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Ausgabe:

1901 Nr. 9

Spalte:

238-240

Autor/Hrsg.:

Drummond, R. J.

Titel/Untertitel:

The relation of the apostolic teaching to the teaching of Christ 1901

Rezensent:

Clemen, Carl

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237

Theologifche Literaturzeitung. 1901. Nr. 9.

23S

Darin ift Ea der Prometheus der griechifchen Sage. Mit
der biblifchen Paradiefeserzählung hat der Mythus vor
Mlem gemein das Verftändnifs der göttlichen Vorrechte
als der Summe von Wiffen und Leben. Der Menfch
befitzt keines von beidem. Ausnahmsweife wird in der
babylonifchen Erzählung einem einzelnen Menfchen das
Wiffen gegönnt, das Leben wird ihm vorenthalten. Die
biblifche ift auf den gleichen Grundlagen (diefe Erkenntnifs
fchon in meiner Bibl. Urgefchichte 1883, befonders S.81 ff.)
felbftändig fehr abweichend entwickelt. Das (ewige) Leben
wird dem Menfchen zur Strafe für feine Vergehung durch
Urtheilfpruch entzogen, ift ihm alfo zugedacht gewefen;
das Wiffen, das urfprünglich ficherlich fich auf alle Erkenntnifs
und alles Können im Weltbereiche bezog und
von der Schlange im alten Sinne gefafst wird, ift
hier — man mag fich dagegen fträuben, foviel man
will — lediglich auf das Sittliche befchränkt, und der
ganze Mythus dient jetzt nur der Erklärung des Ur-
fprungs von Sünde und Tod. Erft eine fpäte Hand hat,
wie jetzt auch Gunkel zugefteht, den Baum des Lebens
und den kraffen Ausdruck des Neids der Götter in 3,22
aus dem alten Schatze nachgetragen und damit die ganze
Erzählung auf eine ältere, überwundene Stufe der Religion
zurückgefchraubt.

Wie hier, fo bieten fich überall in diefem Bande
Beziehungen und Verbindungsfäden über das weite Gebiet
der Weltmythologie hin; auf einzelnes ift oben im
Vorübergehen aufmerkfam gemacht. Hier fei nur noch
der zweite Schöpfungsmythus, S. 38 ff., nachdrücklich
hervorgehoben, weil er für P und feine Vorlage J2 die
Möglichkeit bietet, dafs fie auf eine Geftalt zurückgehen
, die den Kampf Marduk's mit der Tiämat nicht
kannte oder doch überging. Diefe Möglichkeit wird
allerdings erheblich gröfser, wenn der Stoff durch unmittelbare
Entlehnung an Israel gekommen ift, was ich,
nicht aus Liebhaberei für diefe Erklärungsweife, fondern
genöthigt durch das Verhältnifs von J2 zu Ji, in meiner
Urgefchichte angenommen habe; handelt es fich dagegen
um ererbtes Gut, fo darf man kaum annehmen, dafs ein fo
wichtiger Beftandtheil nicht dazu gehört hätte. Im allgemeinen
kann nicht dringend genug vor einer übereilten
Ausbeutung des babylonifch-affyrifchen Sagenfchatzes,
vor einem Jagen nach Zufammenhängen, Gleichfetzungen,
Ableitungen gewarnt werden. Die Zahl der denkbaren
Verbindungslinien, fowohl zwifchen zwei Punkten des
babylonifch-affyrifchen Gebietes felbft, wie von dort nach
aufsen hin, ift fo grofs, dafs man in jedem einzelnen Falle
gut thun wird, fich erft einer genügenden Reihe von Hilfslinien
zu verfichern, ehe man es wagt, fie feftzulegen. Man
hat gar keinen Grund fein Pulver zu früh zu verfchwenden;
denn der Strom der babylonifchen Mythen wird ficherlich
noch lange nicht aufhören für uns zu fliefsen. Was hier
als der Ertrag eines kurzen Vierteljahrhunderts geboten
wird, läfst uns mit Spannung den ferneren Auffchlüffen
entgegenfehen.

Marburg. K. Budde.

Chajes, Dr. H. P., Beiträge zur nordsemitischen Onomato-
logie. (Aus: Sitzungsberichte der k. Akademie der
Wiffenfchaften.) Wien, C. Gerold's Sohn in Komm.
(50 S. gr. S.) M. 1.20

Nach dem Vorwort will diefe Arbeit ,das Verhältnifs
der Eigennamen in der altjüdifchen Literatur (Jofephus,
N. T., rabbin. talmud. Schriftthum) zu jenen der nord-
femitifchen Epigraphik' einer Unterfuchung unterziehen.
Wenn recht viele der hier befprochenen Eigennamen,
wenn auch fporadifch, und für unbedeutende meift heid-
mlche Perfönhchkeiten im A. T. fich vorfinden, fo könne
von einem Einflufs derfelben auf das fpätere Judenthum
nicht gut die Rede fein. Vom Epigraphifchen wird
,manch unfichere Lefung' und vom rabbinifchen Schriftthum
,manch problematifche Lesart' zu erwähnen nicht

vermieden. Etwas Abfchliefsendes zu geben war nicht
die Abficht.

