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Ausgabe:

1901 Nr. 15

Spalte:

426-427

Autor/Hrsg.:

Rocholl, Heinrich

Titel/Untertitel:

Matthias Erb. Ein elsässischer Glaubenszeuge aus der Reformationszeit 1901

Rezensent:

Köhler, Walther

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Theologifche Literaturzeitung. 1901. Nr. 15.

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und dem übrigen Elfafs hochverdienten Mannes. Es ift
mit fichtlicher Liebe gearbeitet, aus den entlegenften
Orten find Cälviniana hervorgeholt und regiftrirt worden
— um fo herber wird der Schmerz über den Verlud,
welchen die theologifche Wiffenfchaft durch Erichfons
Tod erlitten hat.

Die Bibliographie zerfällt in zwei Theile, opcra Calvini
und opcra quae sunt de Calvino. Bei den in chrono-
logifcher Ordnung vorgeführten Werken Calvins find die
betr. Stellen im Corpus Rejormatorum angegeben, an
denen die typographifchen Eigenthümlichkeiten und der
Text der betr. Schriften mitgetheilt find. Mit einem
Sternchen find diejenigen Werke verfehen, welche dank
dem Sammlerfleifse von Baum, Cunitz und Reufs auf
der Strafsburger Univerfitätsbibliothek fich befinden.
Willkommen wäre es gewefen, wenn von den typographifchen
Eigenthümlichkeiten wenigftens die Zeilentrennung
, die Zahl der Blätter und der Vermerk des
Druckers am Anfang oder Ende feines Druckes, in den
Separatdruck der Bibliographie aufgenommen worden
wären. Für den Befitzer des C. R. war das ja natürlich un-
nöthig. da er das Betreffende in den früheren Bänden befitzt
und leicht nachfchlagen kann; die Befitzer des Separatabdrucks
aber werden durchgängig das C. R. nicht befitzen
und find infolgedeffen nicht ohne Weiteres in der
Lage, nach vorliegender Bibliographie ihnen begegnende
Calvindrucke zu beftimmen, während doch eine Bibliographie
einen ihrer Hauptzwecke in der Ermöglichung
der Beftimmung von Drucken fehen foll. Das Hülfsmittel,
Druckort und Drucker (foweit erkennbar), wenn fie nicht
auf dem Titel und Schlufsblatt angegeben find, in Klammern
beizufetzen. — vgl. die Drucke fub 1538, 1541,
1543, u. ö. — reicht nicht aus. Die Calvindrucke bis zur
Gegenwart zu verfolgen hat grofsen Reiz; man kann viel
zwifchen den Zeilen lefen. Bis 1546 ift Strafsburg die
einzige deutfehe Stadt, in welcher Cälviniana gedruckt
wurden, 1546 erfcheint in Nürnberg eine translatio bohe-
mica libelli: Supplex cxliortatio ad Cacsarem de necessitate
reformandae ecclesiae. 1547 wird in Augsburg der Catechismus
ecclesiae Genevensis nachgedruckt, Ende der vierziger
und Anfang der fünfziger Jahre erfcheinen eine
Reihe Ueberfetzungen oder Nachdrucke in London,
1554 erfcheint der Catechismus in Cöln, gleichzeitig
begegnen in Holland Nachdrucke; dann begegnet 1557
und 1558 in Wittenberg und Pforzheim je ein Calvindruck
, aber nicht etwa eine ausgefprochen Calvinifche
Lehranfchauung vertretende Schrift wird gedruckt, fondern
die den gemeinfamen Erbfeind in den Vordergrund
{teilende ,Vermahnung von der Papiften Heiligthum etc.',
1563 begegnet in Heidelberg ■— es ift das Entftehungs-
jahr des Heidelberger Katechismus! —- eine Ueberfetzung
des,Catechismus derEvangelifchen Kirchen in Frankreich,'
die Drucke in Frankreich werden immer häufiger, 1572
erfcheint in Heidelberg die erfte deutfehe Ueberfetzung
der Institutio. Gegen Ende des 16. und 17. Jahrhunderts
werden in Herborn eifrigft Cälviniana gedruckt, auch
Hanau und Caffel i feit i6c>6) kommen hinzu — kurz, die
Gefchichte des Calvinismus fpiegelt fich in der Gefchichte
der Calvindrucke. Wie fpärlich ift in Deutfchland die
Institutio gedruckt worden! InLeyden hingegen begegnen
6 Auflagen in einem Jahr (1654)! Württemberg ift, fehe
ich recht, überhaupt mit keinem Drucke vertreten.

