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Ausgabe:

1901

Spalte:

388-389

Autor/Hrsg.:

Maltzew, A. von

Titel/Untertitel:

Menologion der orthodox.-kath. Kirche des Morgenlands 1901

Rezensent:

Kattenbusch, Ferdinand

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387

Theologifche Literaturzeitung. 1901. Nr. T4.

388

Hauptfragen Handreichung thun können. Diefe Symbole,
zumal das apoftolifche, find immer noch ein nicht unbedeutendes
Gemeinfchaftsband zwifchen den ftreitenden
Confeffionen. Natürlich giebt es Grenzen der Ver-
ftändigung über fie. Man darf das Apoltolikum nicht
etwa im religiöfen Sinn kurzweg als eine ,neutrale' Bafis
zwifchen Katholizismus und Proteftantismus anfehen.
Dafs Luther es nicht fo betrachtet hat, trotz einer bekannten
Aeufserung im erften Theil der Schmalkaldifchen
Artikel, ergiebt jede genauere Ueberlegung. Eine wiffen-
fchaftliche Differenz in der Beurtheilung des Apoftoli-
kums wird ftch zwifchen den proteftantifchen und ka-
tholifchen Theologen befonders da zeigen, wo man
beginnt, auf feinen Inhalt, zumal feinen ,urfprünglichen
Sinn', zu reflektiren. Was ich darüber im 9. Capitel
meines zweiten Bandes ,Der gefchichtliche Sinn des
altrömifchen Symbols', ermittelt zu haben glaube, kann
von katholifchen Theologen fchwerlich ohne Vorbehalte
anerkannt werden. Wenigflens nicht in Hinficht des Ge-
fammtwurfs, wenn ich mich fo ausdrücken darf. Im
Detail wird auch da fich vielerlei Annäherung und
gegenfeitige Beihilfe als möglich erweifen. In Bezug
auf die ,Zufätze' des textus receptus befteht noch mehr
Ausficht in diefer Beziehung; ich habe wenigflens die gelehrte
Abhandlung von J. P. Kirfch, S. J. ,Die Lehre von
der Gemeinfchaft der Heiligen im chriftl. Altertum' (1900)
mit dem Eindruck gelefen, dafs über das ,sanctorum com-
munionem' in T ganz wohl Uebereinftimmung hinfichtlich
des hiftorifchen Sinns erzielt werden könne. Vor Allem
aber und mindeftens können fich die Arbeiten der Theologen
beider Confeffionen begegnen in den literar-
hiftorifchen Fragen bezüglich des Symbols. Damit
ergiebt fich fchon allein ein bis auf Weiteres noch überaus
grofses Gebiet von gemeinfam zu fördernden Problemen
. Vorangeleuchtet hat da auf katholifcher Seite
bisher befonders der gelehrte Benediktiner von Mared-
fous, Dom G. Morin. Unter günftigen Aufpizien tritt
jetzt auch ein deutfcher Theologe auf diefem Felde mit
auf. Dr. Dörholt, Privatdozent (jetzt Profeffor) an der
Akademie zu Münfter gedenkt ein Werk zu veröffentlichen
über den Urfprung und die Entwickelung des
Tauffymbols der alten Kirche. Er hat bisher nur erft
die Einleitung dazu vorgelegt, diefe aber erweckt die
beften Hoffnungen für das Weitere. In einem befon-
deren Bande von zehn Bogen hat er zunächft die Ge-
fchichte der Symbolforf chung vorgeführt. Ich
hielt es auch bei meinem Werke für nöthig, einen nicht
zu knappen Abrifs diefer Gefchichte voranzuftellen, habe
aber (immerhin in kleinem Druck) nur etwa zwei und
einen halben Bogen daran wenden mögen. Dörholt ift
alfo erheblich ausführlicher zu Werke gegangen, wie ich.
Es ift mir eine Freude, feine Darfteilung allen denen,
die das Symbolproblem überhaupt intereffirt, warm empfehlen
zu dürfen. D. befleifsigt fich der gröfsten Sachlichkeit
, ift unpartheiifch und bewährt eine fehr weit
ausgedehnte Belefenheit. In dem Urtheil über den Ge-
fammtverlauf der Apoftolikumsforfchung und über die
wichtigften Werke innerhalb diefes Ausfchnitts gelehrter
Arbeit begegnen wir uns rneift. D. befpricht aber noch
eine ganze Reihe proteftantifcher Schriften, die ich bei
Seite liefs. Und für die katholifche Forfchung bietet er
vollends bedeutfame, werthvolle Ergänzungen zu meiner
Darftellung. Abfolute Vollftändigkeit hat auch er nicht
erreicht, und feitdem er feinem Werke die Vorrede fchrieb
(Herbft 1897), hat die Forfchung ja auch nicht ftille ge-
ftanden. In der freundlichen, gelehrten Recenfion meines
zweiten Bandes, die G. Voifin in der Revue ecclesiast.
{universite cath. de Louvain) II, 1901, S. 88 ff. veröffentlicht
hat, wird D. noch einige ausländifche Arbeiten genannt
finden, die er nicht bemerkt hat. Mich freut die
grofse Lebhaftigkeit, die die Forfchung über das Apoftoli-
kum in der Neuzeit angenommen hat. D. darf fich deffen
verfichert halten, was ihm auch meine kurzen Bemerkungen

I über fein Buch in II, 758 fchon gefagt haben werden,
J dafs ich feine noch ausltehende, eigene fachliche Unter-
fuchung mit grofsem Intereffe zur Kenntnifs nehmen
werde und einen fruchtbaren wiffenfchaftlichen Gedanken-
austaufch mit ihm auf dem noch fo mannigfach unge-
lichteten Gebiete erhoffe.

