Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1901 Nr. 20

Spalte:

545-549

Autor/Hrsg.:

Gregory, Caspar René

Titel/Untertitel:

Textkritik des Neuen Testamentes. Erster Band 1901

Rezensent:

Bousset, Wilhelm

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2, Seite 3

Download Scan:

PDF

545

Theologifche Literaturzeitung. 1901. Nr. 20.

546

man eben fo gut auch beweifen, dafs Jofippon in den
betreffenden Partien das hebräifche Original des 1. Makk.
benutzt hat.

Dafs H auf den Griechen zurückgeht, kann auch
nicht dem geringften Zweifel unterliegen. Es fei nur
kurz neben dem fchon Angeführten noch Folgendes hervorgehoben
: 430 i(t äXXocpvXoi, wie fo oft in LXX, Ueber-
fetzung von rrlit, während H S-HT bietet. BsO-Oovq
giebt H mit KTO m3 wieder, Maxxaßaioc, mit pS, yv-

uvaoiov 1 ls mit trirttiö n*brm nitnpn rva, Avxloyoq
EnupavTiz mit yr-in wtS» wie Jofippon, EXvpalc 61 mit
"tr;*« t& u. f. w. Die Belege laffen fich leicht häufen.
Dem Verf. ift alles dies entgangen.

Auf die zahllofen Flüchtigkeiten, Verfehen, verkehrten
Exegefen und auf die Folgerungen, die Verf.
aus feinem falfchen Refultate ableitet, einzugehen, lohnt
fich nicht. Jede Seite des Buches böte Material. Diskutabel
ift die Annahme des Verf.'s, dafs H gefchrieben
ift, um am Chanukafeft vorgelefen zu werden, und zu
billigen ift, dafs Verf. einen Abdruck des neuen hebräi-
fchen Textes feinen Unterfuchungen beigefügt hat.
Hannover. Dr. Gottfr. Schmidt.

Gregory. Caspar Rene, Textkritik des Neuen Testamentes.

Erfter Band. Leipzig, J. C. Hinrichs'fche Buchh., 1900.

(VI, 478 S. gr. 8.) M. 12.-

Nach dem auf S. 4 f. entwickelten Plane des Werkes
ift das Werk Gregory's als eine neue Auflage der Pro-
legomena zu Tifchendorf's Ediüo octava major anzu-
fehen, fo zwar, dafs der Verfaffer den zweiten, das
Material behandelnden Theil jenes Werkes (von I, S. 335 ff.
an voranftellt und den erften Theil, den eigentlich prin-
cipiellen, an die zweite Stelle rückt. Eine wefentliche
Umarbeitung wird dabei, foweit dies aus der Vorrede
hervorgeht, wohl der zweite Theil erfahren. Der erfte
Theil, deffen gröfsere Hälfte den vorliegenden erften
Band füllt, fchliefst fich eng an die Prolegomena an.
Es ift fehr erfreulich, dafs wir diefe alfo nunmehr in
einer neuen Auflage haben, die wieder einmal alles bis
jetzt erarbeitete und zufammengetragene Material zu-
fammenfafst, und auch die neueften Ausgaben von Scri-
vener's Werke weit überholt.

Wenn wir das in diefem die griechifchen Hand-
fchriften und liturgifchen Bücher umfaffenden Bande
mitgetheilte Material mit dem der Prolegomena vergleichen
, fo hat das Majuskelmaterial keine fehr wefentliche
Bereicherung erfahren. Die Bereicherung des Ma-
teriales, die im Supplementum (1890) zum erften Theil der
Prolegomena (1884, vgl. auch Prolegomena III, S. 1307 f.
1894) gebracht werden konnte, war jedenfalls fehr viel
beträchtlicher. — Von Codex N Ev. ift weitaus der
gröfste Theil, den wir befitzen, erft neuerdings entdeckt
(f. S. 56 f.). Eine befondere Bereicherung hat der Buch-
ftabe T (Ev.) bekommen, unter welchem bekanntlich alle
Fragmente von Handfchriften nachweislich ägyptifchen Ur-
fprunges gefammelt find. Hier find die Nummern Ts—w
(16 verfchiedene Fragmente) hinzugekommen. T' — v find
die von Amelineau Noticcs des manuscrits coptes etc. (in
Noticcs et extraits, Bd.34. Paris 1895) veröffentlichten Fragmente
. Ts flammt aus den OxyrhyncJius-Papyri ed. Grcn-
fell a. Hunt, London 1898, T1-» fmd die Papyri aus
der Sammlung des Erzherzogs Rainer, hier zum erften
Male mitgetheilt. — Die letztgenannten Papyrusfragmente
gehören zum älteften, was wir vom neuen Teftamente
befitzen. Zu den Majuskeln der paulinifchen Briefe find
einige kleine Fragmente Tab hinzugekommen. Zu erwähnen
wären allenfalls noch zwei neue ziemlich voll-
ftändige Evangelienmajuskeln von Kofinitza, die Miller
in Scrivener's Introduction 1 erwähnt, die aber Gregory
(S. 96) vor genauerer Unterfuchung noch nicht einreihen
will.

