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Ausgabe:

1901 Nr. 8

Spalte:

211-212

Autor/Hrsg.:

Stosch, Georg

Titel/Untertitel:

Alttestamentliche Studien. V. Teil: Die Urkunden der Samuelsgeschichte 1901

Rezensent:

Löhr, Max

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211

Theologifche Literaturzeitung. 1901. Nr. 8.

212-

Verfion; eine der betten Vulgata-Handfchriften. 12. Die
Evangelien, 8. Jahrh. in England gefchrieben, wahr-
fcheinlich eine Copie der vorigen. 13. Die Evangelien,
um 800 wahrfcheinlich am Hofe Karl's des Grofsen gefchrieben
, ganz mit Goldbuchftaben, daher als codex
Aureus bekannt. 14. Lateinifche Bibel nach der Re-
cenfion Alcuin's, 9. Jahrh. 15. Lateinifche Bibel nach der
Recenfion Theodulf's, 9. Jahrh. 16. Die paulinifchen Briefe,
in St. Gallen zur Zeit des Abtes Hartmut 872—883 gefchrieben
und mit Correcturen verfehen. Von derfelben
Hand, von welcher diefe Correcturen herrühren — man
hält fie für die des Abtes Hartmut felbft — ift auch der
Laodicenerbrief angefügt, deffen Anfang hier in Facfimile
mitgetheilt wird. 17. Die Evangelien, 11. Jahrh., englifchen
Urfprungs, wichtig durch die Illuftrationen. 18. Die
Evangelien, datirt 1138, in kleiner irifcher Minuskel. 19.
Lateinifche Bibel, 13. Jahrh. in Süd-England gefchrieben,
intereffant durch die Illuftrationen.

Die fechs letzten Tafeln (20 bis 25) geben Facfimile's
von englifchen Texten nach Handfchriften des II, bis
15. Jahrhunderts, darunter (Nr. 24 u. 25), auch die beiden
Deberfetzungen Wycliffe's, die ältere und die revidirte.
Wir verzichten darauf, auch diefe englifchen Texte einzeln
aufzuzählen, und empfehlen das Werk zur fleifsigen
Benützung bei Vorlefungen und Uebungen über die Ge-
fchichte des biblifchen Textes.

Göttingen. E. Schür er.

Stosch, Pfr. G., Alttestamentliche Studien. V. Theil: Die
Urkunden der Samuelsgefchichte. Gütersloh, C. Bertelsmann
, 1901. (VII, 200 S. 8.) M. 2.50; geb. M. 3.—

Verf. hat erbauliche Gedanken und verlieht die-
felben in anfprechender Form zur Darftellung zu bringen.
Wenn er es unternommen hätte, ohne Rückficht auf die
wiffenfchaftlichen Schulfragen, nur auf Grund der biblifchen
Erzählung für die Gemeinde etwa in Form von
Bibelftunden ein Lebensbild des Samuel zu zeichnen, fo
hätte er ein nützliches Buch liefern können. Was aber
follen die vorliegenden ,Studien'? — Der Laie wird fie
nicht als für ihn beftimmt erachten, der Theologe kann
das aber noch weniger. Die dekorative Ausftattung der
einzelnen Capitel mit Anmerkungen voll hebräifcher und
griechifcher Sätze, einigen Citaten aus Jofephus und den
Kirchenvätern, fowie aus König's Syntax und Klofter-
mann's Commentar, das macht noch keine wiffenfchaft-
liche Unterfuchung. Von dem Inhalte der einzelnen Ab-
fchnitte ein paar bezeichnende Proben: Ueber den echten
Text fagt Verf. S. 186: ,Für die fehlerlofe Ueberlieferung
heiliger Urkunden trug man gewiffenhaft Sorge. Sie waren
kanonifch durch ihren Urfprung. Zur Zeit der Maforeten
hat man fich durch Kautelen und befondere Beftimmungen
gegen Fahrläffigkeit der Schreiber gefchützt. Je früher,
defto weniger waren folche Beftimmungen nöthig. Die
Schreibeluft war geringer, die Ehrerbietung gröfser'. Es
ift wohl kaum zu hoffen, dafs die Vergleichung einiger
altteftamentlicher Paralleltexte den Verf. von der Verkehrtheit
feiner Anficht überzeugt. — Wie der Penta-
teuch von Mofes und das Buch Jofua von diefem, fo
flammen Sam. a 1—16 im Grofsen und Ganzen von Samuels
,Griffel', wie der Verf. mit Vorliebe fagt. Noch
in den Tagen des Chroniften ift das Bewufstfein von
Samuel's Autorfchaft lebendig, a 29, 29. Dafs der Text
felbft nirgends darauf Anfpruch erhebt, wie doch im
Pentateuch wenigftens einige Partien bezüglich Mofes',
kümmert St. nicht, er erklärt ,mit völliger Zuverficht'
Samuel für den Verfaffer. Diefer hat c. 4—6 die Schick-
fale der Lade erzählt und ebenfo c. 16 die Salbung Davids
befchrieben. Dafs beide Stücke grundverfchiedenen
Geiftes, jenes um Jahrhunderte älter als diefes, kommt
für den Verf. nicht weiter in Betracht. — Der Lefer wolle
nun aber nicht denken, dafs Samuel etwa auch feine Kind-

