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Ausgabe:

1901 Nr. 10

Spalte:

270-271

Autor/Hrsg.:

Savio, Fedele

Titel/Untertitel:

Gli antichi Vescovi d‘Italia 1901

Rezensent:

Wenck, Karl

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Theologifche Literaturzeitung. 1901. Nr. 10.

270

zu lefen ift; aber auch die Bemerkungen über I 9 tvuctO-tq
fcheinen das zu bevveifen: 1713 fagt er allgemein in codice
delevit litcras antiquitas, 1715 nur von den letzten drei
Buchftaben ultimae litcrae in codice litura absorptae
sunt. Auch III 1 öeivai Matt ösiv kann man für einen
Lefefehler halten.

4. Das fchwerfte Verdachtsmoment ift der Nachweis
des Irenäifch-unirenäifchen Charakters. Die Fragmente
find gefchrieben von einem Manne, der das N. T. und
den Irenaus beherrfchte und in beider Sprache zu reden
wufste; bei Fragment 2 kommen als dritte Quelle noch
die Apoftolifchen Conftitutionen hinzu. Auch dafür aber
liefert die Turiner Bibliothek noch eine andere Erklärung
. Es giebt dort nämlich eine Sorte von Catenen-
fragmenten, die fonft fehr feiten ift, nämlich paraphra-
firte und interpolirte Excerpte, die aus ihren Sammlungen
herausgenommen und in neuen Zufammenhang
geftellt find. Man vergleiche Nr. 133 der Lagarde'fchen
Hippolytausgabe und dazu meine Hippolytftudien S. 159h
So wie es bei Lagarde abgedruckt ift, fteht das Fragment
im Taurinenfis B V 16, mit Ausnahme des Anfangs
H ootfla — sOijuave. der erft von Magiftris mit dem Turiner
Stück verbunden wurde. In dem handfchriftlichen Fragment
ftammt kein Wort von Hippolytus; zu diefer Ueber-
fchrift ift es dadurch gekommen, dafs in den Quäftionen
des Anaftafius, denen es entnommen ift, ein Stück aus
Hippolytus folgt, deffen Ueberfchrift der alte Excerptor
fallen bezog. Das Fragment ift die quaestio 42 des Anaftafius
felbft. Aber in welcher Geftalt! Ganz umgemodelt
und mit langen Einfchüben verfehen, die von einem gelehrten
und bibelkundigen Theologen herrühren. Könnte
nicht Fragment 1 und 2 des Irenäus auf diefelbe Weife
hergeftellt fein, durch Paraphrafirung der Stellen aus
Adv. /eaereses, die anklingen?

5. Für weit belanglofer halte ich den Nachweis, dafs
Pfaff dem gedruckten Irenäus und feinem Handexemplar
des N. T. Einflufs auf die Ausgabe de£ Fragmente ge-
ftattete, wie allerdings offenkundig ift. Ich vermuthe, das
haben manche ältere Editoren gethan (ich weifs es von
GudiusV, und wenn fie, wie Pfaff, nicht ficher waren im Lefen
der Handfchriften, ift das um fo begreiflicher. Die N 'fliehe
Textkritik war noch nicht fo weit fortgefchritten, dafs
man die abweichenden Lesarten beliebiger Fragmente für
eventuell werthvoller hielt, als den gedruckten Bibeltext.

6. Immer wieder werde ich zurückgeführt auf den
Anfang des zweiten Fragments: oi xaiq devxioaiq xcbv
astoGxoXcov öiaxaütGi siaQrpcoXovfhrjxoxeq iGctGi. Wie kann
Pfaff auf einen folchen Ausdruck kommen, den er nicht
verftehen konnte, und der ihm im höchften Grade unbequem
war, wenn er ihn nicht in einer Handfchrift fand?
Er überfetzt ihn mit ultimae constitutiones, erklärt ihn
aber umgekehrt damit, dafs hier gewiffe Quellen der
Conftitutionen gemeint wären, deren Exiftenz Whifton
behauptet hatte. Er konnte noch nicht wiffen, dafs die
Conftitutionen, die hier citirt find, wirklich die Bearbeitung
älterer Conftitutionen find, fodafs ihre Bezeichnung
als ,zweite Conftitutionen' einen guten Sinn giebt.
Pfaff mufste auch die deutliche Beziehung des Fragments
zu unferen Conftitutionen weit von fich abwehren,
da es dann um die Echtheit gethan war. Wer fo fpricht:
Oi xaiq ÖsvxtQaiq x. eist. öiaxä^EGt staQTjxoXovd-nxöxEq iGaOi,
und dann die Liturgie unferer Conftitutionen als die übliche
anführt, der fcheint jenem engften Kreife von
Wiffenden anzugehören, aus denen die Apoftolifchen
Conftitutionen hervorgegangen find. Ich könnte mir
denken, dafs Manche, lediglich auf Grund diefes Arguments
, das zweite Fragment lieber einem Antiochenifchen
Theologen des fünften Jahrhunderts, als einem fchwäbi-
fchen des achtzehnten zufchreiben möchten, und es als
eine willkommene Beftätigung anfehen, dafs Loofs in
der PRE I3 5! f. ( 0hne fonft einen Grund anzuführen,
die Abendmahlslehre desfelben in die Nähe des Theodor
von Mopfueftia verwies.

