fo leicht erreichbare Mi- : das Philippusevangelium, endlich den Iren aus. Unter den
nuskel noch immer nicht collationirt? Ueber die Minuskeln Apoftelfchülern fteht vornan in § 1 der Prophet und Apo-
der Apokalypfe habe ich in meinen textkritifchen Unter- ( löget Quadratus, § 2 folgen die afiatifchen ,Presbyter' des
Eichungen I eingehende Unterfuchungen angefleht, die , brenäus, § 3 Polykarp und § 4 Papias. Als,Apoftel' in Afien
ich in meinem Commentare zur Apokalypfe und in meinem | lernen wir von S. 158 an kennen § 1 den Philippus in
Artikel Apocalypse, Encydopacdia Bibiit a ergänzen konnte, li^rapoiis^ den Vater der weisfagenden Töchter, §2
Zu meinem Bedauern hat Gr. die Unterfuchungen, foweit den Johannes in Ephefus, § 3 (wenige Seiten) den Ariftion
ich fehe, überhaupt nicht erwähnt. in Smyrna: fchriftftellerifch thätig foll von ihnen nur Jo-

In der Ausgabe des Menologions S. 377 fehlt wohl hannes gewefen fein. Theil II tritt nach einer ganz
durch Verfehen der 7. März. Scholz hat hier die Angabe kurzen Einleitung, wo wir ftaunend vernehmen, dafs
xojv ärflmv £' tmv ev XsqOcövi sjiiOxoJtrjOavxcov^ , ,heute Jedermann mit der gefchichtlichen Behand-
'Eq>ohu Kcutizcovog xal xcöv loixmv. C,nxrjxbov xvoiaxy ung diefer wie jeder anderen gefchichtlichen Frage fich
u xov Max&cdov. Eine ähnliche Bemerkung bietet i einverftanden erklärt', in die Vorunterfuchungen (S. 228
Ew. 274 zum 8. März (nach Scholz), die G. auch zum j —305) ein, wo § 1 die ficheren Fragmente des Hegefippus
8. März notirt. Ueberhaupt fcheinen die Varianten des ; aufführt und commentirt, § 2 auf dem fo gewonnenen
Menologions, wenigftens ihre Quellenangabe, in der J Grunde die gefchichtliche Stellung des Hegefipp, § 3
zweiten Hälfte des Menologions nicht mehr fo genau J Spuren von ihm bei verfchiedenen Schriftftellern, vorbehandelt
zu fein, wie in der erlten. — Die Unciale Evl. 316 j nehmlich bei Epiphanius, darlegt; § 4 erörtert parallele
(Gregory S.414) flammt natürlich aus dem fiebenten, nicht I judenchriftliche Traditionen, § 5 die Bifchofslifte von Jeru-
aus dem fiebzehnten Jahrhundert. falem bis nach 250, § 6 ziemlich einfilbig den gefälfehten

Trotz der gewaltigen von Gr. geleifteten Arbeit bleibt [ Jofephus. Nunmehr führt uns ein 2. Abfchnitt (§§ 7—10)
für die Katalogifirung der Kleinhandfchriften und der htur- I die hauptfächlichen Anflehten über die Brüder Jefu vo-
gifchen Bücher natürlich noch immer recht viel zu thun. die des Epiphanius und der meilten Griechen, die des Hel-
G. giebt unter anderem an (S. 231), dafs in der Laura vidius, die des Hieronymus und die (eine Combination von
auf dem Athos noch rund 230 derartige Handfchnften j Helvidius und Hieron. darfteilende) des Erlangers v Hofliegen
, von denen er nur einige wenige unterfucht und j mann; endlich von S. 328 an Hellt der Verf. den Sachver-
notirt hat. Mittlerweile find die Handfchriften katalogifirt. halt nach Schrift und Tradition feft, wobei § 12 Talfche
Wie wichtiges unter diefen unbekannten Maffen noch
verborgen liegt, zeigt z. B. v. d. Goltz' fchöne Unterfuchung

und wahrfcheinliche Identificationen' die Phantafie am
ftärkften in Anfpruch nimmt, § 14 fafst in 8 Thefen
einer diefer Laura-Handfchnften. Zu vergleichen ift hier 1 die Ergebnifse diefes II. Theiles, die vermeintlich ficheren

auch, was Gardthaufen's tat. codd, Gr. Sinaiticorum fagt.
Ueberall ift noch viel zu thun.

Zum Schlufs mufs noch ein Abfchnitt des ganzen

Werkes beanftandet werden, nämlich der erfte ,über Pa- i fchliefsen den Band

und die blofs wahrfcheinlichen, zufammen. Einige gelehrte
Nachträge S. 364 und ein fehr praktifch angelegtes Re-
gifter über Theil IV—VI der Forfchungen (S. 365—372)

läographie'. Der Abfchnitt bietet weniger als man gerade
von Gr. hätte erwarten follen, und dies wenige ift theil-
weife ungenau. Mein Kollege Rahlfs machte mich auf
folgende Ungenauigkeiten aufmerkfam. S. 8 u. IO find
in den Angaben über Fleifch- und Haar-Seite des Pergaments
Verwechfelungen eingetreten. Zu S. 14 ift zu bemerken
, dafs der Apoftroph fich auch nach p findet.
S. 6 hätte unter der Literatur das Werk von E. M.
Thompson {Handbook of Greek and Latin Palaeography

Dem nicht übel gewählten Motto auf S. 1 gemäfs kann
ich als die Aufgabe, die fich der Verf. für die gröfsere Hälfte
des Buches geftellt hat, nur die auch über feine Kraft hin-
ausliegende bezeichnen, vetustis novitatem dare, fastiditis
I gratiain, dubiis fidem. Weniges von dem Inhalte jener 7 §§
nebft dem der Einleitung ift nicht fchon früher von Z. oder
auch von Anderen ein oder viele Male gefagt worden;
Ergänzungen und Correcturen in Einzelheiten — dafs Z.
nicht eigenfinnig an dem einmal von ihm Behaupteten

1894) nicht fehlen dürfen. Wie ungenau die Anmerkung j fefthält, beweift er in diefem Buche mehrfach — und die
auf S. 11 ift, lehren die Ausfuhrungen G.'s felbft auf j Zufammenfaffung zu einem Gefammtbilde, das den Ein-
34- druck einer feften und vielgliedrigen apoftolifchen Tra-

Vvir fchliefsen mit einem Ausdrucke des Dankes für dition in Afien als Bindeglied zwifchen dem Neuen

die Arbeit, die von G. gethan ift, und hoffen, dafs es
G. vergönnt fein möge, in ab fehbarer Zeit fein grofses
Werk zu Ende zu bringen, und dafs es ihm gelingen
möge, in dem letzten Theile feines Werkes, welches der
wichtigfte fein wird, auch eine intenfivere und zufammen-
faffendere Bearbeitung des ungeheueren Materiales zu liefern,
als dies in den Prolegomena gefchehen ift.

Göttingen. Bouffet.

Teftamente und der im hellen Lichte der Gefchichte
liegenden kirchlichen Schriftftellerei des Irenaus und
Clemens Alex, hinterläfst, bilden das Neue. Die Haupt-
fätze find: Philippus in Hierapolis ift einer der Siebenmänner
von Act. 6. 8. 21, nicht einer der Zwölfe aber ein
perfönlicher Jünger Jefu; er hat bis etwa 100 ebenfo wie
der feit 69 in Ephefus nachweisbare Zebedäide in Afien
gelebt, auch ein dritter Jünger Ariftion gehört in diefe