Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1901 Nr. 20

Spalte:

543-544

Titel/Untertitel:

The book of Daniel 1901

Rezensent:

Meinhold, Johannes

Ansicht Scan:

Seite 1

Download Scan:

PDF

543

Theologifche Literaturzeitung. 1901. Nr. 20.

544

Verfchuldung, während er 6, 23 eine folche leugne. Aber
da handelt es (ich doch um einen einzelnen Fall, bezüg-
ich deffen er fich vor Gott und dem Könige fchuldlos
weifs. Wie follte er nicht, wenn er vor Gott tritt, fich
mit feinem Volke als armen Sünder bezeichnen können!

Wenn Daniel nur Aufklärung über die Bedeutung
von Jer. 25,11. 12. 29,10 haben will, fo mag das Faden
als rechte Vorbereitung zu folchem Gebete und zum
Empfange noch hingehen. Aber wozu denn das Sitzen
in Sack und Afche?! Das führt doch auf ein Bufsge-
bet, auf eine Gebet um Vergebung und Begnadigung,
wie es ja auch in O^SISnm mit dürren Worten ausgefagt
wird. Aber C. 8,26 wird ihm doch gefagt, das Geficht
gehe auf D^*1 Bftö*». C. 9, 1—3. 21fr. befchreibt nun genauer
den Verlauf der BW äTBi, während ja 4—20
um unmittelbare Begnadigung bitte in fcharfem Gegen-
fatze zu 8,26. Aber felbft wenn die Schrift fo eng ge-
fchloffen war, wie Marti mit von Gall annimmt, fo ift
diefer Schlufs doch noch nicht nöthig. Denn es ift
nicht einzufehen, dafs der Verf. nicht doch trotz 8, 2s,
den Daniel fich quälen liefs mit dem Wunfche, Gott
möge Jerufalem bald wieder bauen und das Volk heimführen
, und dafs ihm dann zum Trotte und zur Beruhigung
eine Erklärung von Jer. 25 gegeben ward, die
zwar Rettung aus Noth ficher in Ausficht nahm, wenn
auch erft in weiter F"erne. Nimmt man aber an, dafs
C. 8, C. 9, C. 10—12 urfprünglich felbftändige Abfchnitte
waren, die ihr Verfaffer fpäter zufammenfafste, fo fällt
jenes aus 8, 20 genommene Bedenken ganz hin.

Selbftverftändlich liefse fich noch mancher Behauptung
entgegentreten, lieber aber will ich meine Freude aus-
fprechen, dafs viel mehr Zuftimmung als Widerfpruch
am Platze ift, und dafs Marti's Arbeit für die Daniel-
forfchung einen recht anerkennenswerthen Fortfehritt
bedeutet.

Bonn. Meinhold.

The book of Daniel. With introduetion and notes by Rev.
Prof. S. R. Driver, D.D. (The Cambridge Bible for
Schools and Colleges. General Editor for the Old
Testament and Apocrypha: A. F. Kirkpatrick, D. D.).
Cambridge University Press, 1900. (CVI, 215 S. 8.
m. Abbildgn.). Sh. 2.6

Die Einleitung enthält 106 Seiten, die Auslegung
215 S. Letztere ift fo eingerichtet, dafs der Ueberfetzung
eine Erklärung in Noten untergefetzt worden ift.

Die Einführung, welche nichts befonderes Neues
bietet (§ 3 über Autorfchaft und Datirung ift im wefent-
lichen Driver's Einleitung ins Alte Teftament entnommen
), giebt eine verftändige und brauchbare Orientirung
über den Stand der Sache. Auch Driver, wie die meiden
Neueren, nimmt Einheitlichkeit des Buches an, ohne
allerdings (f. o.) eine befriedigende Erklärung der Doppel-
fprachigkeit des Buches geben zu können. Wenn Driver
foweit geht, dafs er (S. 68) meint, es habe wohl möglicherweife
im Exile einen Juden namens Daniel gegeben,
der mit 3 feiner Genoffen fich durch das treue Fed-
halten an der jüdifchen Religion grofsen Ruhm erworben
habe, ja dafs ein Daniel am Hofe eine einflufsreiche
Stellung einnahm und vielleicht etwas vom zukünftigen
Gefchicke des chaldäifchen und perfifchen Reiches vor-
ausgefagt habe, fo kann ich das nicht als ,probable' bezeichnen
. Ich möchte vielmehr mit Krätzfchmar und
Marti annehmen, das der Daniel der alten Sage urfprünglich
eine Figur der Vorzeit war wie Hiob und Noah,
dafs er dann durch fpätere Sage mit dem Exile verknüpft,
vielleicht auch erd zu einem frommen Israeliten gemacht
wurde.

