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Ausgabe:

1901 Nr. 14

Spalte:

385-386

Autor/Hrsg.:

Döller, Joh.

Titel/Untertitel:

Rhythmus, Metrik und Strophik in der biblisch-hebräischen Poesie, systematisch dargestellt 1901

Rezensent:

Beer, Georg

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Seite 1

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385

Theologifche Literaturzeitung. 1901. Nr. 14.

386

den Eindruck des Alters und der Urfprünglichkeit, und I
2321 ift nicht aus Gen. 499. 27 entlehnt. Beim Detail der I
Quellenfcheidung werden wir nie zur Einigkeit kommen.
Ich vermuthe, dafs 222. 3a m von P. flammt, dafs Tu* eher !
aus dem Wortfehatz des J ift als das jüngere TOp, dafs
2326—242 zu den älteren Quellen gehört, und in 231—5
icheint mir Gall's Gliederung nicht die richtige. Zu J. j
möchte ich rechnen: 22« 233. 41) (bis Vbx) 5b g 242. 8.
(9b) 10a 1125; zu E.232s—30 (=2211—232) 231b. 5. (bis -rasen) f

94. 11. 26.

Tübingen. P. Volz.

Schloegl. P. Prof. Dr. Nivardus, O. Cist, De re metrica
veterum Hebraeorum disputatio. In Universitate Vin-
dobonensi praemio Lackenbacheriano ornata. Vindo-
bonae, Mayer et soeiis, 1899. (VIII, 53 u. 25 S. 4.) M.6.—

Döller. Prof. Dr. Joh., Rhythmus, Metrik und Strophik in der
biblisch-hebräischen Poesie, fyftematifch dargeftellt. Paderborn
, F.Schöningh, 1899. (VII, 100S.gr. 8.) M.2.40

Man fpricht und fchreibt in a. t.-lichen Kreifen jetzt
wieder einmal viel, oder beffer gefagt: mehr als gut, über
Rhythmik, Metrik und Strophik in den Schriften des A. 1.
Dabei geht es nach der Melodie des bekannten Sprichwortes
: .Viele Hunde find des Hafen Tod'! Trotzdem
viele Rede und Tinte an das Thema verfchwendet wird,
ift bis jetzt pofitiv herzlich wenig, nach Manchen fo gar
nichts, erreicht worden, weil es eben eine Jagd nach einem
Phantom fei. Natürlich denken darüber anders die Geifter,
die vom Entdeckungsbazillus infizirt eines fchönen Tages
ihre neuen Theorieen der Welt darboten und felfenfeft
von deren Richtigkeit überzeugt find, worin fie felbft die
Thatfache nicht zu erfchüttern vermag, dafs faft jeder
neue Verfuch anders ausfällt als die früheren. Die anderen,
die nicht die Gabe des kühnen Entdeckers, fondern des
rälonnirenden Zuwarters, oder des kühlen Skeptikers
befitzen, werden aber den obigen Satz unterfchreiben.
Und zwar die erfte Hälfte desfelben die — es werden
etwa diefe Optimiften -/. unter den a. t.-lichen Collegen
bilden — welche wie der Referent das dunkle Gefühl
haben, dafs doch etwas Wahres an dem Suchen nach
einer Rhythmik u. f. w. im A. T. daran fei, obfehon fie
in keinem der bisherigen Verfuche eine endgültige
Löfung der Frage, vielleicht aber in der Hebungentheorie
den Anfang zu einer folchen erblicken. Die andere
Hälfte des Satzes billigen die Uebrigen — es find darunter
befonders einige ältere Stimmführer unfererWiffen-
fchaft —, die fich bei dem nun altbewährten parallelis-
mus membrorum beruhigen, aber durch den befonders
von Budde geficherten Qina-Takt fchon etwas beunruhigt
werden müffen.

Vor Allem ift hier die heutige fonft ultrakonferva-
tive katholifche a. t.liche Zunft novarum rerum cupidus.
Ich brauche nur an Namen wie Bickell, Gietmann,
Grimme. Hontheim, Vetter, Zenner zu erinnern.
Die Sache erklärt fich einfach. Der Papft hat's erlaubt,
formale Studien über das A. T. zu treiben. Darum tobt
fich die entbundene geiftige Kraft mit jugendlichem Un-
geftüm auf der Arena der formalen Kritik aus, um dann
ermüdet nach dem füfsen Schlummer unter den Fittichen
der ägyptifchen Finfternifs zu verlangen, die dank dem
wohlverftandenen päpftlichen Intereffe über dem religions-
gefchichtlichen Gebiet des A. T. lagert.

