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Ausgabe:

1901 Nr. 11

Spalte:

287-290

Autor/Hrsg.:

Niese, Benedictus

Titel/Untertitel:

Kritik der beiden Makkabäerbücher 1901

Rezensent:

Kamphausen, Adolf

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Theologifche Literaturzeitung. 1901. Nr. 11.

288

Jahwe liegt' Hi. 26, 6. Pr. 15, Ii. Ps. 139, 8 u. a. Uebri-
gens kommt T. p. 49 u. 307 zu ähnlichen Refultaten,
jedoch würde man die ganze Ausführung lieber fchon
p. 15 wünfchen.

Auch T. giebt für' einzelne unverftändliche Stellen
keine Ueberfetzung. Das ift eine löbliche Einficht in die
Kunft des Nichtwiffens. Vielleicht werden glücklichere
Hände hier fpäter noch mehr thun können. Für den
zu verbeffernden Text Pr. 2, 22 b u. 3, 35 b f. diefe Zeitung
1899, S. 329. Eine Reihe von Emendationen zu den
Pr. liegen jetzt vor in H. Oort, Textus Hebraici Emen-
dationes, Leyden 1900, S. 88—92. Zu Pr. 25, 11 b u.
12 b f. Chajes in ZATW 1901, S. 80. Pr. 26, 8 wird wie
von Frankenberg und Wildeboer auch von T. mifs-
verflanden. p» bedeutet nicht ,Edelftein'. Fafst man
nHSTa = Schleuder, fo pafst nicht das Verb "IIS. Ift für

naana nicht etwa xbna, mbsna, pal. fyr. u^x^i =

,Perle' fiagyaQirrjq zu lefen ? Der Sinn wäre dann: ,Wie wenn
einer Steine mit Perlen zufammenwürfe, fo [handelt], wer
einem Narren Ehre erweift'. Dafs in den Pr. fonft kein
griechifches Fremdwort vorkommt, darf gegen die Ver-
befferung nicht einnehmen. Ift denn überhaupt fianyanlzrjq
urfprünglich griechifch, und nicht vielmehr femitifch?

Alles in allem ift T.'s Commentar eine refpektable
That, welche die Mitte einer modernen wiffenfchaftlichen
Leiftung innehält.

Strafsburg i. E. Georg Beer.

Niese, Benedictus: Kritik der beiden Makkabäerbücher.

Nebft Beiträgen zur Gefchichte der makkabäifchen
Erhebung. Berlin, Weidmann, 1900. (IV, 114 S. gr. 8).

M. 2.40

Auf S. I giebt BN eine Ueberficht der einzelnen
Abfchnitte, in welche feine Unterfuchungen zerfallen.
Sie find ein faft unveränderter Abdruck zweier im
Hermes Bd. 35, S. 268—307. 453—527 erfchienenen
Auffätze, aus Vorarbeiten entftanden, die der verdiente
Herausgeber des Flavius Jofephus dem 3. Bande feiner
Gefchichte der griechifchen und makedonifchen Staaten
vorausgehen liefs. Indem ich für ,Makkabäerbuch' die
Abkürzung M wähle, führe ich dem Lefer den reichen
Inhalt des werthvollen kleinen Buches durch kurze Angabe
der Abfchnitte vor. Der Einleitung folgt ein längerer
Abfchnitt über die Abfaffungszeit (S. 9—26) und
weitere Prüfung des 2. M, woran fich eine Erörterung
über Jafon von Kyrene (S. 32—40) anfchliefst. Nach der
Charakteriftik des 1. M behandeln drei Abfchnitte
(S. 53—63) den erften Feldzug, die Kriege des Judas
gegen die Nachbarn, fowie die Tempelreinigung und
Benachbartes, der folgende die Urkunden im 2. M und
die Friedensverhandlungen, worauf (S. 78—84) die fyrifche
Königslifte bei Eufebios und das Todesjahr des Antiochos
IV. unterfucht wird. Die letzten zehn Ueberfchriften
lauten: Die Berichte über den Tod des Antiochos; die
Niederlage (S. 85—87) Nikanors; das Bündnifs der Römer
mit Judas Makkabäos; die ägyptifchen Feldzüge des
Antiochos Epiphanes (S. 89—93); Quellen und Chronologie
(S. 93—96) des 1. M; Tod des Onias; der Schlufs
des 1. M (S. 97—IOO); der Bericht des Jofephus; hat
Jofephus (S. 105—108) das 2. M gekannt? Beiträge zur
Textkritik des 2. M.

