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Ausgabe:

1901 Nr. 7

Spalte:

196-197

Autor/Hrsg.:

Koch, Hugo

Titel/Untertitel:

Pseudo-Dionysius Arepagita in seinen Beziehungen zum Neuplatonismus und Mysterienwesen.(Forschungen zur christlichen Literatur- und Dogmengeschichte. I. Band. 2. und 3. Heft.) 1901

Rezensent:

Anrich, Gustav Adolf

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Theologifche Literaturzeitung. 1901. Nr. 7.

196

ausgefüllt. Sehr dankenswerth find die eingehenden
kritifchen Analyfen, die G. von dem Synodalbriefe von
Ancyra (S. 66 ff.) und der dogmatifchen Denkfchrift der
homöufianifchen Führer nach der firmifchen Synode von
359 (S. 121 ff.) geliefert hat; zumal die Denkfchrift wird
vielfach neu beleuchtet. Ein Gleiches gilt aber auch von
den zutreffenden Bemerkungen zu den theologifchen
Ausführungen einzelner Schriftfteller, z. B. des Hilarius
(S. 108 ff.), aber auch des Phoebadius von Agennum
(S. 59 ff. 174 ff.), der nebenbei bemerkt, vielleicht einmal
eine befondere Unterfuchung verdiente, und des Vic-
torinus Afer (S. 175 ff.; dafs G. die Arbeit von R.Schmid
[nicht Schmidt] über V. unbekannt geblieben ift, bedauere
ich wegen der darin enthaltenen nicht unwichtigen
Auseinanderfetzung mit Harnack's Auffaffung).
Nicht unerwähnt will ich auch die Darlegung der Erneuerung
des intranfigenten Arianismus' in den Theologien
des Aetius und Eunomius (S. 42 ff.) laffen, die in den
allgemeinen Darflellungen meift etwas ftiefmütterlich behandelt
werden. Richtig wird gegenüber anderer Auffaffung
Eufebius von Cäfarea (S. 13 ff.) als Hauptrepräfen-
tant der ürigeniften und Typus für den Confervativismus
der älteren Zeit charakterifirt. Bei den Bemerkungen zu
Cyrill von Jerufalem (S. 21 ff.) vermiffe ich Kenntnifs oder
Benutzung der nicht ergebnifslofen Schrift von Mader
aus dem Jahre 1891, die übrigens auch Foerfter in
feinem von G. angezogenen Artikel in der Real-Ency-
klopädie entgangen war. Die von G. (S. 20 f.) aus dem
Artikel der Encyklopädie über Eufebius von Emefa
citirten Sätze flammen nicht von mir, fondern von Se-
mifch. Die 4. Oratio ctr. Avianos fpricht auch G. dem
Athanafius ab. Dazu find die Bemerkungen in meiner
Recenfion der Arbeiten von Hofs und von Stülcken in
diefer Zeitung 1900 Nr. 5 zu vergleichen. In den literar-
kritifchen Fragen, die die Hinterlaffenfchaft des Athanafius
uns aufgiebt, werden wir fchwerlich klar fehen, ehe
die Ueberlieferung fyftematifch durchgeprüft fein wird.
Ich fchliefse mit dem Wunfche, dafs Herr G. die fo
glücklich begonnenen Studien nicht aufgeben, fondern
uns in directer Fortfetzung der heute vorliegenden Arbeit
eine kritifch geficherte Darflellung des Verlaufes der Er-
eignifse in den wichtigen Jahren nach 361 liefern möge.

Giefsen. G. Krüger.

(Kaiz2.avi<fijq), Tov ev dyioiq Tiazobq rjftä>v BaOiksiov
itoxienioxoitov Kaioaoxiaq Kaxnaöoxiaq zä evQioxöftsva
xdvza xaxa xbv Miyviov (J. P. Migne) (isxä otiGxrjq
sg/invevxixrjq ozagacpgaGscoq eiq rrjv xaO-' quäq xad-agev-
ovGav, otQoXsyouevcov xh xal GnueicoGecov. Töuoq I.
Tsvyoq 1 xal 2. Athen, Buchdruckerei Ktena, 1900.
(108, VI u. 110 S. gr. 8.)

Von diefem Werke liegen mir 2 Hefte vor, die
beiden erften Lieferungen, zufammen 14 Druckbogen.
Das ganze Werk ift auf 250 Bogen berechnet (S. ti).
Alfo ein ftattliches Unternehmen, dem man zu dem
suscipere auch das finire wünfchen mag.

Der Verfaffer ift der Dr. Kaplanides, Lehrer in
Athen, ob an der Univerfität, habe ich nicht feftftellen
können. Er hat auch in Deutfchland ftudirt, nämlich in
Jena und zwar hat er dort gehört jtagä xolq otsgutvoxoiq
d-so/Loyoiq xal grjXOQGi usXi^gvxoiq Dr. Carl Hafe xal Dr.
Pfleiderer. Die Korten des Druckes hat Meletios Ba-
janellis übernommen, Archimandrit und Exarch des Sinai-
klofters in Kiew, deffen Lebensgefchichte wir S. 19 ff.
erhalten.