Die beiden hier anzuzeigenden Schriften find Bearbeitungen
der von der kathol. theol. Fakultät der Wiener
Univerfität für das Studienjahr 1896/97 proponirten Preisfrage
: ,Explicandi (Schloegl: Exponendi) sunt loci, qui-
bus antiqui scriptores de rliythmis in libris poeticis An-
tiqui Foederis obviis loquuntur et systematicc exponendi
sunt varii conatus emditorum, qui a saeculo XVII. usque

l) für ^ElS lies vielleicht: H'T !4DfWI btMib.

ad nostros dies (1897) in statuendis strophis, »ntris,
rhythmis carminum A. F. (Schi. Testament!) laboraverunt'
Schl.'s Arbeit wurde prämiirt, Döller's als preiswürdig
befunden. Letzterer hat feine Arbeit ,in deutfeher Sprache'
umgearbeitet. Als speeimen eruditionis ift die Leiftung
beider beachtenswerth. Gründlicher und klarer ift die
Darftellung und Kritik, die A. Kuenen in feiner Hiftor.
krit. Einl. in die Bücher des A. T. III, 1 1894 S. 12 ff. den
Ausfprüchen alter Schriftfteller und der Meinung neuerer
Gelehrten über ein Metrum im A. T. zu Teil werden läfst.
Schi, und Doli, lehnen fich an Kuenen ftark an. Das zeigt
fich bei Schi. z. B. augenfällig darin, dafs er p. 1/2 wie
Kuenen S. 13/4 den Flavius Jofephus vor Philo ftellt.
Wo Schi, und Doli, ein Plus gegenüber Kuenen haben,
betrifft es wie z. B. bei der Darfteilung der Syfteme von
D. H. Müller, Zenner, Vetter und Grimme metrifch-
ftrophifche Theorieen, die erft nach Kuenen's Tode
bekannt wurden. Weit Befferes als bei Schi, und Doli,
findet fich gerade über diefe neueften Verfuche bei E.
König, Stiliftik, Rhetorik, Poetik Lpzg. 1900 S. 304 fr.
Und nun die Hauptergebnifse beider Arbeiten? Döller
hält die biblifch-hebräifche Poefie für rhythmifch, aber
nicht für metrifch, das Vorhandenfein von Strophen ift
ihm gewifs — das läfst fich alles hören — ein beftimmtes
Syftem bietet D. felbft nicht an, er theilt alfo das oben
befchriebene dunkle Gefühl! Zum Glück trägt auch Schi,
kein eigenes neues Syftem vor — er fcheint aber auf

Grimme und Zenner hereingefallen zu fein, _ von

dem erfteren die Metrik, vom anderen die Strophik übernehmend
p. 38. 44 ff. Wenn ihm dies die Krönung vor
feinem Concurrenten Döller eingetragen haben follte,
wäre es zu bedauern. Rein willkürlich ift z. B. die Annahme
Schl.'s (Appendix S. 2 ff), dafs zu den als Strophe
zufammengefafsten Verfen m 18, 2—7 die folgenden Verfe
18,8—13 die Antiftrophe bilden, und dafs die Verfe 18,
14—20 alterntrend gefungen wurden. Mit feiner Betonung
der einzelnen angeführten Pfalmenverfe kann und wird
Schi, häufig das Richtige treffen — vielleicht wird
durch die bereits von Buhl RE3 IV, 638 annoncirten
Unterfuchungen und Ergebnifse von Sievers in Leipzig
uns demnächft Klarheit über das Wefen der hebr. Poefie
verfchafft. Wir altteftamentliche Theologen — felbft die
mufikalifchen unter uns — können eben allein ihren Takt
nicht herausbekommen.

Im Einzelnen möchte ich nur noch einige Mängel von
beiden Arbeiten hervorheben, da des Rühmenswerthen
bereits genug gefagt ift. Dafs Döller in feinen 8, 35 über
Schlottmann's Theorie auch den Vatablus und
Meibomius hineinpackt, ift nicht recht. In dem Anhang
nach S. 98 werden eine Reihe von dem Verf. nicht be-
rückfichtigter Werke nachgetragen und wie Kraut und
Rüben durcheinander geftreut. Dafs Lowth (f 1787)
überhaupt zuerft den parallelismus membrorum nachwies
(Dö. S. 3 Schi. p. 38), ift nicht mehr richtig, zu behaupten
— es müfste heifsen: den lange Zeit vergeffenen wiedererkannte
—da bereits (cf.König S. 307)Jbn Esra (f 1167/
und Dav. Qimchi ff ca. 1230) von einem D*B in
| der hebr. Poefie redeten. Schi, ift nicht zuverläffig in
1 feinen Citaten. So fehlt z. B. p. 3 in dem Citat aus
Eufeb v. Caesarea 0xLf7]Qr vor oY ejccov (aufserdem enthält
das Citat noch 3 leichtere Fehler); p. 5 letzte Zeile
fehlt Carmen heroicum vor omnibus.

Strafsburg i. E. Georg Beer.

Dörholt, Prof. Dr. B., Das Taufsymbolum der alten Kirche
nach Ursprung und Entwicklung. I. Gefchichte der
Symbolforfchung. Paderborn, F. Schöningh, 1898
(VIII, 161 S. gr. 8.) M. 4.-

Die Gefchichte der altkirchlichen Symbole gehört
zu denjenigen Thematen, in deren Bearbeitung pro-
teftantifche und katholifche Theologen fich faft in allen