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Ausgabe:

1901 Nr. 11

Spalte:

291-293

Autor/Hrsg.:

Moffatt, James B. D.

Titel/Untertitel:

The historical New Testament being the literature of the New Testament arranged in the order of its literary growth and according to the dates of the documents 1901

Rezensent:

Clemen, Carl

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291 Theologifche Literaturzeitung. 1901. Nr. II. 292

und; Gewohnheiten er aus reicher Anfchauung kennt.
Wir bedauern, dafs er fich nicht eingehender mit der
wiffenfchaftlichen PaläfHnakunde nach ihrer phyfifchen
und hiftorifchen Seite befafst hat. Seine Darfteilung
hätte damit an Werth bedeutend gewonnen. Da er gerade
bei feiner letzten Reife feltener begangene Gegenden
durchftreift hat, würden wir gerne etwas über die

drucken, wo fie ihrer Entftehungszeit nach hingehören,
fondern auch die Lehre Jefu, wie fie urfprünglich gelautet
hat, und wie fie dann mündlich überliefert worden ift, an
den Anfang ftellen. Aber weder fie noch jene Quellen
laffen fich mit völliger Sicherheit herausfchälen; ja felbft
die einzelnen Schriften des neuen Teftaments find z. T.
weder relativ noch abfolut beftimmt zu datiren; die An-

Lagerung der Felsfchichten, die Eigenthümlichkeit der ; Ordnung wird daher ftellenweife immer etwas Willkür-
Mergelgebilde, namentlich aber auch über die Flora liches behalten. Ferner fchreitet jene Entwicklung nicht nur
vernehmen. Leider fleht der Verfaffer mit der Botanik in einer, fondern in mehreren, fich mannigfach kreuzenden
auf etwas gefpanntem Fufs. Er last die alpine Juniperus j Richtungen fort, und endlich ift auch eine fpäte Schrift
excelsa im Jordanthale wachfen, den amerikanifchen Phlox l ihrem Inhalt nach manchmal doch alt: kurz der wiffen-

auf wilder Haide blühen, mit Caltha palustris dürre Berghalden
fchmücken. Nicht immer können wir mit feiner
Schätzung landfchaftlicher Schönheit übereinftimmen.
Er bewundert die ,unvergleichlich fchöne Gebirgskette'
Moabs, während es thatfächlich nicht leicht einen monotoneren
, weniger gegliederten, langweiligeren Gebirgszug

fchaftliche Werth eines chronologifch angeordneten neuen
Teftaments ift noch kein fehr grofser.

Immerhin hat Moffatt, wenn er fich nun einmal
diefe Aufgabe ftellte, zumeift gewifs das Richtige getroffen
. Er ordnet nämlich: Paulusbriefe, L Petrusbrief,
Markus- und Matthäusevangelium, Hebräerbrief, Lucasais
den von Moab giebt. evangelium, Apoftelgefchichte, Offenbarung, Johannes

Wir find aber auch in gefchichtlichen Fragen mit j evangelium und Briefe, Mc. 16, 9—20, Paftoralbriefe, Jaco-
dem Verfaffer oftmals nicht einverftanden. Schafthor j bus-, Judas- und II. Petrusbrief. Vom Epheferbrief be-
und Schafteich lagen im Weften des Tempelplatzes und 1 merkt er freilich felbft: (S. 229): it is with less confidence
nicht im Norden. Die Heimath Gideons, Ophra, ift nicht and less agreement of scholars tkan in the case of almost

mit dem Ophra öftlich von Bethel identifch. Deburije
hat mit der Richterin Debora abfolut nichts zu thun.
Der Islam ift dem Verfaffer eine Religion ohne Verhöhnung
und das Judenthum eine folche ohne Hoffnung.
An Stelle der Grabeskirche möchte er lieber Fabrik-
fchlote fehen. Die Räume der Grabeskirche find geweiht
durch die intenfivfte Andacht vieler Gefchlechter. Seit
mehr als 1600 Jahren haben hier zahllofe Taufende Gefühle
innigfter und heiligfter Freude empfunden und in
tieffter Bewegung des Gemüthes mit Thränen die Steine
benetzt. Welch eine haarfträubende Idee eine Fabrik
auf folch einen Platz zu ftellen! Der Verfaffer wünfcht
auch einen Dampfer auf dem See Gennefaret. Dazu gehören
Hotels in Kapernaum und Bethfaida mit dem Heer
befrackter Kellner. Wir fanden einft den unfagbaren Reiz
von der Stätte Kapernaums in der ringsumwaltenden feierlichen
Stille und Einfamkeit.

Etwa einmal fcheint uns die Bilderfprache des Ver-
faffers zu kühn, fo, wenn er einen Grundfatz ins wilde
Meer hinunterwirft, oder wenn er Taufende von Menfchen
tagelang an den Lippen Jefu hängen läfst. Der Mund
ift bei diefem Bilde doch etwas zu grofs gedacht und
die Geftalt der Zuhörer zu klein.