Die opera de Calvino find nach fachlichen Gefichts-
puneten geordnet. Dafs die verfchiedenartigften Abhandlungen
nicht alle in Rubriken unterzubringen waren,
liefs fich vorausfehen; fo findet fich denn zum Schlufs
eine Rubrik: opuscula varia. Vielleicht hätte hierhin
auch der Auffatz von Drews: ,die Anfchauungen refor-
matorifcher Theologen über die Heidenmiffion' gehört;
denn ich bezweifle, ob mancher ihn unter: Calvinus rerum
ecclesiasticarum et civilium et curator et rector (S. 132 Nr. 701)
fuchen würde. Doch find im Uebrigen die Rubriken fehr
gefchickt angeordnet, und ein gutes Regifter hilft mit zur

fchnellen Orientirung. Abfolute Vollfländigkeit war
' kaum zu erzielen; man mufs ftaunen, wie wenig überfehen
wurde. Einige Ergänzungen feien hier notirt: S. 73 fehlt
unter den grofsen k. g. Werken die K. G. von Kurtz
(13. A. 1899). Von Holtzmann-Zöpffels Lexikon ift 1895
eine 3. A. erfchienen (zu S. 80 Nr. 101), von Bloefch:
Gefchichte der fchweizerifchen reformirten Kirchen 1899
der zweite Band (zu S. 87 Nr. 171). In Nr. 453 fehlt
hinter 1870: Bd. I., ebenfo in Nr. 468 hinter 1885. Ver-
mifst habe ich das Werk von A. Kraufs: Das proteftan-
tifche Dogma von der unfichtbaren Kirche 1876, desfelben:
! Lehrbuch der praktifchen Theologie, das freilich häufig
neben Achelis' Werke (f. S. 129 Nr. 663) vergeffen wird,
A. Ludwig: das Glaubensbekenntnifs im Gottesdienft
(Z. f. pr. Th. 1893, S. 193—223 zu Nr. 673). Auch liefsen
fich die franzöfifchen scripta polemica (S. 1156".), wie ich
aus Feret: La faculte de theologie de Paris. Epoque
moderne tonte II 1901 erfehe, noch um einige Nr. vermehren
. Allein was wollen diefe kleinen Verfäumnifse
oder kleine Nachläffigkeiten, wie das Fehlen einer Jahresoder
Seitenzahl (vgl. S. 110 Nr. 445, S. 89 Nr. 193, 194),
in die fem Werke befagen! Sind doch fogar wichtige
Recenfionen und die hiftorifchen Romane über Calvin
notirt!

Giefsen. W. Köhler.

Rocholl, Konfift.-R. Dr.Heinrich, Matthias Erb. Ein elfaffi-
fcher Glaubenszeuge aus der Reformationszeit. Auf
Grund archivalifcher Dokumente. (Beiträge zur Landesund
Volkeskunde von Elfafs-Lothringen. XXVI. Heft.)
Strafsburg, J.H.Ed. Heitz, 1900. (36 S. gr. 8.) M. 1.20

Ueber den Reformator von Reichenweier Matthias
Erb befafsen wir bisher bei Röhrich: Gefchichte der
Kirche des Elfafs und in anderen kleineren Abhandlungen
! (f. S. 6 Anm 1 vorl. Schrift) nur einige fpärliche Notizen,
1 kein feft umriffenesLebensbild. Diefe Lücke fucht Rocholls
I Schrift, veranlafst durch einige glückliche Funde auf der
Colmarer Stadtbibliothek, im Colmarer Bezirksarchiv u. a.
auszufüllen. Und gewifs erhalten wir mehr als wir bisher
wufsten, die grofsen Grundlinien des Lebens von
! Erb und auch einiges Detail werden uns vorgeführt, aber
| eine lebensvolle Biographie wird uns nicht gegeben. Man
■ hat allenthalben den Eindruck, dafs der Vf. feinem Stoff
[ fremd gegenüberfteht, es fehlt die innere Durchdringung
und Verarbeitung desfelben, fehlt ein Eingehen auf die
vorreformatorifche Situation in den württembergifch-
elfäffifchen Landen, aus deren Grunde dann plaffifch fich
die Figur Erbs herausheben würde. Die wichtigften Daten
werden uns geboten, —Erb kommt 1535 nach Reichenweier
, führt 1538 eine Kirchenordnung ein, macht fein
Städtchen zu einem Centraipunkt der reformatorifchen
Bewegung im württembergifchen Elfafs, mufs infolge des
Interims fein Amt aufgeben, kaum wieder eingefetzt
infolge des ftreng lutherifchen Regimentes unter Herzog
Chriftoph feinen Platz wieder verlaffen, um bei Egenolph
Herrn zu Rappoltftein als Prediger und Reformator bis
an fein Lebensende (1571) zu wirken — aber recht eigentlich
nur bei der Schilderung der Thätigkeit Erbs in
Rappoltsweiler geht die Darfteilung etwas in die Tiefe,
die übrige wichtigfte Zeit wird fehr fummarich behandelt.
Warum z. B. wird uns nur gefagt, dafs ,ein reicher hand-
fchriftlicher Briefwechfel zwifchen Erb und den Strafsburger
wie Schweizer Reformatoren in der Bafeler Bibliothek
vorhanden'ift, aber kaum ein Stück daraus benutzt?
I Warum wird die Kirchenordnung, die R. in Colmar fand,
nicht mitgetheilt und verglichen mit gleichzeitigen Ordnungen
? Wenn es uns nicht auf S. 6 gefagt würde, wäre
es kaum zu merken, dafs Vf. ,viele bisher noch unbekannte
und unbenutzte Documente gefunden und ge-
fammelt' hat. Entgangen find R. die Nachrichten über
Erb, die der Briefwechfel des Beatus Rhenanus (ed. Hart-