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Ausgabe:

1901

Spalte:

189-194

Autor/Hrsg.:

Burn, A. E.

Titel/Untertitel:

An Introduction to the Creeds and to the Te Deum 1901

Rezensent:

Kattenbusch, Ferdinand

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Theologifche Literaturzeitung. 1901. Nr. 7.

190

Text nur die Bearbeitung des älteren griechifchen Originales
fei. Darauf wendet er fich der viel erörterten Frage zu,
ob die unter Philo's Namen umlaufende Schrift de vita
contemplativa als Urkunde für den Urfprung des chrift-
lichen Mönchthums der Vita Antonii zur Seite geneilt
werden könne. Schürer folgend, lehnt er gegen Wendland
den philonifchen Urfprung ab, fetzt aber die merkwürdige
Schrift früher als diefer und läfst fie — gewiffermafsen
als eine Parallele zu den gnoftifchen Experimenten auf chrift-
lichem Boden — vermuthlich in der erften Hälfte des zweiten
Jahrhunderts entftanden fein als das Programm eines jüdifch-
helleniftifchen Reformers, das mit den Anfängen des chrift-
lichen Mönchthums, wie Lucius meinte, nichts zu thun hat.
Zur Erklärung der Urfache der neuen Erfcheinung hält
Völter den asketifchen Drang innerhalb der Kirche nicht für
ausreichend. Die unbefriedigenden kirchlichen Verhältnifse
verfetzten den asketifchen Trieb in Spannung, aber fie
brachten ihn nicht hervor. Aus einer Reaction gegen die
verweltlichte Kirche vermag er fich nicht die Entftehung
des Mönchthums zu erklären. Ebenfowenig darf man
einfeitig das Serapismönchthum oder den Neuplatonismus
dazu heranziehen, obwohl beide nicht ohne Bedeutung
find. Er glaubt, dafs von den Circumcellionen Nordafrikas
, von denen wir im Donatiftenftreit hören, Licht
auf den Urfprung des Mönchthums fällt. Diefe Circumcellionen
, von denen Auguftin und Optatus berichten,
waren Asketen, die die Ehe verwarfen und von Haufe
aus der Organifation entbehrend, während des Donatiften-
ftreites als gröfsere Banden im Lande umherzogen. Alle
politifchen, bürgerlichen und focialen Einrichtungen bekämpften
fie mit fanatifchem Hafs als Reich des Teufels.
Diefes Bild ftimmt nach Völter in den allgemeinen Grundzügen
mit dem älteften ägyptifchen Mönchthum überein,
fo weit es nicht klöfterlich organifirt ift. Der Unterfchied
befleht in der mehr befchaulichen Richtung der ägyptifchen
Büfser, während die Circumcellionen aggreffiver find. Diefe
Differenzen erklären fich aber nach Völter aus dem
nationalenTemperament des Landes Tertullian's im Gegen-
fatz zu dem Lande des Origenes. Die Circumcellionen
find aber vor allem eine fociale Bewegung und ,fo ift das
Mönchthum in feinem Urfprunge zu einem guten Theile als
ein Capitel aus der Gefchichte der focialen Frage aufzufalten
. In dem Augenblick, da das fociale Elend fich mit
der asketifchen Stimmung der Zeit verband, ift das Mönchthum
geboren'. Neu in dem Vortrage ift einmal die ftarke
Betonung der focialen Nöthe als Entftehungsurfache des
Mönchthums und dann die Heranziehung der nord-
afrikanifchen Circumcellionen als einer Parallelbewegung
zum ägyptifchen Mönchthum. Was den erften Punkt
betrifft, fo darf nicht verkannt werden, dafs fociale Ur-
fachen bei der Bildung des Mönchthums mitgewirkt haben,
aber es fcheint mir doch etwas zu einfeitig accentuirt zu
fein. Die Berückfichtigung der Circumcellionen für den
Urfprung des Mönchthums dagegen verdient volle Beachtung
. Gewifs haben wir es hier mit einer verwandten
Bewegung zu thun, wenn auch Völter die Ueberein-
ftimmungen mit dem ägyptifchen Mönchthume zu ftark
betont hat. Beide Erfcheinungen, Mönchthum wie Circumcellionen
haben ihre Wurzel im alten Asketenftand, aber
die Circumcellionen berühren fich am meiften mit den
Remobothoder Sarabaiten, dem fluctuirenden Mönchthum,
das es auch in Aegypten gab, während fie fich von den
Eremiten, die ftationär in der Wüfte lebten, doch merklich
unterfcheiden.

Heidelberg. Grützmacher.

Burn, A. E., B. D., An Introduction to the Creeds and to

the Te Deum. London, Methuen & Co., 1899. (XIV,
323 S. gr. 8.) 10 sh. 6 p.

