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Ausgabe:

1901 Nr. 12

Spalte:

320-321

Autor/Hrsg.:

Bacon, Benjamin

Titel/Untertitel:

An Introduction to the New Testament 1901

Rezensent:

Holtzmann, Heinrich Julius

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319

Theologifche Literaturzeitung. 1901. Nr. 12.

320

Bennett, W. H., M. A. and Walter F. Adeney, M. A., Pro- j tolerable unanimitf hingeftellt (S. 324). Die Evangelien
fessoren, Biblical Introduction. Old Teflament by B. — felbft werden freilich zu früh eingefetzt: Matthäus kurz

New Teftament by A. London, Methuen & Co, 1899. vor' }fc™ kur.z ,nac,n '°-. „ n

rvn ,q, c 8 a v; Nur dem m s Auge gefafsten Leferkreis zu Gunften

(Ali, 407 ^. ö.j bti. 7.0 fcheinen fo belanglofe Abfchnitte aufzutreten, wie im

Die beiden auf dem Titel genannten Londoner Pro- A. T. über den Gebrauch der einzelnen Bücher im N. T.
fefforen haben fich zur Herausgabe eines biblifchen Ein- ] und im N. T. über den dogmatifchen Gehalt der Schriften.

leitungswerkes vereinigt, durch welches gebildete Laien,
beziehungsweife wohl auch folche Theologen, welche mit
den Grundfprachen und den Fineffen der ,höheren Kritik'
weniger vertraut find, mit dem gegenwärtigen Stand der
Dinge bekannt gemacht werden follen. Natürlich dürfen
folche Leser, wie die Vorrede auseinanderfetzt, nicht

mit zu viel Wiffen belaftet werden, weil fie fonft Gefahr Bacon, Benjamin Wisner, D. D, An Introduction to the

Daffelbe gilt von der Bibliographie am Schluffe, Beifpiels-
weife wäre hier S. 480 ftatt Meyer Heinrici und S. 481
ftatt Lünemann Bornemann zu fetzen.

Strafsburg i/E. H. Holtzmann.

laufen, den Wald vor lauter Bäumen nicht zu fehen. Da
mit ift gegeben, dafs man nicht erwarten darf, eindringenden
Untersuchungen zu begegnen. Umfang, Form
und Methode der Mittheilung kommen faft allein in Betracht
für eine gerechte Würdigung der Leiftung. Und
in diefer Befchränkung ist wohl Alles gefchehen, um Lefer
von der gekennzeichneten Art über Herkunft, Inhalt, Entstehungszeit
, Compofition und fchriftftellerifchen Charakter

New Testament. (New Testament Handbooks. Edited
by Shailer Mathews.) New York, The Macmillan
Company, 1900. (XV, 285 S. 8.)

Dem vielen deutfchen Theologen wohlbekannten Ver-
faffer, Profeffor an der Yale Univerfität, verdanken wir
fchon eine Reihe von Einzelforfchungen zum Neuen
Teflament. Jetzt veröffentlicht er ein Einleitungswerk,

der alt- und neuteftamentlichen Schriften aufzuklären. 1 welches einen reichhaltigen Stoff in knappen, von der

Auch den altteftamentlichen Apokryphen und Pfeud-
epigraphen ift ein Kapitel gewidmet. Hebräifche Wörter
kommen gar nicht, griechifche nur in den Fufsnoten vor.
Aber mit Hilfe der bekannten Sigla und technifchen
lermini wird man ziemlich tief in das Labyrinth der

Verlagshandlung auferlegten Grenzen, bietet. Während
eine grofse Fülle von Beweismaterial in den Fufsnoten
angebracht ift, entwickelt und begründet der Verf. feine
Anflehten in einem zufammenhängenden, feffelnd ge-
fchriebenen und leicht lesbaren, auf Beihülfe von Ab-

Pentateuchkritik eingeführt und nicht blos in Bezug auf kürzungen, Sigla, Terminologien und fremdfprachlichen
Jofua, Jeremia und wo fönst noch Bennett felbftändig j Eindringlingen verzichtenden Texte. Das erfte Kapitel
gearbeitet hat merkt man den Fachgelehrten. Das Ur- i giebt eine Gefchichte der Kritik, deren Anlage ganz an

theil ift im Ganzen frei und unbefangen. Beifpielsweife
ftellt das Hohe Lied eine Vereinigung von Hochzeits-
gefängen dar, und die Lefer empfangen Anleitung, sich
auf den fymbolifchen oder allegorifchen Werth alttefta-

unfere deutfchen Lehrbücher erinnert. Der gegenwärtige
Stand der Wiffenfchaft bei uns erfcheint hier faft unter
dem Bilde eines Parlamentes, auf deffen äufserfter Rechten
und Linken einige ,Wilde' fitzen, dann kommen rechts

mentlicher Mythen und Legenden einzurichten. Dem J als Hauptrufer im Streit dertraditionsfefteZahn und derdem
Charakter der englifchen Theologie von heute entfpricht Ueberlieferten fchon freier gegenüberftehende B. Weifs;
es, wenn dabei aber doch der Anerkennung unverein- hierauf das rechte Centrum, in maafsvoller, von Harnack

barer Gegenfätze möglichft aus dem Wege gegangen,
überall möglichft auf Ausgleich hingearbeitet und z. B.
gezeigt wird, wie die ältere Kritik mehr den vorexilifchen,
die neuere mehr den nachexilifchen Elementen des
Prieftercodex gerecht geworden fei.

