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Ausgabe:

1901

Spalte:

185-187

Autor/Hrsg.:

Sethe, Kurt

Titel/Untertitel:

Seostris 1901

Rezensent:

Wiedemann, Alfred

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Seite 1, Seite 2

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Theologische Literaturzeitung.

Herausgegeben von D. Ad. Hamack, Prof. zu Berlin, und D. E. Schürer, Prof. zu Göttingen.

Erfcheint Preis
alle 14 Tage. Leipzig. J. C. Hinrichs'fche Buchhandlung. jährlich 18 Mark.

NE- 7. 30. März 1901. 26. Jahrgang.

Sethe, Sesostris (Wiedemann).

Steuernagel, Allgemeine Einleitung in den
Hexateuch (Bertholet).

Völter, DerUrfprung des Mönchthums (Grützmacher
).

Burn, An Inrroduction to the Creeds an to

the Te Deum (Kattenbusch).
<j Ummerns, Die homöufianifche Partei bis zum

Tode des Konftantius (Krilger).

Tov tV äylotq Ttaz^dq z/zzcüv BaoiXelov
za evpiaxöfisva nävza fiezu mazrjg kp/tr/-
vevzixijq na^aqoQixaswq t. I (Ph. Meyer).

Koch, Pseudo-Dionysius Areopagita in feinen
Beziehungen zum Neuplatonismus und Myste-
rienwefen (Anrieh).

Dufourcq, De Manichaeismo apud Latinos

quinto sextoque saeculo atque de latinis apo-

cryphis libris (Grützmacher).
Catalogus codicum hagiographicorum grae-

corum bibliothecae Vaticanae (Ph. Meyer).
Geizer, Geiftliches und Weltliches aus dem

türkifch-griechifchen Orient (Ph. Meyer).
Stange, Einleitung in die Ethik (Herrmann).
Neue fächfifche Kirchengallerie, herausg. von

Buchwald (Bergner).

Sethe, Kurt, Sesostris. (Unterfuchungen zur Gefchichte
und Alterthumskunde Aegyptens. Herausgegeben von
Kurt Sethe. II, 1.) Leipzig, J. C. Hinrichs'fche Buchh.,
1900. (24 S. hoch 4.) M. 5.—

Die Bearbeiter der ägyptifchen Gefchichte haben es
lange als eine Hauptaufgabe angefehen, die bei den claf-
ftfehen Autoren vorkommenden Herrfchernamen mit ägyp-
tifch überlieferten Königsnamen zu identificiren, in der
Hoffnung, auf diefem Wege hiftorifche Notizen zu gewinnen
. Seit, befonders durch das Verdienft Maspero's
die ägyptifchen Volksfagen allgemein bekannt wurden,
und man fah,wie wenig zuverläffig deren Angaben zu fein
pflegen, hat man im Allgemeinen diefeHoffnung aufgegeben
und daher auf die Identificationsverfuche geringeres Gewicht
gelegt. Der Herrfcher, der bei folchen Beftrebungen
ftets in erfter Linie in Betracht kam, war naturgemäfs der
Hauptheld der griechifch-ägyptifchen Sage Sefoftris. Bei
manethonifchen Exzerpenten war er einem Herrfcher der
12 Dynaftie gleichgefetzt und diefer Angabe ward anfangs
auch von den Neueren gefolgt. Als bei fpäterer
Unterfuchung die Thaten des Sefoftris in diefe alte Zeit
nicht hinein zu paffen fchienen, ftellte man denfelben
vielfach mit Ramfes II und Seti I zufammen, ohne dafs
darum die alte Anficht ihre Vertreter verlor. Vor allem
trat aufserdenvon Sethe S. 4 aufgeführten Autoren Uhle-
mann, drei Tage in Memphis S. 181 ff. mit Entfchieden-
heit für fle ein, doch wurden feine Ausführungen von
Gutfchmid (Kl. Schriften L 338) kurz, aber entfehieden
abgelehnt. Andere Forfcher erklärten Sefoftris für eine
Sagengeftalt, an die man die phantaftifch vergröfserten
Thaten der ägyptifchen Könige überhaupt anknüpfte (fo
z. B. Stern, Ranke, Wiedemann in Herodot, II. Buch),
man vermuthete nur, dafs urfprünglich Ramfes II. Ausgangspunkt
der Sage gewefen fein könne.