Auch die Behauptung, dafs der Text im Wefent-
lichen gut erhalten fei, von Kleinigkeiten abgefehen, id
kaum zutreffend. Man vergleiche nur z. B. den Schlufs

des 9. Capitels bei Driver und Marti. Hier kommt man
doch nur mit Textemendationen vorwärts, die Driver zu
feinem Nachtheile gegen Marti nicht genügend berücksichtigt
. Auffallend id es mir auch, dafs die Frage nach
der Echtheit des Gebetes Dan. 9,4—20 bei Driver gar
nicht erwähnt wird. Dafs im Uebrigen auch aus diefer
Auslegung, namentlich in fprachlicher Hinficht, mancherlei
zu lernen id, bedarf bei Driver keiner befonderen
Erwähnung.

Bonn. Meinhold.

Schweizer, Dr. Abraham, Untersuchungen über die Reste
eines hebräischen Textes vom ersten Makkabäerbuch.

Berlin, M. Poppelauer, 1901. (102 S. u. 13 S. hebräi-
fcher Text. gr. 8.) M. 3.50

Verf. will beweifen, dafs ein von Chwolfon kürzlich
aus einer Parifer Handfchrift edirter hebräifcher Text
eines Theiles des 1. Makkabäerbuches auf das verlorene
hebräifche Original diefes Buches zurückgeht. Der Nachweis
id völlig mifslungen und mufste es, weil der Verf.
fehr oberflächlich und parteiifch unterfucht und ihm die
nöthige methodifche Schulung gänzlich abgeht. Schon
die Anlage des Haupttheiles, der Vergleichung des neuen
' Textes — nennen wir ihn H — mit dem griechifchen,
zeigt das. Verf. nimmt nämlich, offenbar ohne Kenntnifs
der heutigen LXX-Forfchung, einfach feinen Swete her,
vergleicht H mit dem bei Swete abgedruckten A, den er
zunächd mit der griechifchen Ueberfetzung überhaupt iden-
tificirt, und dellt fed, dafs H original, der Grieche dagegen
von H abhängig id (S. 32, 37, 40). Dann zieht er die in
Swete's Apparat verglichenen X V hinzu, um, wie er
1 fagt, zu unterfuchen, ob nicht vielleicht aus ihnen H
| geflohen fei! (S. 40) Thatfächlich beweid er aber das
gar nicht, fondern, dafs SV H näher denen als A und
deshalb eine beffere Ueberlieferung des Griechen bieten
(auf andere griechifche Hff. läfst er fich nicht ein). Ein
ähnlicher Mangel an Methode zeigt fich bei der nun fol-
! genden Unterfuchung des Verhältnifses von H zum
| Syrer (Schw. kennt nur den einen). Obwohl Verf. nämlich
doch fchon die Originalität von H fedgedellt hat,
j und obwohl er annimmt, dafs der Syrer nur Ueberfetzung
aus dem Griechifchen id (S. 46), hält er für nöthig, ganz
breit zu unterfuchen, ob nicht H vielleicht nur eine Ueberfetzung
aus dem Syrifchen id! (S. 46 f.)

Zeigt diefe Anlage fchon wenig Gefchick und Sorg-
I falt, fo die Ausführung noch weniger. Auch keine einzige
| von all den Beweisdellen, die Verf. gefammelt hat, befagt
etwas, manche beweifen fchlagend das Gegentheil von
dem, was fie fagen follen. So heifst es z. B. 1. Makk. 2 70
im griechifchen Texte: axed-avev [MaTTafrlaq] hv zm
txzcp xai ZEOCaQaxoOzä) xdi kxazoözcp et«, was natürlich
bedeutet: ,im Jahre 146 der Seleukidenära'. H hat:
H^ti . . . nSÜ p rran Daraus nun macht Verf. einen
Beweis für die Originalität von H! (S. 83, anders erklärt
I er S. 69). 2 42 ift die bekannte Stelle, in der es heifst,
dafs övvaymyr/ Aoiöalcov fich dem Mattathias anfchlofs.
H hat für a. A. S"H1!"P mj>, wie ja auch eine Reihe von
griechifchen Hff. ö. lovöalmv lied. Nach Schweizer ,unter-
j liegt es keinem Zweifel', dafs ö. 'lovö. richtig id, da die
Aa fond nirgends vorkommen, und man nicht einfieht,
warum fie hier erwähnt fein follten! (S. 43, vgl. auch
S. 95 f.). Und dergleichen mehr. Auch hat Verf. fich von
vornherein fchon alles dadurch verbaut, dafs er Jofippon
j und die verwandte Literatur von der Unterfuchung aus-
fchlofs (S. 8), während fich vieles aus den Zufammen-
hängen H's mit Jofippon oder feinen Trabanten erklärt,
wo Verf. den hebräifchen Urtext zu erkennen glaubt; f.
z. B. S. 32 ff. zu 1. Makk. 32 und S. 34 f. zu r. Makk. 310.

Es hat keinen Sinn näher auf die Argumentation
des Verf. einzugehen, ihm fehlt die Objectivität, um die
Dinge zu fehen, wie fie find. Mit feiner Methode könnte