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Ausgabe:

1901

Spalte:

489-491

Autor/Hrsg.:

Omont, M. H.

Titel/Untertitel:

Notice sur un très ancien Manuscrit grec de l’évangile de Saint Matthieu en onciales d’or sur parchemin pourpré et orné de miniatures, conservé à la Bibliothèque Nationale 1901

Rezensent:

Bousset, Wilhelm

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Theologische Literaturzeitung.

Herausgegeben von D. Ad. Harnack, Prof. zu Berlin, und D. E. Schürer, Prof. zu Göttingen.

Erfcheint Preis
alle 14 Tage. Leipzig. J. C. Hinrichs'fche Buchhandlung. jährlich 18 Mark.

N°- 18. 31. Auguft 1901. 26. Jahrgang.

Omont, Notice Sur un tres ancien Manuscrit
gTec de l'evangile de Saint Matthieu (Bousset).

Harris, Further researches into the history of
the Ferrar-Group (Bousset).

Wernle, Die Anfinge unterer Religion (Gräfe).

Waitz, Das pfeudotertullianifche Gedicht ad-
versus Marcionem (Griitzmacher).

S. Hieronymi tractatus contra Origenem de
visione Esaiae ed. Amelli (Grützmacher).

Knoepfler, Rabani Mauri de institutione cleri-
corum libri tres, textum recensuit etc. (Grützmacher
).

Feiler, Das Benedictiner-Officium, ein alteng-

lifches Brevier aus dem II, Jahrhundert (Griitzmacher
).

Felder, Die liturgifchen Reimofficien auf die
Heiligen Franciscus und Antonius(Karl Müller).

Steinmeyer, Homiletik (E. Chr. Achelis).

Sägmüller, Lehrbuch des katholifchen Kirchenrechts
, I. Teil (Franti).

Omont. M. H., Notice sur un tres ancien Manuscrit grec de I 1531 22 xovg oxlovg (Rafur) xov oxlov N*.
l'evangile de Saint Matthieu en onciales d'or sur par- j *9* & ^JZiT^tT 'S^T^k'"^
chemin pourpre et orne de miniatures, conserve ä la
Bibliotheque Nationale (Nr. 1286 du Supplement grec).
Tir<5 des Notices et Extraits des Manuscrits de la
Bibliotheque Nationale et autres Bibliotheques, tome
XXXVI. Paris, Klinckfieck, 1900. (81 S. gr. 4. m. 2
Tafeln). Fr. 4.—

Die Parifer Nationalbibliothek hat neuerdings eine
koftbare Evangelienhandfchrift erworben. Es ift dies ein
Purpurcodex mit Goldfchrift in Majuskel, den ein franzö-
fifcher Officier in der griechifchen Colonie von Synope
erworben hat. Der Codex enthält nicht unbedeutende
Fragmente — ungefähr ein Drittel der Matthäusevangeliums
— und fcheint aus dem fechften Jahrhundert zu ftammen

(toi%axai (Rafur) {hrjvai 2VA ,

215 22 <£jrt (ausradirt) + esti NN*.

21 n 22 <touc2 (getilgt)1) -f- rovg NN*.
Aus diefer Zufammenftellung geht hervor, dafs der
Schreiber von 2 neben der gemeinfamen Grundlage noch
nebenbei hier und da einen zweiten Text benutzte, der
im grofsen und ganzen die fpätere (in unferem tcxtus
reeeptus vorliegende) Textgeftalt enthielt. 2V und N*
fcheinen ihre Vorlage getreuer erhalten zu haben und
find deshalb auch unter einander enger verwandt. An
den Stellen, an denen 2 und N* differiren, wird deshalb V
meiftens die urfprüngliche Vorlage beffer bewahrt haben.

Ob 2NN* fämmtlich aus einer und derfelben Hand-
fchrift bei gelegentlicher Abweichung copirt find, wird
fich nicht genau fagen laffen. Jedenfalls waren ihre Arche-

Der Herausgeber giebt nach einer kurzen paläogra- ; typen beinahe identifch. Sie ftammen alle drei aus der-

phifchen Einleitung (5—14) ein Facfimile der Handfchrift
(15—57), eine Transfcription des Textes mit Varianten der
Handfchriften N und 2 (58—81). Angehängt ift eine
Nachbildung der Miniaturen der Handfchrift. Vergl. hierüber
Harnack, Theol. Lit.-Zt. icyoo (Nr. 14. 7. Juli) col.411.

