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Ausgabe:

1901

Spalte:

6-8

Autor/Hrsg.:

Bachmann, Philipp

Titel/Untertitel:

Die persönliche Heilserfahrung des Christen und ihre Bedeutung für den Glauben nach dem Zeugnisse der Apostel 1901

Rezensent:

Weiffenbach, Wilhelm

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Theologifche Literaturzeitung. 1901. Nr. t.

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Ungeheure, dafs Jefus von Nazareth (ich für den Meffias | Schlufse werden die Ergebnifse betr. des Begriffes ,Reich
hielt, pfychologifch näher gebracht werden. Hier reicht j Gottes'zufammengefafst. Auf das Judenthum' einzugehen,
eben die Skizze nicht aus. hält der Verf. für überflüffig, um fo mehr als er, wenn ich

Aber fo mannigfachen Widerfpruch im Einzelnen ihn recht verftehe, nur,Urtheile über diePfeudepigraphen',
ich erheben mufste, ich kann nicht fchliefsen, ohne zu i nicht aber fie felbft gelefen hat (S. 165). Jefus hat unter
fagen, dafs viel Schönes, viel Stimmungsvolles in diefem j dem Reich Gottes eben das verftanden, was die Prophetie,
Buche ift. Dafs andererseits Viel, fehr Viel an einem 1 nicht das Judenthum, darunter verftand. ,Wir werden
vollen Bilde fehlt, ift richtig. Aber das, was geboten wird, j aber bei ihm ohne weiteres einen Fortfehritt über die
ift unleugbar lebendig erfafst, und der Geftaltung fehlt j Propheten hinaus annehmen muffen' Den Namen Himmel-
es nicht an künftlerifchen Vorzügen. reich hat Jefus gewifs nicht aus dem Judenthume her-

Marbure T Weifs übergenommen. Da das Reich Gottes eine gefchloffene

J' ' Gröfse ift, fo kann man nur es empfangen, in es eingehen.

Daher kann feineNähe auch nur eine locale oderdynamifche
Das Reich Gottes nach altem und neuem Testament od. Weis- ; fein, keine zeitliche. Jefus ift das Centrum des Gottes

sagung und Erfüllung. Eine biblifch-theologifche Unter
fuchung zum Erweife deffen, dafs Jefus von Nazareth
der von den israelitifchen Propheten geweisfagte Meffias
Israels und das von ihm gepredigte Reich die ver-
heifsene KönigsherrfchaftJahves ift. Von e. Theologen.
I. und II. Theil. I. Th.: Das Reich Gottes nach dem alten
Teftament. II. Th.: Das Reich Gottes nach dem neuen
Teftament. Jurjew (Dorpat), [E. J. Karow], 1897.
(V, 402 S. gr. 8.) M. 8.—

Schon der Titel kennzeichnet das Buch als Erzeugnifs
einer Methode, die im Allgemeinen heute als ausgeftorben
gelten darf. Es ift die Richtung der .prophetifchen
Theologie', die Methode der ,Reichsgefchichte', wie fie
auf den Bahnen des Bengelianers Crufius von Hengften- Bachmann, Gymn.-Prof. Ph., Die persönliche Heilserfahrung
berg und Hofmann geübt worden ift. Der Verfäffer, des Christen und ihre Bedeutung für den Glauben nach
vermutlich ein Geiftlicher in den üftfeeprovinzen, giebt dem Zeugnisse der Apostel. Ein Beitrag zur neuteftament-
von feiner Abficht und feinem gefchichtlichen Sinne Hchen Theol ie. Leipzig) A. Deichert Nachf., 1899.

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reiches, darum ift die Behauptung Ritfchl's von den zwei
Centren des Chriftenthums, Chriftus und das Reich Gottes,
eine ganz irrthümliche. ,Diefer Verfuch Ritfchl's, das
Reich Gottes und fomit das Chriftenthum von Chrifto
loszulöfen, mufs als gänzlich gefcheitert angefehen werden'.
Jefus hat nicht gemeint, dafs feine Generation noch die
Parufie erleben werde u. f. w. — Eine Auseinanderfetzung
mit diefer nicht nur veralteten, fondern auch recht unklaren
Arbeit hat keinen Zweck. Pfychologifch intereffant ift
nur, wie gänzlich unberührt Jemand von aller Methode
heutiger Forfchung fein kann, auch wenn er allerlei neue
Literatur gelefen hat.