In vorliegender Schrift nimmt Sethe die Frage wieder
in weiterem Umfange in Angriff und fucht zu erweifen,
dafs in Ufertefen I. der 12. Dynaftie das Urbild des grofsen
Helden der Sefoftrisfage zu fehen fei. Zunächft befpricht
er den Namen Sefoftris und zeigt, dafs diefer aus dem
bisher Ufertefen gelefenen Namen entftanden fein könne,
unter der Vorausfetzung, dafs diefer mit Umkehrung
feiner Elemente Sen-ufert (Sen-wosret) zu lefen fei. Zur
Begründung letzteren Vorfchlages hebt er hervor, dafs
der Name Ufertefen fleh bisher nicht habe deuten laffen,
dafs es andererfeits einen Göttinnennamen Ufert gebe
und man Götternamen häufig in der Schrift voranftelle,
dafs endlich sen mit dem Stamme sen ,gleichen' zu-
fammenhängen könne. Diefen fleh gut in einander fügenden
Ausführungen mufs freilich einftweilen noch das Bedenken
entgegenftehen, dafs bisher in dem Namen Ufertefen
das usert nirgends als Göttinnennamen determinirt

wird, und, dafs trotz der unzähligen Nennungen des
Namens Ufertefen die von Sethe geforderte Ausfprache-
folge der Zeichen Sen-Ufert fleh nirgends gefchrieben
findet.

Die Namensidentification wäre aber auch naturgemäfs
von fecundärer Bedeutung, da felbft bei Namensgleichheit
immer noch Verfchiedenheit der Perfonen obwalten
könnte, und umgekehrt. So hat denn Sethe mit
Recht den gröfsten Theil feiner Schrift dem Nachweife
gewidmet, dafs das, was von Sefoftris erzählt wird, ab-
gefehen von rein fabelhaften Berichten, auf die Könige
Ufertefen I—III beffer paffe als auf Ramfes II. Dabei
folgt er im Wefentlichen Diodor, bei dem es freilich
häufig fchwer ift, zu entfeheiden, inwieweit die einzelnen
Züge auf Volksfage oder auf tendenziöfe Erfindung des
Gewährsmannes Diodor's, des Hekataeus von Teos (vgl.
Schwarz, Rhein. Muf. 40, S. 223 ff.) beruhen. Im Grofsen
und Ganzen mufs aber zugegeben werden, dafs ein grofser
Theil der Angabender Sage auf einen König der 12.Dynaftie
paffen würde, freilich, wie dies auch Sethe felbft betont,
fehr oft auch auf einen König des Neuen Reiches.

Die Hauptfchwierigkeit für die Datirung des Sefoftris
in das Mittlere Reich bildete für die früheren Forfcher
der wefentlichfte Zug der Sage bei den Clafflkem, die Eroberung
Afiens, da von einem derartigen Feldzuge aus
der 12. Dynaftie nichts bekannt ift. Hier vermuthet Sethe,
Herodot habe den äthiopifchen Feldzug des Sefoftris,
deffen er nicht gedenkt, in einen aflatifchen verwandelt,
letzterer gehöre nicht in die urfprüngliche Sage, er fehle
daher auch bei Manetho. Zum Beweife für letzteres verweift
er auf Jofephus, Ant. VIII. 10. 1 — 3, wo diefer fagt,
Herodot irre, wenn er den aflatifchen Feldzug Sefoftris
zufchreibe, die betreffenden Angaben bezögen fleh vielmehr
auf den Gegner des Rehabeam Sufakos. Das hätte
Jofephus, der in ägyptifchen Dingen überall Manetho
benutze, nicht fagen können, wenn etwas über Sefoftris
bei Manetho geftanden hätte. Sethe erklärt denn auch
dem entfprechend die auf die Sefoftrisfage bezügliche
Notiz der manethonifchen Exzerpenten, die von dem
aflatifchen Feldzuge fpricht, für eine Einfchiebung, die
dann freilich erft fehr fpät, zwifchen 93 und 221 n. Chr.
erfolgt fein müfste.

Bei der Angabe, dafs Manetho überall Quelle des
Jofephus gewefen fei (S. 3, 5, 19), vermiffen wir eine
Auseinanderfetzung mit Gutfchmid, Kl. Schriften IV, 562,
der erklärt, dafs Jofephus in der hier in Betracht kommenden
Archäologie als einzige Quelle für ägyptifche
Gefchichte den Herodot gekannt habe, das eine Citat
aus Manetho (I. 3. 9) flamme aus abgeleiteter Quelle.
Bei einer Durchprüfung der Archäologie ift es mir in
der That nicht gelungen, eine Stelle zu finden, an der
Manetho benutzt fein müfste. die eben erwähnte Notiz,

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