Was den Text unferer Handfchrift betrifft, fo zeigt
fich derfelbe, wie man dies von vornherein annehmen
durfte, aufs engfte verwandt mit dem Text zweier anderer
Purpurhandfchriften, des von Gebhardt und Harnack entdeckten
Codex Rossanensis 2 und der mit dem Sigel N

felben Zeit und von demfelben Ort und zeigen uns einen
Text, wie er im fechften Jahrhundert wahrfcheinlich in
Conftantinopel und etwa den angrenzenden Theilen Klein-
afiens üblich war.

Wenn wir den Umkreis unferer Betrachtungen noch
ein wenig erweitern, fo fcheint auch ein vierter Purpurcodex
der Codex Beratinus (VI Ih.) <P mit unferer Gruppe
verwandt zu fein. Im allgemeinen zeigt auch diefe Handfchrift
eine Mifchung deffen, was Weftcott Hort vorfynfchen
und fyrifchen Text nennen. Nur fteht ö*> wie es fcheint

bezeichneten Fragmente, deren Hauptmaffe erft neuer- | dem fpäteren tcxtus reeeptus bereits um ein gutes Stück
dings aufgefunden ift und fich nunmehr in Petersburg be- näher. Ich verglich die Cap. 15 und 16 des Matthaeus.
findet {Crontn Codex Purpureus Pctropolitanus, Tcxts a. In dielen Capiteln vertritt <t> rund fünfzehnmal die Les-
Studtes Vf. Cambridge 1899).^ Bereits Gebhardt erkannte | arten des tcxtus reeeptus, während 2Nb (A) finguläre oder

ältere und beffere Lesarten haben. Nur einmal in einer
ganz unwefentlichen Variante geht <P mit den älteren
Codices (1589). Aufserdem zeigt 4? einen ftärken Procent-
fatz der Eigenthümlichkeit des westem text. Demnach ift

in feiner Unterfuchung über den Codex Rossanensis (Texte
und Unterfuchungen 11883) die aufserordentlich enge Ver-
wandfehaft zwifchen 2 und den damals bekannten Fragmenten
von A'. Die Collation von 2 und N, welche Omont

in feiner Ausgabe der neuentdeckten Purpurhandfchrift am I nach den&Zufamn^ des

W iifco ..-. • __Tili T ». — _ _ _• 1 1 • r 1 r 1 • f • __ _ .___ __ —. — -

Fufse des transferierten Textes giebt, beweift, dafs diefe
letztere als dritte im Bunde fich zu 2 und N gefeilt. Trotz
des bedeutenden Umfanges der Fragmente differiren 2 N
und unfre Handfchrift nur an etwa ein Dutzend Stellen,
wenn wir von rein orthographifchen Varianten abfehen;
an den Stellen, an denen N fehlt, kommen noch etwa
zwanzig ernft zu nehmende Varianten zwifchen 2 und
unferer Handfchrift hinzu. Da letztere mit N noch etwas
näher verwandt zu fein fcheint als mit 2, fo möchte ich
vorfchlagen, für unfre Fragmente kein neues Sigel zu
wählen fondern fie mit Nh zu bezeichnen. (Aa ift bereits
vorhanden). Lehrreich ift auch ein Vergleich der von
Gebhardt p.LII aufgezählten Stellen, an denen fich in 2 von
derfelben Hand, die den Text fchrieb, flammende Correc-
turen finden. Folgende Ueberficht wird das klar machen.
Mt: 1327 2'1 ra (hinzugefügt). < AA713.
1516 2- iTjOovg (hinzugefügt). < Ab.

missions scientifiques Ser. III Tom rj. 1887 S. J-öjf.) an
einer engeren Verwandtfchaft zwifchen <P und^A'Ab nicht
zu zweifeln. Ich erwähne, dafs <P wie 2 und Ab vor Mt
164 die Einleitungsformel von Vers 2 6 de dnoxoid-sig rijtev
avxolg (xdi ctjtoxQ. d 'i. eisiev) wiederholen. Sie ftammen
alfo aus einem gemeinfamen Archetypus, in welchem Mt
162—3 mit der aus dem Text wiederholten Einleitungsformel
noch am Rande ftanden, und der mithin als Zeuge
für die urfprüngliche Nichtzugehörigkeit der Verfe zum
Text des Mt. in Betracht kommt.

Wir können aber unfre Umfchau von hier aus noch
erweitern. Ein bis zwei Jahrhunderte früher im Vergleich
mit der Zeit, in der unfre Handfchriften entftanden, haben
wir für diefelbe Gegend einen fehr wichtigen Zeugen für
den neuteftamentlichen Text, den Chryfoftomus. Gerade

1) Omont hat S. 74 diefe Variante nicht augegeben.
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