Noch deutlicher läfst der neuteftamentliche Theil
diefe verföhnliche Tendenz erkennen. Das ,Einerfeits'
,Andererfeits' kennzeichnet hier geradezu die ganze Methode
. Nur selten gelangt man, wie bezüglich des zweiten
Petrusbriefes (um 150), zu einem beftimmt im negativen
Sinne abfchliefsenden Urtheil. Dagegen werden bezüglich
des erften wie bezüglich des Jakobusbriefes und der
Paftoralbriefe die entgegengefetzten Momente forgfältig
auf beide Wagfchalen vertheilt, fo dafs fie fich zunächft
das Gleichgewicht halten und nur zu guter Letzt dem
Zünglein ein fanfter Stöfs nach rechts verfetzt wird, ohne
dafs übrigens dem Leser zugemuthet wird, sich für folche
Maafsnahmen befonders zu erwärmen. Dies im Unter-
fchied vom altteftamentlichen Theil, wo bei derartigen
Balancirungsexperimenten, z. B. bezüglich der makkabä-
fchen Pfalmen, der Schlufsftofs eher nach links treibt.
Auch vermifst man bei Adeney zuweilen die Geltendmachung
entfeheidender Beobachtungen, wie z. B. bezüglich
des zweiten Theffalonicherbriefes deffen ver-
wandtfchaftlicher Beziehungen zum erften. Dafür darf
getroft behauptet werden, dafs man über die eigentlichen
Schwierigkeiten der johanneifchenFrage auf den ioSeiten,
welche dem vierten Evangelium gewidmet sind, genügenderen
Auffchlufs erhält, als auf 120 Seiten bei Zahn.
Bezüglich des fynoptifchen Problems, das nach Zahn
bis jetzt zu keinerlei Ergebnifsen geführt hat, ,welche
allgemeine Anerkennung gefunden haben oder auf folche
einen begründeten Anfpruch erheben dürften' (II2 S. 193),
wird die Marcushypothefe, verbunden mit der Zweiquellentheorie
als ,/airly etablished' und ,settled with

proclamirter Rückbewegung zur Tradition begriffen. Auf
einem diefer Sitze hat auch der Verf. Platz genommen
mit der Lofung ßack to second-century tradition1 (S. VII,
18, 277). Am linken Ende erblickt man Jülicher, während
der Unterzeichnete den rechten Flügel der ,Liberalen',
d. h. des linken Centrums, einnimmt. Weiter nach links
folgen Hilgenfeld, Weizfäcker u. A. am äussersten Ende
die holländifchen Radicalen.

Das zweite Kapitel giebt eine für den Zweck des
Werks genügende, überfichtliche Gefchichte des werdenden
Kanons bis zur fertigen Ausgeftaltung deffelben, etwa
von 100—200, meift im Anfchluffe an Zahn, Weifs,
Harnack, Hilgenfeld und den Unterzeichneten, aber nicht
ohne Spuren felbftändiger Durcharbeitung des Stoffes
und unter meift wörtlicher Anführung entfeheidender
Zeugnifse. Die folgenden vier Kapitel find der pauli-
nifchen Literatur in der bekannten Gruppirung gewidmet.
Die Chronologie (S. 58, 280) ftimmt mehr mit den Auf-
ftellungen Harnacks, als mit den herkömmlichen Anfätzen.
Auffallend ift dagegen der Anfchlufs an Zahn in der
Beurtheilung der galatifchen Frage, womit die meines
Erachtens unmögliche Datirung des Galaterbriefes vor
den Theffalonicherbriefen gegeben ift. Eher begreife
ich, wie ihn Adeney in dem kurz zuvor erfchienenen
Werk ßiblical introduction1 zwifchen die Briefe an die
Korinther und an die Römer verpflanzen mag. Die Bedenken
gegen den zweiten Theffalonicherbrief kommen
nicht zu'ihrem Rechte; die auffällige Reproduction des
erften Briefes fällt weg, während der Stelle 2,2 zuviel
Gewicht in der kritifchen Argumentation beigelegt wird.
Echt find auch fämmtliche Gefangenfchaftsbriefe, während
in den Paftoralbriefen wenigftens paulinifche Grundlagen
angenommen werden, fo dafs fie zur Noth auch noch als
paulinifch gelten können. Ein fiebentes Kapitel behandelt
die katholifchen Briefe in einer Richtung, die dem nach-