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Ausgabe:

1901 Nr. 8

Spalte:

214-218

Autor/Hrsg.:

Steuernagel, Carl

Titel/Untertitel:

Das Buch Josua, übersetzt und erklärt. (Handkommentar zum Alten Testament. In Verbindung mit anderen Fachgelehrten herausgegeben von W. Nowack. I. Abtheilung, Die historischen Bücher, 3. Band,

Rezensent:

Bertholet, Alfred

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Theologifche Literaturzeitung. 1901. Nr. 8.

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(Lebenden Elemente zufammenzubringen, hervorgerufen
hat: es muffen Umarbeitungen und Nachbefferungen ftatt-
gefunden haben, dabei wohl auch Wiederaufnahme von
Stücken, die man zuerft abgeworfen hatte, weil man an
ihrer Ausgleichung mit mafsgebenden Partien verzweifelte
, dazu mancherlei Erweiterungen bis zur dtn'iflifchen
Redaction herunter. Das Bundesbuch ift doch wahr-
fcheinlich dem Dtn zulieb an die jetzige Stelle gebracht
worden. Die verfchiedenen Hände oder auch nur die
verfchiedenen Stadien diefer Arbeit zu unterfcheiden,
wird aber ebenfo unmöglich fein, als etwa aus dem
vorliegenden Beftand eines weitläufigen, willkürlich, ja
launenhaft gebauten und umgebauten alten Haufes
herauszubringen, in welcher Reihenfolge in den verfchiedenen
Theilen die Veränderungen, Neueintheilungen,
Reparaturen und was da alles vorgehen kann, fich folgten.
Es ift hier alle Zurückhaltung geboten und mufs vielfach
eben die Erkenntnifs genügen, dafs viele Hände mitgeholfen
und verwirrt haben' (p. XIII. XIV).

Natürlich laffen fich trotz aller diefer Zurückhaltung
gegen die von Holzinger vorgetragene Analyfe im Einzelnen
Zweifel öfter erheben. Fragwürdig ift mir z. B.,
dafs er (freilich z. B. in Uebereinftimmung mit Bacon)
211—15 E ftatt J zuweift, während diefe Verfe Mofes
Aufenthalt in Midian, über den in dem unmittelbar
folgenden J zugehörigen Stück berichtet wird, trefflich
vorbereiten. Warum 145a P zugehören foll, weil es
weder für E noch für J paffe und P von einem Fliehen
geredet haben müffe, verftehe ich nicht. Einem Fliehen
— und P fcheint dafür fonft D15 zu gebrauchen (vgl.
z. B. Lev. 2617. s6 Num. 356) — fieht es nicht gleich,
wenn es Num. 333 (P), worauf Holzinger verweift, heifst,
dafs Israel mit erhobener Hand vor den Augen aller
Aegypter ausgezogen fei. Uebrigens bedeutet auch
z. B. Jef. 4820 rna einfach eilig ausziehen, und das pafst
trefflich zu der 1233 durch J gezeichneten Situation.
Zudem halte ich es für gewaltfam 145a von V. 5b zu
trennen. P weift Holzinger auch 199a 8a zu. Die Gründe
find nicht überzeugend, aber zu irgend welcher Sicherheit
ift hier überhaupt nicht zu gelangen. Ebenfo zweifelhaft
ift die Scheidung in C. 32 f. Holzinger meint (S. 108): ,Die
Analyfe kann einfetzen bei der doppelten Ablieferung des
Schmuckes 322fr. und 33 5 f.'. Da nun der Name Horeb
wie auch das izjt. Xsy. i-y 33 5f. an E weife, glaubt er
fich zum Schlufs berechtigt, dafs die Verfion in C. 32,
nach der Aaron dem Volke den Schmuck abfordert und
das goldene Kalb herftellt, d. h. 32 1—6 (im Wefentlichen)
19 f- 35*, J angehöre. Die Prämiffe, von der Holzinger
ausgeht, halte ich für unrichtig. Dafs in der vorausgefetzten
Situation, nachdem aus dem abgelieferten Schmucke
das goldene Kalb gefertigt ift, 33 5f. Jahve noch einmal
auf den Schmuck der Leute zu reden kommt mit der
Aufforderung, dafs fie ihn ablegen follen, ift nicht nur
nicht verwunderlich, fondern hat geradezu feinen guten
Grund: Die Leute haben vor dem goldenen Kalbe ihre
kultifchen Tänze aufgeführt (32 19); zur kultifchen Handlung
gehört aber, dafs man fich fchmückt (vgl. Ex 322
Hat 123.-,f. Hof. 215). Ift aber die Prämiffe nicht zu
halten, fo bleiben die Gründe, welche die Mehrzahl der
Kritiker veranlafst haben 32 1—6 E zuzuweifen, zu Recht
beliehen. Für die C. 35—40 nimmt Holzinger mit den
meiften Neuern wohl mit Recht an, dafs fie, fo wie fie
vorliegen, Ps angehören, wobei der Vorbehalt gemacht
werden müffe, dafs der Abfchnitt an Stelle eines kurzen
Ausführungsberichtes von Pg getreten fei, der noch in
der jetzigen Auffchüttung flecken könnte. Holzinger

nimmt dafür in Anfpruch: 354—7. 9f.____? 20ff.* 362f.*

8 .. . ? 393,_ 43 , { 16 f 33b. M (35fy

Aus der Einleitung hebe ich befonders hervor den
zweiten von den Quellen handelnden Abfchnitt, der in
gut lesbarer Form eine kurze zutreffende Charakteriftik
derfelben bietet. Die Auslegung hält fich innerhalb der
Grenzen der vorgefchriebenen Knappheit. Aber man