heitsgefchichte verfafst habe. Diefe, 1,3—2,20, ift ein
Stück aus der Familienchronik des Elkana, welcher
aus feinem Tagebuche Notizen für die Seinen zufammen-
geftellt hatte. »Samuel fügte die Aufzeichnungen feines
Vaters feiner eigenen Darfteilung feiner Lebensgefchichte
ein, ihnen nur in den zwei erften Verfen des erften
Capitels eine kurze genealogifche Orientirung voran-
ftellend.' So gänzlich der Beachtung unwerth, wie der
Verf. es durch feine Ignorirung derfelben anzudeuten
fcheint, find die neueren literarkritifchen Arbeiten über
die Samuelis-Bücher doch wohl nicht.

Breslau. Max Lohr.

Holzinger, Stadtpfr. Lic. Dr. H., Exodus, erklärt. (Kurzer
Handkommentar zum Alten Teftament. Herausgegeben
von Karl Marti. Abteilung II.) Tübingen,
J. C. B. Mohr, 1900. (XX, 155 S. gr. 8. m. 8 Abbildungen
.) M. 3.—; geb. M. 4.—

Eine Ueberficht über Inhalt und Aufbau des Exodus
(I. Abfchnitt der Einleitung) befchliefst Holzinger mit
einem Hinweis auf den Eindruck, den Goethe (Noten und
Abhdlgn. zu befferem Verftändnifs des weft-örtlichen
Divans, Israel in der Wüfte) von den mittleren Büchern
des Pentateuchs hatte, dafs fie ,fonderbar, ja unglücklich
redigirt' feien und dafs man fich durch fie ,mühfam
durcharbeite', fobald man den Zufammenhang eines
Gefchehens fefthalten wolle. Als der gründliche Kenner
des Pentateuchs und fpeciell der pentateuchifchen Lite-
rarkritik, als der fich Holzinger durch feine bekannte
.Einleitung' ausgewiefen hat, war er felber als Begleiter
und Führer durch diefe , mühfame Arbeit' befonders
qualificirt, und die Erwartung wird nicht getäufcht:
Holzinger's Commentar bietet nicht blofs eine knappe
Zufammenfaffung deffen, was bisher in diefer Hinficht
erarbeitet worden ift, fondern bedeutet auch eine Förderung
diefer Arbeit. Von feiner eigenen Bereitwilligkeit
umzulernen legen fchon einzelne Abweichungen von
feiner in der Einleitung vorgetragenen Meinung Zeugnifs
ab. Hatte er z. B. dort (S. 211) als Charakterifticum
von E ein gefteigertes Intereffe für das Recht und rechtliche
Inftitutionen angeführt, wozu die wiederholte Erwähnung
der Aelteften bei wichtigen Vorgängen gehöre,
fo fieht er jetzt (Comm. S. 10) einen Unterfchied zwifchen
J und E darin, dafs Mofe bei J zuerft mit den Aelteften
(3 lö), bei E (313) gleich mit dem ganzen Volke verhandle.
Hatte er dort (S. 184) 421 wegen 35 pxn zu E gerechnet,
fo hält er es jetzt (S. 9) für fecundär etc.

Eine Vergleichung der quellenkritifchen Refultate
Holzinger's, wie er fie im V. Abfchnitte der Einleitung
in Tabellenform überfichtlich zufammengeftellt hat, mit
denjenigen anderer Forfcher zeigt auf den erften Blick
in erfreulicher Weife, bis zu was für einem Grade der
Uebereinftimmung man in der Behandlung diefer Fragen
gelangt ift. Fragezeichen bleiben ja immer noch zu
machen, und ich halte es für ein Verdienft Holzinger's,
dafs er wiederholt zur Vorficht und Zurückhaltung in
der Analyfe mahnt (vgl. z. B. zu 714—25 S. 22) und gelegentlich
bekennt, dafs eine fichere Entfcheidung nicht
gelingen will. Dahin gehört vor Allem die intereffante
Ausführung im III. Abfchnitt der Einleitung über die
redactionelle Verbindung von J und E durch Rje: .Schon
in den verhältnifsmäfsig einfach redigirten JE-Partien
(C. 1—15) bedeutet Rje die fchliefslich an die dtn'iftifche
Redaction fich annähernde Arbeit verfchiedener Hände.
Die Annahme einer einheitlichen Zufammenarbeitung
mit nachfolgender Erweiterung reicht nun aber nicht
aus, um den Zuftand von JE in den nachfolgenden Partien
zu verliehen. Es müffen hier noch ganz andere

Vorgänge ftattgefunden haben..... Es fcheint, dafs

das Bemühen, gerade in diefen Partien nichts verloren
gehen zu laffen, eine Reihe von Verfuchen, die wider-