Bedeutend verlängert ift die Lifte der Evangelienminuskeln
. N. 1288—1420find hinzugekommen. 1311 —1359
entflammen dem Katalog der Jerufalemifchen Bibliothek
von Papadopulos Kerameus. Diefe Handfchriften werden
identifch fein mit den in den früheren Liften unter
N. 450—469, 601—644 aufgezählten. Da fich im Einzelnen
die Angaben nicht identificiren laffen, fo hat
Gregory die Liften nebeneinander behalten. Bei den
Nummern 1409 —1419 (vgl. 757—803) ift Sakkelion's
Katalog der Nationalbibliothek zu Athen benutzt. Für
diefe Nachträge führt G. ein neues Syftem der Numerirung
der Minuskeln ein. Das bisherige hatte den Mangel,
dafs, da innerhalb der einzelnen Theile des N. T. fortlaufend
numerirt wurde, diefelbe Minuskel für Ew.
Paul. Act. Ap. vier verfchiedene Nummern bekommen
konnte. Bei Gregory bekommt von nun an jede Minuskel
für alle Theile des N. T. diefelbe Nummer. Da

' in der alten Lifte 420 Minuskeln zu Act. Kath. und 4S6
zu Paul, aufgezählt waren, fo überfpringt G. zu diefem
Endzwecke bei der Lifte der Minuskeln für Act. die
Nummern 421—490, (ebenfo bei der Apk. die Nummern
1S5—494) und giebt nun jeder Minuskel für Act., Paul.Ap.
diefelbe Nummer. In den einzelnen Liften entftehen
dadurch Lücken. Aber es entfteht der grofse Vortheil,
dafs wir nunmehr nur ein Sigel für je eine Minuskel
haben. Enthält die Minuskel auch die Evangelien, fo
bekommt fie für alle Theile die entfprechend hohe
Nummer. Da die Evangelien ca. 1200 Minuskeln-
Nummern mehr haben, als die übrigen Theile des
N. T., fo kann hier in abfehbarer Zeit keine Verwirrung
eintreten. Zu der Lifte der Minuskeln zu Acta find 30,
zu Paul. 33, zu Ap. 9 Nummern hinzugekommen. In
der zweiten Hauptabtheilung behandelt G. die liturgifchen

Bücher. Nach einer neugefchriebenen lehrreichen Einleitung
(S. 327—341), giebt G. auf Grund einer Reihe

i von Zeugen das Synaxarion und Menologion der alten
Kirche (342—386). Dann folgt die Lifte der liturgifchen
Bücher zu den Evangelien, 1072 (früher 963) Nummern,
und zum Apoftel 287 (früher 265) Nummern, dazu 10 neue
Nummern, die Evangelien und Apoftel enthalten.

Wie es bei einem fo weitfehichtigen und fchier un-
überfehbaren Materiale kaum anders fein kann, find natürlich
trotz der Fülle des Gebotenen Nachträge Berichtigungen
und Defiderien zu machen. Zunächft einiges zu den Majuskeln
. S. 31 übernimmt G. die Behauptung, dafs der Codex

Alcxandrinus (AI dem Anfcheine nach in Aegypten gefchrieben
fei. Diefe hier und wie es fcheint überall vorgetragene
Meinung fcheint mir recht wenig, oder beffer
gar nicht begründet zu fein. Vielmehr Rheinen, wenn
überhaupt hier etwas ausgemacht werden kann, ganz
wefentliche Gründe dafür zu fprechen, dafs A in Paläftina
refp. Syrien entftanden fei. Der Codex Alexandrinul
hat nach dem vorangeftellten Verzeichnifse der in ihm
vorhandenen Bücher auch die falomonifchen Pfalmen
einmal enthalten. Die falomonifchen Pfalmen aber find
allem Anfcheine nach nur auf einem fehr eng zu begrenzenden
Gebiete zu Haufe gewefen. Citirt oder erwähnt
werden fie faft nirgends. Im Kanonsverzeichnifs aufgezählt
werden fie bald unter den Antilegomenen, bald
unter den Apokryphen: im Kanon der LX Bücher, in
der Stichometrie des Nikephorus, in der Synopfe des
Pfeudo-Athanafius und im Kanonsverzeichnifs des Me-
chithar v. Airivank. Nun hat Theodor Zahn es wahr-
fcheinlich gemacht, dafs diefe fämmtlichen Kanonsver-
zeichnifse aus einer fpäteftens im fünften Jahrhundert in Paläftina
angefertigten Lifte fchöpfen. (Gefch. des Kanons
II, 1, S. 311 undhorfchungenV,S. 1256".). In diefem Verzeichnifse
müffen die Pfalmen Salomo's und zwar wahrfchein-
lich unter den Antilegomenen oder den deuterokanoni-
fchen Büchern genannt fein. (Zahn Forfchungen V, S. 1321.
Ein zweites Ind icium für die Heimath von A gewinnen
wir aus der Thatfache, dafs in ihm die beiden Clemensbriefe
enthalten find. Die beiden Clemensbriefe werden