Den Plan feiner Arbeit hat der Verfaffer S. 18 angegeben
. Er will eine gefchichtliche Einleitung geben,
dann die Werke des Bafihus, Urtext und die Ueberfetzung
daneben, endlich eine kurze Zufammenfaffung der kirchlichen
Rhetorik mit Beifpielen aus den Vätern, namentlich
aus Bafilius.

Die Arbeit des Verfaffers ift nicht eine wiffenfchaft-
liche in unserem Sinne. Sie will der orthodoxen Kirche
und dem griechifchen Volke dienen. Darum kann der
Verfaffer ohne Weiteres den Urtext von Migne herübernehmen
. Seinen Landsleuten macht er ihn annehmbarer
durch eine empfehlende Bemerkung von Kontogonis aus
dem Jahre 1862 (S. vq). Darum hält die Sprache der
Ueberfetzung die Mitte zwifchen dem beften Schrift-
griechifch und der Volksfprache. Diefe ift eine freie,
finngemäfse. Das Buch foll ein Werk fein für Familien,
für die Mönche der Klöfter, nicht in erfter Linie für
Unterrichtsanftalten.

Ich fchreibe das, um das Buch zu empfehlen. Aus
der Zweckbeftimmung dürfen wir hoffen, ein genuin-
griechifches Buch zu erhalten, das aus dem Ideenkreife
flammt, der nur die beiden beherrfchenden Begriffe kennt,
Kirche und Hellenismus.

Die Hoffnung täufcht nicht, fo viel fich aus dem
Vorliegenden erkennen läfst. Die ganze EiGaymyrj von
xs an, ift auf die Verbindung von Chriftenthum und
Hellenenthum angelegt. Dafs dabei für das abend-
ländifche Ohr befremdliche Sätze vorkommen, verfteht
fich von felbft. Sie find aber auch nicht zur Erbauung
für Abendländer gefchrieben. Wenn z. B. die ijcioxr/u?/
als das Hauptförderungsmittel der Menfchheit vor dem
Chriftenthum dargeftellt wird, wenn die Seelenvermögen,
das Xoyixbv und das sjtixv/irj&ixöv etc. entwickelt werden,
wenn die Verbindung von Chriftenthum und Hellenismus
damit gefchildert wird: Kai 6 uev 'EXXnviGfibq ömgelxat
xrj XgiGxtavixy JtiGxsi rXmGGav, öiavoiav xal Kagöiav,
o de XgiGxiaviGpbq diömoiv avxcö öicc xr/v öiaxoviav
xavxnv mq aggaßcbva xrjv acoxrg'iav, fo ift das echt
griechifch und im Sinne der griechifch-orthodoxen Kirche
gedacht. Die weiteren Abfchnitte der Einleitung verbreiten
fich über die Gefchichte der Kirche bis auf
Bafilius. Dann folgt das Leben des letzteren, eine Aufzählung
feiner Werke mit mangelhaften Literaturangaben,
wie bei populären griechifchen Büchern häufig. Von den
Werken des Kirchenvaters find im zweiten Hefte die
vier erften Homilien zum Hexaemeron und ein Theil der
fünften abgedruckt.

Hannover. Ph. Meyer.

Koch, Rep. DD. Hugo, Pseudo • Dionysius Areopagita in
seinen Beziehungen zum Neuplatonismus und Mysterienwesen
. Eine literar-hiftorifche Unterfuchung. (For-
fchungen zur chriftlichen Literatur- und Dogmenge-
fchichte. Herausgegeben von A. Ehrhard und J. P.
Kirfch. I. Band. 2. und 3. Heft). Mainz, F. Kirchheim
, 1900. (XII, 276 S. gr. 8.) M. 7.-—

Vorliegende Arbeit ift eine Frucht eindringender
Befchäftigung mit den Pfeudodionyfifchen Schriften, um
deren Erforfchung fich Verf. bereits in werthvollen Auf-
fätzen verdient gemacht hat. Nachdem erden pfeud-epigra-
phifchen Charakter diefer Schriften aufs neue dargethan
(Theol. Quartalfchr. 1895) und, gleichzeitig mit Stiglmayr
(Hift. Jahrb. 1895), Proklus als Vorlage desDionyfius in der
Lehre vom Böfen aufgezeigt hatte (Philologus 1895), erörtert
er nun das in letzterem Auffatze an einem befon-
ders fchlagenden Beifpiele angefafste Problem in feinem
ganzen Umfange, indem er das Verhältnifs des Pf.-Dion.
zum neuplatonifchen Schriftenkreife ins Auge fafst.

Das Refultat diefer Unterfuchung ift die durchgängige
Abhängigkeit des Pf.-Dion. von Proklus: von gewiffen
Eigentümlichkeiten der fchriftftellerifchen Form bis zu
den fpitzfindigften Speculationen, für die philofophifche
Terminologie, wie überhaupt für das eigentümliche
Sprachcolorit ift Proklus die Vorlage. Weite Strecken
der Dionyf. Schriften find Paraphrafen Proklifcher Ausführungen
, die dadurch ins Chriftliche umgefetzt er-
fcheinen, dafs ftatt Mythologie und heidnifcher Cultübung