Freilich bliebe dann das Räthfel beliehen, dafs ein
Zufall dem Pfaff vier Fragmente unter dem Namen des
Irenäus in die Hände fpielte, die er fo vorzüglich praktifch
verwerthen konnte. Unmöglich ift das nicht, aber wahr-
fcheinlich ift es auch nicht. Wird auch bei fortgefetzter
Catenenarbeit keins der Fragmente in anderen Handfchriften
gefunden, fo wird man Harnack's Beweis als
gelungen anfehen müffen, und Pfaff nicht mehr vor dem
! Vorwurf einer literarifchen Fälfchung fchützen können,
i der allerdings faft das Schlimmfte ift, was einem Gelehrten
nachgefagt werden kann. Bis dahin aber darf es
wohl gelten: In dubio pro reo.

Königsberg i. P. H. Achelis.

Savio, Fedele, S. J., Gli antichi Vescovi d'ltalia dalle
origini al 1300, descritti per regioni. II Piemonte.
Torino, Fratelli Bocca, 1898. (XXIV, 625 S. gr. 8.)

Der Verfaffer diefes fleifsigen Werkes, der fich fchon
vorher durch fcharffinnige in den Analecta BollandianaYAJ
veröffentlichte Unterfuchungen über die Legende der
Schutzheiligen von Brescia Fauftinus und Jovita und
manche Forfchungen zur älteren Kirchengefchichte Pie-
monts bekannt gemacht hatte, bietet eine Neubearbeitung
j der Bifchofsliften der elf piemontefifchen Bisthümer bis
zum Jahre 1300 auf Grund von Ughelli's Italia sacra
unter Heranziehung alles erft in den letzten Jahrhunderten
bekannt gewordenen Materiales, auch unter reich-
! licher Benützung handfchriftlicher Quellen. Er bietet fie
! in P'orm kritifcher Erörterung, welche die Nachprüfung
geblattet und giebt in fechs am Schlufs angehängten
,Dissertazioni' noch befonders Zeugnifs feiner ins Einzelne
dringenden fleifsigen und fcharffinnigen Forfchung.

Sein befonderes Intereffe ift den Anfängen der piemontefifchen
Bisthümer, der Grundlegung des Chriftenthums
in Piemont, gewidmet. Die älteften Bisthümer find Vercelli
und Tortona, gegründet nach der Mitte des 4. Jahrhunderts
, es folgen Novara und Turin am Ausgang desfelben
; um diefelbe Zeit bezw. am Anfange des 5. Jahrhunderts
, entftanden Acqui, Alba, Ivrea, Äofta, Äfti, im
11. Jahrhundert Bobbio, im 12. Aleffandria. Wegen der
engen Beziehungen zur Diöcefe Turin reiht S. das fa-
voyifche Bisthum Moriana, eine Gründung des 6. Jahrhunderts
an.

S. erörtert ftets zuerft eingehend die Quellen für
die Gefchichte jedes Bisthums. Dabei giebt er beifpiels-
weife einen Abdruck der berühmten Diptycha von Novara
mit einem trefflichen Facfimile (Novara ift die einzige
piemontefifche Diöcefe, welche eine vollftändige Lifte
ihrer alten Bifchöfe befitzt — auf der Rückfeite zweier
diptycha cousu/aria), dann wird insbefondere nach den
urkundlichen Quellen zufammengeftellt, was für die Chronologie
der einzelnen Bifchöfe von Werth ift, es wird
fo manche Urkunde zum erften Male mitgetheilt, auch
päpftliche, es werden ftrittige Fragen erörtert. S. kennt
und benutzt deutfehe Litteratur, allerdings nicht ausreichend
, z. B. finde ich zwar die Folioferie der Monu-
menta Germaniae benutzt (S. 55 corr. SS. III ftatt SS. VI,
S. 58: Karl Pertz ftatt Weiland), aber die Quartferien
der Diplomata, der Capitularien und Konftitutionen
werden von dem Verfaffer nicht herangezogen. Für
Benzo von Alba war auf die Schrift von Lehmgrübner
(1887) oder wenigftens auf die bibliographifchen Angaben
bei Potthaft oder Wattenbach zu verweifen. Er
ift eine der verhältnifsmäfsig wenigen namhafteren Per-
fönlichkeiten (andere z. B.: Claudius von Turin, Warmund
von Ivrea, Leo von Vercelli, Azzo von Acqui),
die in diefen Liften begegnen. Unwillkürlich mufs man
gedenken, wie viel intereffanter die Bifchofsreihen von
zwölf deutfehen Stiftern fich darfteilen würden. Cäfarius
von Heifterbach hat einmal die verfchiedenen Gröfsen-
verhältniffe deutfeher und italienifcher Stifter hübfeh be-