Die Schrift Schneller's ift fo frei von aller Schwerfälligkeit
, fo reich an fonnigem Humor und poetifchem
Schwung, dafs fie wie die früheren Schriften des Ver-
faffers einen dankbaren und zahlreichen Leferkreis finden
wird, welcher fich durch die von uns angezeigten Mängel
nicht wird ftören laffen.

Zürich. K. Furrer.

Moffatt, James B. D., The historical New Testament being

the literature of the New Teftament arranged in the

order of its literary growth and according to the dates

of the documents. Edinburgh, T. & T. Clark, 1901.

(XXVII u. 726 S. 8.)
Das ift wieder einmal ein Buch, wie es eben nur in
englifcher Sprache erfcheinen konnte. Denn wenn auch
fchon mancher Deutfche auf den Gedanken gekommen
fein wird, die Schriften des neuen Teftaments in chrono-
logifcher Reihenfolge herauszugeben, fo hat er doch nicht
nur keinen Verleger gefunden, fondern fich wohl fchon
vorher felbft überzeugt, dafs mit einer folchen Ausgabe
noch nicht viel erreicht wäre. Wollte man nämlich die
Entwicklung des Urchriftenthums ad ocidos demonftriren,
fo müfste man nicht nur die Quellfchriften der Evangelien
und Apoftelgefchichte, fowie wenigftens die chriftlichen

in der Apokalypfe verarbeiteten Traditionen dort ab- j auch deutfchen Lefern werden diefe Einleitungen zu den

any other NT document, that it has been reluctantly lejt
in this edition between 60 and65 A. D. — und ähnlich
vom erften Petrusbrief (S. 246): it must be admitted that
no case for the authenticity of the writing amounts to much
more than a combination of slender probabilities, and in
face of the evidence and adherents of the pseudonymous
theory, no one can hold even provisionally to the seventh
decade date without reluctance and uneasiness. Auch die
Apoftelgefchichte ift wohl fpäter als die Apokalypfe und
der Jacobus- und Judasbrief möglicherweife früher als die
Paftoralbriefe; doch kann das hier nicht näher begründet
werden. Wohl aber möchte ich die Gelegenheit benutzen,
meine früher gemachten und auch von M. noch bekämpften
Aufftellungen über die Zeit des Galaterbriefs ausdrücklich
zu widerrufen: ich ftelle ihn jetzt nicht mehr hinter
den Römer-, fondern fogar noch vor die Theffalonicher-
briefe. Gegen die verbreitetfte und auch von M. vertretene
Anfetzung in der erften Zeit des ephefinifchen Aufenthalts
fcheint mir nämlich nicht nur das über die Reifen
des Paulus nach Jerufalem und (unter Vorausfetzung der
füdgalatifchen Theorie) auch die Befuche in Galatien
Gefagte zu fprechen, fondern vor allem die Stelle Gal. 4, 20,
wonach der Apoftel nicht zu den Gemeinden reifen kann,
und I. Cor. 16, 1, wonach er ihnen kurz zuvor und fo,
dafs er noch jetzt ihre Ausführung erwartet, Vorfchriften
über die Sammlung der Collecte gegeben hat. Beides
wird erft recht verftändlich, wenn wir den Brief vielmehr
auf der zweiten Miffionsreife in Europa entftanden denken,
zumal ja damals auch das Apoftelkonzil, und der Vorfall
in Antiochien, von dem Paulus in fo erregtem Tone
fpricht, noch nicht zu lange zurückliegen. Möglich, dafs
auch die Oxiyfiaxa Irjöov Gal. 6, 17 von der Geifselung
in Philippi herrühren und Timotheus jene Heimatgemeinden
deshalb nicht grüfst, weil er gerade von Paulus nach
Theffalonike zurückgefchickt war: jedenfalls konnte Paulus,
wenn es die Verhältnifse geboten, auch nach dem Galater-
brief noch fo einfach fchreiben, wie er es in den Briefen
an die Theffalonicher thut. Sagt doch auch M. (S. 126):
psychologically this order might be vindicated, wenngleich
er fich, wie gefagt, felbft für eine andere entfcheidet. Aber
die dafür beigebrachten Gründe find keineswegs ent-
fcheidend, wie denn überhaupt die Unterfuchung der pau-
linifchen Briefe nicht mit derfelben peinlichen Genauigkeit
geführt wird, wie die der fpäteren Schriften. Hier
möchte ich befonders die Erörterung über die Synoptiker
und den Hebräerbrief rühmend hervorheben, für die M.s
Buch in der That die bisher vermifste modern and thorough
NTIntroduction erfetzen kann, to which an English Student
could be referred with safety or satisfaction (S. XVIT). Ja