kommt dabei doch meiftens auf feine Rechnung, namentlich
Dank einzelnen Exkurfen: Ich nenne den über den
Gottesnamen (S. 11—14), über die Entwickelung des
Stammes Levi (S. 20), die ägypt. Plagen (S. 32 f.). Paffah-
Mazzoth (S. 41—43), die hiftorifche Frage des Auszugs
(S. 50—53), die Lage des Sinai (S. 65 f.), den Sabbath
(S. 72—74), den Dekalog (S. 75—78, bezw. 119 f.), das
Bundesbuch (S. 98—101), 163 (S. 112), die Jahvelade
(S. 123—124), Stiftshütte (S. 129 f. 133 f. 140), priefterliche
bezw. hohepriefterliche Kleidung (S. 137 f. 140), Räucheraltar
(S. 144) und Räucheropfer (S. 146). — Was dagegen
zum Texte und zur Analyfe der einzelnen Abfchnitte zu
fagen ift, ift mit Recht der eigentlichen Auslegung vor-
angefchickt. Diefe felbft bietet manches intereffante, wenn
auch nicht immer annehmbare Detail. Ich weife z. B.
auf die im Anfchlufs an Dr. Ofele (Münchener ärztliche
Rundfchau 1897, 628 f.) gegebene feltfame Deutung von
D^aÄl (iiö): fie follen das Lager von Ziegelfteinen bezeichnen
, auf dem die Unterfuchung über die Lebensfähigkeit
des Kindes vorgenommen und nach irgend
einer Technik die Entfcheidung der Schickfalsgöttin eingeholt
wurde (?). ,In diefem Falle würde der Ausdruck
eine intimere Kenntnifs ägyptifcher Bräuche verrathen'.
Wiederholt werden Analogien aus Sitte und Recht der
Kirgifen (nach Radioff) herangezogen, welch' letzteres
dem Bundesbuche vielfach ähnlich fei (z. B. zu 21 si, 272).
Für nicht überzeugend halte ich Holzinger's Ausführung
über Mazzoth (S. 42): ,Die Mazzoth haben mit derGerften-
ernte nichts zu thun; was foll ein Dankfeft vor der Ernte,
und was foll ein 7tägiges bäuerliches Dankfeft in der
gefchäftsreichften Zeit des Jahres!' .... ,Es ift zu ver-
muthen, dafs die Mazzen das fpecififche Brot der Wüfte
find, die Afchenkuchen, wie fie die Beduinen noch heute
bereiten, indem fie Fladen aus ungefäuertem Teig einfach
auf glühende Kohlen legen. Das Mazzeneffen beim
Frühlingsfeft ift dann ebenfalls eine Reminiscenz aus der
Nomadenzeit des Volkes'. Ebenfowenig vermag ich mir
die Vatke'fche Anficht über die Jahvelade, die Holzinger
(S. 123) erneuert, anzueignen: ,Vermuthlich waren zwei
h. Steine in der Lade. Dann ift die nächfterreichbare
Vorftellung nicht die, dafs ein Jahveidol oder ein Jahve-
fetifch in der Lade war — wozu da zwei Steine und
nicht blofs einer? —, fondern dafs die Lade mit ihren
Steinen ein Apparat für das h. Loos ift'. Zu 259 hätte
ich gerne den wichtigen Gedanken hervorgehoben ge-
fehen, dafs religiös bedeutungsvolle Dinge im Himmel
präexiftiren und nach ihrem himmlifchen Bilde in die
Weltwirklichkeit eintreten. — Schliefslich fei der willkommenen
Abbildungen, die diefe Lieferung zieren,
Erwähnung gethan. Es find: Schaubrot-Tifch und Leuchter
(vom Titusbogen), eine Steintafel aus dem Tempel des
Sonnengottes zu Sippara, Fufsgeftelle (zu 2617 ff), ein
Plan des Heiligthums (fammt Vorhof), zwei Beduinen
mit Lendenfchürzen (der eine Leier fpielend), eine Figur
auf der Stele von Gebal, der Hohepriefter im Ornat.

Von Druckfehlern notire ich: S. 5 zu 21 mufs es
heifsen Gen. 3522 ftatt: 23; S. 64 Z. 24 von unten: v. 3ha
ft. 2ba; S. 80 Z. 10 v. o.: L Sam. 2619 ft. I. Reg. 2619;
S. 104 Z. 18 v. u.: Ex. 281 ft. 62s; S. 142 zu 2925: Lev.
7 34 ft. 834; S. 145 Z. 6 v. o.: Lev. 1618 ft. 16 s.

Bafel. Alfred Bertholet.

Steuernagel, Priv.-Doz. Lic. Dr. Carl, Das Buch Josua,

überfetzt und erklärt (Handcommentar zum Alten
Teftament. In Verbindung mit anderen Fachgelehrten
herausgegeben von Prof. D. W. Nowack. I. Abtheilung
, Die hiftorifchen Bücher, 3. Band, 2. Theil.)
Göttingen, Vandenhoeck & Ruprecht, 1899. (120 S.
Lex. 8.) M. 2.20

Bei dem Gefchick und man darf vielleicht fagen der
Vorliebe für quellenkritifche Scheidungsarbeit, die Steuer-