Die auf S. iioff. erwähnten textkritifchen Vorfchläge
betreffen 2. M 3, 15; 4, 24. 34; 6, 18—23; 7, 18. 23.30; 8, 3-
8f. 14. 27. 30; 9, 11 f.; Ii, 34- 38; 12, 35; 13, 6. 16 f. und
werden nur bei fpiels weife genannt. Obgleich diefe
Stellen, wie mir fcheint, nicht alle eine wirkliche Beffe-
rung erfahren haben, bezweifele ich doch keineswegs,
dafs fich einleuchtende Emendationen darunter befinden,
und kann den Wunfeh nicht unterdrücken, der in fo
hohem Grade dazu berufene Verf. möge felber die Her-
ftellung einer wiffenfehaftlich genügenden Textrecenfion

I unternehmen und die Löfung der ,zwar nicht leichten,
1 aber dankbaren Aufgabe' (S. 114) nicht blofs durch ge-
: legentliche Beiträge unterftützen. Kehren wir nun vom
, Ende zum Anfang des Buches zurück, fo finden wir,
I dafs es BN ganz befonders darum zu thun ift, die Abfaffungszeit
und das Verhältnifs des 2. M zu Jafon von
Kyrene feftzuftellen. In meiner demnächft in der Hifto-
rifchen Zeitfchrift H. v. Sybel's erfcheinenden Befprechung
von H. Willrich's Judaica habe ich anerkannt, dafs BN
(S. III f.) mit Recht die Thatfächlichkeit der freundfehaft-
lichen Verbindung des Judas Makkabäus mit Rom verteidigt
. Ich freue mich über jeden gelungenen Verfuch,
I der Zweifel widerlegt, wie fie gegen die Gefchichtlich-
I keit mancher in den beiden fogenannten Makkabäer-
büchern berichteten Dinge erhoben worden find; fo bin
ich Schürer für den Nachweis (Zeitfchrift für' die neu-
teftamentliche Wiffenfchaft 19OI, S. 48—52) dankbar,
dafs die 2. M 6,7 erwähnte monatliche Geburtstags-
i feier für Antiochus Epiphanes, die auch mir fehr be-
| fremdlich erfchien, nichts ungewöhnliches war. Nach
den von Schürer aus Aegypten, Commagene und Perga-
mum und zwar vom dritten Jahrhundert v. Chr. bis zur
j Zeit Hadrians beigebrachten Analogien mufs natürlich
jeder Zweifel an der Wirklichkeit folcher Geburtstagsfeier
verdummen. Auch abgefehen von der vorhin erwähnten
Beziehung zu Rom konnte es nicht fehlen, dafs
ein in der Gefchichte des fpäteren Hellenismus fo bewanderter
Forfcher von dem Range BN's über viele Erzählungen
der beiden Bücher neues Licht verbreiten
mufste; aber ich halte es für ausgefchloffen, dafs der
Verf. mit feiner eigenthümlichen Anficht über das Verhältnis
des 1. M zum 2. M durchdringen follte.

In Uebereinftimmung mit der herrfchenden Meinung
findet BN im 2. M einen Auszug aus dem fonft unbekannten
Jafon von Kyrene. Dasfelbe thut noch Swete
■ (An Introduction to the Old Testament in Greek. Cambridge
1900, S. 278), der Weftcott's Anficht mittheilt,
wonach Stellen wie 2. M 13, 19—26 deutliche Beweife
dafür fein follen, dafs man fchwerlich etwas anderes in
ihnen erblicken dürfe, als vorläufige oder in diefer Form
nicht zur Veröffentlichung beftimmte Notizen. Ich leugne
nicht, dafs namentlich die eben angeführte Stelle den
Schein eines Auszugs an fich trägt. Die Frage ift nur,
ob hier nicht, wie ich mit Kofters annehme, ein blofser
Schein vorliegt, den der Schriftfteller künftlich bewirkt
hat. Will man dagegen einwenden (vgl. Th. Lit. bl. 1900,
Sp. 334), der fonft feine Darfteilung fo forgfältig aus-
fchmückende Verf. habe hier nichts von eigenen Farbentönen
hinzugefügt, fo verräth das eine gar zu geringe
Vorftellung von der Kunftfertigkeit des Schriftftellers.
Ja, diefer Einwand kann als Seitenftück zu einem textkritifchen
Verfahren gelten, das die oft mehr fchwülftige
und gezierte als blühende Schreibart des angeblichen
Epitomators durch unzuläffiges Zuftutzen in fchlichte
Ausdrucksweife verwandeln möchte. Auch Torrey
(Stade's Zeitfchrift 1900, S. 235, Anm.) hat mich von der
Richtigkeit der herrfchenden Meinung noch nicht überzeugt
, obgleich ich ihm darin beiftimme, dafs ,die Briefe
2. Makk. I, 1—2, 18 aufserordentliche Schwierigkeiten
bieten'. Der Raum verbietet ein Eingehen auf feinen
auch von BN abweichenden Löfungsverfuch um fo mehr,
als ich überhaupt bezweifle, dafs es hierüber in ab-
fehbarer Zeit zu einer Einigung der Gelehrten kommen
wird. Doch die wohl noch unentfehiedene Frage, ob
wir's im 2. M. wirklich mit einem Auszug zu thun haben,
ift von verhältnifsmäfsig untergeordneter Bedeutung;
jedenfalls darf m. E. die von mir (Kautzfeh, Apokryphen
S. 84) angenommene Hypothefe des holländifchen Gelehrten
ebenfowenig ultraradikal heifsen, als Bleek's (Einleitung
ins A. T.1 S. 609) Anficht von der Perfon des
Daniel diefe tadelnde Bezeichnung durch den Recenfen-
ten von Cheyne's Encyclopaedia Btblica im American
Journal of Theology verdient hat.