Giefsen. F. Kattenbufch.

Maltzew, Propft Mag. theol. A. von, Fasten und Blumen-
Triodion nebst Sonntagsliedern des Oktoichos der orthodox-
kath. Kirche des Morgenlands. Berlin, K. Siegismund,
1899. (CXCVI u. 1223 S. 8.) M. 15._

— Menologion der orthodox-kath. Kirche des Morgenlands.

I. Band. Ebd. 1900. (XCVI u. 1060 S. 8.) M. 10 —

Die flawifch-deutfche Ausgabe der heiligen Bücher
der orthodoxen morgenländifchen Kirche, die der Propft
der kaiferlich-ruffifchen Botfchaft in Berlin veranftaltet,
geht ihrem Abfchlufs entgegen. Ueber die früheren
Bände hat theils Harnack in diefer Zeitfchrift berichtet,
theils der Unterzeichnete; f. zuletzt 1898, Nr. 18 und 25.
Das gegenwärtig zu befprechende, erfte oben bezeichnete
Werk gilt den Gefängen der ,beweglichen Fefte',
d. h. aller derjenigen, die von Oftern aus berechnet
werden. Wie immer hat Maltzew eine Einleitung voran-
gefchickt, die viel Wiffenswerthes mittheilt. Er handelt
darin im Allgemeinen von den Feften der orthodoxen
Kirche, nicht blofs den beweglichen, und macht zugleich
Mittheilungen über die Fefte der anderen morgenländifchen
Kirchen, der armenifchen, neftorianifchen,
jakobitifchen, koptifchen etc.; auch die Fefte der
römifchen Kirche, ja fchon diejenigen Israels zieht er
zum Vergleich heran. Die hiftorifchen Erörterungen
könnten gründlicher fein, z. B. was das Weihnachtsfeft
betrifft. Indefs M. hat, wie ich fchon bei früherer Gelegenheit
(1898 Col. 492) bemerkte, praktifche Zwecke
bei feiner Ausgabe und denkt bei den Einleitungen ficher
in erfter Linie an Laien als Lefer. Diefer praktifchen
Rückficht entfpricht auch der panegyrifche Ton aller
Auseinanderfetzungen. M. will die Gemüther anregen,
die rechte Stimmung wecken. In vielen Fragen bietet
für das (zwiefache) Triodion der 2. Band von N. Nilles
S. J., Kalendarium manuale utriusque ecclesiae, orient.
et occid., 1897, eine Ergänzung; letzteres auf die ,Unirten'
berechnete Werk dient auch praktifchen Zwecken, ift
aber in feinen Erläuterungen mehr an Intereffen abend-
ländifcher Theologen orientirt. Ich hebe hier nur einiges
Wenige aus M.'s Einleitung hervor, was zur Veranfchau-

I lichung der .beweglichen' Fefte der orthodoxen Kirche

1 gereichen kann. Aus Nilles vorab die Notiz, dafs die
orientalifche Kirche in ihren Berechnungen meift die
Woche mit dem Sonntag fchliefsen läfst und fie dem-
gemäfs anders benennt als die abendländifche, römifche.
Der Name der Woche wird in letzterer von dem vorangehenden
Sonntag benimmt, in erfterer von dem ab-

j fchliefsenden. So heifsen alfo z. B. nicht die erften fieben
Tage, in denen die Fleifchentfagung thatfächlich eintritt,

| die kßöofiag rrjg äjtöxQeoa, fondern die ihr voranliegenden,
die auf die xvQUixij rrjg äjiöxQSco auslaufen. Am ,Sonntag

! der Fleifchenthaltung' ifst man noch Fleifch, aber zum
letzten Mal. Vom folgenden Tage ab beginnt die ,Butter-

1 woche', die erfte Woche der wirklichen Fleifchenthaltung,
genannt nach der xvgiaxr) rrjg rvQivrjg, mit der fie
fchliefst, und die den letzten Tag des Buttergenuffes
darftellt etc. M. hätte diefe Belehrung wohl auch er-
theilt, wenn er nicht eben an ein Publikum dächte,

| welches orthodox ift und über Derartiges nicht belehrt
zu werden braucht. Die Fefte zerfallen in drei Claffen,
nämlich ,grofse, mittlere, kleine'. Ich entnehme von M.,
dafs im Typikon, dem offiziellen Verzeichnifs aller re-

; gulären Feiern, die Fefte dementfprechend mit ver-

! fchiedenen Zeichen verfehen werden, die ,grofsen' find