Ich wünfchte, wir hätten ein Buch wie diefes in unferer
deutfchen Literatur! Bei mäfsigem Umfange behandelt

es die ganze Entftehungsgefchichte der Symbole, noch
dazu die des Tedeums. Faft alle noch erhaltenen Einzelformeln
werden berührt und in ihrem gefchichtlichen
Zufammenhange beleuchtet. In der Kürze vermag Burn
es, zu den wefentlichen Streitfragen mit erwogenem Ur-
theile Stellung zu nehmen. Das eigentliche Thema des
Buches bilden die fog. ökumenifchen Symbole, das
Apostolicum, Constantinopolitanum, Athanasianum. Aber
B. ifolirt fie nicht, fondern zeigt fie im Kreife ihrer Genoffen
, wobei die Frage ift, die auch er nicht völlig
beantworten kann, wie es zugegangen, dafs fie diefe
an hiftorifcher Bedeutung überholt haben. Ich felbft habe
eine Zeitlang ein Buch wie diefes, alfo keine blofse
Monographie des Apoftolikums geplant. In der Encv-
clopaedia of living Divines and Christian Workers von
Ph. Schaff und S. M. Jackfon, New-York 1887 findet
man bei meinem Namen die Notiz, ich fei Autor eines
Werkes ,Die ökumenifchen Symbole, Gefchichte ihrer
Entftehung und Geltung in der chriftlichen Kirche, 1886'.
Das geht auf eine Information zurück, die ich felbft
Herrn Schaff 1884 oder 85 auf eine Anfrage ertheilt
hatte; ich glaubte fchon die Zeit des Erfcheinens des
Buches genau in Ausficht ftellen zu können. In dem
Werke, welches ich endlich 1900 zum Abfchlufs gebracht
habe, war mir freilich auch mannigfach Anlafs
geboten, C und Ath. mit in die Discuffion zu ziehen.
Aber nur unter beftimmten Gefichtspunkten, C be-
fonders nach der Seite, wie es mit dem Symbol von
Jerufalem zufammenhängt (wie ich meine, eine Quelle
für deffen Wortlaut auch da fei, wo uns die Katechefen
des Cyrill im Stiche laffen bezw. vermuthlich auf eine
falfche Fährte führen, — B. wiederfpricht S. 105 f. dem,
was ich darüber conjicirt habe). In B.'s Plan lag eine
mehr gleichmäfsige Berückfichtigung der drei grofsen
yCreedsK Er hat in erfter Linie an Studenten gedacht.
Es müffen freilich fehr tüchtige Studenten fein, die das
Buch ganz würdigen füllen. B. hat zumal auch eine
Reihe von Bibliotheken aufgefucht, um handfchriftliche
Forfchungen zu veranftalten. Ein Theil der Funde, die
ihm dabei glückten, wurde durch meine Vermittelung
fchon in der Zeitfchr. f. Kirchengefch. XIX und XXI veröffentlicht
. Im 2. Bande meines Werkes hatte ich auch
fchon die Möglichkeit, mich mit den wichtigften Reful-
taten oder Ideen des vorliegenden Buches auseinander-
zufetzen. Dennoch ift es mir lieb, hier noch einmal auf
dasfelbe eingehen zu können, um es den deutfchen
Theologen aufs Wärmfte zu empfehlen.

B. hält einen chronologifchen Faden feft. Er ver-
fucht die Aufgabe der ,Introductio7V fo zu löfen, dafs er,
kritifche Sichtung des Materiales mit orientirenden Schilderungen
verbindend, fogleich mit den muthmafslichen
Anfängen des Symbolwefens in der Kirche anhebt und
dann der Entwickelung bis dahin folgt, wo alle drei
grofsen Creeds, zuletzt der jetzige textus reeeptus des
Apoftolikums, T, da find. Man kann freilich manche
Probleme bezeichnen, die das Buch nicht ins Auge
fafst. Der gefchichtliche Sinn der Symbole wird nicht,
oder doch ficher zu knapp behandelt. Für C und das
Ath. hat B. in diefer Beziehung noch eher Intereffe, als
für das Apoftolikum. Wenn T eine Bearbeitung des
altrömifchen Symbols, R, repräfentirt, fo geht er doch
wenig auf den Inhalt von R ein und die Frage nach
der Bedeutung der ,Zufätze' in T tritt auch ganz zurück.
In der Kürze recht fein find die Bemerkungen zur (Theologie
' von C und des Ath.'s. Die Beleuchtung der Entftehung
diefer beiden Formeln verlangt ja nothwendiger-
weife eine kurze Darlegung ihrer theologifchen Pointen.
Aber B. würdigt nicht genug, welche Bedeutung es auch
für das Urtheil über R hat, dafs man feinen Sinn genau
feftftellt. Weitere Fragen der Symbolgefchichte, die B.
nicht berührt, find die nach dem Verhältnifse der Begriffe
symbolum und regula fidei, auch die nach der liturgifchen
und katechetifchen Behandlung der Symbole. Alfo der