Marburg. J. Weifs.

folgenden naiven Bericht: Jndem die Unterfuchung zu
ihrem Gegenftande hat „das Reich Gottes nach altem und
neuem Teftamente", ift fie in der Ueberzeugung unternommen
, dafs Jefus nicht an das Judenthum angeknüpft
hat, fondern an das alte Teftament, man alfo, bevor man

(VIII, 246 S. gr. 8.) M. 3.60

Je unficherer in unferen Tagen die ,Heilsgewifsheit'
für viele geworden ift, um fo häufiger erfcheint die Frage
nach ihren letzten Wurzeln als Thema auf der Tageseine
rechte Vorftellung davon gewinnen kann, was er I Ordnung wiffenfehaftlich-theologifcher Discuffion. Auch

unter dem von ihm verkündigten Reiche Gottes verftan
den hat, unterfuchen mufs, was von diefem im alten
Teftamente geweisfagt ift. Ift fein Werk das im alten
Teftamente als das Werk des Meffias geweisfagte, und
hat er diefes Werk ausgeführt, fo ift er derjenige, der da
kommen follte, der verheifsene Chriftus Gottes und der
König Israels'. Die Bibel enthält die Kunde von einem
göttlichen Heilsplan mit der Menfchheit, Gott ift der
Erzieher des Menfehengefchlechtes, übt göttliche Pädagogik.
Darum redet er mit den Menfchen, verkehrt mit feinen
Auserwählten wie ein Mann mit dem andern, kommt
endlich felbft auf die Erde, um als Menfch unter Menfchen
zu wandeln. Die Entwickelung der altteftamentlichen Ge-
fchichte ift eine andere als die moderne, ,links ftehende'
Theologie fie erweifen möchte. ,Nicht die Idee Gottes
entwickelt fich, fondern die Erkenntnifs Gottes wächft
und entwickelt fich gemäfs dem Fortfehritte feiner Offenbarung
'. ,In der Bibel giebt es keine „Ideen"; es giebt da
nur Realitäten'. Ideen find heidnifche Gedanken in chrift-
lichem Gewände. Die Entwickelungstheologen fcheinen
nur eine ,Idee' Gottes zu kennen. Daher ift auch unter
dieChriften das gottlofe Raifonniren über Gott gekommen.
Auch heutzutage noch hat ein einfacher chriftlicher Handwerker
oder Schweinehirt, der an Gott glaubt, eine beffere
Gotteserkenntnifs als die Philofophie und alle die philofo-
phifeh angehauchten Theologen zufammen genommen
gehabt haben oder haben. — Soviel zur Charakteriftik
^ef Theologie des Verfaffers, mit deren ehrlicher Begrenztheit
natürlich nicht zu discutiren ift. Im erften Theile
wird über die altteftamentliche Weisfagung gehandelt
und zwar über Charakter und Aufgabe der israelitifchen
Propheten im Allgemeinen, über den Beruf Israels, das
neue Israel, den Meffias, fein Reich und das Kommen
Jahves, den Univerfalismus und den Tag Jahves. Am

der Verf. obiger Schrift betheiligt fich an derfelben, aber
nicht fowohl in fyftematifcher Erörterung (vgl. indeffen
die ,Einleitung', S. I—4), als indem er ,das Licht der (sc.
n. t.) Schrift auf diefes Problem fallen läfst' und dann
(S. 242—246) die ,Ergebnifse' kurz zufammenfafst.

So gewifs nun die einfehlägigen Ausfagen der erften
claffifchen Zeugen und Träger des Evangeliums für die
Entfcheidung der Frage fchwer in's Gewicht fallen, fo
wenig laffen fie fich doch, wie auch Bachmann (S. 245)
zugiebt, .unmittelbar' als ,methodologifche Grundfätze
für die Dogmatik und — — die religiöfe Erkenntnifs-
lehre' ausfprechen und verwerthen, fondern fie fordern
geradezu eine fyftematifche Verarbeitung von theil-
weife ganz anderen gefchichtlichen Verhältnifsen und
Erkenntnifsbedingungen aus. B. unterfucht bei der Frage
nach der ,perfönlichen Heilserfahrung' die Zeugnifse des
Jakobus (S. 5—13), des Petrus (S. 14—45), des Paulus
(S. 46—214), des Hebräerbriefes (S. 215—228) und des
Johannes (S. 229—241).

Die vielfach durch v.Hofmann beeinflufsteExegefe
des Verf. ift im Ganzen eine forgfältige und befonnene,
wenn man auch mehr als einmal fich zu ernftlichen Fragezeichen
genöthigt fieht. Nur einige wenige Beifpiele feien
herausgegriffen. In 1. Petr. 3, 21 conftruirt B. wunderlich

genug: .welches (sc. das Taufwaffer) euch nun rettet--

auf Gott hin' (S. 28). In Gal. 5, 5 (ßXmöa öixcuoavvrjg
d^ExÖExö/iE&a fördert er die ganz unpaulinifche Vorftellung
von einer ,höheren Stufe' der Glaubens-Gerechtigkeit
zu Tage (S. 67), ftatt (vgl. z. B. Lipfius, Gal.
Br. S. 521.) richtig zu erklären: Wir erharren das der
(gegenwärtigen) Gl. Ger. eignende Hoffnungsobject, sc.
das ewige Leben. Zu Rom. 8, 26 endlich producirt B.
die fich felbft richtende Erklärung: ,Der Geift nimmt zufammen
mit unferer Schwachheit Antheil' (S. 108).

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