Diefe Mittheilungen des Vorworts find nicht fehr
vertrauenerweckend, und fo bietet auch die Zufammen-
ftellung zu etwa 230 Namen viel werthlofe Spreu. Schon
das ift ein Fehler, dafs die jüdifchen Namen ohne ihre
traditionelle Vokalifation angeführt werden, weiter, dafs
vorausgefetzte Namen in gleicher Form wie die überlieferten
, aufgeführt werden, z. B. 13KS, K5ES, KTO.
Noch mehr, dafs das Heterogenste mit einander verbunden
wird, während Hergehöriges fehlt. Auf der
letzten Seite werden zu dem nicht feltenen Namen SttFrl
ein paar finaitifche und palmyrenifche Belege citirt, aus
de Vogue erwähnt, dafs das Wort dem griechifchen
Tvrr] entfpricht, dafs es vielleicht auch aus arabifchem
iJjl +jjs [= Knecht Gottes] abgekürzt fein könnte. Dann
werden noch 3 Belege für ein dunkles Xttn angeführt
und gefchloffen ,hiezu vielleicht Johannes XI. 16 „Oca/iäe
6 Ityönevoq Aiövfiog"'. Dafs Thomas einer ganz anderen
fchon von Gen. 26, 24 an vertretenen Wurzel angehört,
weifs doch auch der Verfaffer; was foll alfo diefe Erwähnung
? Zu dem ,nicht feltenen' iX~in wird vermerkt
: ,Infchriftlich zu verbinden ü~ri (Mordtmann,
Neue Beiträge n. 90) rTW nab. (n. 336, p. 300), mnb
Xn«"lbx ,nom. div. adhuc ignotae' und in einer Anmerkung
,Vgl. Qadöaloq Mt 10, 3 und Osvöäq Acta 5, 36'. Ob
der Verf. in Theudas eine Abkürzung aus Theodotion
(Theodofius etc.) und in Thaddäus denfelben Namen erkennt
, fagt er nicht; noch weniger, wie wir mit diefem
Mannsnamen den einer Göttin verbinden follen. S. 40
ift KXeoJtaq, S. 20 2ax%aloq, gedruckt. Unter "wXE heifst
es: nur der Name eines der gröbsten Tannaiten (2. Jahrb..).
Nach b. 'Erubin p. 13b Cognomen in der Bedeutung
,Leuchtender'. ,Vielleicht liegt hier nur der lat.-gr. Name
,Major-rVa'cop' vor, den wir bei Waddington mehrfach
treffen'. Als ob der jüdifche ,Meier' irgend etwas mit
Major zu thun hätte und nicht fchon als Mt'/lQog lang
vor dem gröfsten Tannaiten als Name eines der Priefter
vorkäme, die fich nach Jofephus (b. J. VI, 5. 1) in die
Flammen des brennenden Tempels ftürzten. Schon
Bismarck hat fich bei Bufch erkundigt, warum fo viel
Juden Meier heifsen. Aus dem N. T. werden 29 Namen
befprochen; aber der Gewinn ift klein; von gründlicher
Unterfuchung keine Spur, vgl. beifpielsweife unter ns
,Name eines nichtjüdifchen Parvenükönigs; nach Grätz
der palmyrenifche Kaifer Odenath'. ,Intereffant ift,
dafs — allem Anfcheine nach — Joh. 18, 5. 'irjöovv xbv
NaCcoqalov gleichfalls die Form "niÄ3 vorliegt (ft Nat,a-
QTjvoq Mark. 1, 24 vielleicht Abficht? vgl. übrigens Dal-
man S. 141 A. 7.' Mit folchen Bemerkungen ift doch
nicht viel anzufangen. Die Schriften einer Akademie
fchei nen dem Unterzeichneten ein zu guter Platz zu fein
für eine folche Stofffammlung.

Maulbronn. Eb. Neftle.

Drummond, R. J., The relation of the apostolic teaching
to the teaching of Christ. London 1900, Clark.
(442 S. gr. 8.) sh. 10.6

Die vorliegenden Kerr Lectures find die letzten, die,
entfprechend der urfprünglichen Stiftung, in der früheren
United Presbyterian Churck gehalten worden find: am
31. Oct. vor. J. hat fie fich mit der Free Church zur
United Free Church vereinigt, auf die nun auch jene
Stiftung übergegangen ift. Man hätte die Lecturcsliip
deshalb gern für das vergangene Jahr in befonders
tüchtigen Händen gefehen und bedauert es, dafs der Mann,
dem fie übertragen wurde, feiner Aufgabe doch nicht
ganz gewachfen war. Dr. befitzt ja zwar eine für einen
vielbefchäftigten Grofsftadtgeiftlichen bewundernswürdige
Literaturkenntnifs und auf Grund derfelben ein richtiges
Urtheil in zahlreichen biblifch-theologifchen Fragen; aber
feine eigene Methode ift vielfach ganz ungenügend und